Gelöschte Firma als nachrangiger Beteiligter

  • Hallo ihr Lieben,

    ich habe immer wieder folgendes Problem:

    In Zwangsversteigerung/-verwaltungsverfahren werden im Grundbuch eingetragene Gläubiger, im Besonderen Firmen, mitgeteilt, die, wie sich dann im weiteren Verfahren bei Zustellungen herausstellt, bereits im Handelsregister aus verschieden Gründen gelöscht sind. Mir geht es besonders um die gelöschten Firmen, die Gläubiger nachrangiger Rechte sind und die bei objektiver Einschätzung (Verkehrswert und ggf. wahrscheinliche Erlösausbeute) eine Zuteilung zu 99% nicht erwarten können.

    Normalerweise wäre ja eine Nachtragsliqudation erforderlich. Diese kostet Geld (den betreibenden Gläubiger) und bringt im Grunde nichts, da keine Zuteilung erfolgen wird. Ein Zustellvertreter nach § 6 ZVG ist im Grunde ebenso nutzlos und kostspielig.

    Meine Frage ist nun: Kann man nicht evtl. in Anlehnung an Stöber, Rnr. 2.3. zu § 6 ZVG den Beteiligten einfach außen vor lassen? Oder ist das "zu mutig"?
    (Mich stört aber eben, dass der Beteiligte theoretisch durch das Erlöschen seines Rechts eine Beeinträchtigung erleidet, obwohl er tatsächlich daraus höchst sicher keine Zuteilung bekommen wird?)

    Mich würde eure Meinung dazu mal interessieren.

    Liebe Grüße.

  • Gerade weil das Recht gelöscht wird und eine Zuteilung nicht erfolgen wird, beteilige ich solche Berechtigte, damit diese evtl. Rechte (z.B. 1179a) durchsetzen können. Würde das Rechts bestehen bleiben oder es würde zugeteilt werden, erleidet der Rechteinhaber, wer auch immer das ist, keinen Rechtsverlust.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Gerade weil das Recht gelöscht wird und eine Zuteilung nicht erfolgen wird, beteilige ich solche Berechtigte, damit diese evtl. Rechte (z.B. 1179a) durchsetzen können. Würde das Rechts bestehen bleiben oder es würde zugeteilt werden, erleidet der Rechteinhaber, wer auch immer das ist, keinen Rechtsverlust.

    Ja, auf dem Papier liest sich das ganz plausibel und in einem von hunderttausend Fällen könnte tatsächlich ein werthaltiger Anspruch aus § 1179 BGB oder ein blasser Hoffnungsschimmer auf einen sonstigen minimalen Anteil am Versteigerungserlös bestehen.

    Mich grämen nur die 99.999 anderen Fälle, in denen ich dem betreibenden Gläubiger die Kosten für eine Nachtragsliquidation aufbürde, ohne dass irgendjemand einen Vorteil daraus hätte: Der Nachtragsliquidator wird auf Kosten des betreibenden Gläubigers tätig - wie ernst ist die Annahme, dass er dann zum Nachteil eben dieses Gläubigers tätig wird? Die Löschung im Register erfolgt oft wegen Vermögenslosigkeit, eben weil man die Zwasi an absolut aussichtsloser Rangstelle ganz zu Recht für nicht werthaltig eingeschätzt hat. Hier maßt sich der Staat an, vermeintliche Rechte für jemanden zu retten, der diese Rettung gar nicht (mehr) will.

    Angesichts dessen gebe ich mich, Stöber folgend, doch im Einzelfall mit einer Zustellungsvertretung für die unbekannten Berechtigten zufrieden und gebe dem Zustellvertreter auf, eine Nachtragsliquidation anzuregen, sofern er Anhaltspunkte für eine Aussicht auf Zuteilung hat.

  • Es gibt keine Zustellungsvertretung für einen unbekannten Berechtigten; Zustellungsvertretung ist das zulässige Instrument für einen bekannten Berechtigten, dessen Aufenthalt unbekannt ist.

  • Es gibt keine Zustellungsvertretung für einen unbekannten Berechtigten; Zustellungsvertretung ist das zulässige Instrument für einen bekannten Berechtigten, dessen Aufenthalt unbekannt ist.

    Und Stöber hält es für zulässig, die Zustellvertretung für die (von Person bekannte, aber) gelöschte und damit vertretungslose Gesellschaft anzuwenden.

  • Es gibt keine Zustellungsvertretung für einen unbekannten Berechtigten.

    Woraus ergibt sich das Deiner Meinung nach? Stöber, § 6 Rz. 2.4, stellt es dem Fall des unbekannten Aufenthalts ausdrücklich gleich, wenn der Adressat der Zustellung gestorben ist und seine Erben (oder einzelne von ihnen) dem Gericht unbekannt sind. Böttcher/Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 2, schreibt gleichfalls: "Gleichzusetzen einem unbekannten Wohnort eines Beteiligten sind das Unbekanntsein der Person eines Zustellungsempfängers, so zB wenn bei einem Verstorbenen die Erben nicht bekannt sind (Stöber Rpfleger 1965, 146) oder unaufklärbare Zweifel an der Wirksamkeit der Bestellung eines bekannten Zustellungsbevollmächtigten (LG Berlin JV 1935, 3062)."
    Die gleiche Meinung vertreten auch:
    - Löhnig/Huber, § 6 ZVG Rz. 3
    - Dassler u.a./Rellermeyer, § 6 ZVG Rz. 3
    - Steiner/Hagemann, § 6 ZVG Rz. 10.

    Kurzum, die mir zugängliche aktuelle Literatur steht gegen Deine Meinung.

  • Weil § 6 ZVG vom "unbekannten Aufenthalt" spricht. Es gibt da nichts hineinzudeuten. Es gibt keine Regelungslücke, die durch Auslegung geschlossen werden muss. Es gibt für ungekannte Erben den Nachlasspfleger; den Pfleger für unbekannte Beteiligte usw.

  • Weil § 6 ZVG vom "unbekannten Aufenthalt" spricht. Es gibt da nichts hineinzudeuten. Es gibt keine Regelungslücke, die durch Auslegung geschlossen werden muss. Es gibt für ungekannte Erben den Nachlasspfleger; den Pfleger für unbekannte Beteiligte usw.

    Anderer Ansicht: die gesamte Literatur und auch die - rare und ältere - Rechtsprechung (wie OLG Braunschweig ZBlFG 4, 416 sowie 7, 491 - hier zitiert nach Steiner, ZVG, 5. Auflage 1934, § 6 ZVG).

  • Wie früher bei den Klassenarbeiten, abgeschrieben und den Fehler ohne selbst zu überlegen übernommen. Das ist meine Erklärung

  • Es gibt keine Zustellungsvertretung für einen unbekannten Berechtigten.

    Woraus ergibt sich das Deiner Meinung nach? Stöber, § 6 Rz. 2.4, stellt es dem Fall des unbekannten Aufenthalts ausdrücklich gleich, wenn der Adressat der Zustellung gestorben ist und seine Erben (oder einzelne von ihnen) dem Gericht unbekannt sind. Böttcher/Böttcher, §§ 6, 7 ZVG Rz. 2, schreibt gleichfalls: "Gleichzusetzen einem unbekannten Wohnort eines Beteiligten sind das Unbekanntsein der Person eines Zustellungsempfängers, so zB wenn bei einem Verstorbenen die Erben nicht bekannt sind (Stöber Rpfleger 1965, 146) oder unaufklärbare Zweifel an der Wirksamkeit der Bestellung eines bekannten Zustellungsbevollmächtigten (LG Berlin JV 1935, 3062)."
    Die gleiche Meinung vertreten auch:
    - Löhnig/Huber, § 6 ZVG Rz. 3
    - Dassler u.a./Rellermeyer, § 6 ZVG Rz. 3
    - Steiner/Hagemann, § 6 ZVG Rz. 10.

    Kurzum, die mir zugängliche aktuelle Literatur steht gegen Deine Meinung.

    Verstorbene Empfänger und Erben sind etwas anderes. Einen Erben gibt es immer, er ist bloß nicht bekannt. Wenn eine GmbH nach Auflösung/Liquidation im Register gelöscht ist, existiert weder diese noch ein nicht bekannter Rechtsnachfolger. Es gibt, anders als bei Erben, schlicht keinen, für den ein Vertreter bestellt werden könnte. Für wen willst du da einen Vertreter bestellen? Wen führst du da als Betroffenen im Beschluss auf?

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • @ araya

    was machst du - okay, das kommt selten vor, das hatte ich aber schon einmal - wenn ne englische Limited im engl. Register gelöscht ist, aber im Rahmen der Spalt- und Restgesellschaft bei Grundeigentum diese vor dem Versteigerungsgericht als rechtsfähig gilt (ist ja nach diverser Rechtsprechung so)? Dann ist deiner Auffassung nach auch kein Zustellvertreter möglich? Wie würdest du das dann in diesem Fall machen? Besonderen Vertreter bestellen??

  • Heißt es nicht immer, eine Gesellschaft ist erst dann (wirklich) erloschen, wenn kein Vermögen mehr vorhanden ist?
    Bis dahin mag sie im Register gelöscht sein, existiert aber - ggf. vertreterlos - weiter.

  • @ Meck-Pomm: Die Gedanken habe ich mir noch nicht machen müssen (Glück gehabt!!). Es käme aber auch hier ua darauf an, warum gelöscht wurde. Die haben ja zB auch ganz strenge Berichtspflichten und uU fällt das Gesellschaftsvermögen an die Krone. Zustellungen dann also an Lizzy :D:D:D:D:D:D

    Und dann kommt es darauf an, ob sie Grundeigentum selbst haben oder nur als Gläubiger/Berechtigter im GB stehen. Im letzteren Fall dürfte deine Ausnahme wohl nicht gelten. (Da die Forderung aber Gesellschaftsvermögen ist/war, fällt das ggf wohl auch an die Krone.(?))

    @ 15.Meridian: Das ist bei Personengesellschaften so, da lebt die Liquidation und die Liquidatoren wieder auf. Bei Kapitalgesellschaften nicht.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • @ 15.Meridian: Das ist bei Personengesellschaften so, da lebt die Liquidation und die Liquidatoren wieder auf. Bei Kapitalgesellschaften nicht.


    OLG Naumburg, Urteil vom 19. September 2007, Az: 2 U 77/07: Eine GmbH verliert trotz Löschung im Handelsregister ihre Rechts- und Parteifähigkeit erst mit Vollbeendigung.

  • Da frage ich mich doch, warum dann sämtliche Handelsregister hier im Umfeld (und teilweise auch andere, wenn der Berechtigte nicht in der Nähe eingetragen war) die Nachtragsliquidation anordnen, damit wir zustellen können...(Bevor es zu Missverständnissen kommt: das beantragen nicht wir sondern die Gläubiger auf unsere Aufforderung, tlw erst nach Rechtsweg und bestätigender Entscheidung unseres LG.)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Da frage ich mich doch, warum dann sämtliche Handelsregister hier im Umfeld (und teilweise auch andere, wenn der Berechtigte nicht in der Nähe eingetragen war) die Nachtragsliquidation anordnen, damit wir zustellen können...(Bevor es zu Missverständnissen kommt: das beantragen nicht wir sondern die Gläubiger auf unsere Aufforderung, tlw erst nach Rechtsweg und bestätigender Entscheidung unseres LG.)

    Das ist keine Frage der Parteifähigkeit, sondern der Prozessfähigkeit - bei Kapitalgesellschaften fehlt anders als bei Personengesellschaften nach Löschung der gesetzliche Vertreter.

  • Dann haben wir wohl "nur" aneinander vorbeigeredet...

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Araya: Dann müsste unsere gemeinsame Sicht sein, dass es die gelöschte Gesellschaft noch "gibt", die Kapitalgesellschaft aber mangels eines gesetzlichen Vertreter nicht mehr agieren kann ...

    Der Zankapfel, der dann noch bliebe (und über den wir uns vielleicht nicht einig werden): Bedarf es des Schutzes der gelöschten Gesellschaft mit einem Recht an aussichtsloser Rangstelle dergestalt, dass ihr ein Nachtragsliquidator zur Seite gestellt wird, oder wird ihre formelle Beteiligtenrolle schon durch die Bestellung eines ZU-Vertreters hinlänglich berücksichtigt?

  • In § 9 steht nichts von "Schutz" oä. Da wäre mir das Risiko zu groß, dass ein Zuschlag aufgehoben werden könnte (letztens hat doch erst wieder der BGH nach Jahren der "Rechtskraft" einen Zuschlag aufgehoben, kann ich drauf verzichten).

    Solange uns unser LG stützt und die Register die Bestellungen durchführen, bleibe ich bei meiner Vorgehensweise.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!