Freigabe nach § 851b ZPO, mehrere Pfändungen

  • Insgesamt hat der Gläubiger 10 PfÜBse erwirkt. Teils Kontopfändung, teils in Mietansprüche oder Kaupfpreisforderung. Immer gleiche Gläubigerin, gleiche Schuldner.
    Die Schuldner sind nach Aussage des Schuldnervertreters komplett von Vermögen und Einkommen abgeschnitten.
    Die Gläubigerseite behauptet hier jedoch, es sei sogar erhebliches Bank- und Barvermögen vorhanden. Das kann ich ja aber nicht prüfen.:gruebel:

    Konkret ist vorliegend die fällige und künftige Miete bei dem Drittschuldner gepfändet. Der Schuldnervertreter stellt Anträge nach § 851b ZPO, wonach die Pfändung insoweit aufzuheben sei, als dass Mieteinnahmen entsprechend § 850c ZPO eingehen.
    Die Schuldner haben (angeblich) außer den Mieteinnahmen keine Einkünfte und seien auf das Geld angewiesen.

    Der Schuldner kann sich sowohl darauf berufen, dass die Einkünfte für das Grundstück unentbehrlich sind, als auch darauf, dass ihm so viel verbleiben muss, wie ihm bei der Pfändung fortlaufender Einkünfte aus Arbeitseinkommen verbliebe (BGH NZI 2014, 772).

    Wie berechne ich jetzt den Selbstbehalt? In vorliegendem Fall beträgt die Netto-Kaltmiete 900,- €, welche in Anwendung des 850c ZPO komplett unpfändbar wäre.
    Jetzt ist es ja aber so, dass die Schuldner ja weitere Mieteinnahmen (alle gepfändet) haben. Auch für diese Verfahren wurde gleichlautende Anträge gestellt. Muss ich jetzt sämtliche Kaltmieten zusammenrechnen und daraus den Betrag nach 850c ZPO errechnen?
    Und in welchem Verfahren gebe ich den errechneten Betrag frei? Wenn ich die Verfahren einzeln betrachte, ergäbe sich ja aus den Kaltmieten immer ein komplett unpfändbarerer Betrag. Insgesamt darf der Betrag nach § 850c ZPO ja aber nicht überschritten werden:confused::oops::gruebel:

  • Die Schuldner sind nach Aussage des Schuldnervertreters komplett von Vermögen und Einkommen abgeschnitten.
    Die Gläubigerseite behauptet hier jedoch, es sei sogar erhebliches Bank- und Barvermögen vorhanden. Das kann ich ja aber nicht prüfen.:gruebel:


    M. E. schon. Denn grds. ist der Schuldner darlegungs- und beweispflichtig für die Umstände, die den Antrag nach § 850i ZPO bzw. § 851b ZPO betreffen. Unklarheiten gehen zu seinen Lasten (Kessal-Wulf/Lorenz in Schuschke/Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 6. Aufl. 2016, § 850i Rn. 4; LG Mannheim, MDR 1972, 152). Wenn der Gläubiger substantiiert (und nicht "ins Blaue hinein") darlegt oder Indizien vorträgt, daß oder warum "erhebliches Bankvermögen" vorhanden ist, dann würde doch eine Bescheinigung der Bank des Schuldners über die Werthaltigkeit der dort bestehenden Konten/Depots als Beweis genügen. Für den Gläubiger ist es i. d. R. doch unmöglich, die genaue Werthaltigkeit bzw. -losigkeit nachzuweisen. Ein Indiz könnte z. B. sein, daß aus den zig Mieteinnahmen der Schuldner erhebliche mtl. Einkünfte bezieht (und entsprechend viel Geld auch beiseite legen kann).

    Wie berechne ich jetzt den Selbstbehalt? In vorliegendem Fall beträgt die Netto-Kaltmiete 900,- €, welche in Anwendung des 850c ZPO komplett unpfändbar wäre.
    Jetzt ist es ja aber so, dass die Schuldner ja weitere Mieteinnahmen (alle gepfändet) haben. Auch für diese Verfahren wurde gleichlautende Anträge gestellt. Muss ich jetzt sämtliche Kaltmieten zusammenrechnen und daraus den Betrag nach 850c ZPO errechnen?
    Und in welchem Verfahren gebe ich den errechneten Betrag frei? Wenn ich die Verfahren einzeln betrachte, ergäbe sich ja aus den Kaltmieten immer ein komplett unpfändbarerer Betrag. Insgesamt darf der Betrag nach § 850c ZPO ja aber nicht überschritten werden:confused::oops::gruebel:

    Zuerst: Im Rahmen des § 850i ZPO soll der Pfändungsschutz einen "angemessenen Zeitraum" umfassen, in der dem Schuldner ein Betrag X zu belassen ist. Dieser Zeitraum richtet sich auch danach, welche Verdienstmöglichkeiten oder welches Vermögen der Schuldner im übrigen besitzt (Kessal-Wulf/Lorenz, aaO., Rn. 5; LG Bamberg, Beschl. v. 27.01.2009, Az. 3 T 164/08, Rpfleger 2009, 327 = JurBüro 2009, 327, Volltext: http://openjur.de/u/473869.html). Der pfändungsfreie Betrag orientiert sich an den pfändungsfreien Beträgen nach §§ 850a, c, e und f ZPO (BGH, Rpfleger 2008, 650), weil der Schuldner so dastehen soll, als wäre er Arbeitnehmer mit entsprechenden Bezügen. Der Betrag kann allerdings im Hinblick auf die sonst zu berücksichtigenden Verhältnisse auch geringer sein. Insoweit besteht ein Ermessensspielraum des Gerichtes (weshalb auch nicht schematisch entschieden werden kann).

    Insofern halte ich es für nicht ermessensfehlerhaft, sondern sogar geboten, in Anlehnung an § 850e Nr. 2 ZPO sämtliche Kaltmieten als mtl. Einkommen zusammenzurechnen und dann die eine oder andere dem Pfändungsschutz zu unterwerfen. Wenn der Schuldner noch über anderes Vermögen verfügt, so kann der Betrag u. U. auch geringer als nach § 850c ZPO (und damit die zu schützenden Mieten) bestimmt ausfallen oder der "angemessene Zeitraum" entsprechend gering sich bemessen.

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  • Wenn der Gläubiger substantiiert (und nicht "ins Blaue hinein") darlegt oder Indizien vorträgt, daß oder warum "erhebliches Bankvermögen" vorhanden ist, dann würde doch eine Bescheinigung der Bank des Schuldners über die Werthaltigkeit der dort bestehenden Konten/Depots als Beweis genügen.

    Wobei es schon merkwürdig klingt wenn ein Gläubiger 10 PfÜBse veranlasst, auch in Konten, und dann ausgerechnet diese auslässt auf denen nach seinem Wissen das "erhebliches Bankvermögen" liegt ;)
    Hört sich schon erstmal mehr nach einer Vermutung "ins Blaue hinein" an, ein wenig mehr muss der Gläubiger da schon vortragen.

  • Wenn der Gläubiger substantiiert (und nicht "ins Blaue hinein") darlegt oder Indizien vorträgt, daß oder warum "erhebliches Bankvermögen" vorhanden ist, dann würde doch eine Bescheinigung der Bank des Schuldners über die Werthaltigkeit der dort bestehenden Konten/Depots als Beweis genügen.

    Wobei es schon merkwürdig klingt wenn ein Gläubiger 10 PfÜBse veranlasst, auch in Konten, und dann ausgerechnet diese auslässt auf denen nach seinem Wissen das "erhebliches Bankvermögen" liegt ;)
    Hört sich schon erstmal mehr nach einer Vermutung "ins Blaue hinein" an, ein wenig mehr muss der Gläubiger da schon vortragen.


    Weiß nicht, ob er das muß. Wegen der Darlegungs- und Beweislast, die erst einmal beim Schuldner für seinen Antrag liegt, würde m. E. das Bestreiten mit Nichtwissen durch den Gläubiger erst einmal ausreichend sein, weil der Schuldner insoweit in der Bringpflicht für seinen Antrag (er könne den Unterhalt nicht bestreiten, deshalb Pfändungsschutz) ist. Kommt er dieser nach, ist wieder der Gläubiger an der Reihe, dann aber substantiiert den Gegenbeweis zu führen.

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