Hallo, ihr Lieben,
ich habe hier mal (wieder) einen Gläubiger, der mich in den Wahnsinn treibt. Es ist quasi immer das Gleiche, daher möchte ich mal einen Fall hier schildern und wüsste gerne, wie ihr das seht. Vielen Dank schon einmal im Voraus an alle, die sich den Textschwall antun - ihr seid toll!
1. Der Titel
- von sonstwann (hier 2002)
- Forderung: gekauft vom ursprünglichen Gläubiger (meist ursprüngliche Kredite, hier aus 2001)
- Gläubiger: XY-Inkasso, Inhaber XY
2. Der Antrag
- PfüB (gewöhnl. Ford.)
- Gläubiger: XY-Inkasso, Inh. XY e.K.
vertreten durch: XY Rechtsbeistand (ja, Buchstabengleichheit ist Absicht, es ist der Gleiche, wie der Inhaber des Inkassounternehmens)
- Kostenrechnung: GK 20,-€ und Abrechnung nach RVG mit dem fetten Hinweis, dass der Gläubiger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist
3. Die Forderungsaufstellung
- titulierte Forderung
- bis Ende 2003 diverse ZV-Gebühren (immer mit Umsatzsteuer) und die dazugehörigen GV- und Gerichtskosten
- 2011: 2x "Ermittlungskosten" (Abstand: 3 Monate), sonst nichts
- 2012: 1x ZV-Gebühren, danach Ratenzahlungen
- Mitte 2013: wieder "Ermittlungskosten"
- Ende 2013: Gebühr für Teilzahlungsvgl. (mit USt.)
- Anfang 2014: 2x "Ermittlungskosten"
- Mitte 2015: "Ermittlungskosten", danach weitere ZV-Gebühren und GV- u. Gerichtskosten
- die Ermittlungen wurden immer ausgeführt durch ein ZY-Inkasso (ja, gleicher Name) und jedes Mal wurde ein Schreiben vorgelegt, auf dem sinngemäß stand "Für die Ermittlungen erhielten wir 15,-€" (Betrag gerundet, aber sichtbar ein Festbetrag). zu den meisten dieser Schreiben war noch eine Kopie von einer einfachen EMA-Anfrage beigefügt.
- aus einem anderen Verfahren weiß ich, dass ab Dezember 2012 eine Generalvollmacht von YX-Inkasso an ZY-Inkasso für Adressrecherchen besteht, für die Zeit vorher liegt mir nichts vor.
4. meine Zwischenverfügung(en) - inhaltliche Zusammenfassung
a) Umsatzsteuer
- da XY seine eigene Forderung vollstreckt, fällt keine Umsatzsteuer an, da Innengeschäft
- die eigentlich mangelnde Vorsteuerabzugsberechtigung der Partei ist daher hier irrelevant
- daher soll die USt bei allen bisherigen Gebührenpositionen und im jetzigen Antrag gestrichen werden
- mein typischer Text: "Wirdein Rechtsanwalt jedoch in eigener Sache tätig, liegt - so BGH,Beschluss vom 25. November 2004, I ZB 16/04 - kein steuerbarer Umsatzvor, wenn die Angelegenheit zu seinem beruflichen Bereich gehört.Eine solche Tätigkeit ist keine umsatzsteuerbare sonstige Leistunggegen Entgelt für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen (§3 Abs. 9a UStG), sondern unterfällt als sog. Innengeschäft nichtder Umsatzsteuer (vgl. OLG Hamburg MDR 1999, 764; OLG Hamm AnwBl.2002, 249, 250; OLG München MDR 2003, 177; KG RVGreport 2004, 354,355; AnwK-RVG/Schneider, VV 7008 Rdn. 11; Hartung/Römermann,Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, VV Teil 7 Rdn. 67, jeweils m.w.N.).Gleichesgilt über § 4 RDGEG auch für registrierte Inkassodienstleister."
b) die Ermittlungskosten
- alle vor Vollmachtserteilung sind ersatzlos zu streichen
- die späteren sind auf die tatsächlichen Kosten der einfachen EMA-Anfrage zu beschränken
- darüber hinausgehende Vergütung für das weitere Inkassounternehmen kann hier nicht geltend gemacht werden, weil
1. keine entsteht (das RVG - über § 4 RDGEG) sieht keinen Vergütungstatbestand hierfür vor, vielmehr sind solche vorbereitenden Tätigkeiten mit von der VV 3309 gedeckt, welche für die jeweils vorbereitete Vollstreckungsmaßnahme anfällt. Ergo: keine Maßnahme, keine Gebühr
2. selbst wenn die Gebühr entstehen würde (vll. nicht nach RVG, sondern nach irgendwelchen Verträgen zw. den Inkassobüros), wären diese nicht als notwendig im Sinne des § 788 ZPO durch den Schuldner zu erstatten. Denn der Gläubiger selbst betreibt ein Inkassobüro und hätte die Anfragen/Ermittlungen im Rahmen seiner üblichen beruflichen Tätigkeit selber ausführen können- ohne, dass hierfür weitere Kosten entstehen würden (Kostengeringhaltungsgebot)
>> habe nach etwas Hin und Her entsprechend zurückgewiesen und jetzt die Erinnerung auf dem Tisch <<
5. Ansicht des Gläubigers (bzw. inzwischen seines Anwaltes) - Zusammenfassung (erst = vor Zwvfg. u. Zurückweisung, jetzt = Erinnerung)
a) Umsatzsteuer
erst: - Gläubiger ist nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt
- Forderung ist geschäftsmäßig erworben und und gemäß § 4 Abs. 1 Ziff. 8 UStG von der USt befreit
- Aufgrund dieser Befreiung ist der Gläubiger nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ("analog Bank").
jetzt: - Rechtsprechung für Rechtsanwälte ist nicht auf Inkassounternehmen übertragbar.
- Außerdem haben Gläubiger und Vertreter (also Inkassobüro und Rechtsbeistand) zwar die Person XY gemein, sind aber wirtschaftlich getrennt.
Es liegt einerseits eine freiberufliche Tätigkeit vor und zum anderen ein kaufmännisches Gewerbe. Daher liegt kein Binnengeschäft vor, die USt fällt an.
b) Ermittlungskosten - Erstattungsfähigkeit
erst: - Gläubiger ist dazu berechtigt, Dritte mit Ermittlungen zu betrauen, diese Kosten sind vom Schuldner zutragen
- vorgelegt wurde nur die aktuelle Vollmacht, vorher bestand aber auch Bevollmächtigung
jetzt: - Vollmacht nicht nötig, da die Auftragserteilung für die Ermittlungen die Bevollmächtigung enthält, schriftliche Abfassung nicht nötig (mit Hinweis auf § 167 BGB)
- außerdem: 177 BGB
- Verlangen der Vollmacht ist eine unnötige Förmelei, da es sich bei den Adressermittlungen offensichtlich um eine notwendige Tätigkeit der Zwangsvollstreckung handelt,
für die auch seitens der Ämter Gebühren entstehen
c) Ermittlungskosten - Höhe
erst: - s.o., vollständig erstattungsfähig
jetzt: - Rechnungen des ZY-Inkasso belegen das Entstehen der Kosten, diese sind somit erstattungsfähig
- es besteht ein Rahmenvertrag zwischen den Inkassounternehmen, der Gläubiger zahlt eine Pauschale pro Ermittlung
- Ermittlungen sind mehr als nur einfache EMAs (u.A. Auswertungen aus Adresskäufen u. Konsumentendatenbanken und Verifizierung der Adresse durch Schreiben)
- EMA-Kosten sind in der Pauschale enthalten, diese kosten z.T. bis 21,-€, Gebühren sind in den letzten Jahren gestiegen ("im Hinblick auf die klammen Gemeindekassen")
- Zahl der erfolglosen ZV-Maßnahmen und somit der ZV-Kosten insgesamt werden so gesenkt
- Ermittlungskosten werden durch ZY-Inkasso in monatlichen Sammelrechnungen zusammengefasst
- Nachweis zu einzelnen Angelegenheiten kann daher nur durch Quittungen erfolgen
6. Gedanken und sonstiges
zur Umsatzsteuer...
- wenn schon die generelle Vergütung der Inkassos über § 4 RDGEG an die der RAs angeglichen ist, warum sollte dann die von mir zitierte Rechtsprechung zur Ust nicht greifen?
- der Gläubiger "generiert" die USt hier absichtlich, da er selber als Person XY sein Inkassobüro auch in dieser Eigenschaft als Inhaber vertreten könnte. Stattdessen sucht er sich aus, dies in seiner Funktion als Rechtsbeistand zu machen, sodass - anders als im anderen Fall - USt entsteht, wenn man der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Anwaltes glaubt. Diese kann ich ja noch nachvollziehen, aber dann sind die Steuern für mich definitiv nicht notwendig nach § 788 ZPO...oder?
zu den Ermittlungskosten...
- bzgl. der Vollmacht sehe ich inzwischen kaum noch durch...wenn die "Vergütung" hier - offenbar - nicht nach RVG geht, ist ZY-Inkasso wohl kein reigistrierter Inkassodienstleister (oder?). Dann könnte man evtl. tatsächlich davon ausgehen, dass keine Vollmacht nötig ist (bei supercheck o.Ä. Auskunftsmöglichkeiten lasse ich mir ja auch nichts vorlegen)...
- aber wie sieht es dann mit der Höhe der Kosten aus? Selbst wenn diese entstehen sind sie m.E.n. immer noch nicht erstattungsfähig nach § 788 ZPO, da nicht notwendig. Notwendig wären für mich nur die tatsächlich entstandenen Kosten...wenn die EMA 21,-€ kostete, dann ist das in diesem einen Fall eben so, das rechtfertigt es doch aber nicht, in jedem Verfahren und bei jeder Ermittlung so eine undurchsichtige Pauschale zu verlangen, bei der nicht nachvollziehbar ist, was denn nun eigentlich ermittelt wurde.
- zu dem Argument, dass durch die Ermittlungen Kosten gespart werden sollen: bis auf den Posten in 2015 wurden alle Ermittlungen durchgeführt, ohne dass darauf Vollstreckungsmaßnahmen folgten! Vorbereitung kann das dann wohl nicht gewesen sein, oder?
So....viel Text geschafft. Ich würde mich über eure Meinungen freuen. Bin ich vielleichtzu pingelig, was die Kosten angeht?
Viele Grüße,
Zahira
PS: wer noch Schreibfehler findet, darf Sie behalten!