Diskretion im Antragsverfahren

  • Mal angenommen, im Antragsverfahren wird G zum Gutachter bestellt. Er legt los und verlangt vom Schuldner (S) die üblichen Informationen, die es braucht, um das Gutachten zu erstellen und insbesondere herauszufinden, ob Sicherungsbedarf besteht. Leider ist S nicht so auskunftsfreudig und hat nur sehr lückenhafte Unterlagen.

    G wird also aktiv und kontaktiert S' Bank, das Finanzamt und auch S' Miteigentümer eines Grundstücks. Als S davon erfährt, ist er schwer empört, da er der Meinung ist, G hätte den Insolvenzantrag nicht bei seinen Geschäftspartnern bekannt machen dürfen.

    Inwieweit hat S Recht? Der Antrag ist ja nicht veröffentlicht, ein wenig Diskretion ist natürlich von G gefragt. Im Falle kooperierender Schuldner stimmt G sich deshalb auch immer mit diesen ab. Aber wenn einer mauert? G muss schließlich auch an seine Haftung denken und kann nicht ewig warten, bis S sich mal bequemt - ggf. nach Zwangsmaßnahmen - Auskunft zu erteilen.

    Wie handhabt Ihr das?

  • Mal angenommen, im Antragsverfahren wird G zum Gutachter bestellt. Er legt los und verlangt vom Schuldner (S) die üblichen Informationen, die es braucht, um das Gutachten zu erstellen und insbesondere herauszufinden, ob Sicherungsbedarf besteht. Leider ist S nicht so auskunftsfreudig und hat nur sehr lückenhafte Unterlagen.

    G wird also aktiv und kontaktiert S' Bank, das Finanzamt und auch S' Miteigentümer eines Grundstücks. Als S davon erfährt, ist er schwer empört, da er der Meinung ist, G hätte den Insolvenzantrag nicht bei seinen Geschäftspartnern bekannt machen dürfen.

    Inwieweit hat S Recht? Der Antrag ist ja nicht veröffentlicht, ein wenig Diskretion ist natürlich von G gefragt. Im Falle kooperierender Schuldner stimmt G sich deshalb auch immer mit diesen ab. Aber wenn einer mauert? G muss schließlich auch an seine Haftung denken und kann nicht ewig warten, bis S sich mal bequemt - ggf. nach Zwangsmaßnahmen - Auskunft zu erteilen.

    Wie handhabt Ihr das?

    Welche Haftung?

    Und auf Verdacht mal Banken und Behörden anschreiben? Mal abgesehen davon, dass die einem Gutachter keine Info erteilen, aufgrund welcher Ermächtigung auch?

    Dann sollte man, wenn man schon aktiv werden, umgehend Zwangsmaßnahmen anregen. Bei einem Eigenantrag wäre zu überlegen, ob durch die Verweigerung der Antrag unzulässig wird. Das müsste auch schon eimal entschieden worden sein.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Der Eigenantrag des Schuldners ist im Insolvenzeröffnungsverfahren als unzulässig zurückzuweisen, wenn sein Vortrag auch nach entsprechendem rechtlichen Hinweis den Eröffnungsgrund nicht in hinreichend substanziierter, nachvollziehbarer Form darlegt und Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schuldner vor Antragstellung auf die Unaufklärbarkeit der Vermögensverhältnisse hingearbeitet hat.
    LG Stendal, Beschluß vom 28. 6. 2007 - 25 T 112/06

  • Welche Haftung?

    Und auf Verdacht mal Banken und Behörden anschreiben? Mal abgesehen davon, dass die einem Gutachter keine Info erteilen, aufgrund welcher Ermächtigung auch?

    Dann sollte man, wenn man schon aktiv werden, umgehend Zwangsmaßnahmen anregen. Bei einem Eigenantrag wäre zu überlegen, ob durch die Verweigerung der Antrag unzulässig wird. Das müsste auch schon eimal entschieden worden sein.

    Es geht um Fremdanträge, bei Eigenanträgen sind die S ja in der Regel auskunftsfreudig.

    Haftung: Wenn ich ein Gläubiger des S wäre und mitbekäme, dass G nicht alle möglichen Mittel ausschöpft, um z.B. nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des S zu verhindern, würde ich zumindest mal auf die Idee kommen, mich an G zu wenden, ggf. auch mit Schadenersatzansprüchen.

    Banken und andere Gläubiger anschreiben, auch ohne Einverständnis des S, ist natürlich sinnvoll, um z.B. Kenntnis vom Insolvenzantrag zu schaffen wg. §§ 129 ff. InsO.


  • Haftung: Wenn ich ein Gläubiger des S wäre und mitbekäme, dass G nicht alle möglichen Mittel ausschöpft, um z.B. nachteilige Veränderungen in der Vermögenslage des S zu verhindern, würde ich zumindest mal auf die Idee kommen, mich an G zu wenden, ggf. auch mit Schadenersatzansprüchen.

    Welche Mittel als Gutachter hat man denn da? Wenn Anhaltspunkte für eine nachteilige Veränderung bestehen, kann man Sicherungsmittel anregen, wenn die nicht angeordnet werden, dann Ende;


    Banken und andere Gläubiger anschreiben, auch ohne Einverständnis des S, ist natürlich sinnvoll, um z.B. Kenntnis vom Insolvenzantrag zu schaffen wg. §§ 129 ff. InsO.

    Dies mag so sein, was aber, wenn der Antrag unzulässig oder unbegründet ist und durch die Inkenntnissetzung Kreditkündigungen pp ausgelöst werden und hierdurch ein Schaden entsteht?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Finanzamt hier Auskünfte an einen Gutachter erteilt. :confused:

    Ich würde das Gutachten wohl anhand der Kenntnisse, die ich habe, erstellen und ggf. mich an das Gericht wenden bzw. mein Gutachten entsprechend verfassen, wenn wg. Auskünfte hier gemauert wird.

    Ansonsten sehe ich auch § 824 BGB im Raum, insb. wenn das Gutachten darauf hinausläuft, dass ein Insolvenzgrund nicht vorliegt. Evtl. schafft man mit der Information der Gläubiger diesen ja erst...

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Dies mag so sein, was aber, wenn der Antrag unzulässig oder unbegründet ist und durch die Inkenntnissetzung Kreditkündigungen pp ausgelöst werden und hierdurch ein Schaden entsteht?

    Richtig, deshalb wird so etwas auch immer mit dem S abgesprochen - wenn er denn mitarbeitet. In diesem Fall siehst Du also eine Haftung des G, im Falle seiner Untätigkeit aber nicht?

  • Er ist doch nicht untätig, sondern unternimmt die notwendigen Dinge, zu denen er ermächtigt ist.

    Sieht er Sicherungsbedarf, so hat er diesen anzuregen, ist meistens auf den Beschlüssen bzw. den Anschreiben hierzu mit genannt. Passiert dann nichts, ist das nicht sein Problem, er ist ja nicht der Rächer der Witwen und Waisen.

    Woher soll der G. den auch die richtigen Banken kennen, alle vor Ort, des Landkreises, des Landes oder doch besser gleich EU-weit?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Finanzamt hier Auskünfte an einen Gutachter erteilt. :confused:


    Einige wenige Fianzämter machen das, die meisten gehen aber inzwischen den Weg die erbetene Auskunft an den Schuldner zu senden, verbunden mit der Bitte an den Gutachter weiterzuleiten (falls der Schuldner meint ).

  • Wir als Bank bekommen derartige Schreiben von Gutachtern sehr, sehr oft. Auskunft bekommen sie keine. Wir nehmen so ein Schreiben aber natürlich zum Anlaß, auf den Schuldner zuzugehen und nachzuhaken. Sofern es sich um einen Eigenantrag handelt (wir rufen beim Gericht an und fragen nach), erfolgt zu 99 % auch sofort die Kündigung, da der Kunde ja faktisch dadurch bestätigt, nicht mehr zahlungsfähig zu sein.

  • Sofern es sich um einen Eigenantrag handelt (wir rufen beim Gericht an und fragen nach), erfolgt zu 99 % auch sofort die Kündigung, da der Kunde ja faktisch dadurch bestätigt, nicht mehr zahlungsfähig zu sein.

    Und diese Auskunft bekommt ihr dann am Telefon vom Gericht? Das finde ich wiederum indiskret

  • Also hier reagieren Banken und Finanzämter unterschiedlich auf derartige Schreiben. Mein Eindruck ist, dass Finanzämter durchaus oft Rückstandsaufstellungen übersenden. Bei laufenden ZV Maßnahmen allerdings nicht, da fordert man eine Entbindungserklärung. Banken erteilen überwiegend Auskunft, gelegentlich aber auch nicht ohne Entbindungserklärung. In den Gutachtensbeschlüssen steht hier auch immer "Der Gutachter wird ermächtigt, Auskünfte über den Schuldner bei Dritten insbesondere bei Finanzämtern, Banken, Gerichtsvollziehern und Behörden einzuholen. Sofern sich Personen auf ein bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht berufen, können Auskünfte nur mit Einverständnis des Schuldners eingeholt werden".

    Insofern, ja, bei Fremdanträgen wird hier auch regelmäßig wie bei volkmar vorgegangen.

  • Allgemein zu den Möglichkeiten hier mal das von mir erstrittene Urteil:

    LG Göttingen vom 22.10.02 in ZInsO 2002, S.1093.

    1. Auch für den Angestellten des öfffentlichen Dienstes ( Angestellter einer Sparkasse) ist eine Aussagegenehmigung gemäß § 376 I ZPO einzuholen, wenn dieser im Insolvenzverfahren Auskünfte( über die Vermögenslage der Schuldnerin) erteilen soll.
    2. Das Insolvenzgericht kann dem Sachverständigen nicht die Befugnis erteilen, Auskünfte von Dritten einzuholen, Einsicht in Unterlagen zu nehmen oder Geschäftsräume zu betreten.

    Führte dazu, das nunmehr brav der Sachverständige die Einverständniserklärung des Schuldners beilegt, wenn er die nicht hat, bekommt er nichts.

  • Zumindest in den Fällen, in denen ich beteiligt war nicht. Abgesehen von vereinzelten Reichsbürgern, die dann aber weniger wegen der konkreten Anfragen bei Banken, sondern wegen ihrer allgemeinen Einstellung zum Rechts- bzw. Staatssystem.

  • Mal angenommen, im Antragsverfahren wird G zum Gutachter bestellt. Er legt los und verlangt vom Schuldner (S) die üblichen Informationen, die es braucht, um das Gutachten zu erstellen und insbesondere herauszufinden, ob Sicherungsbedarf besteht. Leider ist S nicht so auskunftsfreudig und hat nur sehr lückenhafte Unterlagen.

    G wird also aktiv und kontaktiert S' Bank, das Finanzamt und auch S' Miteigentümer eines Grundstücks. Als S davon erfährt, ist er schwer empört, da er der Meinung ist, G hätte den Insolvenzantrag nicht bei seinen Geschäftspartnern bekannt machen dürfen.

    Inwieweit hat S Recht? Der Antrag ist ja nicht veröffentlicht, ein wenig Diskretion ist natürlich von G gefragt. Im Falle kooperierender Schuldner stimmt G sich deshalb auch immer mit diesen ab. Aber wenn einer mauert? G muss schließlich auch an seine Haftung denken und kann nicht ewig warten, bis S sich mal bequemt - ggf. nach Zwangsmaßnahmen - Auskunft zu erteilen.

    Wie handhabt Ihr das?

    Ä, witzig, auf welchen Ebenen das jetzt diskutiert wird :D

    Offenbar ist gerichtlicherseits ein Fremdntrag für zulässig erachtet worden, Rechtsgehör wurde gewährt, offenbar keine Reaktion des Schuldners erfolgt. die Zweifel an der Zulässigkeit hätten hervorrufen können: Schwupss: Amtsermittlungsgrunsatz; der Gutachter ist als verlängerter Arm des Gerichts tätig.
    Der Schuldner übt sich in Empörung, dies dar er, ist aber rechtlich irrelevant. Der Gutachter hat natürlich eine Berechtigung dazu, Auskünfte einzuholen. Hierbei ist jedoch zu unterscheiden, ob die jeweils um Auskunft gebetenen verpflichtet sind Auskunft zu erteilen und ob der Schuldner ein Recht dazu hat, dies zu unterbinden. Letzteres nein ! ersteres hängt etwas von der Formulierung des Gutachterbeschlusses ab. Unsere Beschlüsses sind da recht weit gefasst und zwar dahingehend, dass dem Gutachter von Dritten Auskunft zu erteilen ist.
    Wer in Ansehung dieses Beschlusses meint, keine Auskunft erteilen zu müssen, wird sich auf die Vorladung bei Gericht freuen !
    Und bevor der steuerrechtsgemeinsmäßige Einwand kommt: auch das kriegen wir hin, da würde eine gesonderte Anordnung ergehen.

    Wenn der Schuldner dies alles so schlimm findet, dann muss er den Weg gehen, den Antrag zu Fall zu bringen.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau


  • ... Wer in Ansehung dieses Beschlusses meint, keine Auskunft erteilen zu müssen, wird sich auf die Vorladung bei Gericht freuen !
    Und bevor der steuerrechtsgemeinsmäßige Einwand kommt: auch das kriegen wir hin, da würde eine gesonderte Anordnung ergehen. ...

    Das Gericht kann meinetwegen beschließen, dass im Himmel Jahrmarkt ist. Für eine Auskunftspflicht (insb. in Hinblick auf § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO) mag es mir erstmal die Rechtsgrundlage zeigen.

    Wenn das Insolvenzgericht so sehr daran interessiert ist, im Insolvenzantragsverfahren Auskünfte von Dritten einzuholen, so soll es doch dem (nicht mitwirkenden) Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen und einen vorläufigen Insolvenzverwalter einsetzen.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

    2 Mal editiert, zuletzt von Exec (14. April 2016 um 06:33)


  • ... Wer in Ansehung dieses Beschlusses meint, keine Auskunft erteilen zu müssen, wird sich auf die Vorladung bei Gericht freuen !
    Und bevor der steuerrechtsgemeinsmäßige Einwand kommt: auch das kriegen wir hin, da würde eine gesonderte Anordnung ergehen. ...

    Das Gericht kann meinetwegen beschließen, dass im Himmel Jahrmarkt ist. Für eine Auskunftspflicht (insb. in Hinblick auf § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO) mag es mir erstmal die Rechtsgrundlage zeigen.

    Wenn das Insolvenzgericht so sehr daran interessiert ist, im Insolvenzantragsverfahren Auskünfte von Dritten einzuholen, so soll es doch dem (nicht mitwirkenden) Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen und einen vorläufigen Insolvenzverwalter einsetzen.

    na wo kommt denn die Ignoranz gegenüber deutschen Gerichten her.....
    Dazu bedarf es keines AVV, das geht auch niederschwelliger.
    I.Ü. habe ich auch schon Beamte der Steufa vernehmen dürfen (oki, die Aussagegenehmigung hab ich auch erst nach einer Gegenvorstellung erhalten - hab immer noch Hochachtung vor dem Amtsleiter, der seine leuz nicht im Regen stehen lassen wollte -). Äh, ich bin davon überzeugt, dass unser Gericht schon ein klein wenig Ahnung davon hat, was es so macht !

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

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