Absonderungsrechte in der Vergütung / Vergütungsantrag allgemein

  • Hallo zusammen,

    folgende Frage zum Thema Vergütung des Insolvenzverwalters stellt sich mir gerade. Ein Insolvenzverwalter erzielt aus der Verwertung der Masse einen Betrag von 57.600€. 47.600€ hiervon waren mit Absonderungsrechten belastet, in den 47.600€ waren 7.600€ USt enthalten, die der Verwalter auch abgeführt hat. Es bleibt somit eine Masse von 10T€. Der Verwalter berechnet seine Vergütung nun allerdings nicht von 10T€ sondern von 10.760 €. Er kommt dann auf eine Regelvergütung von 7.040€.

    Das ist m.E. aber zu hoch. § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV bestimmt, dass Massegegenstände die mit Absonderungsrechten belastet sind berücksichtigt werden, allerdings ist der Mehrbetrag der Vergütung auf 50% der Feststellungspauschale begrenzt. Feststellungspauschale sind 4% also kann er 2% auf die Vergütung aufschlagen. Macht bei 47.600€ = 940,80€. Zusätzlich dann 40% von 10T€= 4T€ macht insgesamt 4.940,80€. Der Vergütungsantrag ist somit in Höhe von 7.060 ./. 4.940,80 = 2.119,20 zu hoch. Der Rpfl. beim AG hat den Antrag so genehmigt, man könnte sof. Beschwerde einlegen. Übersehe ich hier etwas oder gibt es hier eine Rechtsprechung die besagt, dass bei USt. eine Sonderregelung gilt?


    Zweitens dann die Frage an die Rechtspfleger hier im Forum :), wie genau prüft ihr Vergütungsanträge?

    Mir ist aufgefallen, dass, zumindest bei unserem Hauptgericht, die Rechtspfleger oft die Vergütungsanträge der Insolvenzverwalter gefühlt relativ schnell durchwinken. Z.B. fällt mir ein Fall ein, mittelständisches Unternehmen Produktionshalle 1 und Verwaltungsgebäude mit kleinerer Produktionshalle 2 waren ca. 200m voneinander getrennt. Verwalter macht für mehrere Betriebsstätten einen Zuschlag von 25% geltend, zusätzlich zu sonstigen Zuschlägen, versteht sich, die waren oftmals auch etwas überzogen, meiner Meinung nach. Am Ende betrugen mit allen Kosten des Gerichts, der vorläufigen und der Endvergütung die Kosten insgesamt 190.500€, wobei eine Masse von 190.200€ zur Verfügung stand. Mit Krokodilstränen verkündete der Verwalter, dass leider für die Gläubiger nichts übrig geblieben sei. Nachdem ich dann sowohl telefonisch als auch schriftlich beim Gericht den Vergütungsantrag bemängelt hatte, nahm die Rechtspflegerin dies zum Anlass und kürzte an der ein oder anderen Stelle, teils auch erheblich. In anderen Verfahren war dies oftmals auch so. Die Gespräche mit dem Gericht waren durchaus konstruktiv und nicht irgendwie von neg. Stimmung geprägt, also keiner der Rechtspfleger machte mir deutlich, dass ich lästig sei, oder irgendwie auf Dinge pochen würde die lächerlich wären, aber umgekehrt hatten sie zumindest am Anfang meist keine Einwände gegen die Vergütung.

    Zur Struktur des Gerichts kann ich sagen, dass das Gericht eine mittlere Größe hat, wobei es rd. 6-8 "Stammverwalter" gibt, alle mindestens 45 Jahre alt und seit zig Jahren beim Gericht bestellt, man kennt sich.

    So ein wenig habe ich das Gefühl als ob die Verwalter das gute Verhältnis zum Gericht ein wenig ausnutzen und gerne mal bei der Vergütung etwas üppiger zuschlagen. Das Gericht wiederum scheint definitiv nicht absichtlich die fragwürdigen Anträge durchzuwinken, aber diese nicht allzu genau zu kontrollieren. Daher meine Eingangs gestellt Frage, wie genau prüft eigentlich der Rpfl. den Vergütungsantrag oder ist das völlig individuell, ggfls. auch sogar von der Tagesform abhängig, also z.B. ich prüfe jeden zweiten genauer, die anderen nur auf summarische Richtigkeit etc.

  • Wenn ich die Zahlen richtig verstehe, kannst Du Dich nicht beschweren, der Verwalter hat viel zu wenig abgerechnet, wobei ich davon ausgehe, dass 10760 EUR ein Tippfehler war und es 17.600 heißen muss:

    ............................................Berechnungsmasse............................Vergleichsmasse
    .............................................10.000 freie Masse............................10.000

    47.600 Absonderungsgut=........1.904 Feststellungskosten..................1.904
    ....................................=........2.380 Verwertungskostenpausch.........2.380
    ....................................=........7.600 Umsatzsteuer...........................7.600
    .....................................................0 Vergleichswert.........................35.716
    Summe..................................21.884..............................................47.600
    Berechnungswert......................8.753,60.........................................15.650
    Differenz...........................................................6.896,40
    50% von 1.904 < 6.896,4 also......952,00

    Regelsatz also 9.705,60

    Wenn aus Gründen wie auch immer keine Verwertungskostenpauschale genommen worden ist, um ein Grundstück wird es sich hier wohl nicht gehandelt haben, käme man auf einen Regelsatz von 8.753,60 EUR.


    Mit anderen Worten, der Verwalter hätte die Umsatzsteuer nicht abführen dürfen, sondern hätte die MUZ erklären müssen

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

    Einmal editiert, zuletzt von La Flor de Cano (27. April 2016 um 14:03)

  • Hey Cano,

    Du hast Recht, ich habe in meinem Beispiel tatsächlich vergessen, das die 9% noch zusätzlich in die Masse fließen, also von 47.600€ noch einmal 4.284€ (kommt davon, wenn man versucht auf gerade Zahlen fürs Beispiel zu ziehen). Hier würde dann tatsächlich eine freie Masse von 14.284€ zur Verfügung stehen, nicht bloß 10.000€. In meinem Fall (ungeradere Zahlen als hier im Thread) käme ich dann mit der Erstattung aus der Vorsteuer noch auf einen geringen Überschuss, sodass keine MUZ angezeigt werden muss.

    Aber, meine eigentliche Frage bleibt, warum wird die USt. noch mit auf den Betrag gerechnet, von dem dann die Vergütung berechnet wird, hier also 14.284€ plus 7.600€? Die USt. ist doch in dem absonderungsbelasteten Gegenstand enthalten, verbleibt also nicht in der Masse. Warum wird bei der Berechnung der Vergütung die USt. nicht auch abgezogen?

  • Du hast Recht, ich habe in meinem Beispiel tatsächlich vergessen, das die 9% noch zusätzlich in die Masse fließen, also von 47.600€ noch einmal 4.284€ (kommt davon, wenn man versucht auf gerade Zahlen fürs Beispiel zu ziehen). Hier würde dann tatsächlich eine freie Masse von 14.284€ zur Verfügung stehen, nicht bloß 10.000€. In meinem Fall (ungeradere Zahlen als hier im Thread) käme ich dann mit der Erstattung aus der Vorsteuer noch auf einen geringen Überschuss, sodass keine MUZ angezeigt werden muss. ?

    In Deinem Beispiel fehlen aber noch die Auslagen nach § 8 InsVV, die speziellen Auslagen nach § 4 InsVV und nicht zu vergessen die Gerichtskosten nebst Auslagen.

    Aber, meine eigentliche Frage bleibt, warum wird die USt. noch mit auf den Betrag gerechnet, von dem dann die Vergütung berechnet wird, hier also 14.284€ plus 7.600€? Die USt. ist doch in dem absonderungsbelasteten Gegenstand enthalten, verbleibt also nicht in der Masse. Warum wird bei der Berechnung der Vergütung die USt. nicht auch abgezogen?

    1. der Masse die Umsatzsteuer nach § 171 II InsO zusteht und
    2. die USt. eine Masseverbindlichkeit ist. Masseverbindlichkeiten werden jedoch nicht abgesetzt, § 1 II Nr. 4 InsVV, zumal dies weder unter lit. a noch lit. b fällt.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • ...Zweitens dann die Frage an die Rechtspfleger hier im Forum :), wie genau prüft ihr Vergütungsanträge?

    Mir ist aufgefallen, dass, zumindest bei unserem Hauptgericht, die Rechtspfleger oft die Vergütungsanträge der Insolvenzverwalter gefühlt relativ schnell durchwinken. Z.B. fällt mir ein Fall ein, mittelständisches Unternehmen Produktionshalle 1 und Verwaltungsgebäude mit kleinerer Produktionshalle 2 waren ca. 200m voneinander getrennt. Verwalter macht für mehrere Betriebsstätten einen Zuschlag von 25% geltend, zusätzlich zu sonstigen Zuschlägen, versteht sich, die waren oftmals auch etwas überzogen, meiner Meinung nach. Am Ende betrugen mit allen Kosten des Gerichts, der vorläufigen und der Endvergütung die Kosten insgesamt 190.500€, wobei eine Masse von 190.200€ zur Verfügung stand. Mit Krokodilstränen verkündete der Verwalter, dass leider für die Gläubiger nichts übrig geblieben sei. Nachdem ich dann sowohl telefonisch als auch schriftlich beim Gericht den Vergütungsantrag bemängelt hatte, nahm die Rechtspflegerin dies zum Anlass und kürzte an der ein oder anderen Stelle, teils auch erheblich. In anderen Verfahren war dies oftmals auch so. Die Gespräche mit dem Gericht waren durchaus konstruktiv und nicht irgendwie von neg. Stimmung geprägt, also keiner der Rechtspfleger machte mir deutlich, dass ich lästig sei, oder irgendwie auf Dinge pochen würde die lächerlich wären, aber umgekehrt hatten sie zumindest am Anfang meist keine Einwände gegen die Vergütung.

    Zur Struktur des Gerichts kann ich sagen, dass das Gericht eine mittlere Größe hat, wobei es rd. 6-8 "Stammverwalter" gibt, alle mindestens 45 Jahre alt und seit zig Jahren beim Gericht bestellt, man kennt sich.

    So ein wenig habe ich das Gefühl als ob die Verwalter das gute Verhältnis zum Gericht ein wenig ausnutzen und gerne mal bei der Vergütung etwas üppiger zuschlagen. Das Gericht wiederum scheint definitiv nicht absichtlich die fragwürdigen Anträge durchzuwinken, aber diese nicht allzu genau zu kontrollieren. Daher meine Eingangs gestellt Frage, wie genau prüft eigentlich der Rpfl. den Vergütungsantrag oder ist das völlig individuell, ggfls. auch sogar von der Tagesform abhängig, also z.B. ich prüfe jeden zweiten genauer, die anderen nur auf summarische Richtigkeit etc.

    Das bräuchte wohl einen eigenstädnigen Thread und läßt sich nicht so einfach beantworten. Was ist z.B. "prüfen"? Du hast natürlich extreme Bispiele genannt. Aber bei uns wird z.B. bei einer Betriebsfortführung häufig 25 % bei 3 Monaten genommen. Ist das gerecht/richtig/angemessen? eine schwierige Frage. Ich versuche das, aber ich kann natürlich nicht sagen, ob die dann aufgeworfene Summe korrekt die Tätigkeit abbildet. Also muss ich mich an schwammigen Vortrag halten. 25% bei zwei Filialen in 200 M Entfernung ist ja praktisch einfach für uns, diesen Zuschlag zu verneinen. Aber sonst. ein wirklich schwieriges Thema. Aber ich gebe Dir Recht, man kann es sich dort einfach machen. Ich habe eher das Problem, dass es nie Gläubiger gibt, die mal was einwenden. Unsere Hauptgläubiger habe ich darauf angesprochen. Die meinten ihnen bringen ja Einwendungen/Beschwerden nix, weil der mögliche gewonnene Teil im Verhältnis viel zu klein ist und der Aufwand nicht lohnt. Schade, dass Du nicht in unserem Bezirk tätig bist ;)...

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ich prüfe jeden Zuschlag ganz genau und zwar in jedem Vergütungsantrag. Es wird nichts durchgewunken und schon gar nicht jeder zweite Antrag nur summarisch geprüft. Jeder Zuschlag wird nach bestem Wissen und Gewissen geprüft. Von den Verfahren, in denen Zuschläge geltend gemacht werden, beanstande ich 70 % der Anträge und setze mit aller Konsequenz ab. Egal, ob es um 500,00 EUR oder um 50.000,00 EUR geht. Die Berücksichtigung von "man kennt sich" ist bei mir ausgeschlossen.
    Bei Nichteinverständnis mag man dann das Landgericht bemühen.:D

  • In Deinem Beispiel fehlen aber noch die Auslagen nach § 8 InsVV, die speziellen Auslagen nach § 4 InsVV und nicht zu vergessen die Gerichtskosten nebst Auslagen.

    und für die Frage der MUZ theoretisch dann auch noch die nach § 10 InsVV, das hatte ich nicht vergessen, die mögliche MUZ war bei mir nicht das Problem, das Problem war hier

    Aber, meine eigentliche Frage bleibt, warum wird die USt. noch mit auf den Betrag gerechnet, von dem dann die Vergütung berechnet wird, hier also 14.284€ plus 7.600€? Die USt. ist doch in dem absonderungsbelasteten Gegenstand enthalten, verbleibt also nicht in der Masse. Warum wird bei der Berechnung der Vergütung die USt. nicht auch abgezogen?


    1. der Masse die Umsatzsteuer nach § 171 II InsO zusteht und
    2. die USt. eine Masseverbindlichkeit ist. Masseverbindlichkeiten werden jedoch nicht abgesetzt, § 1 II Nr. 4 InsVV, zumal dies weder unter lit. a noch lit. b fällt.

    und hier muss ich eingestehen, dass ich irgendwie ein ziemlich dickes Brett vor dem Kopf hatte, ich hatte das irgendwie komplett anders abgelegt. Ein Dank an La Flor de Cano.


  • Ich habe eher das Problem, dass es nie Gläubiger gibt, die mal was einwenden. Unsere Hauptgläubiger habe ich darauf angesprochen. Die meinten ihnen bringen ja Einwendungen/Beschwerden nix, weil der mögliche gewonnene Teil im Verhältnis viel zu klein ist und der Aufwand nicht lohnt.

    Bei uns im Haus musste ich auch erst ein wenig das Problem bekannt machen. Aber, dass es sich aus finanzieller Sicht nie lohnt, die Vergütung des Verwalters zu bemängeln kann ich nicht bestätigen. Es gibt Insolvenzverfahren, die nicht so groß sind, wo unser Haus aber 80% aller Forderungen hält. Schlage ich hier mit einem Brief, der vielleicht 1/2 bis 1 Stunde Zeitaufwand bedeutet 2.000€ raus, bleiben letztlich 1.600€ für uns über, m.E. nach ein ganz guter Stundensatz. Man kann nun diverse Beispiele bilden, aber oftmals lohnt es sich, gemessen am Zeitaufwand, für eine angemessene Vergütung zu kämpfen.

    Hinzu kommt aber auch, dass das Thema Vergütung an der einen oder anderen Stelle etwas komplizierter ist. Wie man an meiner ersten Ausgangsfrage sieht, vergisst man selbst als Kenner der Materie schnell etwas, wenn man nicht täglich damit zu tun hat. Die meisten Gläubiger kennen sich schon mit dem Thema Insolvenz nur sehr begrenzt aus, die InsVV ist dann wie die dunkle Seite des Mondes und die Tiefsee zusammen. Aber, steter Tropfen höhlt den Stein, unser Haus konnte ich mittlerweile etwas sensibilisieren, bislang nicht zu dessen Schaden.

  • :daumenrau Ich habe ja nur ganz selten mit Vergütungsanträgen zu tun, am ehesten als Vorfrage im Rahmen einer PkH-Gewährung. Aber was dabei gelegentlich erfunden wird, ist schon ziemlich heftig. Daher schadet ein wenig Sensibilität bei Gläubigern sicher nicht - wie generell mehr Gläubigerbeteiligung im Insolvenzverfahren wohl wünschenswert wäre.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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