• A bestellt für B ein Nießbrauchrecht mit folgendem Inhalt:

    Die Parteien sind sich einig, dass die Pächterin = B am Vertragsgegenstand gem. Anlage 1 für die Dauer der Festpachtzeit gem. § 2 des Vertrages in der Anlage 1 ein unentgeltliches Nießbrauchrecht zustehen soll.
    Im Rahmen des Nießbrauchrechts ist die Pächterin berechtigt, den Vertragsgegenstand nach Maßgabe des in Anlage 1 enthaltenen Vertrages unter Ausschluss der Verpächterin=A selbst zu nutzen oder die Nutzung ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich an Dritte zu überlassen.
    A bewilligt und A und B beantragen zugunsten der Pächterin das Nießbrauchrecht an dem vertragsgegenstand gemäß der Anlage 1 einzutragen.

    Anlage 1 = Pachtvertrag

    Präambel
    über die Überlassung einer Teilfläche mit einer Größe von ca 800 qm an dem Flurstück 1 der Flur 1

    A unterhält auf dem gesamten Grundstück ein Wohngebäude und Nebengelasse ( Küchen- und Wirtschaftsgebäude, Stall und den "L-Saal".

    Vertragsgegenständlich ist das Wohngebäude und eine dazugehörige Außenfläche, die in der Anlage 1 gelb gekennzeichnet ist, nachfolgend das Objekt genannt.

    B wird dieses Objekt auf ihre Kosten zu einem multiplen Haus umbauen.
    Bei einem multiplen Haus handelt es sich um ein neuartiges Konzept der Nutzung von öffentlichen Gebäuden und dazugehörigen Flächen im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere der dörflichen Gemeinschaft, durch B und diesem nachgeordneten Nutzer. Ziel ist , der Allgemeinheit, insbesondere der dörflichen Gemeinschaft, durch das multiple Haus Dienstleistungen der Nachnutzer und gemeinwohlorientierte Leistungen und Nutzungsmöglichkeiten anbieten zu können.


    § 1 Vertragsgegenstand

    A überlast B von dem Flurstück 1, das in der Anlage gelb gekennzeichnete Gebäude nebst gelb gekennzeichneter Verkehrsfläche mit einer Größe von ca 800 qm ( Objekt).

    Pachtgegenstand wird ausschließlich zum Zwecke der Nutzung als " multiples Haus" entsprechend den in der Präambel festgelegten Grundsätze verpachtet.
    Pachtgegenstand darf nur im gesetzlich, behördlich und vertraglich zulässigem Rahmen genutzt werden.

    § 2 Pachtdauer

    Das Pachtverhältnis wird auf die Dauer von 13 Jahren beginnend ab 1.07.2016 fest abgeschlossen. Sollte der Umbau nicht bis zum 30.06.2017 abgeschlossen sine, dann gilt das Pachtverhältnis als bis zum 31.12.2029 fest angeschlossen.

    § 3 bis 13 behandeln dann die Übertragung der Nutzungsrechte , Verkehrssicherungspflichten, Schlüssel, Haftung, Ausschluss von Ansprüchen, Bauliche Maßnahmen, Untervermietung, Kaution, Wegerecht, Beendigung des Pachtverhältnisses und Schlussbestimmungen

    Für mich stellt sich die Frage, ob hier überhaupt ein Nießbrauch mit diesem Inhalt vereinbart werden kann im Hinblick auf § 1030 II BGB und die in der Literatur schwierige Abgrenzung zwischen Dienstbarkeit - einzelne Benutzung und Nießbrauch alle Nutzungen.

  • ...

    Für mich stellt sich die Frage, ob hier überhaupt ein Nießbrauch mit diesem Inhalt vereinbart werden kann im Hinblick auf § 1030 II BGB und die in der Literatur schwierige Abgrenzung zwischen Dienstbarkeit - einzelne Benutzung und Nießbrauch alle Nutzungen.

    Hilft dieser Thread ?
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1065022

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • der Thread passt nicht ganz. Mir geht es nicht vorrangig um den Belastungsgegenstand sondern um den Inhalt.
    Ich habe hier eine bezeichnet Teilfläche mit eine kompletten Gebäude welches durch amtliche Karte nachgewiesen ist. Nach Schöner/Stöber kann ein Nießbrauch auch an einer realen Teilfläche bestellt werden Rd. 1365. Einzelne Gebäudeteile sind nicht ausgenommen.
    Wichtig wäre zu klären, ob ein Nießbrauch mit diesem Inhalt zulässig ist oder ob eine Dienstbarkeit vorliegt, weil eine Nutzungsbeschränkung auf eine einzelne Nutzung vorliegt.
    Weiterhin habe ich herausgefunden, dass der Nießbrauch zur Sicherung eines Pachtverhältnisses eingesetzt werden kann. Hierbei wird bei juris immer wieder auf ein Buch von Schön " Der Nießbrauch an Sachen" verwiesen. Dieses Buch ist für mich nicht greifbar. Hat jemand dieses Buch. Hier wird bei den Rd. 370, 372 über den Sicherungsnießbrauch gesprochen.

    Auch kann der Pachtvertrag nicht zum Inhalt des Nießbrauchs erklärt werden laut diesem Buch.

    Damit wäre ja der Nießbrauch inhaltlich so nicht möglich.

    Für weiter Meinungen und Anregungen wäre ich dankbar.

  • Kann ein Nießbrauch ein eigenständiges Pachtverhältnis "absichern"?

    Können Pachtverhältnis und Nießbrauch betr. denselben Gegenstand eigenständig nebeneinanderstehen?

  • so nun wurde eine neue Nießbrauchsbewilligung mit folgendem Inhalt eingereicht:
    Die Parteien sind sich einig, dass V der P an einer Teilfläche von 870 qm an dem Grundstück 1 ein Nießbrauchrecht für die Dauer von 13 Jahren beginnend ab ... einräumt, für dessen Inhalt die gesetzlichen Bestimmungen gelten, soweit nicht nachstehend etwas abweichendes vereinbart ist.
    Abweichend wird nur die Kosten geregelt bzgl. Tragung der gewöhnlichen Unterhaltung und öffentlichen Lasten.
    Eine Karte mit Einzeichnung der Fläche von der zuständigen Behörde gem. § 2 GBO liegt mir auch vor.

    Alle anderen bisherigen Erklärungen (genaue Erläuterung vorhanden) werden ausdrücklich nur zu schuldrechtlichen Vereinbarungen erklärt.

    Damit kann ich doch jetzt das Recht beschränkt auf die Teilfläche eintragen?

  • Ich denke, dass es in dieser Form noch nicht reicht.

    Auf der Teilfläche befindet sich offenbar das Gebäude, denn oben in # 1 ist ausgeführt: „A überlast B von dem Flurstück 1, das in der Anlage gelb gekennzeichnete Gebäude nebst gelb gekennzeichneter Verkehrsfläche mit einer Größe von ca 800 qm (Objekt)“. Und Du führst in # 3 aus: „Ich habe hier eine bezeichnet Teilfläche mit eine kompletten Gebäude welches durch amtliche Karte nachgewiesen ist“

    Das Gebäude ist jedoch wesentlicher Bestandteil des gesamten Grundstücks und nicht nur der Teilfläche.

    Wegmann führt zur Belastung von Teilflächen im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.02.2016, § 1030 RN 8 aus (Hervorhebung durch mich): „Reale Grundstücksteile, die nicht bebaut sind, können deshalb mit einem Grundstücksnießbrauch materiell belastet werden, gleichgültig, ob sie katastertechnisch vom Restgrundstück gesondert sind oder nicht..“ und in RN 9: „§ 93 schließt auch aus, dass ein für sich gesehen realer Sachteil (zB realer Grundstücksteil), auf dem sich wesentliche Bestandteile auch des Sachrests befinden (Haus auf einer Teilfläche, die nießbrauchsbelastet werden soll) getrennt vom Sachrest nießbrauchsbelastet wird (sa RGZ 164, 196; BayObLGZ 1979, 361; Staudinger/Frank Rn. 4; Erman/Michalski Rn. 2; Palandt/Bassenge Rn. 2)“.

    Und zu dem Sachrest, nämlich dem restlichen Grundstücksteil, gehört das Gebäude als wesentlicher Bestandteil des gesamten Grundstücks (§ 94 I BGB).

    Pohlmann führt dazu im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1030 RN 30 aus: „Soweit reale Teile einer Sache sonderrechtsfähig, also nicht wesentliche Bestandteile der Hauptsache sind, kann an ihnen ein selbständiger Nießbrauch bestellt werden…“und in RN 31: „Reale Teile, die wesentliche Bestandteile einer anderen Sache sind, können nicht Gegenstand eines Nießbrauchs sein, 77 ..“
    77 RGZ 164, 196, 199 = DR 1940, 1679 f. m. Anm. Fraeb = ZAkDR 1940, 301 m. Anm. Mönch; BayObLGZ 1979, 361, 363; BFH BFH/NV 1989, 604; LG Nürnberg-Fürth Rpfleger 1991, 148; vgl. auch BayObLGZ Bd. 27 (alte Folge), 76, 77: kein Nießbrauch bei nur einer Nutzungsart, hier Nutzung eines Zimmers mit Bad;Staudinger/Frank (2009) Rn. 3; Soergel/Stürner Rn. 7.

    Meines Erachtens nach kann das Gewollte nur durch eine Ausübungsbeschränkung erreicht werden.

    Wie hier dargestellt
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…322#post1079322
    ist beim Nießbrauch die Vereinbarung einer räumlichen Ausübungsbeschränkung auf den Grundstücksteil, auf dem sich das Gebäude befindet, möglich (Zitat: s. Pohlmann im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1030 RN 30 mwN in Fußn. 75; Wegmann im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.02.2016, § 1030 RN 31 unter Zitat Staudinger/Frank Rn. 3; Ertl MittBayNot 1998, 63).

    Heinze führt im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1030 RN 4 aus: „Die Belastung eines räumlich abgegrenzten Grundstücksteils mit einem Nießbrauch kann daneben auch in der Weise bewirkt werden, dass die Belastung das ganze Grundstück ergreift und nur der Ausübungsbereich des Nießbrauchs auf eine bestimmte, in der Eintragungsbewilligung bezeichnete Teilfläche beschränkt ist, sog unechte Teilbelastung (Ertl MittBayNot 1988, 63); in der Praxis scheint dies der bevorzugte Weg zu sein (Krauß, Vermögensnachfolge4 Rn 1093; Goetze RNotZ 2013, 147, 149). Entsprechendes gilt für andere mit einem Nießbrauch belastbare Grundstücksrechte, zB den Anteil eines Miteigentümers. In diesen Fällen ist § 7 GBO nicht anwendbar (Demharter, GBO30 § 7 GBO Rn 21; Meikel/Böttcher, GBO11 § 7 GBO Rn 58)…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (17. Februar 2017 um 09:18) aus folgendem Grund: unbeabsichtigten Link entfernt

  • Jetzt ist die Frage, ob man die vorgenannte Formulierung in eine Ausübungsbeschränkung auf die Teilfläche auslegen kann und dann nach vorheriger Anhörung einträgt oder ob die Parteien ( sind beide siegelführend) dies durch eine Nachtragserklärung zur Bewilligung erklären sollen.

  • :gruebel: Hmmm ... die Belastung einer Teilfläche mit einem Nießbrauch ist also grds. möglich, weil die Teilfläche nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist und daher Gegenstand besonderer Rechte sein kann. Ein auf dieser Teilfläche stehendes Gebäude wäre dagegen ein wesentlicher Bestandteil des ganzen Grundstücks, weshalb eine bebaute Teilfläche die Ausnahme von der Regel darstellt. Wie verhält es sich dann bei einer Dienstbarkeit? Einem Trafostations- oder Garagenrecht? Bei entsprechender Bauweise.

  • :gruebel: ... Wie verhält es sich dann bei einer Dienstbarkeit? Einem Trafostations- oder Garagenrecht? Bei entsprechender Bauweise.

    Bei der Dienstbarkeit gibt es keine dem § 1030 Absatz 2 BGB entsprechende Regelung. Grundsätzlich erstreckt sich der Nießbrauch auf die (= alle) auf dem Grundstück stehenden Gebäude als wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§§ 93, 94 Abs.1 Satz 1 BGB (s. Brandenburgisches OLG 5. Zivilsenat, Urteil vom 13.12.2007, 5 U 39/05, Rz. 36 mwN). Unzulässig ist es, bei dem Nießbrauch an einem bebauten Grundstück das Nutzungsziehungsrecht des Nießbrauchers auf einzelne Teile des Gebäudes zu beschränken (BGH 5. Zivilsenat, Urteil vom 27.01.2006, V ZR 243/04, Rz. 20 unter Zitat RGZ 164, 196, 199 ff.; BayObLGZ 1979, 361). Das Reichsgericht hat ausgeführt, dass einzelne Teile eines Hauses nicht Gegenstand besonderer Rechte, also auch nicht Gegenstand eines von anderen Grundstücksteilen abgetrennten Nießbrauchsrechts sein können (s. BayObLG 2. Zivilsenat, Beschluss vom 26.10.1979, BReg 2 Z 51/79 Rz. 11). Nichts anderes kann gelten, wenn es um das gesamte Gebäude oder mehrere Gebäude als wesentliche Grundstücksbestandteile geht. Daher ist die Aussage bei Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, RN 1363: „Dagegen kann ein Nebengebäude (zB Garage) dadurch von der Nutzung ausgeschlossen werden, dass der Nießbrauch von vornherein nur das Grundstück ohne diese Teilfläche, auf der das Nebengebäude steht, belastet (s Rdn 1365)“ von sich aus nicht recht verständlich. Allerdings wird in RN 1365 auf die Möglichkeit der Ausübungsbeschränkung hingewiesen („Ebenso wie die Dienstbarkeit (s Rdn 1119) ist auch beim Nießbrauch Belastung des ganzen Grundstücks und Beschränkung der Ausübung auf eine Teilfläche zulässig, da die Teilfläche zwar Bestandteil, aber nicht wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist“). Lediglich unwesentliche Bestandteile können vom Nießbrauch ausgenommen werden (Lenders in jurisPK-BGB, 7. Auflage 2014, Stand 01.10.2014, § 1030 RN 10; MüKo/Pohlmann, § 1030 BGB RN 30; BeckOK/Wegmann, § 1030 RNern. 8, 9). Das ist Folge der Regelung in § 1030 Absatz 2 BGB (BayObLG aaO, Rz. 16; BeckOK/Wegamnn, § 1030 BGB RN 8), die es bei den Dienstbarkeiten nicht gibt.

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  • Bei der Dienstbarkeit gibt es keine dem § 1030 Absatz 2 BGB entsprechende Regelung.

    Was auch nicht notwendig ist, da die Dienstbarkeit ohnehin nur auf einzelne Nutzungen beschränkt ist. Der entscheidende Punkt ist doch aber, dass Wegmann den Grundstücksbegriff aus § 94 BGB auf das ganze Grundstück, Schöner/Stöber offenbar nur auf den bebauten Teil bezieht. Entsprechend kann nach Schöner/Stöber auch eine bebaute Grundstücksfläche mit einem Nießbrauch belastet werden. Umgekehrt hätte man mit dem Beck'schen Online-Kommentar, wie beim Nießbrauch, das Problem, dass eine Dienstbarkeit zwar nur an einer Grundstücksfläche lasten würde, das Gebäude als Ausübungsbereich dagegen wesentlicher Bestandteil des ganzen Grundstücks wäre.

  • Verstehe ich nicht. Der „Grundstücksbegriff aus § 94 BGB“ besagt, dass ein Gebäude wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist. Solange das Grundstück nicht geteilt ist, ist mithin das Gebäude wesentlicher Bestandteil des -ungeteilten- Grundstücks und nicht eines rechtlich unselbständigen Teilgrundstücks. Und wenn in einem bebauten Anwesen eine Wohnung wesentlicher Bestandteil des Hauses und damit des Grundstücks ist und deshalb nicht Gegenstand besonderer Rechte sein kann (OLG Köln, Beschl. v. 17.8.2016, 2 Wx 188/16), dann gilt das gleichermaßen für den wesentlichen Bestandteil „Gebäude“.

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  • Mag ja sein, aber ein seltsames Ergebnis ist es eben doch: Die Teilfläche ist nicht wesentlicher Teil des restlichen Grundstücks, das darauf stehende Gebäude soll es sein. Und aus der jeweiligen Sichtweise erklärt sich das unterschiedliche Ergebnis in der Kommentierung. Und auswirken müßte es sich dann auch bei der Dienstbarkeit.

  • s. dazu jetzt den Beschluss des OLG München vom 30.07.2020:

    Ein Nießbrauch kann an einem real abgegrenzten, bebauten Teil eines Grundstücks bestellt werden, soweit das vom Nießbrauch erfasste Gebäude vollständig auf dem belasteten Grundstücksteil errichtet ist, wenn nicht durch die entsprechende Eintragung Verwirrung zu besorgen ist.

    OLG München, Beschluss v. 30.07.2020, 34 Wx 93/20
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-18336?hl=true

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