Pfleger für unbekannte Beteiligte erforderlich?

  • Ich brauche Hilfe in folgender Nachlasssache:
    Erblasser, in 2. Ehe verheiratet, verstirbt 2016 kinderlos. Mit seiner ersten, vorverstorbenen Ehefrau hat er ein gemeinschaftliches notarielles Testament errichtet in dem der Überlebende zum Alleinerben eingesetzt wurde, Schlusserbe sollte eine noch zu errichtende Stiftung werden, falls diese nicht rechtsfähig wird, sollte die Gemeinde Erbe (mit Auflagen) werden. Weiter waren vom Überlebenden Vermächtnisse an Verwandte beider Ehegatten angeordnet. Angaben zur Wechselbezüglichkeit waren im Testament nicht enthalten. Mein Erblasser hat das Erbe nach seiner 1. Frau dann auf Grund dieses Testamentes ausgeschlagen und als gesetzlicher Erbe (sein Erbteil war 3/4) angenommen, Erbschein wurde so erteilt. Mit seiner 2. Frau hat er wieder ein notarielles gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zum Alleinerben berufen. Ich habe nachgelesen und festgestellt, dass hier nicht eindeutig ist, ob bei Annahme des gesetzlichen Erbteils die Wechselbezüglichkeit entfällt und er neu testieren konnte. Die 2. Ehefrau hat nun Termin für einen Erbscheinsantrag, da das Grundbuchamt nicht ohne Erbschein das Grundbuch berichtigt.
    Wen muss ich hier als Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren beteiligen (neben den gesetzlichen Erben)? Die Schlusserbin Stiftung gibt es ja nicht. Genügt die Ersatzschlusserbin Gemeinde oder genügt ein Verfahrenspfleger oder brauche ich einen Pfleger für unbekannte Beteiligte, der ggf. auch Rechtsmittel einlegen kann?
    Danke für Eure Meinungen.

  • Ein Nachlasspfleger, den du für die noch unbekannten Erben bestellen könntest, reicht nicht. Viele OLGs lassen einen Verfahrenspfleger ausreichen. Richtig wäre ein Pfleger für unbekannte Beteiligte (die Stiftung). Und die Gemeinde wäre auch zu beteiligen.

  • Meines Erachtens ist durch die Ausschlagung der testamentarischen Alleinerbfolge nach der ersten Ehefrau die Bindungswirkung doch weg. Er konnte frei testieren. Zumindest sehe ich das so. Fragen zur Stiftung und Co. sind dann doch erledigt, oder? Stehe ich grad auf dem Schlauch?

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Mein Vorredner scheint die Rechtslage im Erbscheinsverfahren mit der Rechtslage in einem von einem bestellten Nachlasspfleger in die Wege geleiteten nachlassgerichtlichen Genehmigungsverfahren zu verwechseln. Im Erbscheinsverfahren kann ein - alleine deswegen - bestellter Nachlasspfleger - das rechtliche Gehör schon deshalb nicht vermitteln, weil er (a) bei dem Nachlass, für den er bestellt ist, im Hinblick auf die Frage, wer zum Erben berufen ist, ohnehin nichts mitzureden hat und weil er (b) nur für die unbekannten Erben bestellt werden kann und er daher ohnehin immer "den Richtigen" vertritt. Gleiches gilt - im Gegensatz zum Genehmigungsverfahren - für den Verfahrenspfleger, so dass auch ein solcher nicht bestellt werden kann. Der zutreffende Weg führt daher grundsätzlich über eine Pflegschaft nach § 1913 BGB. Ich gebrauche das Wort "grundsätzlich" hier mit Bedacht, weil die Besonderheiten des vorliegenden Falles keine Pflegerbestellung erforderlich machen. Denn da die Stiftung nicht gegründet wurde und auch nicht mehr gegründet werden kann, kommt als einzige durch (unterstellt) wechselbezügliche (Ersatz-)Schlusserbeneinsetzung Bedachte die Gemeinde in Betracht. Damit ist die als Erbin in Betracht kommende Beteiligte aber nicht unbekannt, sondern bekannt.

    Wie die Sache letztlich ausgeht, wird davon abhängen, ob man zugunsten einer als Schlusserbin bedachten Stiftung von einer wechselbezüglichen Verfügung ausgehen kann (ich unterstelle, dass die hierfür einschlägige Rechtsprechung bekannt ist: Grundsätzlich nein, es sei denn, beim Vorliegenden besonderer Anhaltspunkte, aufgrund welcher die Stiftung einer "nahe stehenden Person" gleichsteht, etwa wenn die Stiftung das "Lebenswerk" des letztwilligen Stifters fortsetzen sollte). Verneint man die Wechselbezüglichkeit zugunsten der Stiftung, wird man wohl nur schwerlich zu einer Wechselbezüglichkeit zugunsten der Gemeinde gelangen können. Andererseits ist keineswegs sicher, dass die Ersatzschlusserbeneinsetzung wechselbezüglich ist, wenn man die Wechselbezüglichkeit zugunsten der Stiftung als nicht zum Zuge gekommende "Hauptschlusserbin" bejaht.

    Die Erwägungen zur erfolgten Erbausschlagung setzen die Wechselbezüglichkeit der Schlusserbeneinsetzung bereits voraus. Das hilft also im Ergebnis nicht weiter. Ist die Wechselbezüglichkeit zu verneinen, sind die Rechtsfolgen der Ausschlagung unproblematisch, weil eine nicht existente Bindung nicht beseitigt zu werden braucht.

  • Cromwell: Nehme an du hast mit "Vorredner" nicht mich gemeint, denn ich bin ja der Auffassung, dass keine Bindungswirkung eingetreten ist. Dein Posting hat meines wohl überschnitten.

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  • Vielen Dank.
    Ich hatte auch Zweifel, dass eine noch zu gründende Stiftung wechselbezüglich eingesetzt sein soll, aber alle (der Erblasser, mehrere beteiligte Notare und das damalige Nachlassgericht) haben es so gesehen, dies ergibt sich eindeutig aus den beigezogenen Nachlassakten.

    Cromwell: "Denn da die Stiftung nicht gegründet wurde und auch nicht mehr gegründet werden kann, kommt als einzige durch (unterstellt) wechselbezügliche (Ersatz-)Schlusserbeneinsetzung Bedachte die Gemeinde in Betracht. Damit ist die als Erbin in Betracht kommende Beteiligte aber nicht unbekannt, sondern bekannt."
    Wo liegt mein Denkfehler? Wenn die Verfügung zu Gunsten der Stiftung (doch) wechselbezüglich wäre, dann müsste die Stiftung doch jetzt gegründet werden und würde rechtsfähig werden. Sie wäre dann (jetzt) Alleinerbin und nicht die jetzige Witwe, außerdem würde die Ersatzschlusserbin Gemeinde ja nur Beteiligte, wenn die Stiftung nicht rechtsfähig würde. Müsste man nicht deshalb zum "Schutz" dieser unbekannten Beteiligten doch einen Pfleger einsetzen, der das prüft und ggf. deren Rechte wahrt?

  • Hallo zusammen,

    ich habe folgenden Fall:
    - Alleinerbe ist eine noch zu gründende Stiftung. Testamentsvollstreckung ist angeordnet. Der Testamentsvollstrecker beantragt nun ein TV-Zeugnis und einen Erbschein.

    Grundsätzlich ist der Antrag für das TV-Zeugnis vollständig. Mir stellt sich jetzt nur die Frage, ob ich einen Pfleger für unbekannte Beteiligte zur Anhörung bestellen muss. In BeckOGK/Tolksdorf BGB §83 Rn. 54 steht, dass analog nach §1912 Abs.1 BGB ein für die noch nicht errichtete Stiftung von Todes wegen bestellter Pfleger deren Rechte im Verfahren über die Erteilung eines beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses wahrnehmen kann. Also §1912 BGB würde ich ausschließen, über §1913 BGB denke ich aber ernsthaft nach. Habe aber außer dieser Fundstelle nichts weiteres gefunden. Was meint ihr dazu?

    Hinsichtlich des Erbscheins habe ich dem TV mitgeteilt, dass dieser erst erteilt werden kann, wenn die Stiftung durch die zuständige Behörde als rechtsfähig anerkannt wird, da ja auch erst dann die Wirkung des §84 BGB eintritt.

  • Man könnte auch einen Nachlasspfleger für die/ den noch unbekannten Erben bestellen. Der wäre dann vom NLG zu bestellen und könnte wieder abberufen werden, wenn die Stiftung gegründet wurde. Das wird ja sicher etwas dauern. Solange kontrolliert der NLP den TV.

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