Testierfähigkeit im Jahr 1957

  • Die Erblasserin hat im Jahr 1957 einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen. Zu dem Zeitpunkt war sie 19 Jahre alt, also zur damaligen Zeit noch nicht volljährig.

    Konnte sie damals testieren? Oder für künftige Fälle gefragt: Wie finde ich auf die Schnelle die damaligen Regelungen des BGB?

  • Nach den Fußnoten im Schönfelder könnte man auf die Idee kommen, dass § 2275 Abs. 1 und 2 seit 1953 unverändert sind... haben die ges. Vertreter zugestimmt?

    Hatte schonmal im Internet eine Fundstelle für uralt-BGB gehabt (link evtl aus dem Forum?), bin mir aber nicht sicher, ob es die Seite noch gibt... versuche es gleich mal...

  • Klappte noch:

    [1. April 1953–1. Januar 2002]
    1§ 2275. (1) Einen Erbvertrag kann als Erblasser nur schließen, wer unbeschränkt geschäftsfähig ist.
    (2) [1] Ein Ehegatte kann als Erblasser mit seinem Ehegatten einen Erbvertrag schließen, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. [2] Er bedarf in diesem Falle der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters; ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so ist auch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
    (3) Die Vorschriften des Absatzes 2 gelten auch für Verlobte.

    http://lexetius.com/BGB/2275,4

  • Zunächst ist zu prüfen - daher meine obige Frage -, ob der Minderjährige als Erblasser verfügt hat oder ob er nur als Vertragspartner beteiligt war, ohne eigene letztwillige Verfügungen zu treffen. Denn die Rechtsfolgen sind jeweils grundverschieden.

  • Wenn der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige in seiner bloßen Eigenschaft als Vertragspartei nicht letztwillig verfügt (er also nicht gleichzeitig in seiner Eigenschaft als künftiger Erblasser handelt) und über die Annahme der letztwilligen Verfügungen des Erblassers hinaus keine vertraglichen Verpflichtungen (z.B. auf Unterhalt) übernimmt, bedarf er zum Abschluss des Erbvertrags nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, weil er durch den Erbvertrag nur einen rechtlichen Vorteil i.S. des § 107 BGB erlangt (Staudinger/Kanzleiter § 2275 Rn. 11 m.w.N.).

    Sollte es sich so verhalten, hat der Notar somit alles richtig gemacht.

    Der letzten Antwort entnehme ich allerdings, dass die Minderjährige als Erblasserin verfügt hat. In diesem Fall ist der Erbvertrag wegen des in § 2275 Abs.1 BGB geregelten Erfordernisses der unbeschränkten Geschäftsfähigkeit nichtig, es sei denn, der Erbvertrag wäre mit seinem Ehegatten oder Verlobten geschlossen worden (§ 2275 Abs. 2, 3 BGB, auch in damaliger Fassung). In diesem Ausnahmefall ist dann die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (also in der Regel der Eltern) erforderlich.

    Liegt der Ausnahmefall des § 2275 Abs. 2, 3 BGB nicht vor oder fehlt die erforderliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, ist der Erbvertrag nichtig. Er kann allerdings in ein einseitiges und bei Ehegatten ggf. auch in ein gemeinschaftliches Testament umgedeutet werden, weil ein Minderjährger, der das 16. Lebensjahr bereits vollendet hat (§ 2229 Abs. 1 BGB, auch in damaliger Fassung) ein Testament durch Erklärung vor einem Notar errichten kann (§ 2233 Abs. 1 BGB, damals § 2238 Abs. 3 BGB) und der gesetzliche Vertreter dabei (heute wie damals) nicht mitwirken muss. Zur Umdeutung vgl. Staudinger/Kanzleiter § 2275 Rn. 3 und Palandt/Weidlich § 2275 Rn. 1 sowie Palandt/Ellenberger § 140 Rn. 10 jeweils m.w.N.

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