Europäisches Nachlasszeugnis/Italien/Grundbuchberichtigung

  • Folgender Fall:
    Mein Erblasser und Grundstückseigentümer war Italiener und hatte dort auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt bis zum Tod. Es liegen keine Verfügunggen von Todes wegen vor. Nun wird mir zur Grundbuchberichtigung ein europ. NLZ vorgelegt. Es wurde durch einen italienischen Notar ausgestellt. Hierzu ist das entsprechende Formular (auf italienisch) verwendet worden. Insgesamt gibt es wohl 3 Erben zu je 1/3 (2 Kinder und die getrennt lebende Ehefrau).
    Das NLZ liegt mir in beglaubigter Abschrift von der Urschrift vor. Die Beglaubigung erfolgte durch den italienischen Notar. Die Abschrift wurde für einen der Miterben erstellt.

    Meine Fragen nun:
    Muss ich mir bezüglich jedes Erben eine beglaubigte Abschrift vorlegen lassen? Ein gemeinschaftliches NLZ scheint es ja in dem Sinne nicht zu geben.

    Ich werde die Erben in Erbengemeinschaft eintragen. Daran hat sich ja wohl nichts geändert.
    Wie würdet Ihr die Eintragungsgrundlage formulieren? Nehme ich das Datum der Ausstellung der beglaubigten Abschrift oder das Datum der durch den Notar erstellten Urschrift?

    Und zu guter Letzt: Ist der italienische Notar überhaupt zuständig zur Ausstellung des NLZ? Nach Art. 4 EU-ErbVO wäre es ja erstmal nur das italienische Gericht.

    :confused:
    Danke für Eure Hilfe.

  • In Italien ist für die Bearbeitung der Nachlasssachen auch der Notar zuständig, s. etwa hier:
    http://www.erbrecht-international.net/italien-erbrecht.html
    Nach Art. 64 Satz 2, Erwägungsgrund 70 EuErbVO bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, welche Behörde er in seinem Hoheitsgebiet mit der Zuständigkeit für die Ausstellung des ENZ betraut.

    Wie Buschbaum/Simon: „Das Europäische Nachlasszeugnis, ZEV 2012, 525 ff, ausführen, kann es sich bei der ausstellenden Behörde um ein Gericht oder eine andere Behörde handeln. Der Begriff des Gerichts sei weit zu verstehen und erfasse alle Angehörige eines Rechtsberufs, die Unparteilichkeit und das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör gewährleisten (Art. 3 Abs. 2), insbesondere Notare, die in den meisten Mitgliedstaaten – teilweise ausschließlich – für die Ausstellung des Erbnachweises zuständig sind. In der Fußnote 7 ist ausgeführt (Hervorhebung durch mich): „Ausschließliche Zuständigkeiten bestehen etwa in Ungarn, Tschechien, Estland, Frankreich, den Niederlanden; Zuständigkeiten neben den Gerichten z. B. in Luxemburg, Spanien, Italien, Polen und Portugal; zu weiteren Einzelheiten s. das Erbrechtsportal des C.N.U.E. unter http://www.successions-europe.eu.%e2%80%9c

    Ansonsten dürfte die dem Antragsteller erteilte beglaubigte Abschrift ausreichen. Döbereiner führt in seinem Beitrag: „Das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein“, NJW 2015, 2449 aus:

    „Die Bekanntgabe der stattgebenden Entscheidung erfolgt nach § 40 IntErbRVG durch Übersendung einer beglaubigten Abschrift des ENZ an den Antragsteller, an andere Beteiligte (§ 37 IntErbRVG) wird eine einfache Abschrift versandt. Die EuErbVO kennt – wie viele ausländische Staaten – keine Ausfertigung, deshalb wird einheitlich (vgl. Art. 70 I EuErbVO) der Begriff der beglaubigten Abschrift verwendet. Für die deutsche Rechtspraxis ist darunter eine Ausfertigung zu verstehen, so die Gesetzesbegründung zu § 33 IntErbRVG. Die Entscheidung wird nach § 41 IntErbRVG bereits wirksam, wenn sie der Geschäftsstelle zum Zwecke der Bekanntgabe übergeben wird…“

    Allerdings muss das Europäische Nachlasszeugnis mit einem Verfallsdatum versehen sein; s. dazu Lange „Europäisches Nachlasszeugnis – Antragsverfahren und Verwendung im deutschen Grundbuchverkehr“ in der DNotZ 2016, 103 ff“

    Ist denn die Dir vorliegende beglaubigte Abschrift mit einem Verfallsdatum versehen ?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke Prinz für Deine ausführlichen Ausführungen.
    Meine beglaubigte Abschrift hat wie auch das Formular vorschreibt ein Anfangs - und Enddatum.
    Passt also alles.

    Hattest Du ein NLZ schonmal als Eintragungsgrundlage? Welches Datum hast Du denn genommen?

  • Den Fall hatte ich auch noch nicht. Ich würde es aber nicht anders handhaben wollen, als bei der GB-Berichtigung aufgrund deutschen Erbscheins. Dort gibst Du ja auch nicht das Datum der Ausfertigung, sondern das Datum des Erbscheins an. Also kann es vorliegend auch nur auf das Datum der Erstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses und nicht darauf ankommen, wann die beglaubigte Abschrift erteilt wurde. Als anzugebende Grundlage der Eintragung sieht § 9 Absatz 1 Buchstabe d GBV u. a. den Erbschein oder das Europäische Nachlasszeugnis vor. Ohne jetzt Diskussionen eröffnen zu wollen (dazu ist das Wetter zu schön:)): ME gehört zur Grundlage der Eintragung auch die Angabe, wann das Eigentum übergegangen ist. Diese Angabe (bzw. die Angabe der Jahreszahl) ist nach § 29 Absatz 4 Satz 3 BewG ohnehin gegenüber dem Finanzamt vorzunehmen. Bei anderen Gesamtrechtsnachfolgen (Verschmelzung/Spaltung/Vermögensübertragung) wird das Datum des Rechtsübergangs ja ebenfalls verlautbart. Ich würde daher formulieren:

    „Durch Erbfolge vom….. übergegangen und anhand des Europäischen Nachlasszeugnisses des Notars …. in….. vom….(Datum der Erstellung des Zeugnisses, nicht der begl. Abschrift) berichtigt am…..

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Mir wurde ein europäisches Nachlasszeugnis von einem deutschen Gericht zur GB-Berichtigung und anschliessenden Verkauf durch den Erben vorgelegt.

    Der Notar hat die an den Erben erteilte beglaubige Abschrift durch eine beglaubigte Ablichtung seiner Urkunde beigefügt.

    Für die deutsche Rechtspraxis ist darunter eine Ausfertigung zu verstehen, so die Gesetzesbegründung zu § 33 IntErbRVG. (Zitat aus #2)

    Bedeutet dies, dass die deutschen Gerichte eine Ausfertigung erstellen müssen oder soll dies belegen, dass die beglaubigte Abschrift in diesem Fall der Ausfertigung entspricht?

  • Ich verstehe nicht, wie man solche Fragen stellen kann, ohne sich vorher offenbar überhaupt mit der Materie befasst zu haben.

    Das Europäische Nachlasszeugnis wird nur in beglaubigter Abschrift erteilt (s. oben #6). Auf die Befristung ist in #7 hingewiesen. Eine Legalisation oder Apostille des ENZ kann nicht verlangt werden, da die Wirkungen des ENZ automatisch und ohne weiteres Verfahren eintreten. Ebenso wenig kann eine Übersetzung des gesamten ENZ verlangt werden, s. Wilsch im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.09.2018, § 35 RN 38; Gutachten des DNotI vom 10.07.2018, Gutachtennummer: 162990, erschienen im DNotI-Report 13/2018, 100 (Spanien)

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  • Ich sehe das so: Wenn man die Frage stellt: „Benötige ich eine beglaubigte Abschrift?“, obgleich in der Antwort zuvor ausgeführt wurde, dass das ENZ nur in beglaubigter Abschrift erteilt wird und dies auch in jeder Kommentierung nachgelesen werden kann, dann zeigt mir das, dass man sich eben mit der Sache überhaupt noch nicht befasst hat. Aber es stimmt: ich bräuchte nicht zu antworten. Das werde ich mir bei solchen Beiträgen auch vornehmen.

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  • Ich soll ein GB bei uns berichtigen und habe von unserem NL-Gericht ein ENZ, in dem in An. IV als Vermögenswert nur ein Grundstück in Schweden aufgeführt ist.
    Kann ich das ENZ auch für das Grundstück in Deutschland verwenden oder muss das Grundstück in Deutschland auch im ENZ stehen?

  • Da die (deutsche!) obergerichtliche Rechtsprechung davon ausgeht, dass Grundstücke im ENZ nicht einzutragen sind (OLG Nürnberg, 15 W 299/17, sowie OLG München, 31 Wx 275/17), wird man die Grundbuchberichtigung kaum davon abhängig machen können, dass die Grundstücke im ENZ eingetragen sind...

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Es ist also umgekehrt:

    Es fehlt nicht das deutsche Grundstück, sondern das schwedische hat im ENZ nicht verloren.

    Hierzu auch meine Ausführungen in Rpfleger 2018, 649, 654:

    Das deutsche Erbrecht unterliegt dem Grundsatz der Universalsukzession und lässt die Angabe einzelner Nachlassgegenstände im Europäischen Nachlasszeugnis bei Maßgeblichkeit des deutschen Erbstatuts daher - auch in lediglich informatorischer Weise - nicht zu.[56] Die Verbücherung des Eigentumsrechts aufgrund eines der EuErbVO unterliegenden Erbfalls kann im Hinblick auf in Österreich belegenen Grundbesitz auch aufgrund eines deutschen Erbscheins oder eines deutschen Europäischen Nachlasszeugnisses erfolgen, in welchem der österreichische Grundbesitz nicht aufgeführt ist.[57] Rechte, die auf andere Weise als durch Verfügung von Todes wegen begründet werden, unterfallen nicht der EuErbVO und können daher nicht im Europäischen Nachlasszeugnis ausgewiesen werden.[58]


    [56] OLG Nürnberg Rpfleger 2017, 545 = FamRZ 2018, 143 (Grundbesitz in Tschechien); OLG München Rpfleger 2018, 146 = FamRZ 2018, 142 = FGPrax 2018, 39 m. Anm. Wilsch; OLG Nürnberg Rpfleger 2018, 212 = FGPrax 2018, 40; AG Augsburg ErbR 2018, 282 (jeweils Grundbesitz in Österreich). Zum grundbuchamtlichen Verlangen einer Übersetzung des ENZ (Spanien) vgl. DNotI-Report 2018, 100; Schmitz RNotZ 2017, 269, 284.
    [57] OGH Österreich, Beschl. v. 21.12.2017, Az. 5 Ob 186/17i, ErbR 2018, 382 = DNotI-Report 2018, 101 (zum Erbschein); OGH Österreich, Beschl. v. 15.05.2018, Az. 5 Ob 35/18k (zum ENZ). Hierzu vgl. auch bereits OGH Österreich, Beschl. v. 29.08.2017, Az. 5 Ob 108/17v, FamRZ 2018, 635.
    [58] OLG Nürnberg Rpfleger 2017, 545 (Anwachsung in Bezug auf Ehegattenmiteigentum nach § 14 ÖsterrWEG).

  • Da die (deutsche!) obergerichtliche Rechtsprechung davon ausgeht, dass Grundstücke im ENZ nicht einzutragen sind (OLG Nürnberg, 15 W 299/17, sowie OLG München, 31 Wx 275/17), wird man die Grundbuchberichtigung kaum davon abhängig machen können, dass die Grundstücke im ENZ eingetragen sind...

    Ich hänge mich hier mal an: Ich soll das hiesige Grundbuch aufgrund eines tschechischen ENZ berichtigen (Alleinerbe). Mein Problem liegen in den Ziff. 8., 9. und v.a. 10. der Anlage IV. Es ist bei allen drei Ziffern jede Menge Text - natürlich in Tschechisch, wovon ich kein Wort verstehe.

    Ziff. 8 könnte ich mir noch denken - der Sohn ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge (Allein)Erbe. Aus Ziff. 9 kann ich den Grundbesitz in Dtl. zwar nicht erkennen, aber s. Zitat von Tom. Aber die Eintragung unter Ziff. 10 (Bedingungen und Beschränkungen in Bezug auf die Rechte des Erben) lassen mich fragen, ob ich nicht vielleicht eine Übersetzung hinsichtlich dieser drei Ziffern brauche ... :/ - vielleicht kann ein "grenznaher" Kollege etwas dazu sagen (das Urteil des EuGH vom 09.03.2023 in Sachen C-354/21 hilft mir für diese Konstellation nicht wirklich weiter)?

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Heidenhain führt in seinem Beitrag „Europäische Nachlasszeugnisse und die EUErbrechtsVO

    in der tschechischen Praxis“ in der WiRO 2020, 97/98

    WiRO 2020, 97 - beck-online

    aus: „Im dt.-tschechischen Rechtsverkehr ist die Ausstellung des ENZ und dann dessen Vorlage im Original mit beglaubigter Übersetzung erforderlich, obwohl das Formular in einer amtlichen Übersetzung im Amtsblatt in allen Amtssprachen vorliegt; das Erfordernis einer amtlich beglaubigten Übersetzung scheint entbehrlich, weil meist nur Daten und persönliche Angaben effektiv übersetzt werden…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Sorry für die späte Reaktion - wir erleben hier gerade die rechtsverbindliche Einführung der e-Akte (= Chaos <X ) ...

    Heidenhain führt in seinem Beitrag „Europäische Nachlasszeugnisse und die EUErbrechtsVO

    in der tschechischen Praxis“ in der WiRO 2020, 97/98

    https://beck-online.beck.de/Dokument?vpath…einen%2BModulen

    aus: „Im dt.-tschechischen Rechtsverkehr ist die Ausstellung des ENZ und dann dessen Vorlage im Original mit beglaubigter Übersetzung erforderlich, obwohl das Formular in einer amtlichen Übersetzung im Amtsblatt in allen Amtssprachen vorliegt; das Erfordernis einer amtlich beglaubigten Übersetzung scheint entbehrlich, weil meist nur Daten und persönliche Angaben effektiv übersetzt werden…“

    Leider kann ich dieses Dokument nicht aufrufen - ist nicht in meinem Dokumentenbezug nicht enthalten ... gibt es evtl. eine andere Fundstelle? Das klingt genau nach dem, was ich brauche :thumbup: !

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Wilsch im Hügel in beck-online schreibt bei Rz. 38 zu § 35 GBO unter Hinweis auf DNotI-Report 2018, 100 davon, daß man die Übersetzung der Textbestandteile verlangen könne, "die über das Formular hinausgehen".

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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