Vergütungsanspruch Nachlasspfleger, "falsche Erben" ermittelt

  • Ich habe einen not.ES Antrag, der vom NLPfl. vorbereitet und vom "Erben" not. genehmigt wurde vorliegen.

    Problem: niemand hat beachtet, dass die kinderlose EL 1933 als neki geboren und 1934 adoptiert wurde. Die EL war am 1.1.77 volljährig. Alles auf dem Gebiet der DDR.

    Der antragstellende "Erbe" ist das Kind eines Geschwisterteils der Adoptiveltern der EL. Wenn ich alles richtig verstanden habe was ich dazu noch einmal nachgelesen haben, dann sind erbberechtigt die Annehmenden (ohne deren weitere Verwandten) und die leiblichen Eltern, sowie deren weitere Verwandten.

    Dies würde bedeuten ich hätte einen Antrag einer nicht erbberechtigten Person. Was mir aber mehr Kopfzerbrechen macht: der Nlpf. hat dann in die völlig falsche Richtung ermittelt und damit viel Zeit und Geld (Nachlass) verbraucht.

  • Bestelmeyer Rpfleger 2010, 635, 645:

    Eine vor dem am 01.01.1957 erfolgten Inkrafttreten der AdoptVO vom 29.11.1956 (GBl. DDR I, 1326) im Beitrittsgebiet durchgeführte und nach den damals anwendbaren Normen des BGB durchgeführte Adoption hat seit dem 01.01.1957 (§§ 9, 19 Abs. 2 a AdoptVO),[143] spätestens aber seit dem 01.04.1966 (§ 2 EGFGB, §§ 72, 73 FGB) die mit dem Beitritt nach Art. 234 § 13 Abs. 1 S. 1 EGBGB unverändert übergeleitete Wirkung einer Volladoption und schließt erbrechtliche Ansprüche im Verhältnis zwischen dem Angenommenen und seinen leiblichen Verwandten demzufolge aus.[144]


    [143] Staatl. Notariat Weimar NJ 1958, 723; Adlerstein/Wagenitz FamRZ 1990, 1169, 1177.
    [144] LG Mühlhausen FamRZ 2009, 1098 = ZEV 2009, 520.

  • Ich hatte das so verstanden, dass dies nur für die ALT-DDR Fälle gilt, also nach 1949.???

    Meine Adoption war 1934. Zu beachten im Ost-West-Gefüge bei nekis noch der Stichtag 1.7.49.

    Jetzt bin ich völlig verwirrt.

  • Siehe dazu meine Auffassung aus Schulz/Lauk, Handbuch Nachlasspflegschaft, § 3 Rn. 130 ff (m.w.N.):


    Wie schon bei den Ausführungen zum Erbrecht des nichtehelichen Kindes erwähnt, galt in der ehemaligen DDR das BGB bis zum Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches am 1.1.1976 fort. Am 1.4.1966 wurde das Familiengesetzbuch der DDR (FGB) eingeführt, das die Annahme an Kindes statt in den §§ 66 ff. FGB gegenüber dem BGB neu regelte.

    Jedoch gab es bereits eine zum 1.1.1957 in Kraft getretene „Verordnung über die Annahme an Kindes Statt“, die sogenannte „DDR-Adoptionsverordnung“ (AdoptionsVO vom 29.11.1956), die schon damals das Prinzip der „Vollrechts-Adoption“ einführte. Die nach dieser Verordnung erfolgten Adoptionen waren gemäß §§ 8, 9 AdoptionsVO solche mit starker Wirkung. Angenommene Kinder wurden wie leibliche Kinder behandelt. Die alten Verwandtschaftsverhältnisse galten als erloschen. Es gab bei Erlass der Adoptionsverordnung keine Übergangsregelung. Daraus wurde und wird entnommen, dass ausnahmslos alle bestehenden Adoptionsverhältnisse, die dem Recht der ehemaligen DDR unterstanden, übergeleitet wurden in das Adoptionsverhältnis mit Vollwirkung.

    Das DDR-Recht kannte fortan ausschließlich eine „starke“ Adoption, bei der die Verwandtschaftsverhältnisse (und damit auch das Erbrecht) zu den leiblichen Verwandten vollständig abgebrochen und die Adoptivkinder wie eheliche/leibliche Abkömmlinge behandelt wurden.

    Damit waren die Adoptivkinder nur noch gegenüber ihren Adoptiveltern und deren Verwandten (und umgekehrt) erbberechtigt. Die Verwandtschaftsverhältnisse zu den leiblichen Verwandten sind vollständig erloschen.
    Diese Wirkungen gelten gemäß Art. 234 § 13 EGBGB auch nach der Wiedervereinigung fort.

    Adoptionen auf dem Gebiet der ehem. DDR vor dem 1.1.1957:

    Bei den vor Erlass der Adoptionsverordnung nach dem „alten BGB-Recht“ erfolgten Adoptionen muss geprüft werden, ob eine Überleitung in die Vollrechtswirkung durch die AdoptVO erfolgte oder nicht.

    Im Falle von Adoptionen, die vor Inkrafttreten der DDR-AdoptionsVO erfolgten, spricht man von sog. „Uraltadoptionen“. Auch solche Adoptionen wurden lediglich durch die Streichung der bis dahin in beiden Teilen Deutschlands geltenden BGB-Vorschriften von der Regierung der DDR in Annahmeverhältnisse mit starker Wirkung überführt, ohne dass eine Überleitungsvorschrift existierte.

    Mit Inkrafttreten des FGB samt Einführungsgesetz am 1.4.1966 wurden diese Adoptionen in § 2 EGBGB den insoweit inhaltsgleichen Regelungen des FGB unterworfen. Damit werden auch sog. Uraltadoptionen gemäß Art. 234 § 13 Abs. 1, S. 1 EGBGB übergeleitet.

    Dies gilt jedoch nur unter der Voraussetzung, dass zum Stichtag 1.1.1957 (Zeitpunkt der Rechtsspaltung in Adoptionsangelegenheiten) tatsächlich eine derartige „Überleitung“ erfolgt war und DDR-Recht auch bis zum Beitrittszeitpunkt auf das Adoptionsverhältnis anzuwenden war. Um dies entscheiden zu können, bedarf es der Heranziehung der Regeln des innerdeutschen Kollisionsrechts, die wegen des Versagens der Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit für das Personalstatut auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Annehmenden abstellten. Befand sich dieser im maßgeblichen Zeitpunkt auf dem Gebiet der ehemaligen DDR,ist somit auch im vorliegenden Fall eine Überleitung nach Art. 234 § 13 Abs. 1 S. 1 EGBGB zu bejahen, sodass das Adoptivkind seine leiblichen Verwandten verlor und eheliches Kind der Annehmenden wurde.


    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (29. August 2016 um 16:29)

  • Unter der dortigen Rn. 138 ff. steht dann auch etwas zu den "Spezialproblemen", etwa wenn einer oder beide Adoptiveltern vor dem 01.01.1957 verstorben oder aus der DDR verzogen waren. Dazu gibt der SV in #1 aber nichts her.

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  • Sorry, noch mal zum Verständnis: ich müsste also prüfen wo sich das neki Adoptivkind am 1.1.1957 aufgehalten hat.

    Auf dem Gebiet der DDR - leibliche Verwandtschaft voll erloschen, es erben ausschließlich die Verwandten der Adoptiveltern, hier wäre mein ES Antrag richtig.

    Auf dem Gebiet der BRD - dann Art 12 § 1 Adoptionsgesetz, dann wäre der ES Antrag falsch.

    Späterer Umzug ist egal von wo nach wo unerheblich?

  • Nein. Du musst prüfen, wo (wohl) die Adoptiveltern (= die Annehmenden) am 01.01.1957 ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Späterer Umzug ist dann egal.
    Siehe letzter Absatz von #4.

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  • By the way:

    Selbst wenn der Nachlasspfleger die falschen Erben ermittelt, also unnötigen Aufwand betrieben hätte, wäre der dabei entstandene Aufwand zu vergüten. Die Frage ist jedoch, ob dann bei der die Vergütung bestimmenden Qualifikation des Nachlasspflegers angesetzt und dadurch der Stundensatz nach unten korrigiert werden kann. Das wird bei offensichtlich grob unnötigem Aufwand der Fall sein - hier in dem konkreten Fall dürfte aber ein solches "Reduzieren" des Stundenhonorars eher fragwürdig sein, wenn auch das NLG als aufsichtsführende Stelle die Rechtslage verkannt hat. Ich glaube aber, dass hier alle Glück hatten, denn es sieht tatsächlich nach einer "DDR-Adoption" aus....zumindest wenn beide Adoptiveltern nach 1957 mit letztem Wohnsitz in der DDR starben, darf das Anwenden der DDR-AdoptVO wohl angenommen werden.

    Jedenfalls würden dann die einmal ermittelten tatsächlichen Erben allenfalls einen Schadensersatzanspruch gegen den NLP haben, wenn dieser Vergütung für völlig unnötigen Aufwand bekommen hat. Aber die Vergütung deswegen komplett streichen, kann das NLG nicht.

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  • Fehler des Nachlasspflegers in seiner Tätigkeit beeinträchtigen in der Regel -so die mir bekannte Rechtsprechung- den Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers nicht.

    Ggf. muss ein neuer Nachlasspfleger bzw. müssen die Erben ihre Schadenersatzansprüche beim Nachlasspfleger auf dem Rechtswege (zuständig sind die Zivilgerichte) geltend machen.

    Eine Verweigerung der Vergütung durch das Nachlassgericht ist m.E. nicht möglich. Egal um was für einen Fehler es sich handelt.

  • Mir ging es nicht um eine Streichung, nur mit dem Umgang als solches in so einem Fall. Noch ist alles nur Überlegung, aber man spielt ja durch, was wäre wenn. Ich war sozusagen etwas erschrocken. Und wenn ich die Frage hier einstelle dann mit dem 2. Problem dazu. Mit war klar, dass für eine Antwort nur 4 Personen in Frage kommen, du TL, Cromwell, Tom und Uschi.

    Wenn sich die Sache so löst, dass die richtige Person als AST und Erbe auftritt ist alles gut.
    Die Urkunde ist so dünn in jeder Hinsicht, es gibt noch mehr Fragen zu klären als nur die Adoptionsgeschichte, dass ich einfach mit dem für mich schwierigsten Sachverhalt angefangen habe. Wir haben diese Sachen vlt. 1 X aller 10 Jahre. Ich denke man kann nicht alles Wissen aber die Problemstellen erkennen und hinterfragen...ist schon wesentlich besser als einfach drüber gehen und ohne nachzudenken einen Erbschein erteilen.

    Und wenn ich so eine Sache als Urkunde aufnehme erwarte ich mehr als nur den Satz gesetzlicher Erbe ist...und weitere Informationen liegen nicht vor... usw.
    Schließlich dürften Nlpf. und Notar sich eingehend damit beschäftigt haben. Ein Satz mehr zum Erkenntnisprozess wäre doch im Sinne des 2354, 2356 BGB.

    Aber da noch mehr zu klären ist und auch Urkunden fehlen kann ich ja mal horchen mit welchen Überlegungen man zum Ziel gelangte. Ich bin mir nicht sicher ob die Rechtsspaltung durch Adoption wie ober erklärt tatsächlich abrufbereites Wissen ist. Wie gesagt, wir haben solche Sachen ganz, ganz selten.

  • Max: Mach dir keinen Kopf. Ich würde jetzt einfach mal behaupten, dass bei solchen speziellen Konstellationen (sogenannte "Uralt-DDR-Adoptionen") wohl weit über 90 % der Nachlassgerichte und wohl noch mehr der Nachlasspfleger (und der Notare :) nicht genau wissen, wie es sich nun verhält. Sowas ist schon echt kompliziert und wenn man vielleicht erst seit kurzer Zeit Nachlass macht, kann man das schlicht und einfach nicht wissen.

    Wenn ich heute z.B. Zwangsversteigerung oder Kosten etc. machen müsste, dann würde ich auch mit Sang und Klang untergehen. Also Kopf hoch! Mit solchen Konstellationen hole ich nämlich auch gerne die Anwälte bei Seminaren vom hohen Ross - "gesetzliche Erbfolge ist ja sooooo einfach"... :)

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  • Max: Mach dir keinen Kopf. Ich würde jetzt einfach mal behaupten, dass bei solchen speziellen Konstellationen (sogenannte "Uralt-DDR-Adoptionen") wohl weit über 90 % der Nachlassgerichte und wohl noch mehr der Nachlasspfleger (und der Notare :) nicht genau wissen, wie es sich nun verhält. Sowas ist schon echt kompliziert und wenn man vielleicht erst seit kurzer Zeit Nachlass macht, kann man das schlicht und einfach nicht wissen.

    Wenn ich heute z.B. Zwangsversteigerung oder Kosten etc. machen müsste, dann würde ich auch mit Sang und Klang untergehen. Also Kopf hoch! Mit solchen Konstellationen hole ich nämlich auch gerne die Anwälte bei Seminaren vom hohen Ross - "gesetzliche Erbfolge ist ja sooooo einfach"... :)

    l

    :) Das Erbrecht ist auch einfach, wenn diese blöden Vorfragen nicht wären.

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