Nachlassverwaltung aufheben?

  • Ich habe folgendes Problem:
    Im Jahr 2011 wurde eine Nachlassverwaltung von einem Miterben beantragt und auch angeordnet. Als Grund wurde angegeben, dass die Antragstellerin befürchte, dass sich der Nachlass aufzehre und schließlich überschuldet sein werde.
    Der Nachlass besteht hauptsächlich aus einem Hausgrundstück und ein wenig Sparguthaben. D
    as Grundvermögen ist jedoch mit einem Wohnungsrecht für einen Miterben belastet. Der Berechtigte des Wohnungsrechts muss nicht die gesamten Kosten tragen, die durch das Grundvermögen entstehen. Sollte dieser Berechtigte nun ein sehr hohes Alter erreichen, könnten diese Zuschüsse, die von den übrigen Miterben getragen werden, den kompletten Nachlass "auffressen".

    Die Antragstellerin möchte nun auch, dass sich der Nachlassverwalter um die Durchsetzung etwaiger Ansprüche der Erben gegen den Wohnungsrechtsberechtigten kümmert, da dieser nach ihrer Ansicht zu wenig der laufenden Kosten trägt.

    Ist dies Aufgabe des Nachlassverwalters?
    Handelt es sich bei diesen Verbindlichkeiten der Erben (Kosten, die durch das Grundvermögen entstehen) eigentlich um Nachlassverbindlichkeiten?

    Der Nachlassverwalter würde die Nachlassverwaltung auch gerne aufgehoben haben, da sie sich ja endlos lange hinziehen könnte. Die Erben möchten dies nicht.

    Kann ich die Nachlassverwaltung aufheben?

  • Meines Erachtens hätte man sie bei dem Sachverhalt, ohne einen Antrag aller Erben, nicht anordnen sollen.

    Wenn nun durch die Verwaltung des Nachlasses und das den Nachlass belastende Wohnrecht Kosten entstehen, die den Bestand des Nachlasses aufbrauchen, dann ist das eben so. Keiner hat einen Anspruch darauf, dass der Nachlass Jahrzehnte erhalten bleibt oder sich vermehrt.

    Man müßte einmal ermitteln, welchen Wert das Wohnrecht darstellt und ob dieser Wert evtl. höher ist als der Nachlasswert. Dann müßte der NLVerwalter die Nachlassinsolvenz beantragen (§ 1980, § 1985 BGB). Mit der Eröffnung des NLInsoV endigt die NLV (§ 1988 BGB).

    Ist der Wert des Nachlasses höher, aber sind irgendwann die liquiden Mittel aufgebraucht, müßte die Immobilie durch den NLVerwalter veräußert werden. Stellt der dann nach der Liquidation fest, dass alle Nachlassverbindlichkeiten und Nachlassregelungskosten beglichen sind, hat er nach § 1986 BGB zu verfahren und kann dann die NLV aufgehoben werden.

    Eine andere Frage ist, ob der NLVerwalter sich darum kümmern muss, dass der Nachlass evtl. zuviel bezahlte Beträge vom Wohnungsberechtigten zurückerstattet bekommt. Das ist natürlich die Aufgabe des NLVerwalters (§ 1984 BGB, §1985 BGB).

    Gleichwohl kann man sich m.E. auch auf den Standpunkt stellen, dass (wenn der NL jetzt nicht überschuldet ist) die laufenden Kosten zum Unterhalt der Immobilie keine Nachlassverbindlichkeit darstellen. Wenn dann der NLVerwalter berichtet, dass alle Nachlassverbindlichkeiten bezahlt sind, wäre es m.E. evtl. auch möglich, die NLV aufzuheben. Einfach mal machen und warten, was ggf. das OLG dazu sagt. Dann ist man schlauer.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Vielen Dank für die Antwort.
    Ich hatte vergessen zu schreiben, dass die Zustimmung der übrigen Erben zum Anordnungszeitpunkt vorlag.
    Der Jahreswert des Wohnungsrechts wurde in der Bewilligung mit 6.000,00 DM angegeben.
    Eine Veräußerung der Immobilie (Wert ca. 77.000,00 €) dürfte aufgrund des Wohnungsrechts aber wohl schwierig werden.
    Ich werde daher die Nachlassverwaltung aufheben und mal sehen, ob die Sache zum OLG geht.

  • Der Wert des Wohnrechts ist sowohl von dem jeweiligen Wohnwert (Quadratmeter und Netto-Mietpreis) als auch der statistischen Lebenserwartung des Berechtigten abhängig. Da kommen schnell mal Beträge zusammen, die den aktuellen Wert der Immobilie (dann natürlich fiktiv ohne die Belastung berechnet) übersteigen können.
    http://www.kapitalfokus.de/wohnrecht-berechnen-831.html

    Aber was soll´s....wenn du die NLV aufhebst (bitte zuerst nochmal mit dem NLV reden!!!), dann spielt das keine Rolle mehr.

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  • Hallo, ich hab da etwas für mich völlig neues- eine Familie, in der der Bruder verstorben ist will einen Antrag auf Nachlassverwaltung stellen, da sie befürchten, dass ggf. Überschuldung da ist.
    Das Inso-Gericht schickt sie nun zu mir.

    Müsste also ein Antrag nach 1975 sein. Gefunden hab ich dazu nicht gerade viel, außer das es geht und alle Erben dies beantragen können.

    Wie läuft dies? Ich brauche einen Antrag von allen Erben und danach läuft das wie eine ganz normale Nachlasspflegschaft? Wer hatte das schon und kann mir sagen worauf ich achten muss?


    Schon einmal ein großes DANKE im Voraus, bisher haben hier in solchen Fällen immer alle ausgeschlagen...


    Gruß
    der Insu

  • Hatte auch noch keine Nachlassverwaltung.
    Es wäre aber zu prüfen, ob eine kostendeckende (Gerichtskosten, Vergütung des Nachlassverwalters) Masse vorhanden ist. Anderenfalls wäre die Anordnung nach §1982 BGB abzulehnen.
    Hierzu wäre m.E. zumindest hinreichend schlüssig vorzutragen.

    Zudem wäre die Anordnung (so sie denn erfolgt) nach §1983 BGB zu veröffentlichen.

  • Oh - das mit der kostendeckenden Masse ist schon mal ne gute Idee, daran hab ich noch nicht gedacht- hmm, dann muss ich wohl mal vortragen lassen was da ist und schätzen, wie viel der Nachlassverwalter verlangen wird, das wird dann ja nach "vermögend" gerechnet, oder?

    Das erklärt, warum das hier noch keiner hatte, denke ich.

    Noch jemand Ideen, der das idealerweise schon gehabt hat?

  • Ja, der Anwendungsbereich ist glaube ich relativ klein. Wenn der Nachlass überschuldet ist, ist gleich Nachlassinsolvenz zu beantragen (§1980 I BGB) und wenn es keine ausreichende Masse gibt, dann verbleibt dem Erben die Dürftigkeitseinrede des §1990 BGB.

    Zur Vergütung würde ich in die Kommentierungen zu §1987 BGB gucken. Ich würde mal vermuten, dass die üblichen Stundensätze eines Nachlasspflegers anzusetzen sein dürften.

  • Wird viel zu selten genutzt, dieses sinnvolle Instrument, das ein echter Hybrid ist zwischen Nachlasspflegschaft und Nachlassinso.

    Benötigt wird ein Antrag von allen Erben (dies im Gegensatz zum Antrag auf Nachlassinso), und dann IST nach § 1981 Abs. 1 BGB vom Nachlassgericht die Nachlassverwaltung anzuordnen, mit einer einzigen Ausnahme, nämlich der fehlenden Kostendeckung, § 1982 BGB. Dem kann man begegnen mit der Anforderung eines Vorschusses. Ein Verweis auf ein Nachlassinsolvenzverfahren kann hier nicht mehr sein als ein Hinweis, auch nicht, wenn Zahlngsunfähigkeit und/oder Überschuldung offensichtlich sein sollten - die Prüfung von Insolvenzgründen und ggf. Antragstellung ist gem. § 1985 Abs. Satz 2 i.V.m. § 1980 Abs. 1 Satz 1 BGB Aufgabe des Nachlassverwalters.

    Was die Vergütung anbetrifft und somit die voraussichtlichen Verfahrenskosten, kann diese von der Systematik der Nachlasspflegschaften durchaus abweichen. Zwar bezeichnet Schulz (Schulz/Schulz: Handbuch Nachlasspflegschaft, 2. Aufl. S. 507ff.) die Abrechnung nach Stunden als h.M., wendet sich indes dagegen, weil es sich um eine "eigenständige Vergütungsregelung" handelt, und verweist auf die von Pfeuffer (Roth/Pfeuffer: Praxishandbuch Nachlassinsolvenzverfahren, 2. Aufl. S. 336) vorgeschlagene Anlehnung der Vergütung (mit einem Abschlag von 30%) an die Vergütung des Insolvenzverwalters. Zimmermann (Die Nachlasspflegschaft, 4. Aufl. 2017, Rz. 845) hält sich bei diesem Kapitel recht kurz, plädiert jedoch auch gegen eine Anwendung der für die Nachlasspflegschaften geltenden Vergütungsregelungen.

    Die Herleitung der Höhe des Vergütungsanspruchs kann sich meines Erachtens daher sowohl vonseiten einer anteiligen Beteiligung an der vorhandenen Masse (die im Übrigen auch bei TV üblich ist) ergeben als auch vonseiten einer aufwandsbezogenen Sicht. Beim Stundenzählen sollte berücksichtigt werden, dass die Situtation rechtlich komplexer und wegen der laufend zu prüfenden Insolvenzantragspflicht und der erhöhten Haftungsgefahr insgesamt anspruchsvoller ist als eine Pflegschaft, weswegen sicherlich regelmäßig ein erhöhter Stundensatz anzusetzen sein dürfte.

    Für den praktischen Fall sollte die Kostendeckung als gegeben anzunehmen sein, wenn die garantiert zu erzielende Masse oder ein geleisteter Kostenvorschuss den Nachlassverwalter vergüten, bis er das Vorliegen der Kostendeckung (und von Insolvenzgründen) prüfen konnte.

  • Haben wir hier auch sehr selten, habe mir dazu ein paar Stichpunkte aufgeschrieben, an denen ich mich ggf. entlanghangele.
    Wenn nicht offensichtlich Masse zur Verfügung steht, wird hier erstmal ein Vorschuss angefordert - den letzten Fall hatte eine Kollegin 2018 und hatte seinerzeit einen Vorschuss von 3.500,- € angefordert.
    Wenn es zur Anordnung der NL-Verwaltung kommt, ist dies im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.
    Dem NL-Verwalter steht gemäß § 1987 BGB eine "angemessene" Vergütung zu (dehnbarer Begriff), die für die Vergütung von NL-Pflegern maßgebliche Frage der Berufsmäßigkeit spielt hier damit keine Rolle, die 15-Monats-Frist für die Vergütung nicht anwendbar.

    Im HRP Nachlass 9. Auflage, 2008, gab es dazu Ausführungen, die ich hilfreich fand, im neueren HRP von 2019 gibt es zu dem Thema leider gar nichts mehr.

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