Mithaftvermerk einer Gesamtgrundschuld löschen

  • Hallo liebe Benutzer dieses Forums,

    ich habe folgende Frage: Ist es möglich eine bestehende Gesamt(sicherungs)grundschuld (auf zwei Grundstücken) in der Art ab zu ändern, indem auf beiden Grundstücken jeweils eine einzelne (Sicherungs) Grundschuld besteht, sprich, dass der Mithaftvermerk schlichtweg gelöscht wird und wenn ja unter welchen Voraussetzungen?

    Ich hoffe mir kann diesbezüglich jemand abhilfe verschaffen und bedanke mich im voraus für etliche Bemühungen!

  • Also das Ziel ist es, die Gesamtgrundschuld in zwei zu teilen, weil der Eigentümer des einen Grundstücks wechselt und dieser dann halt nicht die Belastung des Voreigentümers auf seinem erworbenen Grundstück bestehen lassen will. Zumal die Forderung, die durch die Grundschuld gesichert wurde, schon längst beglichen wurde. Also die Löschung der Mithaftung soll dazu dienen, dass der neue Eigentümer dann eine eigene Grundschuld für sein Grundstück eintragen lassen kann.

  • Also das Ziel ist es, die Gesamtgrundschuld in zwei zu teilen, weil der Eigentümer des einen Grundstücks wechselt und dieser dann halt nicht die Belastung des Voreigentümers auf seinem erworbenen Grundstück bestehen lassen will. Zumal die Forderung, die durch die Grundschuld gesichert wurde, schon längst beglichen wurde. Also die Löschung der Mithaftung soll dazu dienen, dass der neue Eigentümer dann eine eigene Grundschuld für sein Grundstück eintragen lassen kann.


    :eek:
    Zunächst schreiben wir hundertmal: "Die Grundschuld sichert keine bestimmte Forderung, sondern ist abstrakt."
    Dann lesen wir über den Unterschied zwischen "Verteilung" und "Entlassung aus der Mithaft" nach.
    Dann rufen wir beim Käufer an, und fragen ihn ob er wirklich eine neue Grunschuld eintragen oder die bisherige Grundschuld recyclen will.

    Und dann gilt: Man nehme eines der einschlägigen Notarkochbücher - zB Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis - und liest dort nach. "Alles auf dem Vertragsgegenstand löschen und eine neue Grundschuld eintragen" ist vertragstechnisch extrem einfach. Das "Recylen" einer verteilten Gesamtgrundschuld mit Gläubigererklärung und Übernahme der persönlichen Haftung durch den Erwerber braucht dagegen mindestens drei DIN A4-Seiten, relativ eng beschrieben.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Durch die Verteilung können aber natürlich nicht zwei Einzelrechte mit jeweils dem ursprünglichen Nominalbetrag entstehen. Die bloße "Löschung des Mithaftvermerks" kommt daher nicht in Betracht.


    Das OLG Hamm sieht hierzu in einem (wohl unveröffentlichen) Beschluss vom 21. Dezember 2012 (15 W 502/11) die Möglichkeit einer Inhaltsänderung:
    „Die Beteiligten streben eine Umwandlung der in den Grundbuchblättern 1 und 2 eingetragenen Gesamtgrundschulden in Einzelrechte an, wobei diese Einzelrechte an beiden Grundstücken jeweils in voller Höhe fortbestehen sollen. Hierbei handelt es sich materiell-rechtlich nicht um eine Verteilung des Gesamtrechts nach den §§ 1132 Abs. 2, 1192 Abs. 1 BGB durch die Grundschuldgläubigerin, sondern um eine zulässige einvernehmliche Inhaltsänderung nach § 877 BGB i.V.m. § 873 BGB (vgl. Bauer/von Oefele/Wegmann, GBO, 3. Aufl., § 48, Rn. 51).“

  • [QUOTE] Zunächst schreiben wir hundertmal: "Die Grundschuld sichert keine bestimmte Forderung, sondern ist abstrakt." [QUOTE]

    Dies ist mir ja bewusst, aber es besteht eine Sicherungsabrede, in der ein bestimmter Sicherungszweck enthalten ist und dieser wurde erfüllt. Es besteht jedoch weiterhin eine Gesamtgrundschuld, das ist klar.


    [QUOTE] Dann lesen wir über den Unterschied zwischen "Verteilung" und "Entlassung aus der Mithaft" nach.[QUOTE]

    Dann ist die Frage ganz einfach, wie man aus dieser Geasmtgrundschuld zwei voneinander unabhängige Grundschulden macht für zwei verschiedene Eigentümer. Dies ist nicht der Fall des §§ 1132, 1192 Abs. 1 BGB.


    [QUOTE]Dann rufen wir beim Käufer an, und fragen ihn ob er wirklich eine neue Grunschuld eintragen oder die bisherige Grundschuld recyclen will.[QUOTE]

    Der Käufer möchte eine eigene Grundschuld zur Sicherung einer gegen sie gerichteten Forderung.


    Danke bisher für alle Antworten!

  • Durch die Verteilung können aber natürlich nicht zwei Einzelrechte mit jeweils dem ursprünglichen Nominalbetrag entstehen. Die bloße "Löschung des Mithaftvermerks" kommt daher nicht in Betracht.


    Das OLG Hamm sieht hierzu in einem (wohl unveröffentlichen) Beschluss vom 21. Dezember 2012 (15 W 502/11) die Möglichkeit einer Inhaltsänderung:
    „Die Beteiligten streben eine Umwandlung der in den Grundbuchblättern 1 und 2 eingetragenen Gesamtgrundschulden in Einzelrechte an, wobei diese Einzelrechte an beiden Grundstücken jeweils in voller Höhe fortbestehen sollen. Hierbei handelt es sich materiell-rechtlich nicht um eine Verteilung des Gesamtrechts nach den §§ 1132 Abs. 2, 1192 Abs. 1 BGB durch die Grundschuldgläubigerin, sondern um eine zulässige einvernehmliche Inhaltsänderung nach § 877 BGB i.V.m. § 873 BGB (vgl. Bauer/von Oefele/Wegmann, GBO, 3. Aufl., § 48, Rn. 51).“

    Sehr gut! Hast du zudem Urteil auch einen Link oder eine Fundstelle, denn ich finde das nirgendwo :eek:

  • Durch die Verteilung können aber natürlich nicht zwei Einzelrechte mit jeweils dem ursprünglichen Nominalbetrag entstehen. Die bloße "Löschung des Mithaftvermerks" kommt daher nicht in Betracht.


    Das OLG Hamm sieht hierzu in einem (wohl unveröffentlichen) Beschluss vom 21. Dezember 2012 (15 W 502/11) die Möglichkeit einer Inhaltsänderung:
    „Die Beteiligten streben eine Umwandlung der in den Grundbuchblättern 1 und 2 eingetragenen Gesamtgrundschulden in Einzelrechte an, wobei diese Einzelrechte an beiden Grundstücken jeweils in voller Höhe fortbestehen sollen. Hierbei handelt es sich materiell-rechtlich nicht um eine Verteilung des Gesamtrechts nach den §§ 1132 Abs. 2, 1192 Abs. 1 BGB durch die Grundschuldgläubigerin, sondern um eine zulässige einvernehmliche Inhaltsänderung nach § 877 BGB i.V.m. § 873 BGB (vgl. Bauer/von Oefele/Wegmann, GBO, 3. Aufl., § 48, Rn. 51).“

    Sehr gut! Hast du zudem Urteil auch einen Link oder eine Fundstelle, denn ich finde das nirgendwo :eek:

    Weder noch, ist unveröffentlicht. Ich kenne es nur, weil das zugrunde liegende Verfahren von unserem Amtsgericht ist.

  • Hierbei handelt es sich materiell-rechtlich nicht um eine Verteilung des Gesamtrechts nach den §§ 1132 Abs. 2, 1192 Abs. 1 BGB durch die Grundschuldgläubigerin, sondern um eine zulässige einvernehmliche Inhaltsänderung nach § 877 BGB i.V.m. § 873 BGB (vgl. Bauer/von Oefele/Wegmann, GBO, 3. Aufl., § 48, Rn. 51).“


    Also ein Vertrag. Un da den vermutlich der Notar schreiben soll, folgt daraus auch eine 2,0 Notargebühr aus dem vollen Nennwert der Grundschuld (und die zwingende Beteiligung der Bank). Aus Notarsicht kann ich da im Gebühreninteresse nur sagen: Nur zu! :teufel:

    Im hier genannten Fall (Käufer willl einfach nur ein neues Grundpfandrecht für seine Forderung) ist Pfandfreigabe und Neubestellung wohl deutlich billiger.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Gleichwohl ist das natürlich Unsinn und Wegmann schreibt daher auch nur nebulös, dass dies "m.E. im Wege der Rechtsänderung nach § 877 BGB erfolgen" kann. Kein Beleg dafür, keine Begründung, also nichts.

    Es ist ein rechtliches Ding der Unmöglichkeit, aus einer Gesamtgrundschuld über 100.000 € zwei Grundschulden über 100.000 € zu machen, da die "Verdoppelung" des bisherigen Nominalbetrags ohne eine Neubestellung nicht zu machen ist. Daran ändert auch nichts, dass das OLG Hamm diesen Unsinn nachbetet, zumal sich im Umkehrschluss aus der im Gesetz vorgesehenen Verteilung ergibt, dass andere Änderungen nicht möglich sind.

  • Es ist ein rechtliches Ding der Unmöglichkeit, aus einer Gesamtgrundschuld über 100.000 € zwei Grundschulden über 100.000 € zu machen, da die "Verdoppelung" des bisherigen Nominalbetrags ohne eine Neubestellung nicht zu machen ist.

    So hat es damals auch meine Kollegin gesehen, die den Antrag – nach meiner Ansicht zu Recht – zurückgewiesen hatte.

    Der Notar hatte damals im Verlauf des Verfahrens noch auf den Beck`schen Online-Kommentar zur GBO, Stand 1.6.2011, § 48 Rn. 55 hingewiesen, der seine Meinung stützte (in der aktuellen Edition Stand 1.6.2016 ist es die Rn. 56).

  • Dass die Gerichte mit der Erscheinungsform des Gesamtrechts ihre Schwierigkeiten haben, zeigt auch die (insoweit) unzutreffende Entscheidung des BGH (Rpfleger 2010, 485), wonach die Erstreckung eines Einzelrechts auf ein zweites Grundstück mit gleichzeitiger Freigabe des bislang belasteten Grundstücks nicht zur Entstehung eines Gesamtrechts führen soll.

    Ich habe dazu in Rpfleger 2010, 576 folgendes bemerkt:

    Unzutreffend ist aber die in Leitsatz 2 zum Ausdruck kommende Ansicht des BGH, wonach es beim sog. Pfandtausch von Grundpfandrechten nicht zum Entstehen eines Gesamtrechts komme. Denn diese Annahme erscheint nur plausibel, wenn man sich das Endergebnis der hierfür erforderlichen Rechtsgeschäfte betrachtet. Wenn eine Grundschuld, die bisher an Grundstück A lastet, sich auf Grundstück B erstreckt und gleichzeitig Grundstück A freigegeben wird, dann führt dies im Ergebnis zu einem Einzelrecht an Grundstück B. Allerdings muss, damit dieses Ergebnis überhaupt zustande kommen kann, auch bei gleichzeitigem Grundbuchvollzug von Erstreckung und Freigabe jedenfalls für eine juristische Sekunde eine Gesamtgrundschuld bestanden haben, weil eine Pfandunterstellung und Freigabe ohne die Existenz eines Gesamtrechts begrifflich nicht denkbar und der Pfandtausch mit einer anderen rechtlichen Konstruktion nicht erreichbar ist. Und für diese besagte juristische Sekunde stellt sich demzufolge entgegen der Ansicht des BGH konsequenterweise auch die mit Leitsatz 1 zutreffend beantwortete Frage, ob eine Gesamtgrundschuld bezüglich der einzelnen Grundstücke unterschiedliche Fälligkeitsbestimmungen haben kann. Da dies der Fall ist, gilt für das im Beispielsfall nachverhaftete Grundstück B die neue Fälligkeitsregelung des § 1193 BGB, die nach erfolgter Freigabe von Grundstück A sodann für die gesamte Grundschuld als Einzelrecht Platz greift. Gleiches gilt natürlich für den aus Kostengründen gewählten Regelfall, bei welchem am Pfandtausch nicht mehrere Grundpfandrechte beteiligt sind, sondern bei dem ein durch Erstreckung und Freigabe realisierter Pfandtausch bei nur einem beteiligten Grundpfandrecht stattfindet, weil diese Verfahrensweise billiger ist, als die bereits bestehende Grundschuld an Grundstück A zu löschen und eine neue Grundschuld an Grundstück B zu bestellen.

  • Die Begründung in der Kommentierung stellt darauf ab, dass der § 1132 BGB wegen der fehlenden Akzessiorität und dem damit einhergehenden Verbot der Doppelsicherung nicht greife. Dann dürfte der § 1132 BGB aber insgesamt bei Grundschulden keine Geltung haben ("... soweit sich nicht anderes daraus ergibt ..."; § 1192 Abs. 2 BGB"). Im Ergebnis entspricht eine Verteilung einer Teilung (vgl. § 1151 BGB) zusammen mit einem wechselseitigen Verzicht (§ 1175 Abs. 1 S. 2 BGB). Wenn zumindest in diesem speziellen Fall wegen der fehlenden Akzessiorität der § 1132 BGB nicht einschlägig ist, bleibt die Frage, wie eine "Verdopplung" im Wege der Inhaltsänderung vor sich gehen soll. Auch die "Mithaftaufhebung" dürfte anders als über einen Verzicht oder seiner Entsprechung nicht möglich sein. Und ein Verzicht ist keine Inhaltsänderung.

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