Erbe vollstreckt aus Vergleich

  • Liebe Vollstreckungsexperten,

    ich habe hier als Titel einen vor dem LG geschlossenen Vergleich folgenden Inhalts:
    "Es wird gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt, dass die Parteien folgenden Vergleich geschlossen haben:

    1. Der Beklagte zahlt an die Erbengemeinschaft nach der verstorbenen G., verstorben am... einen Betrag in Höhe von X EUR.
    2. Mit Abschluss dieses Vergleichs sind sämtliche streitgegenständlichen Forderungen abgegolten und erledigt.
    3. Kosten pp"


    Die Klausel wurde zugunsten des Klägers, eines der Erben erteilt (Zustellung an Beklagtenvertreter ist erfolgt). Dass die Klausel wegen
    § 2039 BGB in Ordnung sein müsste, habe ich schon herausgefunden (vgl. KG, 10.01.1957 - 1 W 2673/56). Allerdings beantragt der Kläger nun auch als Gläubiger den Erlass des PfÜB. Auch das müsste demnach gehen, allerdings darf dann nur mit der Maßgabe überwiesen werden, dass Hinterlegung zugunsten der Erbengemeinschaft erfolgt – oder?
    Mein eigentliches Problem ist aber Ziffer 2, danach hat der Vergleich meines Erachtens gar keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, denn mit seinem Abschluss sind alle Forderungen sogar als „abgegolten“ bezeichnet. Der Gläubigervertreter wehrt sich natürlich auf meine entsprechende Zwischenverfügung, ich müsste den Antrag auf Erlass des PfÜB also jetzt förmlich zurückweisen.
    Zuvor hätte ich gerne eure Meinungen. Vielen Dank für die Hilfe!

  • Die Abgeltung mit Abschluss ist natürlich unglücklich formuliert, sinnvoller wäre Abgeltung nach Zahlung von Ziffer 1 gewesen. Aber natürlich war genau das gemeint und eine Auslegung, die den in Ziffer 1 extra geregelten Zahlungsanspruch gleich wieder durch Abgeltung vernichtet, wäre sinnwidrig.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Die Abgeltung mit Abschluss ist natürlich unglücklich formuliert, sinnvoller wäre Abgeltung nach Zahlung von Ziffer 1 gewesen. Aber natürlich war genau das gemeint und eine Auslegung, die den in Ziffer 1 extra geregelten Zahlungsanspruch gleich wieder durch Abgeltung vernichtet, wäre sinnwidrig.


    Und es ist Rspr. des BGH (z. B. NJW-RR 1995, 1201), daß ein Prozeßvergleich nach beiden Seiten hin interessensgerecht auszulegen ist. Bei der Auslegung darf man dabei auch nicht am reinen Wortlaut kleben. AndreasH gibt die - wie ich finde - überzeugende Begründung einer interessensgerechten Auslegung. :daumenrau

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Der Gläubigervertreter hat sich auf BGH, Urteil vom 19.09.2012, XII ZR 151/10 berufen und nunmehr einen Beschluss von 4/5 der Miterben eingereicht, dass der pfändende Erbe mit dem PfÜB die Beträge einziehen darf, entsprechender Erbschein liegt auch vor. Ich werde den PfÜB daher (mit dem Miterben-Beschluss als Anlage) erlassen.

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