EU-Erbrechtsverordnung

  • Hallo,

    ich habe eine britischen Staatsangehörigen mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland der Grundbesitz in Deutschland und London hat. In London besitzt er auch noch eine Firma. Er ist im September 2016 verstorben.

    Ist es richtig, wenn ich einen Erbschein dahingehend aufnehme, dass der Betroffenen bzgl. des im Inland befindlichen Vermögens nach deutschem Recht beerbt wurde?

    Wäre hier auch die Erteilung eines ENZ möglich?

    England hat sich ja bei der EU-Erbrechtsverordnung ausgeschlossen. Würden Sie das Zeugnis anerkennen?

  • Ob England (oder Japan oder Kiribati oder Absurdistan) das ENZ anerkennen, oder ob sie der Meinung sind, der Erblasser sei für das ganze Vermögen oder Teile seines Vermögens nach anderem Recht beerbt worden als demjenigen Recht, dessen Anwendung sich aus der EuErbVO ergibt, hat dem hiesigen Gericht nach ganz allgemeiner Meinung vollkommen egal zu sein.

    Auf "das inländische Vermögen" kann der Erbschein im übrigen schon deshalb nicht beschränkt werden, weil die EUErbVO jedenfalls für Vermögen in anderen Staaten, in denen die EUErbVO gilt, maßgeblich ist.

    Und natürlich kann ein ENZ erteilt werden (wenn eines beantragt ist). Weder im Antrag noch im Zeugnis muss angegeben werden, in welchem Mitgliedsstaat das Zeugnis Verwendung finden soll. Die Frage der Sinnhaftigkeit für Vermögen (nur) im Vereinigten Königreich ist eine andere.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Für bewegliches Vermögen verweist engl. Recht auf das Recht des letzten Domizils. Von daher kann dt. Recht auch aus engl. Sicht für Nachlassgegenstände zur Anwendung kommen, die sich in England befinden.

    Ob die Firma in England als bewegliches Vermögen anzusehen ist, ist eine Frage für sich.

  • Die Verwendung des ENZ in einem anderen Mitgliedstaat ist eine formelle Voraussetzung der Erteilung des Zeugnisses (Art. 62 Abs. 1 ErbRVO). Sie muss nicht nachgewiesen werden, muss aber vorhanden sein und der Antragsteller muss sich darauf berufen. Es geht nicht (nur) um Nachlassvermögen im EU-Ausland (ohne UK, Irland und Dänemark). Im vorliegenden Fall könnte ein Erbe, der in Frankreich wohnt sich darauf berufen, dass er den Nachlass in DE und UK beim französischen Finanzamt anzeigen muss, weil der dort wohnt, und dort seine Erbenstellung nachweisen muss. Ein Bezug zu einem anderen Mitgliedstaat (Verwendungsnotwendigkeit) muss aber vorhanden sein. Wenn sich der Fall nur zwischen DE und UK abspielt, kann kein ENZ erteilt werden.

  • Eine Beschränkung eines Erbscheins auf das sog. "Inlandsvermögen" setzt Auslandsvermögen voraus. Ohne Auslandsvermögen kann ein auf das Inlandsvermögen beschränkter Erbschein nicht erteilt werden.

  • Ich hänge mich hier mal dran, weil es ganz gut zum Thema passt.

    Ich habe folgenden Fall:

    Mein Erblasser ist amerikanischer Staatsangehöriger; er hatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und auch ein Testament bei einem deutschen Notar errichtet.

    Die Tochter des Erblassers ist Alleinerbin aufgrund dieses notariellem Testaments, die Erbschaft wurde angenommen.

    Es gibt ein Konto bei einer Bank in den USA, ansonsten nur Nachlassvermögen in Deutschland. Diese Bank verlangt nun als Nachweis der Erbfolge ein "certificate of inheritance" (Erbschein) oder ein "European certificate of succession" (ENZ).

    Die Alleinerbin möchte nun gerne ein ENZ beantragen. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das auch geht.

    Gemäß MüKoBGB, EuErbVO Art. 65, Rn. 3 sind Personen antragsberechtigt, die ihre Rechtsstellung als Erbe in einem anderen Mitgliedsstaat nachweisen müssen.

    Gemäß MüKoBGB, EuErbVO Art. 62, Rn. 2 soll das ENZ zur Verwendung in einem anderen Migliedsstaat ausgestellt werden.

    Sowie ich diese Kommentierungen und auch andere Kommentarstellen verstehe, kann meine Alleinerbin ein ENZ nicht beantragen, da sie ihre Rechtsstellung als Erbin in einem Drittstaat nachweisen möchte. Ich beabsichtige aktuell, ihr das genauso mitzuteilen. Der Beantragung eines Erbscheins steht ja nichts im Wege...

    Nun wollte ich mich erkundigen, ob hier jemandem Entscheidungen oder Kommentierungen bekannt sind, die die Meinung unterstützen, dass ein ENZ auch in meinem Fall (Vermögen in einem Drittstaat) beantragt und erteilt werden kann. Ich habe trotz längerer Suche nichts gefunden...

    Vielen Dank schon mal!

  • Nach Art. 62 Abs. 1 EuErbVO und Art. 63 Abs. 1 EuErbVO kann ein ENZ nur zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat erteilt werden.

    Demnach ist im vorliegenden Fall nur die Erteilung eines Erbscheins möglich. Erbstatut aufgrund des letzten gewöhnlichen Aufenthalts im Inland ist insgesamt deutsches Recht. Ein territorialer Beschränkungsvermerk ist nicht aufzunehmen.

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