Festsetzungsantrag des Nebenklägervertreters

  • Hallo,

    folgender Sachverhalt:
    Der Geschädigte ist berechtigt, sich als Nebenkläger anzuschließen. Die Beiordnung des Rechtsanwalts wird abgelehnt, da laut Richter ein einfacher und überschaubarer Sachverhalt und auch keine besonderen Umstände vorliegen. Das Verfahren wird nach Zahlung von Schmerzensgeld eingestellt. Der Angeklagte trägt aber die notwendigen Auslagen des Nebenklägers. Der Verteidiger tritt den Kostenfestsetzungsantrag des Nebenklägervertreters entgegen (keine notwendigen Kosten, da Beiordnung abgelehnt wurde).
    Wie ist das zu sehen? Kann ich auf Grund der Ablehnung der Beiordnung den Festsetzungsantrag ablehnen oder muss ich mir Gedanken über die Notwendigkeit machen? Kann ich eine Notwendigkeit überhaupt bejahen, wenn der Richter schon von einem einfachen Sachverhalt ausgeht?

    Ich drehe mich gerade voll im Kreis. :eek: Kann mir jemand helfen! :confused:

    Viele Grüße
    Mini One

  • Die (abgelehnte) Beiordnung und der Erstattungsanspruch (Kostengrundentscheidung) im Urteil sind zwei verschiedene paar Schuhe und haben grds. nichts miteinander zu tun. Man könnte allenfalls im Rahmen des § 14 RVG (wenn es um die Höhe der Rahmengebühr geht, die der Anwalt festgelegt hat und die du überprüfen musst/darfst hinsichtlich der Billigkeit) die abgelehnte Beiordnung als Mitargument heranziehen. Denn es geht im Rahmen des § 14 RVG ja auch um die Schwierigkeit, den Umfang, etc.

  • Beim Pflichtverteidiger ist es ähnlich. Die Rspr. kann man ggf. erläuternd heranziehen:
    "Der Anspruch des Pflichtverteidigers auf gesetzliche Vergütung und der Anspruch gegen den Angeklagten auf Erstattung der Wahlanwaltsgebühren sind unterschiedliche Ansprüche. "
    [TABLE='width: 567']

    [tr][td]

    BVerfG, StRR 2009, 276 = StraFo 2009, 274 = VRR 2009, 318 = JurBüro 2009, 418 = NJW 2009, 2735 = RVGprofessionell 2009, 167 = StV 2010, 87;
    OLG Frankfurt/Main, JurBüro 2011, 34 = VRR 2010, 403 (LS);
    LG Magdeburg, RVGreport 2014, 343 = StRR 2014, 269 = RVGprofessionell 2014, 135
    Passt nicht genau, aber "ähnlich".

    [/td][/tr]


    [/TABLE]

  • Hallo zusammen,
    ich benötige kurz Hilfe in folgender Sache:
    RA ist als Vetreter von zwei Nebenklägern tätig.
    Er rechnet nun die Gebühren und Auslagen gleich zwei mal ab- und zwar für jeden Nebenkläger in voller Höhe.
    VU hat Kosten der Nebenkläger zu tragen.

    Der gegnerische RA tritt den KFAs entgegen.
    Er sagt, der RA könne lediglich eine Erhöhung gem. 30% verlangen.
    Zudem verlangt er eine Kürzung hinsichtlich aller geltend gemachter Mittelgebühren.
    Was trifft hier zu? Sorry, bin absoluter Strafneuling...:oops:

  • Hinsichtlich der Gebührenhöhe muss das Ermessen gem. §14 ausgeübt werden. Dabei geht man immer von der Mittelgebühr aus und bestimmt die konkrete Gebühr anhand der Kriterien. Ermessensspielraum +/- 20%, erst darüber hinaus ist die Gebühr ggf. nicht angemessen.

    Bei Vertretung mehrerer Nebenkläger greift Nr.1008 - Erhöhung der Betriebsgebühren (hier also Verfahrensgebühr) um 30% je weiterer Person.

  • Hinsichtlich der Gebührenhöhe muss das Ermessen gem. §14 ausgeübt werden. Dabei geht man immer von der Mittelgebühr aus und bestimmt die konkrete Gebühr anhand der Kriterien. Ermessensspielraum +/- 20%, erst darüber hinaus ist die Gebühr ggf. nicht angemessen.

    Bei Vertretung mehrerer Nebenkläger greift Nr.1008 - Erhöhung der Betriebsgebühren (hier also Verfahrensgebühr) um 30% je weiterer Person.

    :daumenrau Sofern der gegnerische Anwalt nicht konkret wird bzgl. der Mittelgebühren (z. B. Mandant extrem arm, absehbar ultra kurze Hauptverhandlung, etc.), fallen seine Einwände in die Rubrik "allgemeines Gemecker" und sind nur bei offensichtlich überhöhten Gebühren relevant. Natürlich muss man in der Begründung des Beschlusses kurz darauf eingehen.

  • Hinsichtlich der Gebührenhöhe muss das Ermessen gem. §14 ausgeübt werden. Dabei geht man immer von der Mittelgebühr aus und bestimmt die konkrete Gebühr anhand der Kriterien. Ermessensspielraum +/- 20%, erst darüber hinaus ist die Gebühr ggf. nicht angemessen.

    Bei Vertretung mehrerer Nebenkläger greift Nr.1008 - Erhöhung der Betriebsgebühren (hier also Verfahrensgebühr) um 30% je weiterer Person.


    Letzteres ist so nicht zutreffend.

    Die Wahlanwaltsgebühren in Strafsachen sind Rahmengebühren. Somit erhöhen sich lediglich Mindest- und Höchstbetrag einer Gebühr, vgl. Text bei Nr. 1008: " "...bei Betragsrahmengebühren erhöhen sich der Mindest- und Höchstbetrag um 30%"

  • Das kommt doch aufs selbe raus. Natürlich ist der technisch korrekte Weg, dann von der um 30% erhöhten Mittelgebühr auszugehen. Ich war davon ausgegangen, dass die 1008 bekannt ist, beziehungsweise nachgelesen wird.


    Auf alle Strafverteidiger trifft das jedenfalls nicht zu. ;) Da wird z. B. die (normale) Mittelgebühr angesetzt und daraus einfach eine 0,3-Erhöhung berechnet (wie bei streitwertabhängigen Gebühren).

    Ob das aufs selbe rauskommt, darüber kann man strenggenommen auch streiten. Es ist grundsätzlich denkbar, dass der (erhöhte) Aufwand durch die Vertretung der weiteren Person nicht so groß ist, dass die rechnerisch ermittelte 0,3-Erhöhung gerechtfertigt wäre. Möglich könnte auch sein, dass durch das Hinzutreten des weiteren Mandanten der Aufwand erheblich größer wurde als mit der 0,3-Erhöhung abgedeckt.

    Jedenfalls muss es ja einen Grund geben, dass der RA bei Rahmengebühren nicht einfach wie üblich nach § 14 RVG die Höhe bestimmen und dann eine 0,3-Erhöhung auf diesen Betrag aufschlagen soll. (Sonst hätte der Gesetzgeber wie bei streitwertabhängigen Gebühren regeln können, dass sich der ermittelte Gebührenbetrag bei Vertretung eines weiteren Beteiligten um 0,3 erhöht.)

  • Der Gesetzesbegründung kann ich nichts hinsichtlich Deiner Erwägungen entnehmen. Im Gegenteil. Es soll eben so sein, dass für jede weitere Person 0,3 bzw. 30% aufgeschlagen werden. Die Kriterien des §14 spielen bei der konkreten Gebührenbemessung eine Rolle, aber nicht beim Aufschlag gemäß 1008.

  • Der Gesetzesbegründung kann ich nichts hinsichtlich Deiner Erwägungen entnehmen. Im Gegenteil. Es soll eben so sein, dass für jede weitere Person 0,3 bzw. 30% aufgeschlagen werden. Die Kriterien des §14 spielen bei der konkreten Gebührenbemessung eine Rolle, aber nicht beim Aufschlag gemäß 1008.


    Und weshalb hat man es für die Rahmengebühren dann nicht genauso geregelt wie bei Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten? :gruebel: Sagt die Gesetzesbegründung dazu etwas aus?

  • Hat man doch. Der Gebührenrahmen ist halt um 30% erhöht.

    Ich glaube, dass in der Gesetzgebung wie auch sonst überall (ReFA-Ausbildung, Kommentarliteratur) die Rahmengebühren nur ganz am Rande behandelt wurden und werden. Keiner weiß wie es geht, keiner will sich damit beschäftigen. Man wurstelt sich irgendwie durch.

  • Danke erst einmal an alle!
    Ich verstehe das nun so, dass ich die geltend gemachten Verfahrensgebühren (Vorverfahren und Verfahren vor AG)um 30% anhebe.
    Der RA beantragte die Mittelgebühr i.H.v. 165,00€, was dann nach der Erhöhung, eine Gebühr von 214,50€ ergeben würde?
    Wäre das so, bei euch "alten Hasen" auf diesem Gebiet, korrekt?

    Weiterhin macht er die Höchst-Gebühr für das Berufungsverfahren geltend, sowie die Mittelgebühr bei der Terminsgebühr vorm LG (320,00€).

    Im Termin wurde vom Vertreter des Angeklagten die Berufung letztlich zurückgenommen.

    Der gegnerische RA moniert nicht nur die falsche Abrechnung, sondern auch die überhöhten Gebühren,
    da letztlich nichts weiter als 5x Akteneinsicht und der Antrag auf Zulassung der NK erfolgte.
    Wie entscheidet ihr in einem solchen Fall hinsichtlich der Gebühren.
    (Die Auslagen der NK hat natürlich der VU zu tragen, das hatte ich, so glaube ich, noch nicht erwähnt.


    Auch bitte ich um eine allgemeine Hilfestellung (unabhängig von diesem Fall hier):
    Ich habe die Strafsachen erst übernommen und benötige noch etwas Hilfestellung zur allgemein
    üblichen Praxis bei Festsetzungen gegen die Staatskasse.
    In meinem OLG-Bezirk werden die Akten mit den KFAs dem BezRevisor zur Stellungnehme vorgelegt.
    Nach erfolgter Stellungnahme wird dann festgesetzt. Man folgt hier immer der Staatskassenvertretung.
    Was letztlich bedeutet, dass die RAe eigentlich kaum auf die in Ansatz gebrachte Mittelgebühr kommen.
    Dazu gibt es eigentlich immer Absetzungen durch den Revisor.
    Gut, nun folgt man der Staatskasse, erntet man ein RM durch den RA.
    Folgt man der Staatskasse nicht, legt diese Erinnerung ein.
    Es ist irgendwie für mich als Neuling hier kein wirkliches Land zu sehen, da man es generell nicht richtig machen kann, wie mir derzeit scheint.
    Mittlerweile hat eine Kanzlei bei einem bestimmten Richter den Dreh raus und legt dann immer wieder bei
    erfolgten Absetzungen RM ein. Der Richter hilft ab und hebt den KFB auf.
    Die Kanzlei führt nun immer wieder als Begründung in den KFAs die Entscheidung des Richters in anderer Sache mit auf.
    Wie wird das denn bei euch gehandhabt? Ich kann ja nun nicht bei eben dieser Kanzlei meine Entscheidung
    anders treffen als bei den anderen...
    Wäre toll, wenn sich hierzu mal der ein oder andere äußern würde.
    Vielleicht gibt es dazu ja schon im Forum eine Diskussion, die ich nicht gefunden habe, dann wäre ich auch hier für den Link dankbar.

    Beste Grüße


  • Ich verstehe das nun so, dass ich die geltend gemachten Verfahrensgebühren (Vorverfahren und Verfahren vor AG)um 30% anhebe.
    Der RA beantragte die Mittelgebühr i.H.v. 165,00€, was dann nach der Erhöhung, eine Gebühr von 214,50€ ergeben würde?
    Wäre das so, bei euch "alten Hasen" auf diesem Gebiet, korrekt?

    M.E. kannst Du nicht selbst anheben, sondern der RA muss einen korrekten Antrag einreichen. Du musst ja auch die jeweils doppelte GG und TG absetzen.

    Zum Rest Deiner Fragen halte ich mich lieber zurück, das mögen Deine Kollegen beantworten. Von mir nur so viel - Du brauchst dringend eine eigene (Rechts-)meinung. Die du gegenüber allen Beteiligten begründen und durchhalten kannst.


  • Ich verstehe das nun so, dass ich die geltend gemachten Verfahrensgebühren (Vorverfahren und Verfahren vor AG)um 30% anhebe.
    Der RA beantragte die Mittelgebühr i.H.v. 165,00€, was dann nach der Erhöhung, eine Gebühr von 214,50€ ergeben würde?
    Wäre das so, bei euch "alten Hasen" auf diesem Gebiet, korrekt?

    M.E. kannst Du nicht selbst anheben, sondern der RA muss einen korrekten Antrag einreichen. Du musst ja auch die jeweils doppelte GG und TG absetzen.

    Zum Rest Deiner Fragen halte ich mich lieber zurück, das mögen Deine Kollegen beantworten. Von mir nur so viel - Du brauchst dringend eine eigene (Rechts-)meinung. Die du gegenüber allen Beteiligten begründen und durchhalten kannst.


    Dem kann ich mich nur anschließen. Der RA muss schon selbst ausrechnen, was er festgesetzt haben möchte.

    zum Allgemeinen:
    Ohne eigene Ansicht geht es auch bei der Kostenfestsetzung nicht. Man muss sich nicht immer der Meinung des Revisors anschließen, unabhängig von einer bestimmten Kanzlei.

    Übrigens ist bei Festsetzungen gegen die Staatskasse (aufgrund Freispruch usw.) in den seltensten Fällen die Erinnerung das richtige Rechtsmittel. "Normalerweise" entscheidet das übergeordnete Gericht.

  • So sehe ich es auch - ohne eigene Meinung geht da nichts, letztlich unterschreibt ja auch der Rechtspfleger den Beschluss und nicht der Bezirksrevisor. Ich habe das früher so gehandhabt, dass ich zum Antrag bei der Vorlage an den Bezirksrevisor bereits selbst Stellung genommen habe, ist beabsichtigt zu entsprechen weil... oder beabsichtige ich die Gebühr zu kürzen weil... In seiner Stellungnahme ist er dann auf meine Meinung eingegangen. Wobei ich nicht verstehen weshalb die Mittelgebühr denn kaum erreicht wird. Soweit es sich nicht um ein absolutes Kleinverfahren handelt, sollte die eher oft erreicht werden. Das beim überschreiten nach oben eher ein spitzer Bleistift ausgepackt wird, war da schon meine gängige Praxis, unabhängig von welcher Kanzlei das ganze beantragt wurde.

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