Löschung einer subj. dinglichen Reallast mit Löschungsbewilligung des Verwalters

  • Hallo Zusammen,
    ich bräuchte bitte mal ein paar Einschätzungen oder Denkanstöße...
    eingetragen ist eine Reallast (anteilige Wegeunterhaltungsverpflichtung) für den jew. Eigentümer des Grundstücks FlNr. 1. Das Flurstück ist inzwischen nach WEG aufgeteilt. Mir liegt ein ordnungsgemäßer Beschluss der WEG vor, nach dem der Verwalter bevollmächtigt wird, das Recht zu löschen. Auch eine ordnungsgemäße Löschungsbewilligung des Verwalters liegt mir vor.
    Ich habe nur ein Problem mit der Beschlusskompetenz. Handelt es sich hier um "ordnungsgemäße Verwaltung"? Für die Löschung von Grunddienstbarkeiten habe ich die Entscheidung des AG Berlin-Charlottenburg vom 08.12.2010 - 72 C 100/10 bei beck online gefunden. Dort gibt es bei den Anmerkungen von u.a. Wolf.-Rüdiger Bub die Einschränkung, dass "Die Ermächtigung durch Mehrheitsbeschluss nämlich nur Angelegenheiten erfassen ...(kann)..., die einen Gemeinschaftsbezug aufweisen". Die Wegeunterhaltungsverpflichtung hat doch einen eindeutigen Gemeinschaftsbezug oder würdet Ihr sagen, dass geht zu weit und eine Löschung ist nur mit Löschungsbewilligungen sämtlicher Eigentümer der WEG Anlage möglich?

    (Auch die Entscheidung des BGH vom 18.03.2016 hinsichtlich Erwerb eines Grundstücks hilft mir leider nicht weiter...)

    Schon mal herzlichen Dank für Eure Einschätzungen.

  • Passt schon, kannst m.E. eintragen, wenn man bei der Auflassung schon nicht zu prüfen braucht sondern nur Offenkundiges berücksichtigen, dann hier erst recht.
    Der Nachweis analog § 26 Abs. 3 WEG dürfte für reine Bewilligungsgeschichten auch ausreichend sein.


    "Mit Blick auf das Erfordernis des Schutzes des Rechtsverkehrs scheitert ein Immobilienerwerb durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als Verband erst dann an fehlender Beschluss- oder Vereinbarungskompetenz, wenn der Erwerb offenkundig keine Maßnahme der Verwaltung darstellt (Fortführung BGH BeckRS 2016, 07519). (redaktioneller Leitsatz)"
    (OLG München Beschl. v. 11.5.2016 – 34 Wx 73/15, BeckRS 2016, 9171, beck-online)

  • Die Frage ist, ob es sich bei der Unterhaltungsreallast um ein Recht handelt, das dem Verband zusteht oder ob es sich um einen Gegenstand des gemeinschaftlichen Eigentums handelt. Ist Letzteres der Fall, besteht keine Beschlusskompetenz (s. Heinemann in Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 4. Auflage 2015, § 27 RN 117).

    Die subjektiv-dingliche Reallast gilt als Bestandteil des Grundstücks (§ 96), und zwar wegen § 1110 als dessen wesentlicher Bestandteil (s. Joost im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1105 RN 53 mwN in Fußnote 175).

    In dieser Hinsicht unterscheidet sie sich nicht von der Grunddienstbarkeit. Zur Grunddienstbarkeit hat jedoch das AG Berlin-Charlottenburg festgestellt, dass der Verwalter nicht ermächtigt werden kann, die Löschungsbewilligung abzugeben. Der Leitsatz 3 des Beschlusses vom 08.12.2010, 72 C 100/10, lautet: „Da es sich bei einer Grunddienstbarkeit um einen Bestandteil des Grundstücks handelt, stellt sich diese als Gemeinschaftseigentum dar; die Grunddienstbarkeit ist daher ausschließlich den Wohnungseigentümern persönlich zugewiesen, so dass die Löschung gerade nicht die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft berührt, sondern völlig außerhalb dieser allein dem einzelnen Eigentümer individuell zusteht (Anschluss OLG München, 22. Januar 2010, 34 Wx 125/09, NJW 2010, 1467)“

    Zur Verfügung über eine im Gemeinschaftseigentum stehende Fläche stellt das OLG München im vorzitierten Beschluss vom 22.01.2010, 34 Wx 125/09, fest: „

    „Denn die Verfügung über Gemeinschaftseigentum liegt im gegenständlichen Fall nicht nur außerhalb der Verwaltung (Bärmann/Merle WEG 10. Aufl. § 20 Rn. 6; Vandenhouten in NKV § 21 Rn. 5), sondern betrifft Rechte, die dem Verband weder zustehen noch die er aus eigener Machtvollkommenheit an sich ziehen kann und die überdies auch dessen Handlungsfähigkeit (vgl. Niedenführ in NKV § 27 Rn. 83) nicht berühren. Insbesondere handelt es sich nicht um Pflichten, die der Verband anstelle der Wohnungseigentümer ausüben kann, weil sie gemeinschaftlich zu erfüllen wären (§ 10 Abs. 6 Satz 3 Halbs. 2 Alt. 2 WEG).“

    Das scheint mir bei der subjektiv-dinglichen Reallast auch der Fall zu sein. Vermutlich haben an der Beschlussfassung ja auch nicht alle Wohnungseigentümer mitgewirkt.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • :D
    Ah ich weiß nicht,.... da müsst man sich denk ich die Reallast genauer ansehen, so pauschal mag ich die nicht als Bestandteil ansehen.
    Falls man will könnte man das durchaus als Verwaltungsmaßnahme sehen, dann wär's jedenfalls nicht mehr offenkundig keine Verwaltungssache ;) Und das reicht ja dann schon um einzutragen, bzw. hier um zu löschen.


    Die Frage der Beschlusskompetenz zu klären ist Sache der WE-ler untereinander, ggf. im Prozeß.

  • ...

    Die Frage der Beschlusskompetenz zu klären ist Sache der WE-ler untereinander, ggf. im Prozeß.

    Wenn Beschlüsse, bei denen die Beschlusskompetenz überschritten wird, lediglich anfechtbar wären, würde ich Dir Recht geben; sie sind jedoch nichtig (s. Hügel im Beck'schen Online-Kommentar BGB, Stand: 01.08.2016, § 23 WEG RN 20). Die Leitsätze 3 und 4 des Beschlusses des BGH vom 20. 9. 2000, V ZB 58/99, lauten: „§ 23 Abs. 4 WEG, wonach ein Beschluss nur ungültig ist, wenn er für ungültig erklärt wurde, setzt voraus, dass die Wohnungseigentümer überhaupt durch Beschluss entscheiden durften. Ein trotz absoluter Beschlussunzuständigkeit gefasster Beschluss ist nichtig.“ Und die Nichtigkeit ist in jedem gerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu berücksichtigen. Der BGH führt dazu in Rz. 9 des Beschlusses vom 18.05.1989, V ZB 4/89, betreffend die Bestellung einer BGB-Gesellschaft zur Verwalterin aus: „Die Nichtigkeit wirkt grundsätzlich für und gegen alle, bedarf keiner Geltendmachung und ist im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu berücksichtigen (Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl. § 202, I 5 S. 1211; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Bd. 3. Aufl. § 30 Abschn. 3; Larenz, Allgemeiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 6. Aufl. § 23 Abschn. I; MünchKomm/Mayer-Maly 2. Aufl. § 134 Rdn. 93; Soergel/Hefermehl, BGB 12. Aufl. § 134 Rdn. 30; Palandt/Heinrichs, BGB 48. Aufl. Überblick vor § 104 Anm. 4a). Sie kann zwar in einem gerichtlichen Verfahren nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften (z.B. § 256 ZPO) ausdrücklich festgestellt werden; eine solche Entscheidung hat aber nur deklaratorische Bedeutung…“ Oder würdest Du die Bestellung einer BGB-Gesellschaft als Verwalterin akzeptieren und die Feststellung der Nichtigkeit den Beteiligten im Prozessweg überlassen ?

    Nach § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 können die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung oder Beschluss den Verwalter ermächtigen, sonstige Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen für die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband vorzunehmen (Beck-OK/Hügel, § 27 WEG RN 25). Und wie ausgeführt gehört eine subjektiv-dingliche Reallast nicht zum Verbandsvermögen, sondern -wie das Grundstück auch, dessen wesentlicher Bestandteil sie ist- zum Vermögen der Wohnungseigentümer (Beck-OK/Hügel, § 10 RN 45). Und zur Verfügung über dieses Vermögen kann der Verwalter nicht durch Beschlussfassung ermächtigt werden (Beck-OK/Hügel, § 10 WEG RN 12 mwN). Daraus folgt die vom GBA zu beachtende Nichtigkeit der Beschlussfassung (s. Rz. 10 des Beschlusses des KG Berlin 1. Zivilsenat vom 11.10.2013, 1 W 195/13, 1 W 196/13
    http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal…hl=1#focuspoint

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Gefällt mir nicht, § 96 BGB erscheint zwar so pauschal, muss aber desshalb noch nicht zwingend so pauschal für jedes Recht auch wirklich gelten.
    Sehe mich auch nicht daran gehindert, hier im Einzelfall nicht doch § 10 Abs. 6 S.3 2.HS WEG anzuwenden, § 1109 Abs. 1 BGB.

    Gefällt mir auch nicht; ist aber wohl so.

    Zur Ausübungsbefugnis nach § 10 Absatz 6 Satz 3 WEG führt Hügel in § 10 WEG RN 52a aus (Hervorhebung durch mich):

    „Sowohl die geborene als auch die gekorene Ausübungsbefugnis sind aber auf Verwaltungsangelegenheiten beschränkt. Sachenrechtliche Verfügungen können daher nicht dem Regime der Wohnungseigentümergemeinschaft unterstellt werden (OLG München NZM 2010, 247; Hügel ZMR 2011, 187), gleich ob es sich um eine Änderung der sachenrechtlichen Aufteilung oder um eine sachenrechtliche Verfügung über das aufgeteilte Grundstück handelt.“

    Die Begründung in der BT-Drs. 16/887 führt dazu auf Seite 61 aus (Hervorhebung durch mich): ….“ Dies bedeutet, dass die Befugnis zur Ausübung von Rechten und zur Wahrnehmung von Pflichten (Ausübungsbefugnis) aus der bisherigen Kompetenz der Gesamtheit der Wohnungseigentümer ausgegliedert und der Gemeinschaft zugeordnet wird. Dass die Befugnis künftig nur ihr und nicht auch der Gesamtheit zusteht, folgt bereits aus Sinn und Zweck der Regelung und bedarf keiner ausdrücklichen Normierung. Die Änderung der Zuordnung von der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zur Gemeinschaft führt nicht zu einem Inhaberwechsel. Inhaber der Rechte und Pflichten bleiben die Wohnungseigentümer. …“Im Übrigen reicht für die mit der Teilrechtsfähigkeit beabsichtigte Erleichterung der Verwaltung in mittleren und größeren Wohnanlagen die Normierung einer Ausübungsbefugnis aus, einer Vollrechtsübertragung der Angelegenheiten bedarf es insoweit nicht“.

    Wenn aber die Wohnungseigentümer die Berechtigten aus der am fremden Grundstück bestehenden Reallast bleiben, dann können sie allenfalls dem Verwalter Vollmacht erteilen, in ihrem Namen über diese Reallast (durch Aufgabe/Löschungsbewilligung) zu verfügen, ihn aber nicht im Beschlussweg dazu ermächtigen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Allerdings braucht sich der Reallastverpflichtete nicht jeden Murks am herrschenden Grundstück gefallen lassen, §§ 1109, 432 BGB §§ 10 Abs. 6 S. 3, 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG, kann man schon so lesen, der Wortlaut würde passen " Die Gemeinschaft übt die Rechte/Pflichten der WohEigter aus die gemeinschaftlich zu fordern sind. " , die Rechtsaufassung ist auf jeden Fall vertretbar, OLG München NZM 2010, 247 ist jedenfalls nicht in Sachen einer Wegeunterhaltungsreallast eingetragen vor WEG-Aufteilung des herrschenden Grundstücks ergangen, sondern in Sachen einer Auflassung und Neubegründung von Dienstbarkeiten.

  • Herzlichen Dank für Eure Einschätzung. Dann bleibt es bei mir - wie geplant - dabei, die Löschungsbewilligungen von allen WEigentümern anzufordern.

  • Da nach dem Sachverhalt davon auszugehen ist, dass die Löschungsbewilligungen aller Wohnungseigentümer noch nicht abgegeben sind, kommt eine Zwischenverfügung zu deren Vorlage nicht in Betracht, s. die hier genannten Entscheidungen
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1044308

    Eine „Hinweisverfügung“ ist ebenfalls nicht anfechtbar (OLG Düsseldorf 3. Zivilsenat, Beschluss vom 30.11.2015, I-3 Wx 272/15, mwN).

    Der vorliegende Antrag ist zurückweisungsreif. Vorab ist nach dem rechtsstaatlichen Grundsatz eines fairen Verfahrens gemäß Art. 2 Abs. 1 i. V. mit Art. 20 Abs. 3 GG rechtliches Gehör zu gewähren (s. Böhringer, Besprechung der Kommentierung der GBO von Demharter, 30. Auflage, in der DNotZ 2016, 883). Als verfahrensleitende Verfügung gibt es gegen diese Anhörung ebenfalls kein Rechtsmittel (OLG München 34. Zivilsenat, Beschluss vom 09.02.2012, 34 Wx 36/12, Rz. 6). Das ist dann erst gegen den Zurückweisungsbeschluss gegeben.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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