Erbteilsübertragung bei Nachlassspaltung

  • Die 1999 verstorbene Erblasserin wurde von ihren zwei Kindern zu je 1/2 Anteil beerbt. Erbschein wurde 1999 erteilt. Im Grundbuch ist (immer noch) die Erbengemeinschaft eingetragen. Jetzt überträgt eine Miterbin ihren Erbanteil nach der Erblasserin, nur noch bestehendin dem in meinem Grundbuch eingetragenen Grundbesitz, an ihren Ehemann.

    Da der Erbschein den Zusatz enthält "Dieser Erbschein gilt nur für auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Nachlass", habe ich einen Blick in die Nachlassakte geworfen und dort Folgendes festgestellt:
    Erbscheinsantrag über Notar, lautend auf die Kinder zu je 1/2 aufgrund gesetzlicher Erbfolge. Antrag enthält keine Angaben zur Staatsangehörigkeit der Erblasserin und zum anzuwendenden Erbrecht.
    Monierung des Richters. Er ginge davon aus, dass die Erblasserin türkische Staatsangehörige gewesen sei. Daher finde nur für das Grundstück hier deutsches Erbrecht Anwendung, im übrigen türkisches Erbrecht. Der Erbschein könne jedoch nur für auf dem Gebiet der BRD befindlichen Nachlass erteilt werden, der Antrag müsse ergänzt werden.
    Daraufhin wird der Erbscheinsantrag dahin ergänzt, dass er nur für den auf dem Gebiet der BRD befindlichen Nachlass erteilt werden soll.
    Sonst keine weiteren Angaben in der Ergänzung, insbesondere auch nicht zur Staatsangehörigkeit.

    Erbschein wird mit dem oben beschriebenen Zusatz erteilt, weitere Angaben zur Staatsangehörigkeit der Erblasserin oder zum angewendeten Erbrecht enthält er nicht.

    Nun kommt die Erbteilsübertragung - derselbe Notar wie beim Erbscheinsantrag. Auch dort keinerlei Angaben zur Staatsangehörigkeit oder dass deutsches Erbrecht Anwendung gefunden hat.


    Hier stoße ich leider an meine erbrechtlichen Grenzen...
    Findet in Bezug auf meinen Grundbesitz nun wirklich deutsches Erbrecht Anwendung, also Nachlassspaltung?
    Falls ja, kann dann für den hier belegenen Nachlass eine Erbteilsübertragung nach deutschen Recht erfolgen?
    Hätten dazu nicht irgendwelche Angaben im Erbteilsübertragungsvertrag gemacht werden müssen?

    Life is short... eat dessert first!

  • Das kommt dabei heraus, wenn sich mehrere - um höflich zu bleiben - Schlamperer zusammentun.

    Falls die Erblasserin türkische Staatsangehörige und Allein- oder Bruchteilseigentümerin des besagten Grundbesitzes war, gilt für diesen inländischen Grundbesitz das deutsche Erbstatut (Deutsch-türkisches Nachlassabkommen als Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrages zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reicht vom 28.05.1929, RGBl. 1930 II, 747, 758; 1931 II, 538; zur Fortgeltung vgl. die Bek. v. 29.05.1952, BGBl. II, 608). Daraus ergibt sich zugleich, dass der erteilte Erbschein in jedem Fall unrichtig und demzufolge einzuziehen ist, weil er keine Beschränkung auf den inländischen unbeweglichen Nachlass enthält.

    Aus der Nachlassakte sollte sich ergeben, wie der Nachlassrichter seinerzeit auf die türkische Staatsangehörigkeit kam (Hinweis in der Sterbeurkunde?).

    Aus dem Passus, dass der Nachlass (bzw. der dem deutschen Erbstatut unterstehende Spaltnachlass) nur noch aus dem besagten Grundbesitz besteht, dürfte sich mit hinreichender Deutlichkeit ergeben, dass der Erbteil nach deutschem Erbstatut gemeint ist (und auch nur gemeint sein kann). Was mit dem etwaigen Erbteil nach türkischem Recht ist, braucht Dich nicht zu interessieren, weil der Grundbesitz nicht dem türkischen Erbstatut unterliegt.

    Dass aufgrund des vorliegenden - offenkundig unrichtigen - Erbscheins keine Grundbuchberichtigung hätte erfolgen dürfen, versteht sich natürlich von selbst.


  • Aus der Nachlassakte sollte sich ergeben, wie der Nachlassrichter seinerzeit auf die türkische Staatsangehörigkeit kam (Hinweis in der Sterbeurkunde?).

    Die Erblasserin ist in der Türkei geboren, hat vermutlich auch dort geheiratet, ihre Kinder geboren und wurde dort geschieden. Ihr Familienstand ist in der Sterbeurkunde mit "unbekannt" angegeben. Als Urkunden gibt es außer der Sterbeurkunde nur übersetzte "Auszüge aus dem Personenstandsregister zur Vorlage bei der Sozialversicherungsanstalt".
    Außer der oben schon beschriebenen Monierung und dem Erbschein befinden sich in der Nachlassakte leider weiteren keine Äußerungen des Richters...

    Life is short... eat dessert first!

  • Hallo :),

    ich hänge mich hier mal dran. Meine Kollegin vom Grundbuchamt hat ein ähnliches Problem.

    Erbschein beschränkt auf den inländischen Nachlass. Für den beweglichen Nachlass gilt türkisches Recht, für den unbeweglichen gilt deutsches Recht. Jetzt überträgt einer der Erben seinen Erbteil. Die Grundbuchberichtigung wird beantragt.

    Kann eine Eintragung erfolgen? In der Urkunde finden sich keine Hinweise zum Auslandsbezug. Neben dem Grundbesitz gibt wohl auf jeden Fall noch beweglichen Nachlass in Form von irgendwelchen Gesellschaftsanteilen. Ein Erbteil kann kann ja nur insgesamt übertragen werden, und nicht beschränkt auf einzelne Nachlassgegenstände. Müsste man dann nicht prüfen, ob eine Übertragung auch nach türkischem Recht möglich ist?

  • Bei einer Nachlassspaltung gibt es mehrere Erbengemeinschaften, eine nach dem Erbstatut 1 und eine nach dem Erbstatut 2. Wenn das maßgebliche Erbstatut - hier das deutsche - eine Erbteilsübertragung gestattet, ist es also völlig irrelevant, ob dies das andere Erbstatut ebenfalls tut. Nachlassspaltung bedeutet, dass jeder Spaltnachlass ein eigener Nachlass ist, der jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regeln unterliegen kann.

  • Bei einer Nachlassspaltung gibt es mehrere Erbengemeinschaften, eine nach dem Erbstatut 1 und eine nach dem Erbstatut 2. Wenn das maßgebliche Erbstatut - hier das deutsche - eine Erbteilsübertragung gestattet, ist es also völlig irrelevant, ob dies das andere Erbstatut ebenfalls tut. Nachlassspaltung bedeutet, dass jeder Spaltnachlass ein eigener Nachlass ist, der jeweils unterschiedlichen rechtlichen Regeln unterliegen kann.


    Danke für die Klarstellung, die ich gerade auch benötigte.

  • Keine Ursache.

    Bei einer Nachlassspaltung muss man nur darauf achten, dass jeder der beiden Spaltnachlässe im Rechtssinne wie ein eigener Nachlass zu behandeln ist, sodass der Nachlass 1 den Regeln des Erbstatuts 1 und der Nachlass 2 den Regeln des Erbstatuts 2 unterliegt. Und das hat dann natürlich auch entsprechenden Einfluss auf die Zulässigkeit und die Wirkungen einer Erbteilsübertragung und den entsprechenden Grundbuchvollzug. Wobei es im grundbuchrechtlichen Bereich an sich sehr einfach ist, weil sich aus dem Erbschein ergibt, welches Erbstatut auf den im Inland belegenen Grundbesitz zur Anwendung gelangt.

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