Voreintragung der Erben bei Grundschuldbestellung aufgrund Vollmacht

  • s. dazu OLG Stuttgart, Beschluss vom 02. November 2018, 8 W 312/18 (juris):

    1. Im Grundbuchverfahren wird der einer transmortalen Vollmacht innewohnende Rechtsschein nicht dadurch zerstört, dass der Bevollmächtigte in einer dem Grundbuchamt vorgelegten Urkunde erklärte, gesetzlicher Erbe des Vollmachtgebers geworden zu sein.
    2. Die Eintragung einer von einem transmortal Bevollmächtigten nach dem Ableben des Vollmachtgebers bewilligten Finanzierungsgrundschuld setzt nicht die Voreintragung des Erben voraus.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Es kam, wie es eigentlich zu erwarten war: mir liegt nun der Antrag auf Eintragung eines Grundpfandrechts aufgrund der Bewilligung eines transmortal Bevollmächtigten vor, das ersichtlich kein Finanzierungsrecht ist.

    Wie mir aus der Mitteilung des (ortsfremden) Nachlassgerichts bekannt ist, ist der noch eingetragenen Eigentümer verstorben. Erben sind offenbar beide Kinder; eines soll den Grundbesitz als Vermächtnis erhalten und ist (rein) zum Zwecke der Übertragung auf sich auch im Testament als TV benannt.
    Dieser Tochter hat der Erblasser über den Tod hinaus Generalvollmacht erteilt.
    Die bevollmächtigte Tochter bestellt nun als Vertreter des Erblasser eine Grundschuld.

    Ich habe die fehlende Voreintragung bereits beanstandet und der Notar steht auf dem Standpunkt, der Voreintragungsgrundsatz sei bereits deshalb nicht verletzt, weil die Grundschuld durch den Erblasser bewilligt worden sei und nicht durch die Erben, so dass bereits nach dem Wortlaut die Vorschrift des § 40 Abs. 1 GBO nicht anwendbar sei. Vorsorglich weist er darauf hin, dass die Vollmacht nicht durch Konfusion erloschen sei.

    Ich beabsichtigte nunmehr, den Antrag zurück zu weisen. Ich habe mir die Entscheidungen des OLG Köln (2 Wx 123/18), OLG FFM (20 W 179/17) und OLG Stuttgart (8 W 312/18) zu Gemüte geführt und hinsichtlich der dort vertretenen Ansicht, "Sinn und Zweck" der Vorschrift erlaube eine Gleichbehandlung von Auflassungsvormerkung und Finanzierungsgrundpfandrecht fällt mir die Argumentation leicht - zumal ich hier ja nicht mal ein Finanzierungsrecht habe.
    Argumentationshilfe könnte ich aber im Hinblick auf die Gleichsetzung von rechtsgeschäftlicher Vollmacht und gesetzlicher Vertretungsbefugnis (Nachlasspfleger pp.) gebrauchen. Ich habe da zwar den einen oder anderen Ansatz, aber das gefällt mir noch nicht so richtig.

    Anmerkungen - in jede Richtung - sind also herzlich willkommen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Die bevollmächtigte Tochter bestellt nun als Vertreter des Erblasser eine Grundschuld.

    Der Erblasser hat bei der Grundschuldbestellung also noch gelebt?

    Nein, alles spielt sich nach dem Tod ab. Verzeihung, ist in meiner Schilderung nicht richtig deutlich geworden.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Bestelmeyer Rpfleger 2018, 649, 663 f.:

    Es wird neuerdings vertreten, dass die Voreintragung der Erbfolge nach der Ausnahmevorschrift des § 40 Abs. 1 GBO im Fall des Handelns eines transmortalen Bevollmächtigten oder im Fall des Eigenhandelns der Erben nicht nur bei der anlässlich einer Veräußerung des Nachlassgrundbesitzes zur Eintragung bewilligten Auflassungsvormerkung, sondern auch bei der neben der Erwerbervormerkung zur Eintragung gelangenden und auf Rechnung des Erwerbers bestellten Finanzierungsgrundschuld entbehrlich sein soll.[186] Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Dass es für die Eintragung einer Auflassungsvormerkung keiner Voreintragung der Erbfolge bedarf, liegt nämlich nicht daran, dass die Erben bei späterer Eigentumsumschreibung bald wieder aus dem Grundbuch verschwinden, sondern beruht ausschließlich darauf, dass zur Sicherung von persönlichen oder dinglichen Ansprüchen auf Übertragung oder Aufhebung des ererbten Rechts einzutragende Vormerkungen und Widersprüche im Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 GBO der endgültigen Eintragung der Übertragung oder Aufhebung des betreffenden Rechts gleichstehen.[187] Es liegt auf der Hand, dass diese ausschlaggebende Erwägung für eine auf Rechnung des vormerkungsberechtigten Erwerbers bestellte und weder auf die Übertragung oder die Aufhebung eines Rechts, sondern auf eine dauerhafte Belastung des Grundbsitzes gerichtete Finanzierungsgrundschuld nicht zutrifft und deshalb lässt die bislang herrschende Ansicht für diesen Fall auch keine (weitere) Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz zu, weil sie sich nur über eine "doppelte" entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO erreichen ließe.[188] Die Installierung etwaiger weiterer Ausnahmen vom Voreintragungsgrundsätz ist demzufolge nicht die Aufgabe der Gerichte, sondern ausschließlich Sache des Gesetzgebers.

    Dass die eine Voreintragung der Erbfolge für entbehrlich haltende Ansicht nicht zutreffen kann, wird vor allem deutlich, wenn man den üblichen Regelfall dahin abwandelt, dass der Erwerber (was insbesondere in Verwandtschaftskreisen vorkommt) auf die Eintragung einer Vormerkung verzichtet und demzufolge nur die auf seine Rechnung bestellte "nackte" Finanzierungsgrundschuld eingetragen werden soll. Will man auch hier auf eine Voreintragung der Erbfolge verzichten, obwohl die isolierte vormerkungslose Eintragung einer Grundschuld mit der Übertragung des Grundstückseigentums in rechtlicher Hinsicht überhaupt nichts zu schaffen hat? Diese Frage ist natürlich zu verneinen und hieraus ergibt sich, dass es auch im Vormerkungsstadium unzutreffend ist, die Bestellung einer Grundschuld als bloßes Anhängsel der Vormerkung zu betrachten und die für die Vormerkung bestehende gerechtfertigte Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz auch auf die auf Rechnung des Erwerbers bestellte Finanzierungsgrundschuld zu erstrecken.[189] Es ist in argumentativer Hinsicht somit nicht damit getan, dem bloßen Wunsch nach Kostenersparnis den Vorrang vor der Aufgabe des Grundbuchs einzuräumen, die eintretenden dinglichen Rechtsänderungen möglichst lückenlos und Schritt für Schritt für den Rechtsverkehr zu dokumentieren, und es hilft auch nicht weiter, im Interesse der Verwirklichung dieser monetären Begehrlichkeiten bloße wirtschaftliche Zusammenhänge ins Feld zu führen und die transmortale Bevollmächtigung zu diesem Zweck sogar auf eine Stufe mit der von der Ausnahmevorschrift des § 40 Abs. 1 GBO erfassten gesetzlichen (!) Vertretungsmacht eines Nachlasspflegers zu stellen, obwohl ein solcher Vergleich in rechtskonstruktiver Hinsicht schon auf den ersten Blick nicht zutreffen kann.[190] Von einer Eintragung aufgrund einer voreintragungsbefreiten Bewilligung des Erblassers kann in diesem Zusammenhang ohnehin keine Rede sein, weil man einen Toten nicht vertreten kann und der transmortal Bevollmächtigte demzufolge nicht den Erblasser, sondern die Erben vertritt.


    [186] OLG Frankfurt FamRZ 2018, 787 = ZfIR 2017, 833 m. Anm. Cramer; OLG Köln Rpfleger 2018, 444 = FGPrax 2018, 106 m. Anm. Bestelmeyer. Ebenso bereits Milzer DNotZ 2009, 325.
    [187] BGH ZIP 2018, 1826 = openJur 2018, 420; KG JFG 7, 328, 333 ("Vorbereitung der endgültigen Übertragung").
    [188] Statt vieler vgl. KG FGPrax 2011, 270 mit reichhaltigen Nachweisen und Belegen.
    [189] Bestelmeyer FGPrax 2018, 107.
    [190] So aber Milzer DNotZ 2009, 325.

  • Bestelmeyer FGPrax 2018, 107 (in Anm. zu OLG Köln FGPrax 2018, 106):
    ...
    Aus der Sachverhaltsdarstellung ergibt sich, dass der Beteiligte zu 5) als transmortal Bevollmächtigter handelte und dass er ausweislich des zugunsten der Beteiligten zu 1) bis 8) erteilten Erbscheins auch zum Miterben der Erblasserin berufen war. Es wäre daher zu prüfen gewesen, ob die transmortale Vollmacht auf der Vollmachtgeberseite für die Person des Bevollmächtigten infolge Konfusion erloschen war und nur noch für die übrigen Miterben fortbestand. Diese Frage ist zu bejahen, weil die Erbengemeinschaft nicht rechtsfähig ist (BGH ZEV 2014, 554), der Bevollmächtigte demzufolge sämtliche - und damit jeden einzelnen - Miterben in deren Eigenschaft als natürliche Personen vertritt, die für den Fortbestand der Vollmacht begrifflich erforderliche Personenverschiedenheit von Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer mit dem Ableben des vollmachtgebenden Erblassers für die Person des bevollmächtigten Miterben in Wegfall kommt und es rechtskonstruktiv unmöglich ist, dass sich jemand selbst vertreten kann (Bestelmeyer notar 2013, 147, 161 und Rpfleger 2015, 11; Amann MittBayNot 2013, 367, 370; Weidlich ZEV 2016, 57, 63; a. A. OLG Schleswig FGPrax 2014, 206; DNotI-Gutachten Abruf-Nr. 112811).

    Dieses vom Senat nicht erörterte personelle Teilerlöschen der transmortalen Vollmacht hatte allerdings lediglich die grundbuchverfahrensrechtliche Konsequenz, dass der Bevollmächtigte seine Miterbenstellung nach Maßgabe des § 35 GBO nachzuweisen hatte. Dieser Nachweis war geführt, weil im Zeitpunkt des Vollmachthandelns am 01.09.2017 bereits ein am 13.06.2017 erteilter Erbschein über die eingetretene Erbfolge vorlag und das Grundbuch aufgrund dieses Erbscheins auch schon am 28.07.2017 durch die Eintragung der Erbfolge berichtigt worden war. Auf der materiellrechtlichen Ebene ließ sich das (rechtlich unmögliche) Vollmachthandeln (für sich selbst) im Wege der Auslegung auch als Handeln des Bevollmächtigten im eigenen Namen (als Miterbe) interpretieren, so dass gegen die Wirksamkeit von Kaufvertrag, Auflassung und Finanzierungsvollmacht in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Senats im Ergebnis keine Bedenken zu erheben waren. Für den auf der Veräußererseite auch im eigenen Namen (als Miterbe) auftretenden Bevollmächtigten handelte es sich dementsprechend bei der erteilten Finanzierungsvollmacht allerdings nicht um eine Untervollmacht, sondern um eine von ihm erteilte originäre Vollmacht.
    ...
    Es kommt daher entgegen der Ansicht des Senats im Ergebnis nicht mehr auf die Frage an, ob eine (fehlende) Voreintragung der Erben nach Maßgabe der Ausnahmevorschrift des § 40 Abs. 1 S. 1 GBO entbehrlich wäre.

    Käme es auf diese Frage an, wäre sie allerdings entgegen der Ansicht des Senats im Sinne des Erfordernisses der Voreintragung der Erbfolge zu beantworten, weil der in § 40 Abs. 1 S. 1 GBO genannte Ausnahmetatbestand der "Übertragung eines Rechts" auf die Fallgestaltung der im Vormerkungsstadium auf Rechnung des Erwerbers bestellten Finanzierungsgrundschuld nicht anwendbar ist. Dass es für die Eintragung einer Auflassungsvormerkung keiner Voreintragung der Erbfolge bedarf, liegt nämlich nicht daran, dass die Erben bei späterer Eigentumsumschreibung bald wieder aus dem Grundbuch verschwinden, sondern beruht in erster Linie darauf, dass zur Sicherung von persönlichen oder dinglichen Ansprüchen auf Übertragung oder Aufhebung des ererbten Rechts einzutragende Vormerkungen und Widersprüche im Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 S. 1 GBO der endgültigen Eintragung der Übertragung oder Aufhebung des betreffenden Rechts gleichstehen (KG JFG 7, 328, 333: "Vorbereitung der endgültigen Übertragung"). Es liegt auf der Hand, dass diese ausschlaggebende Erwägung für eine auf Rechnung des vormerkungsberechtigten Erwerbers bestellte Finanzierungsgrundschuld nicht zutrifft und deshalb lässt die bislang herrschende Ansicht für diesen Fall auch keine (weitere) Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz zu, weil sie sich nur über eine "doppelte" entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 1 S. 1 GBO erreichen ließe (statt vieler vgl. KG FGPrax 2011, 270 mit reichhaltigen Nachweisen und Belegen). Die Installierung etwaiger weiterer Ausnahmen vom Voreintragungsgrundsätz ist demzufolge nicht die Aufgabe der Gerichte, sondern ausschließlich Sache des Gesetzgebers.

    Dass die eine Voreintragung der Erbfolge für entbehrlich haltende Ansicht nicht zutreffen kann, wird vor allem deutlich, wenn man die vorliegende Fallgestaltung dahin abwandelt, dass der Erwerber (was insbesondere in Verwandtschaftskreisen vorkommt) auf die Eintragung einer Vormerkung verzichtet und demzufolge nur die auf seine Rechnung bestellte "nackte" Finanzierungsgrundschuld eingetragen werden soll. Will man auch hier auf eine Voreintragung der Erbfolge verzichten, weil in der Sache im Vergleich zum Vormerkungsfall kein Unterschied besteht und die Erben beim späteren Vollzug der Auflassung auch hier baldigst wieder aus dem Grundbuch verschwinden würden? Diese Frage ist bei solchen "vormerkungslosen" Grundschuldbestellungen natürlich zu verneinen und hieraus ergibt sich, dass es auch im Vormerkungsstadium unzutreffend ist, die Bestellung einer Grundschuld als bloßes Anhängsel der Vormerkung zu betrachten und die für die Vormerkung bestehende Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz auch auf die Finanzierungsgrundschuld zu erstrecken.

    Es ist zu bedauern, dass sich der Senat mit seiner vorliegenden Entscheidung einer in der Literatur vertretenen Außenseitermeinung angeschlossen hat, welche den Wunsch nach Kostenersparnis über die Aufgabe des Grundbuchs stellt, die eintretenden dinglichen Rechtsänderungen unter Geltung des Voreintragungsgrundsatzes möglichst lückenlos und Schritt für Schritt für den Rechtsverkehr zu dokumentieren und welche zu diesem Zweck Vergleiche zur gesetzlichen (!) Vertretungsmacht eines Nachlasspflegers zieht, die in rechtskonstruktiver Hinsicht schon auf den ersten Blick nicht zutreffen können (vgl. etwa Milzer DNotZ 2009, 325). Noch bedauerlicher ist, dass diese Ansicht auch vom OLG Frankfurt (ZEV 2017, 719) vertreten wird, welches bereits beim ersten Prüfungsschritt übersehen und unerörtert gelassen hat, dass bei dem entschiedenen Sachverhalt der Alleinerbe des Erblassers transmortal bevollmächtigt und diese Vollmacht daher mit dem Erbfall insgesamt erloschen war, so dass ein entsprechendes Vollmachthandeln (mit oder ohne Voreintragung der Erbfolge) ohnehin nicht zu einer Grundbucheintragung hätte führen dürfen. Das LG Münster (ZEV 2017, 522 m. Anm. Neie) setzt diesem rechtlichen Verwirrspiel um die transmortale Vollmacht (allerdings ohne Bezug zum Voreintragungsgrundsatz) dann noch die Krone auf, weil es bei der entschiedenen Fallgestaltung des transmortal bevollmächtigten Alleinerben nicht nur die Problematik der Konfusion schlichtweg übersehen hat, sondern die vorliegende transmortale Vollmacht zudem rechtsirrig auch noch für eine postmortale Vollmacht hielt.

    Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei den Instanzgerichten weiterhin erhebliche Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung im Bereich der post- und transmortalen Vollmachten bestehen und dass sich diese Unsicherheiten zunehmend auf Rechtsbereiche erstrecken, die mit den eigentlichen Vollmachtsfragen nichts mehr zu tun haben. Allerdings hätte man im vorliegenden Fall auch vom Grundbuchamt erwarten können, dass es zumindest ansatzweise zu einer zutreffenden Rechtsanwendung gelangt, anstatt mit seiner rechtswidrigen Verfahrensweise den ordnungsgemäß herbeigeführten Grundbuchstand im Hinblick auf die erfolgte Eigentümereintragung der Erben unzulässigerweise von Amts wegen und zu allem Überfluss dann auch noch mittels Eintragung einer bereits verstorbenen Person zu verändern. Dieser inakzeptablen Verfahrensweise hat der Senat im Ergebnis zu Recht einen Riegel vorgeschoben.

  • Cromwell, sehr schön geschrieben und ich hoffe, die Obergerichte greifen diese Sichtweise mal auf. Der "Streit" über die Konfusion ist ja nun schon über Jahre vorhanden.
    Aber wahrscheinlich wird, wenn er es denn überhaupt macht, erst der BGH dem Ganzen einen Riegel vorschieben.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Danke für das Futter, davon werde ich sicher das eine oder andere verwursten können.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Im aktuellen Rechtspfleger-Heft erscheint zu diesem Thema eine Abhandlung von Jurksch (vgl. Rpfleger 2019, 70).

    Ah, danke. Ich habe den Beschluss zwar heute Nachmittag schon zusammengedengelt, aber er muss ohnehin noch übers Wochenende reifen. Vielleicht kann ich da ja noch Nektar saugen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Literaturhinweis: In einer Anmerkung zu OLG Stuttgart, 17.10.2018, 8 W 311/18 - FGPrax 2019, 13- sieht Kramer die propagierte Abkehr von der Voreintragung kritisch. Es fehlten sowohl überzeugende Argumente als auch ein Bedürfnis hierfür.

    Siehe zu diesem Thema auch Weber, Zum Voreintragungsgrundsatz und seinen Ausnahmen bei der Veräußerung von Grundstücken in DNotZ 2018, 884.

  • Das OLG Köln hat inzwischen schon die Beschwerde gegen meine Zurückweisung zurückgewiesen (nicht veröffentlicht).
    Es liege keine Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz vor. Erfasst von der erweiterten Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO seien allein Fälle, in denen die Grundbuchbestellung im Zusammenhang mit einer Auflassung steht, sodass die Anwendung von § 39 GBO nur zu einer "Durchgangseintragung" der Erben geführt hätte. Damit sei der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Das OLG Köln hat inzwischen schon die Beschwerde gegen meine Zurückweisung zurückgewiesen (nicht veröffentlicht)....

    Der Beschluss des OLG Köln (2. Zivilsenat), vom 11.03.2019, 2 Wx 82/19, ist unter anderem hier
    https://research.wolterskluwer-online.de/document/9cb20…28-677a53c44dc1
    und bei Beck-online unter BeckRS 2019, 16249 veröffentlicht.

    s. Rechtsprechungshinweise vom 30.08.2019
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1176124

    Der Leitsatz lautet

    Für die Eintragung einer aufgrund transmortaler Vollmacht bestellten Grundschuld bedarf es der Voreintragung der Erben im Grundbuch. § 40 Abs. 1 GBO findet insoweit keine Anwendung, da es bei der Eintragung weder um die Übertragung noch um die Aufhebung eines Rechts handelt. (Rn. 12)

    OLG Köln (2. Zivilsenat), Beschluss vom 11.03.2019 - 2 Wx 82/19 = BeckRS 2019, 16249


    Allerdings kommt das OLG Celle im Beschluss vom 16.08.2019 zum gegenteiligen Ergebnis. Die vom DNotI formulierten Leitsätze dieses Beschlusses lauten:

    1. Beim Verkauf eines Grundstücks mittels einer transmortalen Vollmacht durch die Erben ist bei der späteren Bestellung einer Grundschuld aufgrund der im Kaufvertrag vorgesehenen Belastungsvollmacht keine Voreintragung der Erben erforderlich.

    2. Eine widerrufliche General- und Vorsorgevollmacht ist auch dann nicht gem. § 311b Abs. 1 BGB beurkundungsbedürftig, wenn sie auch zur Veräußerung von Grundbesitz ermächtigt. (Leitsätze der DNotI-Redaktion)

    OLG Celle, Beschluss vom 16.8.2019, 18 W 33/19 = DNotI, letzte Aktualisierung: 6.9.2019

    https://www.dnoti.de/entscheidungen…848578673a7d530

    Aus den Gründen: Die Vollmacht ist nicht deshalb durch Konfusion erloschen, weil hier Bevollmächtigter und Miterbe in einer Person zusammenfallen und eine Vertretung durch dieselbe Person nicht in Betracht kommt…

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  • Allerdings kommt das OLG Celle im Beschluss vom 16.08.2019 zum gegenteiligen Ergebnis.

    M.E. widersprechen sich die Entscheidungen nur scheinbar. Das OLG Köln hat im vorliegenden Fall wohl nur deshalb eine Voreintragung für erforderlich gehalten, weil es sich - anders als im Fall von Celle - nicht um ein Finanzierungsgrundpfandrecht gehandelt hat. So weit, auch in diesen Fällen von der Voreintragung absehen zu wollen, ist man dann - glücklicherweise - wohl doch nicht gegangen.

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    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ich werde mich in meinem nächsten Übersichtsaufsatz (Heft 12/2019 im Rpfleger) zu dieser Problematik voraussichtlich wie folgt äußern (die Fußnoten werden natürlich anders nummeriert sein):

    Es ist weiterhin umstritten, ob die Voreintragung der Erbfolge nach der Ausnahmevorschrift des § 40 Abs. 1 GBO beim Eigenhandeln der Erben[1] oder beim Handeln eines transmortal Bevollmächtigten nicht nur bei der anlässlich einer Veräußerung des Nachlassgrundbesitzes zur Eintragung bewilligten Auflassungsvormerkung,[2] sondern auch bei der neben der Vormerkung zur Eintragung gelangenden und auf Rechnung des Erwerbers bestellten Finanzierungsgrundschuld entbehrlich ist.[3] Zutreffend ist die verneinende Ansicht,[4] die jedenfalls dann greift, wenn nur die Eintragung einer (isolierten) Grundschuld beantragt ist, ohne dass auch eine Auflassungsvormerkung zur Eintragung gelangen soll.[5] Wer das Handeln eines transmortal Bevollmächtigten unzutreffenderweise mit dem Handeln eines Nachlasspflegers gleichsetzt,[6] trägt den Voreintragungsgrundsatz für den Bereich der transmortalen Vollmacht ohnehin insgesamt zu Grabe, weil die dann in entsprechender Anwendung des § 40 Abs. 1 Alt. 2 GBO zum Zuge kommende Ausnahme (ebenso wie die nach § 40 Abs. 2 GBO für das Handeln eines Testamentsvollstrecker geltende Ausnahme)[7] keine Beschränkung auf Eintragungen vorsieht, die eine Übertragung oder Aufhebung des betroffenen Rechts zum Gegenstand haben. Unter dieser Prämisse braucht man im Hinblick auf die Entbehrlichkeit einer Voreintragung der Erbfolge bei der Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld durch den transmortal Bevollmächtigten aber überhaupt nicht mehr darüber zu diskutieren, ob sich die (nur) von der Ausnahme des § 40 Abs. 1 Alt. 1 GBO erfasste Eintragung einer Auflassungsvormerkung als Vorstufe zur Übertragung des Grundstückseigentums auch auf die mit der Eintragung der Vormerkung einhergehende (oder erst später erfolgende) Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld erstreckt. Wer gleichwohl hierüber diskutiert,[8] hat den Regelungsgehalt und das rechtliche Zusammenspiel der in § 40 GBO geregelten mehrfachen Ausnahmen vom Voreintragungsgrundsatz nicht verinnerlicht.

    Zu solchen fatalen Fehleinschätzungen kann es nur kommen, wenn man verfahrensrechtliche Normen lediglich als lästiges Hindernis für die Verwirklichung der kostensparenden Intentionen der Beteiligten betrachtet und mit seinen Überlegungen auf halbem Wege stehen bleibt, so dass man nicht mehr realisiert, welche weitreichenden Folgen man mit seinen Entscheidungen in Gang setzt. Zu diesen Folgen gehört auch die bislang nicht erkannte Diskrepanz, dass einige Gerichte eine etwaige (zu verneinende) Ausnahme vom Voreintragungsgrundsatz bei der Bestellung von Finanzierungsrechten zutreffenderweise nur im Rahmen der Fragestellung diskutieren, ob eine solche Ausnahme im Anwendungsbereich des § 40 Abs. 1 Alt. 1 GBO mit der dort anerkannten Ausnahme für die Auflassungsvormerkung „mitläuft“, während andere Gerichte den Voreintragungsgrundsatz durch die verfehlte Gleichsetzung des Handelns eines transmortal Bevollmächtigten mit dem von der Ausnahme des § 40 Abs. 1 Alt. 2 GBO erfassten Handeln eines Nachlasspflegers - ohne es zu erkennen - gleich für sämtliche von einem transmortal Bevollmächtigten veranlassten Grundbucheintragungen suspendieren. Es liegt auf der Hand, dass nicht beides gleichermaßen zutreffend sein kann.


    [1] Beim Eigenhandeln der Erben geht es allerdings lediglich um die Frage der Entbehrlichkeit der Voreintragung als solche, weil ein solches Eigenhandeln stets den nach Maßgabe des § 35 GBO zu führenden Nachweis der Erbfolge voraussetzt. Die umstrittenen Fragen im Zusammenhang mit einer transmortalen Vollmacht im Hinblick auf die vorgebliche Entbehrlichkeit eines solchen Erbnachweises können sich daher beim Eigenhandeln der Erben nicht stellen.
    [2] KG JFG 7, 328; BGH FGPrax 2018, 242 = DNotZ 2018, 914 = openJur 2018, 420 = ZfIR 2018, 826 m. Anm. Niesse.
    [3] Bejahend OLG Frankfurt FamRZ 2018, 787 = MittBayNot 2018, 247 m. Anm. Milzer = ErbR 2018, 157 m. Anm. Wendt = ZfIR 2017, 833 m. Anm. Cramer = ZEV 2017, 719; OLG Köln Rpfleger 2018, 444 = FamRZ 2019, 320 = FGPrax 2018, 106 m. Anm. Bestelmeyer = ZEV 2018, 418; OLG Celle, Beschluss vom 16.08.2019, Az. 18 W 33/19; Milzer DNotZ 2009, 325; Wendt ErbR 2018, 137; Ott notar 2018, 189; Becker ZNotP 2018, 225.
    [4] KG FamRZ 2012, 742 = FGPrax 2011, 270 = ZfIR 2011, 764; Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 40 Rn. 19; Hügel/Zeiser, BeckOK-GBO, 34. Edition, § 40 Rn. 20; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 142; Demharter, GBO, 31. Aufl., § 40 Rn. 17; Bestelmeyer FGPrax 2018, 107 und Rpfleger 2018, 649, 663; Weber DNotZ 2018, 884, 895 ff.; Jurksch Rpfleger 2019, 70 und Rpfleger 2019, 385; Böhringer Rpfleger 2019, 122, 126. Differenzierend OLG Stuttgart Rpfleger 2019, 76 = FamRZ 2019, 318 = FGPrax 2019, 13 m. Anm. Kramer und OLG Stuttgart Rpfleger 2019, 189 = FamRZ 2019, 568, wonach die Voreintragung beim Eigenhandeln der Erben erforderlich ist, beim Handeln eines vom Erblasser transmortal Bevollmächtigten aber entbehrlich sein soll. Diese Differenzierung ist schwerlich nachvollziehbar, weil der transmortal Bevollmächtigte nicht mehr für den Erblasser, sondern für die Erben handelt (OLG Köln Rpfleger 2019, 578) und daher für das Erfordernis der Voreintragung nichts anderes gelten kann, als wenn die Erben selbst handeln würden.
    [5] OLG Köln Rpfleger 2019, 578; Bestelmeyer Rpfleger 2018, 649, 664.
    [6] OLG Frankfurt FamRZ 2018, 787 = MittBayNot 2018, 247 m. Anm. Milzer = ErbR 2018, 157 m. Anm. Wendt = ZfIR 2017, 833 m. Anm. Cramer = ZEV 2017, 719; OLG Stuttgart Rpfleger 2019, 76 = FamRZ 2019, 318 = FGPrax 2019, 13 m. Anm. Kramer; OLG Stuttgart Rpfleger 2019, 189 = FamRZ 2019, 568; OLG Celle, Beschluss vom 16.08.2019, Az. 18 W 33/19; zutreffenderweise ablehnend OLG Köln Rpfleger 2019, 578. Hierzu vgl. auch die eingehenden Ausführungen von Bestelmeyer FGPrax 2018, 107 und Rpfleger 2018, 649, 663.
    [7] OLG München Rpfleger 2019, 334 = DNotZ 2019, 535 = ZEV 2019, 109.
    [8] OLG Frankfurt OLG Stuttgart und OLG Celle a. a. O. (Fn. 6).

  • s. zu diesem Thema auch das Gutachten des DNotI, Gutachten/Abruf-Nr: 170359; Erscheinungsdatum: 11.09.2019, erschienen im DNotI-Report 17/2019, 140-143
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…a48070415523e24
    Überschrift: Transmortale Vollmacht; Vertretung der Erbeserben bei vom Erben angeordneter Vor- und Nacherbfolge; transmortale Vollmacht nach Grundbuchberichtigung; Voreintragung


    s. dazu auch den Beschluss des KG Berlin vom 02.03.2021, 1 W 1503/20
    https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/KORE209322021
    Leitsatz:
    „Eine transmortale Vollmacht des eingetragenen Berechtigten genügt zum Nachweis der (Vertretungs-) Macht des Bevollmächtigten auch dann, wenn dieser erklärt, Alleinerbe des Vollmachtgebers zu sein; es bedarf keines Nachweises der Erbfolge in der Form des § 35 Abs. 1 GBO (Fortführung von Senat, Bes. v. 22. Oktober 2020 - 1 W 1357/20, MDR 2021, 162; entgegen OLG Hamm, Bes. v. 10. Januar 2013 - I-15 W 79/12, FGPrax 2013, 148 und OLG München, Bes. v. 31. August 2016 - 34 Wx 273/16, NJW 2016, 3381)“

    und die zust. Anm. von Meier in der DNotZ 2021, 703, 706 ff.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (19. September 2021 um 12:29) aus folgendem Grund: Anm. (Beschluss des KG) eingefügt

  • Hätte mich auch gewundert, wenn das Lobbyisten-Blättchen nicht sofort nachgelegt hätte und dabei mindestens die Hälfte der Literaturnachweise verschweigt, aus welchen sich eine andere Auffassung ergibt (vgl. die Ausführungen in der rechten Spalte auf S. 140, wo es um die Konfusionsfrage beim transmortal bevollmächtigten Miterben geht).

    Heutzutage nennt man so etwas "Gutachten".

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