Neuer Schonbetrag § 90 SGB XII am 01.01.2017 - Bundesteilhabegesetz

  • Ich störe mich daran, daß suggeriert wird, "Nachweise" müßten erst für Aufwendungen oberhalb von 399,00 EUR geführt werden. Davon lese ich weder im Gesetz noch im Kommentar etwas und kenne eine solche Praxis auch nicht.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich störe mich daran, daß suggeriert wird, "Nachweise" müßten erst für Aufwendungen oberhalb von 399,00 EUR geführt werden. Davon lese ich weder im Gesetz noch im Kommentar etwas und kenne eine solche Praxis auch nicht.


    Man könnte den Passus sicher anders formulieren.

    Offenbar wurde wohl davon ausgegangen, dass Betreuer eine Einzelauflistung nur erstellen "möchten", wenn sie höhere Aufwendungen als 399,- € hatten. Das scheint mir der Praxiserfahrung nach auch zutreffend. :)

  • Das ist dann aber die Frage der Wahlmöglichkeit zwischen Aufwendungsersatz und pauschaler Aufwandsentschädigung. Den Unterschied sollte man bei der Abfassung von Merkblättern schon kennen und beachten.

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  • Das Merkblatt ist für den Laien und sich auf das Wesentliche und wirtschaftlich Sinnvollste beschränken. Und das macht es. Eine Einzelauflistung mit Belegen unter 399,- EUR macht nunmal keinen Sinn.

    Bei euch halte ich das Bsp. für "wirklich" falsch: "Nur wenn ein konkreter Dienstausfall entsteht, weil z. B. unbezahlterUrlaub zur Organisation der Unterbringung zu nehmen ist, kann eineEntschädigung beantragt werden.".

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Über diesen Absatz habe ich noch nie nachgedacht, da ich es nie brauchte (das Blatt gab es schon, als ich in die Betreuung kam). Weder trat die Konstellation je auf, noch hat bisher jemand darüber gesprochen. Du bist der erste, der den Absatz anspricht.

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  • Hallo, weiter vorne im Thread wird etwas lapidar behauptet, der 25.000er Freibetrag (zusätzlich zu den 5000) sei bei der Betreuervergütung nicht anwendbar, weil er in § 60a SGB XII steht und § 1836c nur auf § 90 SGB XII verweist. Ich halte das nicht für richtig, denn § 60a SGB XII verweist seinerseits auf § 90 SGB XII.

    Und ich möchte daran erinnern, dass bis zum 31.12.2004 (vor Hartz IV) ein Freibetrag von damals 25.311 Euro bei Menschen bestand, die in einer Behindertenwerkstatt arbeiteten. Das stand im damaligen § 88 Abs. 3 BSHG. Die vergütungsrechtliche Rspr. war sich einig, dass das auch bei der Betreuervergütung gilt, wenn der Betreute WfB-Mitarbeiter ist, der auf Seite 2 des Threads zitierte Beschluss des LG Osnabrück war die einzige (veröffentlichte) Gegenmeinung und wurde durch das OLG Celle auch noch aufgehoben.
    Bestätigende Beschlüsse: LG Schweinfurt,FamRZ 2000, 1532, ebenso vom Ergebnis LG Dresden FamRZ 2001, 712, LG Chemnitz FamRZ 2001, 1026, OLG Dresden Beschluss 15 W 677/00 vom 17.5.2000; OLG Celle FamRZ 2003, 1047 = FGPrax 2003, 130; LG Münster BtPrax 2003, 233; BayObLG FamRZ 2003, 966 = BtPrax 2003, 180 = NJW-RR 2002, 1520; LG Trier 5 T 134/04 vom 20.8.200; a.A. (nur bei Vorliegen besonderer Härte): LG Osnabrück FamRZ 2002, 702 = Nds. Rpfleger 2001, 261(aufgehoben durch OLG Celle, s.o.).

    M.E. lässt sich das auf die neue Rechtslage übertragen, denn beides sind Konkretisierungen der besonderen Härte damals § 88 Abs. 3 BSHG, jetzt § 90 Abs. 3 SGB XII). Aber eben nur für Personen, die Eingliederungshilfe beziehen.

    Mit freundlichen Grüßen
    H.Deinert

  • mh, also ich sehe schon einen erheblichen Unterschied
    der §1836 c BGB a.F. verwies auf den §88 BSHG; da stand der von dir genannte erhöhte Schonbetrag direkt drin

    §1836 c BGB n.F. verweist auf den §90 SGB XII, da steht der erhöhte Schonbetrag nicht direkt drin.

    Vielmehr hat dieser Rechtsgedanke Niederschlag im §60a SGB XII gefunden.

    Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass der erhöhte Schonbetrag anzuwenden ist, hätte er entweder auch auf den §60a SGB XII verwiesen oder aber den Rechtsgedanken in den §90 III SGB XII anders gepackt. (wie er es früher hatte)

    So wie die Vorschriften gestrickt sind, ist m.E. gewollt, dass der §60 a SGB XII eben nur in Ansehung der in Kapitel 6 gerergelten Leistungen Anwendung findet.
    Es steht ja nichtmal im allgemeinen Teil

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Tja, ich sehe schon, da werden wir uns nicht einig. Ich meine, dass auch noch der Wortlaut des § 60a für eine Berücksichtigung im Betreuungsrecht spricht. Dort heißt es: „…gilt für Personen, die Leistungen nach diesem Kapitel erhalten, ein zusätzlicher Betrag von bis zu 25 000 Euro für die Lebensführung und die Alterssicherung im Sinne von § 90 Absatz 3 Satz 2 als angemessen …“ und nicht „… gilt bei der Berechnung des Anspruchs auf Leistungen nach diesem Kapitel ein zusätzlicher Betrag … als angemessen …“.

    Früher oder später wird die Frage sicher duschprozessiert. Im Augenblick ist es ja unwahrscheinlich, dass ein Bezieher von Eingliederungshilfe ein höheres Vermögen besitzt, weil das ja aufgrund der Rechtslage bis zum letzten Jahr aufgebraucht worden sein dürfte. Ist also eher etwas für künftige Neufälle.

    Mit freundlichen Grüßen H.D.

  • Und noch ein Nachtrag: auch die ganzen bisher angewendeten Schonbeträge standen allesamt nicht in § 1836c BGB drin. Und auch nicht in den direkt in Bezug genommen Bestimmungen §§ 82, 85, 86, 87 oder 90 SGB XII. Sondern was die Einkommensheranziehung betrifft, in der Regelsatzverordnung (da der Freibetrag nach § 85 SGB XII 2 x der Eckregelsatz ist) und der Vermögebsschonbetrag von bisher 2.600 und jetzt 5.000 € in § 1 der Verordnung zu § 90 SGB XII. Und bei der Einkommensbereinigung gibt es auch noch eine VO zu § 82 SGB XII, die sogar teilweise noch auf das Steuerrecht weiter verweist. Wo ist also der Unterschied?

    Übrigens gibt es auch die umgekehrten Verweise: beispielsweise in § 18 des Conterganstiftungsgesetzes (als ein Beispiel von vielen). Da heißt es: "Bei der Ermittlung oder Anrechnung von Einkommen, sonstigen Einnahmen und Vermögen nach anderen Gesetzen, insbesondere dem Zweiten, Dritten, Fünften, Neunten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und dem Bürgerlichen Gesetzbuch, bleiben Leistungen nach diesem Gesetz außer Betracht.". Also ist die Contergan-Rente auch kein nach § 1836c Nr. 1 BGB anzurechnendes Einkommen. Obwohl weder in § 1836c BGB noch im SGB XII etwas dazu drin steht.

    Mit freundlichen Grüßen H.D.

  • Tja ich denke auch, dass wir noch lange Unsicherheit haben werden, da der Rechtsweg bekanntlich lang ist.
    Ich persönlich sehe es wie hdeinert und stelle auf den Wortlaut des § 60 a SGB XII ab.

    Allerdings wäre es für mich eindeutiger gewesen, wenn in § 90 SGB XII die Regelung des jetzigen § 60 a eingearbeitet worden wäre. Man hätte z. B. sagen, wenn der Betroffene Leistungen nach dem Kapitel (Eingliederungshilfe) enthält, dann ist auch bei der Bewilligung von anderen Leistungen nach diesem Gesetz (SGB XII) § 60 a zu beachten. Bei der jetzigen Regelung kann man durchaus die Auffassung vertreten, dass nur im Rahmen der Bewilligung von Leistungen zur Eingliederungshilfe der erhöhte Vermögensschutz gilt.

    Aus einer Arbeitsanweisung der Berliner Bezirksämter habe ich beispielsweise folgendes entnommen:
    Dieser Schonbetrag (also die 25.000 €) gilt nicht nur bei Leistungen der Eingliederungshilfe, sondern bei allen Leistungen nach den Kapiteln 5 bis 9 des SGB XII (also 47 - 74 SGB XII), die gleichzeitig für eine eingliederungsberechtigte Person erbracht werden. Sie gilt jedoch nicht bei Leistungen für den Lebensunterhalt nach den Dritten oder der Grundsicherung nach dem vierten Kapital des SGB XII.

    Man sieht schon daran, dass es wohl auf die Art der Leistungen ankommt.

    Die Betreuervergütung ist eine völlig andere Art der Leistung, so dass ich meine Meinung auf sehr wackeligen Beinen sehe.

  • Aus den von dir genannten Gründen sehe ich den erhöhten Freibetrag auch für die Betreuung nicht als anwendbar an.

    (Allerdings wüsste ich von "meinen" Betreuten ohnehin keinen, für den das eine Rolle spielen könnte. Die meisten liegen weit unter 25.000,- € Vermögen, andere weit darüber.)

  • Also verstehe ich das jetzt richtig, dass bei verheirateten Betreuten sowohl 5.000,- € für den/die Betreute/n und 5000,- € für den Ehegatten als Schonvermögen zu verbleiben haben - mithin sind das 10.000,- € ?!

    Gesetzt den Fall, die alten Leutchen haben gemeinsame Konten von insgesamt 9.800,- € stufe ich die Betroffene also als mittellos ein?! :oops::gruebel: :oops::gruebel: :oops:

    www

    Hier muss ich auch noch mal nachfragen.
    Ich mache noch nicht so lange Betreuungen und meine Kollegen haben immer nur 5000 € als Freibetrag berücksichtigt.
    In meinem Fall ist die Betreute verheiratet. Sind bei ihr also nun 10.000 € zu berücksichtigen, unabhängig davon wie die Vermögenslage des Ehemannes selbst ist?

  • Oh, jetzt habe ich aber schon den nächsten Fall.
    Betroffener hat mit Ehefrau Gemeinschaftskonto, er hat aber auch noch eine plötzlich aufgetauchte LV, die den Hauptanteil des Vermögens ausmacht. Wie berechne ich das ganze denn hier richtig?

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