Trennung verbundener Beschlüsse

  • Es kommt gelegentlich vor, dass durch das Gericht verbundene Beschlüsse (getackert und gesiegelt) durch die Partei, auch Anwaltskanzleien getrennt werden. Wir diskutieren hier gerade, ob so etwas strafbar ist. Kann jemand was dazu sagen :confused::confused::confused:?

  • Wohl nicht.

    Andocken müsste man m.E. bei § 274 StGB, wenn man davon ausgeht, dass durch das Entklammern der Charakter der (Gesamt-)Urkunde verloren geht. Aber alle Tatvarianten setzen zusätzlich eine Nachteilszufügungsabsicht voraus. Und diese ist m.E. nicht nur nicht nachweisbar, sie ist sogar fernliegend. Denn entklammert wird doch nur, um den Einzelblatteinzug des kanzleieigenen Kopierers verwenden zu können.

    Die praktische Reaktion darauf kann also allenfalls darin liegen, dass man dieser Kanzlei die Akten nicht mehr mitgibt, wegen fehlender Zuverlässigkeit bei der Durchführung der Akteneinsicht. Davor sollte man "abmahnen". Und das kann man guten Gewissesns nur tun, wenn man selbst bzw. die eigene Kopierstelle im Haus das Tackern immer zuverlässig beachtet und nicht aus dem gleichen Grund ebenfalls trennt (und möglicherweise danach wieder zusammentackert.

    Statt einer Abmahnung käme aber auch noch ein Gespräch mit den zuständigen Anwälten in Betracht - ohne Androhung der Umgestaltung der künftigen Akteneinsicht - bei das Problem mal erörtert wird.

    Übrigens ist das einer der (wenigen?) Punkte, bei denen künftig die elektronische Akte überlegen sein wird.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Sorry, ich habe mich etwas unklar ausgedrückt. Es geht um die Ausfertigungen etc., die Partei bekommen hat und dann für weitere Angelegenheiten, z.B. zur Auszahlung in Hinterlegungssachen oder zur Vollstreckung.

  • D.h. die Partei, die eine für sie bestimmte Ausfertigung erhalten hat, enttackert diese?

    Weiterhin bleibt m.E. § 274 StGB die richtige Andockstelle, und auch insoweit dürfte es an der Absicht der Nachteilszufügung fehlen. Es sei denn, die Partei erstelkt jetzt Collagen von solchen Teilen aus mehreren Beschlüssen o.ä. um damit nicht existierende vermeintliche Ansprüche zu belegen o.ä. Zusätzlich wird man sich fragen müssen, ob diese Ausfertigung nicht alleine der Partei, die nun enttackert, gehört.

    Aber was habt ihr eigentlich noch mit den an die Partei übersandten Ausfertigungen zu tun, wo gibt es da noch Berührungspunkte?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich vermute bei der Vollstreckung.
    Strafrechtlich würde ich da auch nichts sehen. Aber wenn dich nervt und man sieht es offensichtlich, würde ich alles was auf dem 2. Blatt steht nicht mit vollstrecken weil man ja nicht ausschließen kann das da ein anderes Blatt dran getackert wurde. Dafür ist ja das Siegel da , das das eben untrennbar verbunden wird. Sollen sie sich jedes Mal eine neue Vollstreckbare Ausfertigung vom Gericht holen, da gewöhnen die sich das von ganz allein ab. :teufel:

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Ein Beispiel wäre ein KFB mit Berichtigungsbeschluss. Im KFB steht ein höherer Betrag als im Berichtigungsbeschluss. Liegt nur der KFB vor und fällt der fehlende Beschluss nicht auf, würde zu viel vollstreckt. Nicht jeder Schuldner merkt das.

  • Der Fall mit KfB und Berichtigungsbeschluss leuchtet mir ein, danke.

    Es müsste sich also um die vollstreckbare Ausfertigung handeln, bei der manipuliert wurde, sinst könnte es ja nicht zur Übervollstreckung kommen. In diesem Fall würde ich Strafbarkeit sogar bejahen:

    a) die vollstreckbare Ausfertigung ist nach Erledigung des Titels an den Vollstreckungsgegner haüerauszugeben, gehört also nicht der vollstreckenden Partei alleine
    b) Durch die Vollstreckung eines falschen höheren Betrags dokumentiert die vollstreckende Partei ihre Absicht der Nachteilszufügung.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ein Beispiel wäre ein KFB mit Berichtigungsbeschluss. Im KFB steht ein höherer Betrag als im Berichtigungsbeschluss. Liegt nur der KFB vor und fällt der fehlende Beschluss nicht auf, würde zu viel vollstreckt. Nicht jeder Schuldner merkt das.

    Aber dem Vollstreckungsorgan sollte doch auffallen, dass da irgendwo nur ein halbes Siegel hängt... natürlich kommt das nur zum Zuge, wenn vollstreckt wird. Bei einer reinen Zahlungsaufforderung wäre das nicht gegeben, klar.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

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