Anhörung Nacherben, Entgeltlichkeit

  • Schönen guten Tag,

    folgender Sachverhalt steht zur Debatte:

    Vollständig befreite Vorerbin veräußert gegen Zahlung eines Kaufpreises an einen Dritten (nicht verwandt, nicht verschwägert) ein Grundstück. In Abt. II ist ein Nacherbenvermerk eingetragen zugunsten vier namentlich genannter und abschließender Nacherben (also nicht z. B. ;"zugunsten der Abkömmlinge, derzeit a, b, c ..." etc.). Aus dem Testament geht hervor, dass bei Wegfall eines der Nacherben "dessen Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge" als Ersatznacherben berufen sein sollen. Die Ersatznacherbregelung ist nicht im Grundbuch eingetragen.

    Zum Nachweis der Entgeltlichkeit liegt eine "überschlägige Wertermittlung" eines Dipl.-Ing. Architekten in Kopie vor und eben die Aussage, dass der Käufer nicht verwandt und nicht verschwägert mit dem Verkäufer/der befreiten Vorerbin ist.

    Ich bin dabei die Nacherben anzuhören. Die Anhörung erfolgt hier bei uns regelmäßig, da wir jüngst den Supergau hatten, dass wir zwei widerstreitende Gutachten zum Verkehrswert hatten (eins von der Verkäuferpartei vorgelegt, eins von den Nacherben), als es auch um die Entgeltlichkeit einer Verfügung ging. Hätten wir uns hier allein auf das Gutachten verlassen, hätten wir vermutlich irgend eine Form von Beschwerde etc. der Nacherben bekommen. Daher stützen wir uns hier nicht mehr allein nur auf z. B. wie in diesem Fall die "überschlägige Wertermittlung".

    Und nun hakt es:

    Ich finde keinerlei aktuelle Adressen zu den Nacherben. Diese sind jeweils (da alte Grundbucheintragung) mit einer alten Adresse, ansonsten aber ohne Geburtsdatum, im Grundbuch eingetragen. Diese alten Adressen scheinen aber nicht mehr zu passen. Jedenfalls liegt mir zu drei Nacherben ein Rückbrief vor, EMA-Anfragen verliefen mit der Auskunft "Person konnte nicht ermittelt werden". Aus den Nachlassakten ergeben sich keine anderen Adressen, als die, die mir vorliegen.

    Zur vierten Nacherbin konnte mir mitgeteilt werden, dass diese bereits verstorben ist, sodass ich hier also sogar die Anhörung an die Ersatznacherben richten müsste.

    Ich habe nun dem Notar geschrieben, er möchte mir bitte, sofern möglich, Adressen etc. der Nacherben zwecks Anhörung mitteilen. Ich gehe aber davon aus, dass auch er bzw. die Parteien insoweit keine Angaben machen können.

    Ferner habe ich bei der Nachlassabteilung nachgefragt, ob ggf. zur verstorbenen Nacherbin Vorgänge vorhanden sind (sie lebte zuletzt in meinem Bezirk), sodass hier ggf. eine Anhörung möglich wäre.

    Das dicke Ende vom Lied könnte jedoch sein, dass - nur zwecks Anhörung - für die ansonsten nicht auffindbaren Nacherben ein Abwesenheitspfleger bestimmt werden musst bzw. für die unbekannten Erben der verstorbenen Nacherbin ggf. sogar ein Nachlasspfleger.

    Daher stellt sich mir die Frage, ob Jemand Kommentarstellen, Rechtsprechung oder sonstige gute Argumentation für und Wider der Anhörung kennt. Ich frage mich also quasi, ob ggf. von einer Anhörung "abgesehen werden kann", wenn der Aufwand (wie hier) explodiert.

    Andersherum geht es ja gerade darum, dass bei einer angenommenen Entgeltlichkeit ich den Nacherbenvermerk löschen soll aufgrund von Grundbuchunrichtigkeit. Die Sicherung der Nacherben fiele dann weg. Insbesondere in diesem Falle ist mir bekannt, dass die Nacherben von dem angedachten Verkauf überhaupt keine Kenntnis haben, sodass sie auch von dem Surrogat keine Kenntnis erlangen werden.

    Wie handhabt ihr das? Wie würdet ihr es in meinem Fall handhaben?

    Schon mal mit bestem Dank im Voraus

  • Ersatznacherben muss kein rechtliches Gehör gewährt werden (OLG München 34. Zivilsenat, Beschluss vom 09.02.2015, 34 Wx 416/14; OLG Karlsruhe 11. Zivilsenat, Beschluss vom 25.08.2015, 11 Wx 66/15), den Nacherben hingegen schon (OLG Düsseldorf, Beschuss vom 19.03.2012, 3 Wx 299/11; OLG Bamberg: Beschluss vom 22.01.2015, 3 W 3/15)
    http://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…N-15073?hl=true

    Dabei darf das Grundbuchamt die Ermittlung der am Verfahren zu beteiligenden Nacherben und deren Anschrift nicht den Beteiligten überlassen (OLG Düsseldorf, aaO unter Hinweis auf den Beschluss des BayObLG, 2. Zivilsenat, vom 25.07.1996, 2Z BR 39/96 = Rpfleger 1997, 15, dort Rz. 11). Diese Nacherben sind auch nicht der Person nach unbekannt, sondern es ist lediglich der derzeitige Aufenthaltsort unbekannt. Daher erübrigt sich die Frage, ob etwa bei unbekannten Nacherben von der Anhörung abgesehen werden kann (so Jurksch, ZfIR 2016, 392-394). http://www.juris.de/jportal/portal…=0.0#focuspoint

    Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass die Vorerbin die aktuellen Adressen der noch lebenden Nacherben nicht kennt. Daher würde ich zunächst einmal die Reaktion auf die Anfrage an den Notar abwarten.

    p. s.: Der oder die Ersatznacherben nach der verstorbenen vierten Nacherbin sind natürlich auch anzuhören, weil sie mit deren Tod nicht mehr die Stellung als Ersatznacherben, sondern als (an ihre Stelle getretene) Nacherben innehaben

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (28. Februar 2017 um 18:09) aus folgendem Grund: p.s. eingefügt

  • Das hört sich doch sehr gut an. So habe ich auch ein Bisschen Futter an Rechtsprechung zur Untermauerung gegenüber dem Notar, warum ich auf der Anhörung beharre.

    Aller herzlichsten Dank!

  • Zur Argumentation kannst Du auch auf die Abhandlung von Hartmann, „Nacherbfolge und Grundbuchrecht – insbesondere zur Gestaltung und Abwicklung von Grundstücksverträgen“ in der DNotZ 2017, 28 ff. verweisen, die sich auf Seite 31 mit dem Anhörungsgebot und dem vorzitierten Beschluss des OLG Bamberg vom 22.01.2015, 3 W 3/15, befasst

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Die im Posting von Prinz zitierte - im vorliegenden Fall aber nicht relevante These von Jurksch halte ich nicht für nachvollziehbar. Ob jemand im Rechtssinne bekannt oder unbekannt ist, hat keinen Einfluss auf die Frage, ob er angehört werden muss. Es gibt schlichtweg keine rechtliche Grundlage, einem unbekannten Beteiligten mindere Verfahrensrecht zuzugestehen als einem bekannten Beteiligten.

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