Erbausschlagung und familiengerichtliche Genehmigung

  • Hallo,

    es liegt mir folgender Sachverhalt vor:

    Eheleute haben ein gemeinsames minderjähriges Kind (16 Jahre).
    Kindesvater stirbt.
    Kindesmutter schlägt die Erbschaft nach dem Kindesvater nur für das minderjährige Kind aus,
    für sich nimmt sie die Erbschaft an. Grund für die Erbausschlagung ist die Überschuldung des Nachlasses.
    Die Kindesmutter selbst hat aber ausdrücklich die Erbschaft angenommen. Sie gibt an, dass sie ohnehin die Schulden des Ehemannes zu tragen hat.
    Eine familiengerichtliche Genehmigung ist m.E. zwingend erforderlich.

    Bisherige Ermittlungen ergaben, dass die Kindesmutter und das minderjährige Kind jeweils zu 1/2 Miteigentumsanteil Eigentümer eines Hausgrundstücks sind.
    Das Grundstück ist mit einer Grundschuld, eingetragen für eine Bank, und einem unentgeltlichen Wohnrecht, eingetragen für den Erblasser/Kindesvater, belastet.
    Das zugrunde gelegte Darlehen für die Grundschuld ist auch vom Kindesvater/Erblasser abgeschlossen worden.

    Ist hier von einer Überschuldung des Nachlasses auszugehen?
    Würdet Ihr die familiengerichtliche Genehmigung erteilen oder Ergänzungspflegschaft anordnen?

    Gruß
    Euer Löwe

  • Nach dem Wortlaut von § 1643 Abs. 2 S. 2 würde ich auf jeden Fall sagen, dass eine Genehmigung erforderlich ist:
    Tritt der Anfall an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils ein, der das Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil vertritt, so ist die Genehmigung nur erforderlich, wenn dieser neben dem Kind berufen war.

    Hier wird das Kind ja nicht erst in Folge der Ausschlagung der Mutter zum Erben sondern schon von Anfang an.

    Zur Frage ob der Nachlass überschuldet ist, würde ich noch weiter nachbohren. Ich würde mir von der Mutter genau erklären (und belegen) lassen, welche Verbindlichkeiten bestehen und was an Vermögen da ist.

  • Da bin ich ganz bei Anna.
    Genehmigung ist erforderlich und bzgl. der Überschuldung definitiv weiter nachbohren.
    Der gesamte Nachlasswert ist darzulegen. Wenn das Darlehen die einzige Verbindlichkeit ist, wäre dem Wert des Hauses sowie sonstiges vorhandenes Vermögen gegenüberzustellen.
    Außerdem würde ich das Kind anhören.

    Gründe für die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft sehe ich nicht.

  • Warum willst Du der Darlehensschuld des Vaters das der Mutter und dem Kind gehörende Grundstück gegenüber stellen? Die Schulden sind Nachlaß, das Grundstück definitiv nicht. Ist das Kind ebenfalls Darlehensnehmer? Dann haftete es ja ohnehin...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ungewöhnliche Ausgangslage! Warum gehört das Grundstück Mutter und Kind!?

    Fakt ist, dass das Grundstück nicht in den Nachlass fällt und das Wohnrecht mit dem Tode erloschen ist. Bleibt also zu klären, was der KV sonst noch an Vermögen auf der hohen Kante hatte (Immobilien? Barvermögen? Wertpapiere? Beteiligungen?) und wie hoch die Verbindlichkeiten genau sind. Dies muss das Gericht ermitteln, wobei man sich natürlich zunächst an die KM halten sollte.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Warum willst Du der Darlehensschuld des Vaters das der Mutter und dem Kind gehörende Grundstück gegenüber stellen? Die Schulden sind Nachlaß, das Grundstück definitiv nicht. Ist das Kind ebenfalls Darlehensnehmer? Dann haftete es ja ohnehin...

    Sorry, da hatte ich mich verlesen, ich war gedanklich bei es gehört den Eltern. Du hast Recht.

  • Hätte ja auch sein können, daß ich (wieder) was übersehen habe. Ist mir gestern gleich bei zwei Sachen passiert.

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  • Ohne ergänzende Angaben (oder Ermittlungen) der Fragestellerin kommen wir hier nicht weiter.

    Frage 1: Gesetzliche Erbfolge? Dann wäre die Mutter im Fall der Genehmigung der Ausschlagung nämlich neben etwaiger Geschwisterverwandtschaft des Ehemannes nicht zur Alleinerbin berufen. Ob dies der Zweck der Übung wäre, darf bezweifelt werden.

    Frage 2: Wurde die Grundschuld vor oder nach dem Eigentumserwerb des Minderjährigen eingetragen? Falls danach, muss es damals schon ein gerichtliches Genehmigungsverfahren gegeben haben. Und falls vorher, muss im Erwerbsvertrag etwas über die Übernahme der dinglichen und/oder persönlichen Schuld geregelt sein.

    Frage 3: Wer ist ursprünglicher Darlehensschuldner (beide Elternteile gesamtschuldnerisch?) und hat sich hieran seitdem etwas geändert? Ohne Vorlage des Darlehensvertrags kommt man hier nicht weiter. Außerdem ist zu klären, ob und ggf. welche Vereinbarungen zwischen beiden Elternteilen im Innenverhältnis einer etwaigen Gesamtschuldnerschaft getroffen wurden.

    Frage 4 der Überschuldung: Erblasser hat offenbar keinen "weiteren" Grundbesitz, sein Wohnungsrecht ist erloschen. Überschuldung liegt also vor, wenn die (gesamtschuldnerischen?) Verbindlichkeiten (und die etwaigen sonstigen Verbindlichkeiten) des Erblassers höher sind als sein - gleich woraus - bestehender Aktivnachlass.

    Fazit: Zunächst einmal ist zu ermitteln und solange nicht ermittelt ist, ist eine Frage nach der Genehmigungsfähigkeit verfrüht.

  • Habe es in derartigen Konstellationen fast immer erlebt, dass der überlebende Ehegatte trotz Überschuldung wegen des bestehenden Kredites (Gesamtschuldner mit dem Verstorbenen) nicht ausschlägt.

    Regelungen zur Kredittragung im Innenverhältnis der Ehegatten wurden dabei nie getroffen und hätten auch die Bank nicht interessiert.

    Ob eventuelle Geschwister noch miterben, spielt aus Sicht der Witwe/des Witwers keine Rolle. Im Zweifel haben aber diese (z. B. wegen der Überschuldung) ohnehin ausgeschlagen.

    Auch wenn im Erwerbsvertrag etwas hinsichtlich der Übernahme der persönlichen Darlehensschuld geregelt worden sein sollte, würde dies auch nur das Innenverhältnis betreffen. Im Außenverhältnis gegenüber der Bank sind die Erben des Mitkreditnehmers doch in der Haftung.

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