Wirklich Wohnrecht nach § 1090 BGB?

  • Hallo Mitstreiter/innen!

    Ich habe gerade einen Hofübergabevertrag vorliegen, in dem dem Überlasser und seiner Frau u.a. ein "Wohnrecht gem. § 1090 BGB" eingeräumt wird. Ich habe allerdings Zweifel, ob dies wirklich so gemeint ist.

    Die Bewilligung lautet:

    "Der Übernehmer räumt dem Übergeber und dessen Ehefrau als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB ein lebenslanges Wohnrecht gem. § 1090 BGB an folgenden Räumen ein:
    den bisher von den Berechtigten bewohnten Räumen des Wohnteils des Wohn- u. Wirtschaftsgebäudes Sesamstraße 123 in Musterstadt.
    Das Wohnrecht umfasst auch das Recht zur Mitbenutzung aller dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienenden Einrichtungen und Anlagen sowie das Recht des freien Zu- und Umgangs sowie des Aufenthaltes in Hof und Garten."

    Ich kenne solche Formulierungen bisher nur für Wohnungsrechte nach § 1093 BGB, weshalb mir diese Konstruktion irgendwie merkwürdig vorkommt. Allerdings erscheint mir so eine Beschränkung des Wohnrechts auf bestimmte Räume und die Einrichtungen für den Gemeinschaftsgebrauch schon zulässig. Aber müsste nicht auch dann konkretisiert werden, welche Räume genau von dem Wohnrecht betroffen sind? Bei einem Wohnungsrecht nach § 1093 BGB würde ich die Formulierung "bisher von den Berechtigten bewohnte Räume" jedenfalls als zu unbestimmt beanstanden.

    Was meint Ihr?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Finde auch, dass die Bestimmung der Räume zu unbestimmt ist. Ansonsten würde ich tatsächlich hier (mangels weiterer Anhaltspunkte) von einem Wohnrecht nach § 1090 BGB ausgehen (allerdings diesbezüglich in der Zwischenverfügung nochmals vorsorglich darauf hinweisen).

  • Ungewohnt kommt es mir auch vor, aber ich habe auf den ersten Blick nichts gefunden, was dagegen spräche.
    Wenn es ein Wohnungsrecht wäre, wären auch mir die von dem Recht betroffenen Räume zu unbestimmt. Ich bin aber unschlüssig, ob es darauf bei einem Wohnrecht ankommen kann, da ja in diesem Fall der Eigentümer von der Nutzung der Räumlichkeiten nicht ausgeschlossen ist. Und wenn die Räumlichkeiten nicht zur alleinigen Nutzung überlassen werden, ist es dann nicht unerheblich, welche es konkret sind? Aber warum sie dann zum Bestanteil der Bewilligung machen?
    Ich glaube, ich würde in dem Fall mal mit dem Notariat telefonieren und meine Bedenken erörtern.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Ja, unschlüssig bin ich da auch, ich tendiere aber dahin, eine Konkretisierung für erforderlich zu halten. Zwar geht es nicht darum, an welchen Räumen der Eigentümer ausgeschlossen wird; es geht aber umgekehrt darum, bei welchen Räumen der Eigentümer die (Mit-)Nutzung der Berechtigten dulden muss.

    Gefunden habe ich dazu bisher nur Schöner/Stöber, 15. Auflage, Rn. 1258, wobei da die Formulierung nicht eindeutig erkennen lässt, ob sich die Aussage "nur" oder "auch" auf Rechte nach § 1093 BGB bezieht.

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Ja, unschlüssig bin ich da auch, ich tendiere aber dahin, eine Konkretisierung für erforderlich zu halten. Zwar geht es nicht darum, an welchen Räumen der Eigentümer ausgeschlossen wird; es geht aber umgekehrt darum, bei welchen Räumen der Eigentümer die (Mit-)Nutzung der Berechtigten dulden muss.

    Stimmt. Gutes Argument.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -


  • Gefunden habe ich dazu bisher nur Schöner/Stöber, 15. Auflage, Rn. 1258, wobei da die Formulierung nicht eindeutig erkennen lässt, ob sich die Aussage "nur" oder "auch" auf Rechte nach § 1093 BGB bezieht.

    Wenn man mal davon ausgeht, dass diese Kommentarstelle sich ausschließlich auf Wohnungsrechte nach § 1093 BGB bezieht, müsste man beim § 1090 BGB dann bei den Ausführungen zur Ausübungsstelle, Rn. 1119 im Schöner/Stöber sein.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • ... den bisher ...

    Wie bisher“ (Urteil des BGH vom 23.10.1981, Az.: V ZR 168/80):

    Hängt davon ab, ob mit „Wohnteil des Wohn- u. Wirtschaftsgebäudes“ (lt Sachverhalt) „Bezugspunkte in der Natur“ (BGH a.a.O.) gewählt wurden, die “nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind“ (BGH a.a.O.). Eher nicht. Außerdem ist unklar, ob der Berechtigte dort alle oder nur einzelne Räume bewohnt hat.

  • Besten Dank Euch allen! :)

    Ich habe jetzt beanstandet und Konkretisierung der Räume verlangt.

    Ulf

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