Unspezifizierter Teilwiderspruch gegen Mahnbescheid

  • In einem gerichtlichen Mahnverfahren hat der Schuldner rechtzeitig Widerspruch gegen den Mahnbescheid erhoben. Der Mahnbescheid enthielt 6 unterschiedliche Hauptforderungen und Nebenkosten. Der Widerspruch wurde als Teilwiderspruch gegen ca. 3/4 der Gesamtfordung formuliert. Das Mahngericht forderte den Schuldner mit einer zweiwöchigen Frist auf, den Widerspruch zu konkretisieren oder den Teilwiderspruch als Widerspruch gegen den gesamten Mahnbescheid zu werten.

    Dazu habe ich folgendes gefunden:
    Unspezifizierter Teilwiderspruch gegen Mahnbescheid
    BGH, Urt. v. 24.11.1982 – VIII ZR 286/81, (OLG Stuttgart)
    Amtliche Leitsätze:
    1.Ergibt der Teilwiderspruch gegen einen Mahnbescheid nicht eindeutig, gegen welche Teile des im Mahnbescheid bezeichneten Anspruchs er sich richtet, ist dem Antragsgegner Gelegenheit zur Klarstellung zu geben; bis zur Klarstellung ist der Widerspruch als unbeschränkt eingelegt zu behandeln.


    Der Schuldner spezifizierte seinen Teilwiderspruch nicht.

    Der Gläubiger leitete das streitige Verfahren nicht ein und hatte dies auch nicht im Falle eines Widerspruchs beim Antrag auf Erlass des Mahnbescheids angekreuzt.
    Das Mahnverfahren wurde von keiner Partei weiter betrieben, so dass nach einem halben Jahr nach dem Widerspruch die Hemmung der Verjährung endete und sämtliche Forderungen verjährten.

    3 Jahre nach dem Widerspruch zahlt der Gläubiger den Prozesskostenvorschuss und reduziert die Forderungssumme auf 1/4 und die Abgabe vom Landgericht an das örtliche Landgericht, weil der Streitwert nunmehr weniger als 5000 € beträgt.
    In der Klagebegründung führt der Gläubiger an, der Schuldner hätte durch seinen Widerspruch ein "Teilanerkenntnis" abgegeben und will diese Forderung nun einklagen.
    Der Schuldner stellt Antrag auf Abweisung der Klage mit der Einrede der Verjährung.

    Hat der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis, welches die Klage rechtfertigt oder hätte er unmittelbar nach dem Widerspruch einen VB über den unspezifizierten nicht widersprochenen Teil des Mahnbescheids beantragen müssen?

  • er hätte binnen 6 Monaten (Frist) den nicht widersprochenen Teil mit VB titulieren lassen können,
    dem widersprochenen Teil kann er ohne Frist das streitige Verfahren durchführen

    und ja, den nicht widersprochenen Teil erkennt der Schuldner ja auf irgendeine Weise an, sonst hätte er ja komplett widersprochen
    die Einrede der Verjährung prüft das Prozessgericht, ich weiß ja nicht wen du vertrittst ;)

  • Da das Mahngericht den Widerspruch richtigerweise als Gesamtwiderspruch wertet, hätte der Antragsteller unmittelbar danach die Abgabe ans Prozessgericht beantragen können, um der Verjährung zu entgehen.
    Einen VB hätte er aufgrund des so auszulegenden Gesamtwiderspruches nicht erwirken können.

    Für den Antragsgegner sieht es in dieser Konstellation gut aus.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • das steht doch nirgends das er als Gesamtwiderspruch ausgelegt wurde?!


    wenn der Antragsgegner einen unklaren Widerspruch einlegt, dann bekommt er ein Schreiben zur Klarstellung
    in der Regel steht am Ende dieses Schreibens: "wenn Sie nix sagen, dann: 1. Gesamtwiderspruch, oder 3/4 (was erkennbar war) oder oder oder"

    und wenn der RPfl das 3/4 genommen hat und der Schuldner nichts sagt, dann ist es eben ein 3/4 Widerspruch :)
    Gesamtwiderspruch wird es nur, wenn der Teilwiderspruch einfach gar nichts hergibt (zirka Beträge, Nebenforderungen zu hoch etc)

    gibt sein Sachverhalt nicht her - Fakt ist, wenn im System ein Teilwiderspruch drin ist, dann ist es erstmal nur ein Teilwiderspruch

  • Danke für eure schnellen Antworten.

    Das Mahngericht hat in der Tat aufgefordert, den Widerspruch mit einer Frist von 2 Wochen zu spezifizieren, weil der nicht konkrete Teilwiderspruch sonst als Widerspruch gegen den gesamten MB gewertet wird.
    Glücklicherweise wurde der zweite Teilwiderspruch auch nicht spezifiziert. Statt des Formulars wurde in 2 Sätzen quasi formuliert: Der Teilwiderspruch in Höhe von 15000 € richtet sich gegen alle Hauptforderungen inkl. aller Verfahrenskosten, Nebenkosten und Zinsen bezieht und es bei dem Teilwiderspruch bleiben soll. Dem Rechtspfleger müsste das ziemlich egal gewesen sein, weil ja schon eine Frist gewährt wurde und angekündigt wurde, dass der Widerspruch als Gesamtwiderspruch gewertet wird, wenn nicht für jede der Hauptforderungen und den Rest genau angegeben wird, in welcher Höhe oder vollumfänglich widersprochen wird.

    Aus meiner Sicht stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:
    Der MB wurde Anfang Dezember 2013 zugestellt und der Widerspruch ging fristgerecht beim MG ein. Das MG forderte auf den Teilwiderspruch zu konkretisieren, was jedoch nicht geschah.
    Der Gläubiger hat keine weiteren Verfahrenshandlungen unternommen. Folglich endete die Hemmung der Verjährung 6 Monate nach Widerspruch durch den Schuldner ( letzte Verfahrenshandlung ).
    Die Forderungen verjährten dann im Juli 2014 und Juli 2015, weil keine der Parteien das streitige Verfahren aufrief.

    2 aufeinanderfolgende Angebote des Schuldners für einen außergerichtlichen Vergleich in Höhe von erst 7000 und dann 10000 € nahm der Gläubiger nicht an und machte auch kein Gegenangebot. Es wurde also nicht verhandelt. Der Gläubiger war sich seiner Sache sicher, klagte aber nicht.

    3 Jahre später im Dezember 2016 zahlt der Gläubiger den Prozesskostenvorschuss ein und beantragt das streitige Verfahren. Jetzt wird es interessant: Der Gläubiger verringert seine Forderung um 3/4 der Gesamtforderung und beantragt beim Prozessgericht Landgericht die Abgabe an das örtliche Amtsgericht, wo das Verfahren nun anhängig ist.

    Der Gläubiger will jetzt im streitigen Verfahren erreichen, dass das Gericht den Teil der Streitsumme zuspricht, den der Gläubiger für nicht streitig hält. Dazu wird behauptet, der nicht konkrete Teilwiderspruch sei ein Anerkenntnis und hätte zu einem Neubeginn der Verjährung geführt. Dann wäre die Summe doch nicht mehr im Mahnverfahren streitig und wäre mittlerweile auch verjährt, weil im Dezember 2016 kein Mahnbescheid beantragt wurde.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Gericht dieser Argumentation folgt.

    :cool::)

  • Das Mahngericht forderte den Schuldner mit einer zweiwöchigen Frist auf, den Widerspruch zu konkretisieren oder den Teilwiderspruch als Widerspruch gegen den gesamten Mahnbescheid zu werten.

    (...)

    Der Schuldner spezifizierte seinen Teilwiderspruch nicht.

    Daher ging ich vom Gesamt-Widerspruch aus (richtigerweise, wie sich jetzt herausgestellt hat) ;)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Nachdem vor 3 Wochen ein Verhandkungstermin stattgefunden hat, gab es am Montag einen Verkündungstermin, in dem wir als "Beklagte" anwesend waren.
    Heute kam das Urteil samt Urteilsbegründung mit der Post.
    Die Klage wurde abgewiesen und die Kosten trägt die Klägerin.
    Die zulässige Klage war unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Zahlungsanspruch zu.

    Mit anderen Worten Sieg auf ganzer Linie. Jedoch möchte ich dazu noch sagen, dass es unheimlich wichtig war, auf jedes Schreiben seit Beginn des Mahnverfahrens und der anschließenden Klage umgehend zu reagieren.

    Ich möchte mich an dieser Stelle gerne noch einmal bei Pezweasle und Endgegner bedanken. Ihr habt mir/uns sehr geholfen.

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