Hälftige Nichtberücksichtigung d. Kinder (§ 850 c IV) wg. Betreuungsunterhalt

  • Sofern das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag dargelegt werden kann, halte ich eine hälftige Nichtberücksichtigung des Kindes wegen der Leistung von Naturalunterhalt durch den Ehemann der Schuldnerin für möglich, vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2015 – IX ZB 41/14.

    An das Rechtsschutzbedürfnis sollte man aber wohl keine überspitzten Anforderungen stellen dürfen.
    Es könnte ja sein, dass jährliche Sonderzahlungen erfolgen, so dass ein gewisser Pfändungserfolg möglich ist (wenn der pfändungsfreie Betrag entsprechend niedrig liegt). Oder die Schuldnerin arbeit gerade in Teilzeit und stockt in fünf Jahren ihre Arbeitszeit auf, weil dann das Kind älter ist usw.

  • Vielen Dank für die weiteren Antworten.

    Zum Rechtsschutzbedürfnis: wie ich oben bereits geschrieben habe, müsste ich für den Fall, dass ich mangels Rechtsschutzbedürfnis beantragte Nichtberücksichtigung ablehne, konsequenterweise auch den Antrag auf Nichtberücksichtigung des Ehemanns ablehnen. Und wenn man weiterdenkt, auch den Antrag auf Erlass des Pfübs insgesamt, da ja aktuell kein Lohn pfändbar ist.

  • Ich denke, dass künftig pfändbare Anteile nicht ausgeschlossen sind (gerade bei 1.050 EUR), so dass ich dem Gläubiger den Rang nicht nehmen kann

  • Der Rang des Pfandrechts bestimmt sich ausschließlich nach § 804 Abs. 3 ZPO....

    Das ist richtig.
    Dennoch kann sich die Zurückweisung des Antrages auf hälftige Nichtberücksichtigung des Kindes (wegen aktuell angeblich fehlendem Rechtsschutzbedürfnis) für den Gläubiger A negativ auswirken.

    Dazu muss nur ein später pfändender Gläubiger B im Pfüb-Antrag den gleichen Antrag auf Nichtberücksichtigung erfolgreich stellen (Rechtsschutzbedürfnis wird bejaht, weil die Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt höheres Einkommen bezieht und teilweise gepfändet werden kann).
    Dann erhält Gläubiger B die durch die Nichtberücksichtigung des Kindes sich monatlich ergebende Differenz des Einkommens. Diese könnte auch Gläubiger A erhalten, wenn damals sein Antrag auf Nichtberücksichtigung des Kindes nicht abgelehnt worden wäre.

  • So halbwegs passt hier mein aktueller Fall dazu:

    Antrag auf Pfüb durch Unterhaltsvorschusskasse nach § 850d ZPO wegen hinsichtlich Kind A übergegangener Ansprüche

    Schuldner hat nach Angaben im Antrag zwei weitere Kinder B und C, die im gemeinsamen Haushalt mit ihm und seiner Ehefrau leben

    Gewünscht wird, den pfändungsfreien Betrag ohne Berücksichtigung sämtlicher Kinder festzusetzen.

    Begründung:
    Schuldner zahlt keinen Kindesunterhalt. Er leiste nur Betreuungsunterhalt, der Barbedarf der Kinder werde von der Mutter geleistet.

    Angaben zum Einkommen der Ehefrau=Mutter der Kinder B und C liegen nicht vor und wurden auch auf Nachfrage nicht mitgeteilt. Nach Ansicht der Unterhaltsvorschusskasse müsse ggf. der Schuldner gegen den Pfüb vorgehen, um die Berücksichtigung der Kinder B und C herbeizuführen

    Was haltet ihr vom Vorgehen der Unterhaltsvorschusskasse bzw. dem gestellten Antrag?

    Muss ich davon ausgehen, dass die Ehefrau des Schuldners genügend Einkommen hat, weil der Gläubiger das behauptet? :gruebel: Weshalb teilt die Unterhaltsvorschusskasse nicht mal eine Größenordnung des Einkommens der Ehefrau mit?

  • Also wenn B und C im Haushalt des Schuldners leben UND auch die Kinder vom Schuldner sind, sehe ich keinen Raum für den Antrag der Gläubigerseite. Ich würde hier die Kinder bei der Ermittlung des Freibetrags berücksichtigen.

  • Danke zunächst für eure Meinungen. (Ja, laut der vom Gläubiger zum Nachweis der aktuellen Anschrift eingereichten Auskunft aus dem Melderegister handelt es sich jeweils um Kinder des Schuldners.)

    Habt ihr eventuell auch Rechtsprechung oder Kommentierung zur Hand?

    Die Unterhaltsvorschusskasse argumentiert u. a. mit dem Beschluss des BGH vom 17.09.2014, VII ZB 22/13. Nach der dortigen Rn. 13 sei die privilegierte Pfändung nicht davon abhängig, dass der Gläubiger das Fehlen der nach § 7 Abs. 3 S. 2 UVG vorrangig zu berücksichtigten Unterhaltsansprüche darlegt und ggf. nachweist.
    Es lägen dem Gläubiger keine weiteren Erkenntnisse zum Einkommen der Ehefrau vor.

    (Zwischendurch war übrigens die Anhörung des Schuldners beantragt worden. Ziel: Feststellung, inwieweit der Bedarf der beim Schuldner lebenden Kinder durch die Ehefrau gedeckt ist. Dieser Antrag wurde zurückgenommen, da nach dem o. g. Beschluss des BGH vom 17.09.2014 Angaben des Gläubigers gar nicht nötig seien.)

    Zudem sei nach den Entscheidungen des LG Leipzig, Beschluss vom 24.07.2020, 7 T 378/20 und BGH, Beschluss vom 25.10.2012, VII ZB 12/10 davon auszugehen, dass der Bedarf des Schuldners auch durch den Ehepartner gedeckt werde. Zum Einkommen des Schuldners gehöre auch die sozialrechtlich vermutete Deckung des Bedarfs in einer Einstandsgemeinschaft nach Maßgabe des § 27 Abs. 2 S. 2 SGB XII.
    Nichts anderes könne auch für die Kinder im gemeinsamen Haushalt gelten. Auch deren Bedarf werde durch den Ehepartner gedeckt.

  • Ich hätte auch die Bedenken die Kinder ganz raus zu lassen und den Schuldner praktisch gleich auf das Rechtsmittel zu verweisen. Ich würde auch darauf bestehen, dass der Gläubiger seinen Antrag konkretisiert.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
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  • Es ist sicherlich richtig, dass der Schuldner keinen Betreuungsunterhalt "zahlt". Das wäre in einer Familie völlig lebensfremd.
    Aber er hat eigenes Einkommen, und davon trägt er zum Lebensunterhalt der Kinder bei. Davon ist ohne weitere Nachweise zunächst einmal auszugehen. Ob die Ehefrau und Mutter überhaupt Einkommen hat, weiß man dagegen nicht, geschweige denn, dass sie allein für die Kosten aufkommt. Zum Unterhalt gehört ja neben den Ausgaben für Brot und Hemd auch die Gewährung von Wohnraum, wofür in der Regel Miete oder Abtrag zu zahlen sind.
    Hier würde es sich empfehlen, die Kinder zunächst voll zu berücksichtigen. Gl. mag einen Antrag stellen, die Kinder nicht zu berücksichtigen, und dazu kann der Schuldner nach Zustellung des PfÜB angehört werden. Wenn man gleichzeitig alle nötigen Belege erfordert und kurze Fristen setzt, ist das auch dem Gläubiger gegenüber nicht unfair und wurde bei mir in vergleichbaren Fällen vom Gl akzeptiert.

    Ohne es nachgesehen zu haben: Der BGH-Beschluss 2014 bezieht sich nach meiner Erinnerung auf Kinder, die nicht im Haushalt des Schuldners wohnen. Aber wer im Haushalt wohnt, muss einen Unterhalt in der Regel nicht einklagen; passt hier nicht.

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