• Hallo, folgende Frage bzw. Problem:

    Gläubiger mit nachrangigen Forderungen; also eigentlich gemäß § 77 I 2 InsO kein Stimmrecht. Nun ist der aber absonderungsberechtigt. Hat er denn dann dadurch ein Stimmrecht?

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Da es eine nachrangige Forderung ist, ist diese zu bestreiten (außer es liegt der Fall des § 174 III InsO vor).

    Und über § 77 III Nr. 2 InsO kommt man auf § 77 II InsO. Mal abgesehen davon, dass Nachrang und Absonderungsrecht immer ein wenig anfechtbar riecht, aber das nur nebenbei.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Sehe ich auch so wie LFdC. Der Nachrang der Insolvenzforderung erstreckt sich nicht ohne Weiteres auf das Absonderungsrecht (vgl. KG, Beschluss vom 11.07.2008 - 3 Ws 137/08).

    Bleibt nur noch, das Absonderungsrecht wegen etwa bestehender Anfechtbarkeit zu bestreiten.:cool:

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Anfechtbar ist es nicht, das ist schon mal klar.

    Ich verstehe nur nicht. Eine persönliche Forderung besteht ja, sie hat nur Nachrang. Insofern müsste die Gläubigerin ja tatsächlich ein Stimmrecht haben, wenn auch "nur" über § 77 III InsO oder?

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Ich weiß, doofe Frage, aber lieft den überhaupt eine Forderungsanmeldung vor oder ist lediglich das Absonderungsrecht bekannt?

    Aber vielleicht macht man es sich auch hier zu schwer.

    Was will denn die Norm erreichen? 1. Das Stimmrecht für die Gläubiger definieren und festlegen, was mit einer Forderung passiert, welche mit einem Absonderungsrecht belegt ist.

    2. Die Rolle der § 39 InsO-Gläubiger definieren, hier kein Stimmrecht.

    Ließt man sich die Begründung zu § 88 RegInsO durch, wollte man die nachrangigen Gläubiger in möglichen Beschlussfassung nicht einbeziehen, sicherlich, weil der deren wirtschaftlicher Wert auch nur gering war. Wenn man dies als Grundsatz des Absatz 1 nimmt, dann spielt es auch keine Rolle mehr, dass der nachrangige Gläubiger mit einem Sicherungsrecht ausgestattet ist.

    Insoweit kann man durchaus auf den Gedanken kommen, dass die Absätze 2 und 3 lediglich noch eine Verfeinerung des Absatzes 1 darstellen, nämlich Insolvenzgläubiger gem § 38 InsO, die auch noch ein Absonderungsrecht haben.

    Oder probieren wir mal eine Weiterung, da über Massegläubiger nichts gesagt wird man aber darüber einig ist, dass diese kein Stimmrecht haben. Würdest Du ihnen ein Stimmrecht zubilligen, wenn sie ein Absonderungsrecht haben?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Anderer Ansatz: Wozu braucht man ein Stimmrecht? Doch nur, um dem Verwalter Vorgaben für die Abwicklung des Verfahrens zu machen. Braucht ein Absonderungsgläubiger so was? Was der IV macht, kann ihm doch eigentlich ziemlich egal sein. Er bekommt sein Geld und gut ist, oder?

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Was der IV macht, kann ihm doch eigentlich ziemlich egal sein. Er bekommt sein Geld und gut ist, oder? Mit freundlichen Grüßen AndreasH

    Also das würde ich jetzt so nicht unterschreiben. Wie der IV das Absonderungsgut verwertet und was die GV dazu evtl. beschließt, ist schon von Interesse für den Absonderungsgläubiger. (Was jetzt nicht heißt, dass er von mir ein Stimmrecht bekommen würde.)

    Wenn es keine schlechten Menschen gäbe, gäbe es keine guten Juristen.

    Charles Dickens (1812-70), engl. Schriftsteller

  • Vielen Dank, das sind schon mal gute Denkansätze

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Was der IV macht, kann ihm doch eigentlich ziemlich egal sein. Er bekommt sein Geld und gut ist, oder? Mit freundlichen Grüßen AndreasH

    Also das würde ich jetzt so nicht unterschreiben. Wie der IV das Absonderungsgut verwertet und was die GV dazu evtl. beschließt, ist schon von Interesse für den Absonderungsgläubiger. (Was jetzt nicht heißt, dass er von mir ein Stimmrecht bekommen würde.)



    Wenn der IV das Absonderungsgut nicht ordentlich verwertet, haftet er (persönlich), egal was die Gläubigerversammlung dazu beschließt. Notfalls muss der IV m.E. gegen entsprechende Beschlüsse der GLV angehen. Daher sehe ich beim Absonderungsgläubiger wirklich nur geringes legitimes Interesse.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Wobei Bittmann in ZInsO 2016, 873 darauf hinweist, dass es Konstellationen geben kann, bei denen der Verwalter weder verwerten darf noch gehalten ist, den Vermögensgegenstand herauszugeben.

    Wenn man mal von einem Verwertungsrecht des IV ausgeht, wär ist dann Adressat nach § 167 I InsO, die STa, der Geschädigte, der Geschädigtenpool? :gruebel:

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Nun, der Zusammenhang der Stimmrechtsvorschriften in der InsO ist schon komplex, hier scheint eine besondere Konstellation vorzuliegen. So ganz klar ist der SV nicht: sichert das Absondrungsrecht die Nachrangforderung ab oder eine nicht gegen den Schuldner gerichtete Forderung ? (m.E. kommt es aber hierauf nicht an).

    A. Kerngedanke:
    zunächst gilt es zu unterscheiden:

    [FONT=&quot]ist der Absonderungsberechtigte nicht zugleich Insolvenzgläubiger (meint: nur dingliche Haftung nicht persönliche) so kommt ihm ein Stimmrecht i.H. der Werthaltigkeit seines Absonderungsrechtes – begrenzt durch seine Forderung - zu. Dieses hat das Gericht notfalls zu schätzen (vgl. Jaeger § 77 Rdn. 13).[/FONT]

    [FONT=&quot] [/FONT]

    [FONT=&quot]Ist der Absonderungsberechtige zugleich Insolvenzgläubiger, so kommt ihm ein Stimmrecht in Höhe seiner vollen Forderung zu (Umkehrschluss aus § 76 Abs. 2, 2. Hbs.; vgl. Jaeger § 77 Rdn. 13). Damit unterscheidet sich die InsO von § 95 KO, der strikt auf die Ausfallforderung abgestellt hat. Dies gründet in der Neuerung, dass der Insolvenzverwalter zur Verwertung des Absonderungsguts berechtigt ist. Daher ist dem Absonderungsberechtigten auch eine entsprechende Entscheidungsbefugnis in Gestalt des Stimmrechts zuzubilligen.[/FONT]

    [FONT=&quot] [/FONT]

    [FONT=&quot]Die Werte des Absonderungsrechts sind ggfls. zu schätzen.

    B. auf den Fall gewendet

    Überträgt man den Kerngedanken auf die vorliegende Konstellation, so wird man dem Absonderungsberechtigten vorliegend ein Stimmrecht zubilligen müssen (zur Höhe s. oben). Grund: kann bereits der Nichtgläubiger seine Rechte als Absonderungsberechtigter im Rahmen einer Abstimmung geltend machen, so muss dies (argumentum a fortiori) auch ein Insolvenzgläubiger können, der seine persönliche Forderung nicht wg. der Anmeldesperre anmelden kann.
    [/FONT]

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Hallo, ich muss das Thema nochmal aufwärmen, für 2 grundsätzliche Fragen:

    1. Nehmen wir an wir haben viele Gläubiger mit Nachrang und nur das Finanzamt mit einer lapidaren Steuerforderung als einzigen 38er Gläubiger. Wenn bei Eröffnung des Verfahrens schon genug Masse bar vorhanden ist um diese Forderung zu befriedigen, dann haben die nachrangigen trotzdem kein Stimmrecht in der ersten Gläubigerversammlung? § 77 Abs 1 Satz 2 InsO.

    2. Wer genau legt fest ob eine Forderung nachranging ist?
    (Konkret: Gläubiger A und B gaben der Schuldnerin je ein "Nachrangdarlehen", aber Gläubiger A hat ein Urteil erstritten, aus dessen Gründen hervorgeht, dass die Schuldnerin sich nicht auf einzelne Klauseln berufen darf (hier: die Kündigungsfrist fürs Darlehen) weil nicht ordentlich belehrt worden ist. IV behandelt Forderung des A als 38ger, die des B als 39ger Forderung. Das Urteil wirkt nur zu A, nicht aber zu B. Wer entscheidet, ob A Nachrangläubiger ist, oder ob B auch so zu behandeln ist?)

  • 1. Ja

    2. Es kommt zunächst auf die Anmeldung an.
    Meldet der Gläubiger selbst nur als 39 an, gilt 1.
    Meldet der Gläubiger als 38 an und der Verwalter bestreitet (weil er den Rang bestreitet), bist du bei der Stimmrechtsentscheidung


  • 2. Es kommt zunächst auf die Anmeldung an.
    Meldet der Gläubiger selbst nur als 39 an, gilt 1.
    Meldet der Gläubiger als 38 an und der Verwalter bestreitet (weil er den Rang bestreitet), bist du bei der Stimmrechtsentscheidung

    Meldet der Gläubiger als 38 an und Verwalter erkennt an (oder bestreitet, aber nicht den Rang sondern weil Nachweise fehlen) dann entscheidet nicht das Gericht von Amts wegen und drückt den Gläubiger raus?


  • 2. Es kommt zunächst auf die Anmeldung an.
    Meldet der Gläubiger selbst nur als 39 an, gilt 1.
    Meldet der Gläubiger als 38 an und der Verwalter bestreitet (weil er den Rang bestreitet), bist du bei der Stimmrechtsentscheidung

    Meldet der Gläubiger als 38 an und Verwalter erkennt an (oder bestreitet, aber nicht den Rang sondern weil Nachweise fehlen) dann entscheidet nicht das Gericht von Amts wegen und drückt den Gläubiger raus?

    Wenn der IV nicht bestreitet, habe ich eine festgestellte Forderung in 38 die ein Stimmrecht gewährt. Da kann ich als Gericht doch gar nicht anders.
    Wenn der IV bestreitet (egal aus welchen Grund - s.o. Rang war nur als Bsp gemeint) bin ich bei der Stimmrechtsentscheidung


  • 2. Es kommt zunächst auf die Anmeldung an.
    Meldet der Gläubiger selbst nur als 39 an, gilt 1.
    Meldet der Gläubiger als 38 an und der Verwalter bestreitet (weil er den Rang bestreitet), bist du bei der Stimmrechtsentscheidung

    Meldet der Gläubiger als 38 an und Verwalter erkennt an (oder bestreitet, aber nicht den Rang sondern weil Nachweise fehlen) dann entscheidet nicht das Gericht von Amts wegen und drückt den Gläubiger raus?

    Wenn der IV nicht bestreitet, habe ich eine festgestellte Forderung in 38 die ein Stimmrecht gewährt. Da kann ich als Gericht doch gar nicht anders.
    Wenn der IV bestreitet (egal aus welchen Grund - s.o. Rang war nur als Bsp gemeint) bin ich bei der Stimmrechtsentscheidung


    Es sei denn, die Gläubigerversammlung und der Verwalter einigen sich ;).

    Nee, genau so sehe ich das auch. Warum sollte das Gericht vAw entscheiden? Es gibt doch die 3 Stufen gemäß § 77 Inso: 1. keine Forderung bestritten > alle ein Stimmrecht (egal, ob in Wirklichkeit 39er). Forderung bestritten, aber Gläubigerversammlung und der Verwalter einigen sich > Stimmrecht. 3. können sich nicht einigen > Gerichtsentscheidung.

    bezogen auf Deinen Fall: InsOverwalter hat bestritten und (wahrscheinlich keine Einigung) > dann entscheidest Du über Stimmrecht (und dann darfst du m.E. auch den fehlenden Rang als Grund erwähnen).

    ---------------------------------------------
    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • und die kann dann mega-heikel werden :D
    Das Thema geht schon bei der Zulässigkeit der Anmeldung los. M.E. zurckweisbar sind nur "glasklare" Nachrangforderungen. Ansonsten ist dier Streit den Prozessgerichten überantwortet. Da erlebt man aber auch lustige Sachen: 2 divergierende OLG-Entscheidungen, ohne Rev-Zulassung..... .
    Für die Sitmmrechtsfessetzung wird es dann schwierig. Da können auch Fragen nach Überraschungsklauseln in den AGB auftauchen .... Hab da glaub ich auch mal was zu in der Sitzung entscheiden dürfen...
    have fun :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!