Formerfordernisse beim Nottestament nach § 2250 BGB

  • Ich bin ratlos :confused:

    Folgender Fall:
    Der Testator befindet sich im Krankenhaus, wo er ein Testament vor drei Zeugen errichtet.
    Einen Tag später verstirbt er. Das Testament sieht folgendermaßen aus:

    "Nottestament vor 3 Zeugen

    Ich, der Testator T, geboren am ..., vererbe mein Vermögen zu jeweils 1/3 an A, B und C.
    A soll TV sein.

    Unterschrift des Testators

    Erstellungsort: Klinik K
    Erstellungsdatum: 01.01.2017

    Zeugen:

    Name Z1 mit Unterschrift
    Name Z2 mit Unterschrift
    Name Z3 mit Unterschrift"


    B und C sind minderjährig und werden von A und dem weiteren Elternteil E gesetzlich vertreten.
    Weitere Verfahrensbeteiligte gibt es nicht.

    Ich bin etwa ratlos wie ich mit diesem Testament umgehen soll bzw. wie ich die Wirksamkeit im Erbscheinserteilungsverfahren beurteilen soll.
    Ist eine Niederschrift in der Form ausreichend? Ich kann nicht prüfen, ob alle drei Zeugen während des gesamten Errichtungsvorgangs anwesend waren oder ob einfach nur unterschrieben wurde.
    § 13 BeurkG finde ich auch nicht wirklich hilfreich.

    Bin für Tipps dankbar.

  • Vielleicht hilft diese Entscheidung:

    1.) Für die Feststellung einer nahen Todesgefahr im Sinne des § 2250 Abs. 2 BGB ist maßgeblich auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich der Erblasser zur Errichtung eines Testaments entschließt. Unschädlich ist, dass ihm bereits zuvor ein hinreichender Zeitraum zur Verfügung stand, um einen Notar für eine Testamentsrichtung hinzuziehen.

    2.) Für die objektive Feststellung einer nahen Todesgefahr im Sinne des § 2250 Abs. 2 BGB reicht es nicht aus, dass der Erblasser an einer bösartigen metastasierenden Grunderkrankung litt, aufgrund der er nach der Bewertung des als Zeugen tätigen behandelnden Arztes innerhalb von ein bis zwei Tagen versterben konnte.

    3.) Dies gilt auch dann, wenn der nach Ziff. 1) maßgebende Zeitpunkt auf einen Samstagvormittag fällt, in dem die Erreichbarkeit eines Notars unter großstädtischen Verhältnissen erschwert, aber nicht ausgeschlossen ist.

    Oberlandesgericht Hamm, 10.2.17 - 15 W 587/15

  • Ob die Zeugen die ganze Zeit anwesend waren und auch als Zeugen handeln wollten und ob tatsächlich Todesgefahr bestand, musst du ermitteln. Lad sie einfach mal vor.

  • Vermutlich selbstverständlich, nur zur Vollständigkeit:
    Der Text wurde nicht vom Testator geschrieben, oder? Weil er ja auch unterschrieben hat...
    Und eine Niederschrift/Protokoll über die Errichtung gibt es offenbar auch nicht, oder?

  • Nein, der Text ist maschinegeschrieben und der Erblasser hat nur unterschrieben. Inhaltlich ist es wie oben dargelegt ohne eine entsprechende Niederschrift. Ich habe mich jetzt entschieden, erst mal die Ärztin, die das Testament eingereicht hat anzuhören, ob alle drei Zeugen während der gesamten Zeit der Errichtung anwesend waren, ob der Text vorgelesen wurde etc.
    Nach allem was ich bisher gefunden habe, ist es unschädlich, wenn die Niederschrift nicht wirksam erstellt wurde, solange die Errichtung selbst keine Mängel aufweist.
    Vielen Dank für die bisherigen Antworten und Rechtsprechungshinweise.

  • Was sagen denn die gesetzlichen Erben zum Testament bzw. zum Erbscheinsantrag?

    So ein Nottestament ist ja nach meiner Erfahrung "fast immer" unwirksam bzw. höchst angreifbar...

    Nachtrag: Ich sehe gerade, dass offenbar die Witwe zum TV ernannt wurde und zu je 1/3 mit ihren Kindern erben soll. Ist das so? Dann müßte ggf. auch noch eine Ergänzungspflegschaft für die Kinder angeordnet werden, damit man den Ergänzungspfleger anhören kann.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Hab ich schon gelesen, könnte aber trotzdem am Tag davor noch nicht erkennbar gewesen sein.
    TL: Hab es auch noch nicht erlebt, dass ein Nottestament allen Erfordernissen genügt hat.

  • ... könnte aber trotzdem am Tag davor noch nicht erkennbar gewesen sein.


    Jetzt wird's aber makaber. Objektiv war er dem Tode nah und subjektiv war das auch für ihn so deutlich erkennbar, dass er das Bedürfnis verspürt hat, ein Nottestament zu machen.

    (was natürlich nicht ausschließt, dass die Sache an den Formvorschriften scheitert)

  • Jetzt wird's aber makaber.


    Was dem OLG Hamm 15 W 587/15 recht ist... dort scheiterte das Nottestament daran, dass der todkranke Erblasser nicht versuchte, an einem Samstag in einer Großstadt einen Notar herbeizuzitieren. Wie er das machen soll, wenn er nicht gerade die Privatnummer eines Notars hat, weiß ich nicht. Vielleicht ist das schlicht der Erfahrungshorizont der OLG-Richter.

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  • Wobei dem OLG Hamm wohl besonders aufgestoßen ist, dass der Erblasser anwaltlich beraten war, die Anwältin aber nicht auf die Idee gekommen ist, einen Notar ins Krankenhaus zu schicken. Vielleicht versuchen die im Nottestament Bedachten noch, die Anwältin in die Haftung zu bekommen.

  • Auch das OLG Düsseldorf beschäftigt sich mit der Frage, wann von einer konkreten Todesgefahr ausgegangen werden kann. Die Gerichte sind hier sehr sehr streng.

    Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3.3.2017 - I-3 Wx 269/16 (BeckRS 2017, 107956)

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  • Ich habe ein Nottestament vorliegen, welches von der Erblasserin unterschrieben und von 3 Zeugen unterschrieben wurde.

    Das Testament wurde von dem Erben handschriftlich geschrieben. Die Erbin ist die Cousine der Erblasserin.

    Ich habe leider nichts dazu gefunden, wer die Niederschrift anfertigen muss. Ist die Erbin bei der Anfertigung der Niederschrift ausgeschlossen?

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