Bodenreform Besitzwechselprotokoll

  • Ich hab den Antrag eines Rechtsanwalts vorzuliegen, die in den 80er Jahren in Volkseigentum übergegangenen Bodenreformgrundstücke an seine Mandantin zurück zu übertragen. Begründung : Es lagen keine Besitzwechselprotokolle vor.
    Nach umfangreichen Recherchen habe ich festgestellt, dass lediglich für ein Flurstück ein Besitzwechselprotokoll auf den Sohn der ehemaligen Eigentümerin vorliegt. Für dieses Flurstück wurde der Sohn auch als Eigentümer eingetragen. Damit ist der Rechtsanwalt einverstanden.
    Alle anderen Flurstücke wurden in Volkseigentum überführt und gemäß Rechtsträgernachweis auf verschiedene Rechtsträger umgeschrieben. (Ich konnte zumindest keine Besitzwechselprotokolle finden).
    Der Rechtsanwalt meint nun, dass für eine wirksame Überführung in Volkseigentum ein Besitzwechselprotokoll hätte vorliegen müssen. Der Rechtsträgernachweis setze eine wirksame Überführung in VE voraus und führt selbst nicht zu dieser.
    Ist das richtig ??
    Ich dachte immer, die Umschreibung im Grundbuch ist nur aufgrund der Rechtsträgernachweise erfolgt ?
    Ich kenne hier im Archiv nur Ordner mit RT-nachweisen und nicht mit Besitzwechselprotokollen !
    Leider haben wir hier keine Kollegen mehr, die sich mit dem ""DDR"-Recht auskennen :mad:

  • Mach dir keinen Kopf, es hat alles seine Richtigkeit. Daher Antrag wegen § 39 GBO zurückweisen und Rechtsmittel abwarten. Solche superschlauen "Volljuristen" hatten wir öfter, leider haben sie vom Grundbuchverfahrensrecht der DDR keine Ahnung, denn der Eigentumswechsel gemäß Rechtsträgernachweis erfolgte stets außerhalb des Grundbuches, auch schon zu DDR-Zeiten mussten Ersuchen (das sind die Rechtsträgernachweise) nicht geprüft werden. Sie dienten nur als Grundlage der Grundbuchberichtigung. Ganz davon abgesehen das für eine Rückübertragung von Grundstücken, die noch als noch als Eigentum des Volkes gebucht sind, das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögens Fragen und zuständig ist und nicht das Grundbuchamt.

    Einmal editiert, zuletzt von nemo (4. Juli 2017 um 12:20)

  • ... und wenn Du noch Fundstellen benötigst:

    § 5 (1) Grundbuchverfahrensordnung:
    Staatliche Organe sind berechtigt, um Eintragung in das Grundbuch zu ersuchen, soweit sie durch Rechtsvorschrift dazu ermächtigt sind. Die Eintragung erfolgt auf Grundlage des Ersuchens des staatlichen Organs.

    Ziffer 23 der 1. Durchführungsanweisung vom 17.05.1978 zur Anweisung 4/76 über die Einrichtung und Führung des Grundbuches:
    (1) In Eintragungsverfahren, die entsprechend der Rechtsvorschriften über die Durchführung des Besitzwechsels bei Bodenreformgrundstücken stattfinden, erfolgen die Eintragungen auf Ersuchen des Rates des Kreises, Abteilung Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft. Soweit das Grundstück in Volkseigentum übertragen werden soll, erfolgen die Eintragungen auf Ersuchen des Rates des Kreises, Abteilung Finanzen.
    (2) Das Eintragungsersuchen wird durch den Leiter ... der Abteilung Finanzen unterschrieben und ist mit dem Dienstsiegel zu versehen.

    Ziffer 95 der Anweisung 4/87 vom 27.10.1987 -Colido-Grundbuchanweisung:
    (1) Soll das Bodenreformgrundstück ganz oder teilweise in das Eigentum des Volkes übertragen werden, erfolgen die Eintragungen auf Ersuchen des Rates des Kreises, Abteilung Finanzen.
    (2) Das Eintragungsersuchen wird durch den Leiter der Abteilung Finanzen unterschrieben und ist mit dem Dienstsiegel versehen.
    (3) Soweit das Grundstück in das Eigentum des Volkes übertragen wird, nimmt der Rat des Kreises, Abteilung Finanzen, die Ersteinsetzung des Rechtsträgers vor. Der Rechtsträgernachweis gilt als Eintragungsersuchen.

  • A wurde 1946 für 4 Grundstücke im Zuge der Bodenreform als Eigentümer eingetragen. Mit Verhandlung über den Besitzwechsel von 1951 und Verzichterklärung von 1950 hat A die Grundstücke zurückgegeben in den Bodenfond. Es exisiert eine Anlage zur Aufteilung , dass ein Grundstück BVNR. 1 mit einer Größe von 1 ha bzgl. einer Teilfläche von 5000 qm an einen Neubauern B und die Restfläche von 5000 qm in den Bodenfond zurückgeführt wird. Diese Restfläche wurde dann in einem weiteren Protokoll dem C zugeordnet.
    Es wurde im Grundbuch auch so eingetragen, dass 5000 qm an B Blatt xxx übertragen werden und 5000 qm zum Bodenfond zurückgebucht werden. Das Grundbuch wurde dann 1951 geschlossen. Aus den alten Akten ist ersichtlich, dass wohl nie eine Vermessung des Flurstücks erfolgt ist. Beim Kataster wird Grundstück 1 mit seiner Gesamtgröße für A geführt. Es ist aus den Grundakten noch ersichtlich, dass im Jahre 1955 es einen Rechtsträgernachweis für das Grundstück BVNR1 gibt. Dieser wurde jedoch zurückgereicht, weil ein Teil sich bei B befindet und ein Teil im Bodenfond und die Vermessung immer noch nicht stattgefunden hat. Der Bodenfondanteil sollte dann wahrscheinlich auf eine LPG eingetragen werden.
    Im Jahre 2000 beantragt A die Anlegung des Grundbuchs für das Grundstück 1 mit einer Größe von 1 ha. Anlegung ist auch erfolgt.

    Nun ist A verstorben und es soll die Grundbuchberichtigung eingetragen werden. Da im GB keine Geburtsdaten stehen, wurde die alte Grundakte angefordert und die vorstehenden Erklärungen gefunden. Es wurde mitgeteilt, dass aufgrund der Verzichtserklärung eine Wiederanlegung hätte nicht erfolgen dürfen und eine Grundbuchberichtigung nicht möglich ist. Ich wollte eher den Antrag zurückweisen und einen Amtswiderspruch zugunsten Volkseigentum eintragen.

    Nun erwidert ein RA da eine Vermessung entgegen dem Abschreibungsvermerk im Grundbuch des A und eine Eintragung der Teilfäche im Grundbuch des B nie erfolgt ist, und die Vermessung Voraussetzung für den Besitzwechsel ist, folgerichtig das Grundbuch für die 1ha für A wieder angelegt wurden. Die Verzichtserklärung allein sei nicht ausreichend, wenn nicht der weitere Eigentumwechsel/Rechtsträgernachweis vollzogen worden ist. Hier galten neben dem Verzicht auch die GBO und das BGB.


  • Nun erwidert ein RA da eine Vermessung entgegen dem Abschreibungsvermerk im Grundbuch des A und eine Eintragung der Teilfäche im Grundbuch des B nie erfolgt ist, und die Vermessung Voraussetzung für den Besitzwechsel ist, folgerichtig das Grundbuch für die 1ha für A wieder angelegt wurden. Die Verzichtserklärung allein sei nicht ausreichend, wenn nicht der weitere Eigentumwechsel/Rechtsträgernachweis vollzogen worden ist. Hier galten neben dem Verzicht auch die GBO und das BGB.

    Netter Versuch.
    Dagegen jedoch § 13 der Besitzwechselverordnung vom 21.06.1951: "Der nachfolgende Erwerber erhält die Neubauernwirtschaft durch die Kreisbodenkommission als Neuzuteilung aus dem Bodenfonds."

    Damit mag möglicherweise die nicht erfolgte Vermessung zwar dem Erwerb des Teilstücks durch B, nicht aber dem Rückfall der gesamten Wirtschaft in den Bodenfonds infolge des Komplett-Verzichts des A im Wege gestanden haben.

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