Anforderung eines geschlossenen Grundbuchs

  • Moin!

    Wir vermuten, dass der Insolvenzschuldner kurz vor dem Eröffnung des Insolvenzverfahrens Eigentümer einer Immobilie war, die er in WEG aufgeteilt und auf andere übertragen hat. Das alte Grundbuch, bei dem er vermutlich als Eigentümer eingetragen war, wurde durch die Wohnungseigentums-Grundbücher ersetzt. Hier sind nun andere als Eigentümer eingetragen.

    Mit meinem Titel kann ich nun nicht nur Grundbuchauszüge anfordern, bei denen der Insolvenzschuldner als Eigentümer eingetragen ist. Eine Anforderung des alten Grundbuchs war nicht möglich, da Abschriften geschlossener Grundbücher nicht erteilt werden. :gruebel:

    Welche Möglichkeit habe ich, um zu prüfen, ob der Insolvenzschuldner vor der Insolvenzeröffnung Immobilienvermögen auf Dritte übertragen hat? Gibt es doch eine Möglichkeit, Einblick in das geschlossene Grundbuch zu erhalten? Bekomme ich Abschriften der Kaufverträge aus der Grundakte der Wohnungen, wenn der Insolvenzschuldner als Verkäufer aufgetreten war?

  • Das scheint aber leider der zuständige Rechtspfleger anders zu sehen. Der hat unser Begehren, eine Abschrift des alten Grundbuchs zu erhalten, mit dem Hinweis "von geschlossenen Grundbüchern werden keine Abschriften erteilt" abgelehnt. :(

    Finde ich im Stöber eine Passage auf die ich verweisen kann?

  • Das scheint aber leider der zuständige Rechtspfleger anders zu sehen. Der hat unser Begehren, eine Abschrift des alten Grundbuchs zu erhalten, mit dem Hinweis "von geschlossenen Grundbüchern werden keine Abschriften erteilt" abgelehnt. :(

    Finde ich im Stöber eine Passage auf die ich verweisen kann?

    Da würde ich mich direkt beschweren. Ich habe schon oft geschlossene Blätter anfordern müssen (und sei es nur um Erbfolgen in anderen, versehentlich nicht mit berichtigten Blättern nachvollziehen zu können).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Das scheint aber leider der zuständige Rechtspfleger anders zu sehen. Der hat unser Begehren, eine Abschrift des alten Grundbuchs zu erhalten, mit dem Hinweis "von geschlossenen Grundbüchern werden keine Abschriften erteilt" abgelehnt. :( Finde ich im Stöber eine Passage auf die ich verweisen kann?

    https://de.wikipedia.org/wiki/Beamten-Dreisatz

    Ich würde eine beschwerdefähige Entscheidung anfordern.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Das scheint aber leider der zuständige Rechtspfleger anders zu sehen. Der hat unser Begehren, eine Abschrift des alten Grundbuchs zu erhalten, mit dem Hinweis "von geschlossenen Grundbüchern werden keine Abschriften erteilt" abgelehnt. :(

    Aber das ist doch vollkommener Unsinn. Ich brauche also nur ein Blatt umzuschreiben und dann gibt es in das alte keine Einsicht mehr?

    Völlig absurd.

  • Kruzitürken; Cromwell war schon wieder schneller. Hier meine Antwort:

    Wenn es nicht die Möglichkeit der Einsicht in geschlossene Grundbücher gäbe, hätte es der Bestimmung in § 12 b Absatz 1 Satz 1GBO nicht bedurft. Sie lautet: „Nach der Übertragung von geschlossenen Grundbüchern und Grundakten auf einen Bild- oder sonstigen Datenträger in einem Verfahren nach § 10a Absatz 1 und 2, § 128 Absatz 3 oder § 138 Absatz 1 kann eine Einsicht in die vom Grundbuchamt weiter aufbewahrten Originale nicht mehr verlangt werden“. Das bedeutet, dass vor der Übertragung auf einen Bild- oder sonstigen Datenträger die Einsicht in das geschlossene Grundbuch und nach der Übertragung auf den Bild- oder sonstigen Datenträger die Übermittlung des Informationsinhalts verlangt werden kann, der auf dem oder den Datenträgern gespeichert ist. Vorausgesetzt wird das berechtigte Interesse nach § 12 GBO (s. Krauß im Beck'schen Online-Kommentar GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.05.2017, § 12b RNern 2, 5; BeckOK/Kramer, § 72 RN. 7). Allerdings wurde früher die Frage, ob geschlossene Grundbücher noch Grundbücher im Rechtssinn darstellen und damit der Einsicht unterliegen, unterschiedlich beantwortet (s. z. B. bejahend Wolfsteiner, Rpfleger 1993, 273; Grziwotz, MDR 2013, 433; verneinend die frühere Kommentierung von KEHE, § 12 GBO RN 7 und Böhringer, DtZ 1991, 272)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Der Einsicht unterliegen die geschlossenen Grundbücher in jedem Fall, es fragte sich früher nur, ob nach den grundbuchrechtlichen Normen oder im Verwaltungswege. Berechtigtes Interesse vorausgesetzt, war die Einsicht also auch unter Geltung des früheren Rechtszustands stets möglich. Wie sollte es auch anders sein?

    Insofern ist § 12b GBO also der in Gesetzesform gegossene gesunde rechtliche Menschenverstand.

  • :dankescho

    Tatsächlich hat dieses Grundbuchamt einen Stempel: "von geschlossenen Grundbüchern werden keine Auszüge erteilt". Diesen Stempel hat es auf unserer Anforderung angebracht und sie urschriftlich an uns zurückgesandt. Scheint das Amt dort also immer so zu machen, daher passt der Hinweis auf den Beamten-Dreisatz. Vielleicht wandert der Stempel nach Verweis auf § 12 b GBO und die Bitte um eine rechtmittelfähige Entscheidung ja in die Mülltonne...

  • Ja ja, die schönen Stempel.

    Irgendwann meint mal einer, man brauche sie. Dann wird der Verwaltung gesagt, dass man sie brauche und dann werden sie bestellt, ohne dass sich jemand fragt, ob das, was der Stempelinhalt besagt, auch sinnvoll ist oder ob es überhaupt der geltenden Gesetzeslage entspricht. Und das hat der vorliegende Stempel zweifelsfrei noch nie getan.

  • Der Einsicht unterliegen die geschlossenen Grundbücher in jedem Fall, es fragte sich früher nur, ob nach den grundbuchrechtlichen Normen oder im Verwaltungswege. ...

    So wurde das aber nicht gesehen. Auch in der aktuellen Auflage des KEHE, jetzt Keller/Munzig, Grundbuchrecht – Kommentar, 7. Auflage 2015, führt Keller in § 12 GBO RN 10 aus (Hervorhebung durch mich):

    „Bereits geschlossene Blätter unterliegen grundsätzlich nicht der Einsicht, denn sie sind nicht mehr „das Grundbuch“;69 ausnahmsweise kann das berechtigte Interesse jedoch in das alte Blatt zurückreichen; das Archivgut kann dann dem Akteninhalt gleichbehandelt werden.“
    69) LG Bonn Rpfleger 1988, 311; auch Böhringer, Rpfleger 1989, 309, 311 u. Wolfsteiner, Rpfleger 1993, 273

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Was heißt "ausnahmsweise"?
    Entweder es gibt ein berechtigtes Interesse oder es gibt eben keines.
    Im Übrigen: Was soll denn das "Grundbuch" im Rechtssinne für die vor der Anlegung des neuen Blattes eingetragenen Rechtsvorgänge sein wenn nicht das "alte" Grundbuch?
    Ich denke, man verwechselt hier schlichtweg die materiellen Wirkungen des "Grundbuchs" mit dem Interesse an einer Einsicht im Hinblick auf frühere Rechtsvorgänge. Dass es sich so verhält, folgt bereits daraus, dass es überwiegend dem Zufall anheimgestellt ist, was an Urkunden aus der alten Grundakte in die neue Grundakte übernommen wird. Und von diesem Zufall soll es dann abhängen, ob man ein Einsichtsrecht im Hinblick auf die Urkunden hat, die den Eintragungen im geschlossenen Blatt zugrunde liegen?
    Man braucht keiner Ansicht anzuhängen, die bei näherer Betrachtung schon immer unzutreffend war.

  • Das scheint aber leider der zuständige Rechtspfleger anders zu sehen.

    Dass der Rechtspfleger hierüber zu entscheiden hat, mag ich zu bezweifeln, als nach § 12c Abs. 1 Nr. 3 GBO der UdG hierfür zuständig sein dürfte (vgl. im Umkehrschluss zu § 12c Abs. 5 GBO, der nur eine Ausnahme in Fällen des § 12b Abs. 2 GBO vorsieht). Gegen diese Entscheidung ist dann der zulässige Rechtsbehelf nach § 12 Abs. 4 GBO gegeben, die wiederum mit der Beschwerde angreifbar ist, vgl. dort Satz 2.

    OT:

    Ja ja, die schönen Stempel.

    Irgendwann meint mal einer, man brauche sie. Dann wird der Verwaltung gesagt, dass man sie brauche und dann werden sie bestellt, ohne dass sich jemand fragt, ob das, was der Stempelinhalt besagt, auch sinnvoll ist oder ob es überhaupt der geltenden Gesetzeslage entspricht.

    Na, aber alle Verwaltungen jetzt über einen Kamm zu scheren,... Die Erfahrung, dass in der Verwaltung sich gar keiner Gedanken über solche Belange macht und den rechtlichen Hintergrund nicht hinterfragt, kann ich jedenfalls nicht vollends teilen. Wobei ich aber auch gestehen muss, wenn man selber einmal einen Anteil an der Verwaltung hat, sieht man seitdem solche Belange ohnehin nochmal ganz anders.

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