Europäisches Erbrecht

  • ..............Die Eroeffnung eines Testaments setzt die internationale Zustaendigkeit in der Nachlasssache voraus. Sie kann auch weitgehende Folgen nach dem anwendbaren Erbrecht haben.
    Derzeit haben die Spanier die ausschliessliche internationale Zustaendigkeit fuer das gesamte Nachlassverfahren. Das kann sich aendern, wenn sich aus dem Testament eine Rechtswahl zugunsten des deutsche Rechts ergibt (nach Art. 22 ErbRVO bzw. 84 Abs. 4 ErbRVO) und die Voraussetzungen des Art. 7 ErbRVO erfuellt sind. Solange dies nicht geschehen ist, darf man in Deutschland keinen Finger rühren...............


    Habe (insofern als Debütantin) folgenden Sachverhalt:

    Deutsches Ehepaar lebte seit Jahren in Spanien und verstirbt 2018 auch dort.
    Nun hat das AG Schöneberg einen Erbvertrag eröffnet und mir zugesandt als örtlich zuständiges inländisches Nachlassgericht.

    In Spanien existiert je Erblasser 1 notarielles Testament (zum Glück kein Grundbesitz).

    Was tue ich? Doch nicht einfach nichts, oder?
    International zuständig ist ausschliesslich Spanien.
    Dort muss an doch Kenntnis erlangen, oder?

  • Beide Erblasser hatten ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien? Da würde ich mal sagen: Es gibt kein "örtlich zuständiges inländisches Nachlassgericht" in Deutschland.

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  • Wegen Unzuständigkeit zurückgeben nach Schöneberg?

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • So der Beschluss des AG Schöneberg:

    „…….erklärt sich das AG Schöneberg nach Art. 4 bzw. 10EU-ErbVO (in Verbindung mit § 343 II FamFG bzw. 34 III 2 InErbRVG) fürunzuständig und verweist die Sache an das AG XXX.
    Gründe:
    …….Erbfall nach dem 17.08.2015…..bestimmt sich die internationale Zuständigkeitfür den gesamten Nachlass gemäss Art. 4 bzw. 10,21 I  EU-ErbVO nach dem Recht des Staates, in demder Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
    Da für das Testamentseröffnungsverfahren keine Norm derEU-ErbVO vorrangig ist, gilt § 343 FamFG.


    Eine inländische Zuständigkeit für das AmtsgerichtSchöneberg gem. § 343 I-III FamFG (bzw. § 34 III IntErbRVG) ist bisher wederersichtlich noch begründet.
    Beide Erblasser lebten in Spanien und hatten ihren letztengewöhnlichen inländischen Aufenthalt in XXX……….
    Somit ist das AG XXX örtlich zuständiges (inländisches)Nachlassgericht.“

  • Dann muss doch aber Schöneberg als Verwahrgericht zunächst den Erbvertrag eröffnen und dann selbst dafür sorgen, dass der Erbvertrag beim zuständigen Nachlassgericht in Spanien landet.

    MüKo schlägt in dem Fall vor, das Ganze über die zuständige spanische Vertretung in Deutschland laufen zu lassen. Diese leiten den eröffneten Erbvertrag an das zuständige Gericht in Spanien weiter, das für das gesamte Nachlassverfahren, also auch die weitere Bekanntgabe an die Beteiligten zuständig ist. Ich finde das konsequent. (MüKoFamFG/Grziwotz, 3. Aufl. 2019, FamFG § 344 Rn. 40)

    Einmal editiert, zuletzt von Authchirion (15. Mai 2019 um 09:11)

  • Da für das Testamentseröffnungsverfahren keine Norm derEU-ErbVO vorrangig ist, gilt § 343 FamFG.


    :wechlach::wechlach::wechlach::wechlach:
    Da wird mal wieder so getan, als ob die Eröffnung nicht zum Nachlassverfahren gehören würde. Ach ja, und der EuGH hat im Verfahrensrecht nichts zu sagen, oder etwa doch?

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  • So - jetzt hat das Kammergericht Berlin entschieden:

    örtlich zuständig: Geologenhausen

    Darf ich mal eben kotzen?

    Also darf ich jetzt -statt AG Schöneberg- dafür sogen, dass der Erbvertrag (eröffnet durch AG Schöneberg) an das zuständige Nachlassgericht in Spanien gesandt wird?
    AG Schöneberg spielt nun über Bande (Geologenhausen)?

  • Wie hat denn das Kammergericht seine Entscheidung begründet? Hast Du ein Az. zur Entscheidung?

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  • „Die Zuständigkeit für die weitere (einfache) Verwahrung des Erbvertrags und die sonstigen Maßnahmen (vgl. Senat, Beschluss vom 27.Februar 2014
    -1 Ar 3/14 – FGPrax 2014, 163) ist gemäß
    §§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 Abs. 2, 343 FamFG (vgl. BT-Drs. 18/4201 S. 59) zu bestimmen.
    Das Amtsgericht XXX ist örtlich zuständig, weil die Erblasser ihren letzten inländischen gewöhnlichen Aufenthalt im dortigen Bezirk hatten, § 343 Abs. 2 FamFG. Der Senat hat bereits entschieden, dass es hierfür nicht darauf ankommt, wie lange ein solcher Aufenthalt zurückliegt (Senat, Beschluss vom 18. Juli2017 -1 AR 36/17FamRZ 2017, 2063).

    Die Erwägungen des Amtsgerichts XXX zur Zuständigkeit eines spanischen Gerichts liegen neben der Sache. Die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses trifft für das Verfahren der Eröffnung letztwilliger Verfügungen und deren amtlicher Verwahrung, § 342 Abs.1 Nr. 1 und 3 FamFG, keine Regelungen, so dass es insoweit bei § 105 FamFG bleibt (Zimmermann, in: Keidel, 19. Aufl. § 343 Rdn. 17; Schaal, in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl., § 344 Rdn. 37). Danach sind die deutschen Gerichte zuständig, wenn ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist. Das ist vorliegend das Amtsgericht XXX gemäß § 343 Abs. 2 FamFG.

    Etwas anderes folgt auch nicht aus der von dem Amtsgericht XXX in Anspruch genommenen Kommentierung zu Grziwotz (Münchener Kommentar, FamFG, 3 Aufl. §344, Rdn. 40). Der Autor befasst sich dort mit einem anderen Fall, nämlich der Eröffnung der letztwilligen Verfügung eines Ausländers bei dem zuständigkeitsbegründende Umstände nach § 343 FamFG nicht vorliegen (vgl. hierzuauch Fröhler, in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl., § 344, Rdn. 63a).
    Darum geht es hier aber nicht, weil die Erblasser beide Deutsche waren.“

  • Danke. Das muß erst einmal sacken...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Wie verfahre ich nun weiter?

    Habe hier einen durch das AG Schöneberg eröffneten Erbvertrag, der nun nach Spanien zu gelangen hat.
    Dort (wo genau weiss ich nicht) liegen 2 spanische notarielle Testamente …….


    Wohin sende ich was?
    Muss ich es übersetzen lassen? (wo ich doch gar nicht zuständig bin! hmpf)

  • Wie verfahre ich nun weiter?

    Habe hier einen durch das AG Schöneberg eröffneten Erbvertrag, der nun nach Spanien zu gelangen hat.
    Dort (wo genau weiss ich nicht) liegen 2 spanische notarielle Testamente …….


    Wohin sende ich was?
    Muss ich es übersetzen lassen? (wo ich doch gar nicht zuständig bin! hmpf)


    hatte noch niemand diesen/einen ähnlichen Fall?

  • Wenn Dir die Beteiligten bekannt sind, welche sich in Spanien um die Testamente gekümmert haben, würde ich dort die Adresse des beauftragten Notars erfragen, und den Erbvertrag, so wie er ist, an den Notar weiter leiten.
    Laut einer mir gegebenen Auskunft der deutschen Botschaft in Spanien, gibt es dort keine "offizielle" Stelle, sondern nur den von den Parteien beauftragten Notar. In meiner Sache hat das so geklappt. Ich habe allerdings eine begl. Ablichtung des Testamentes bei den Akten behalten, falls das Testament verloren gehen sollte. Es war schon durch ein anderes Gericht eröffnet worden.
    Sollte ich gar keine Anhaltpunkte haben würde ich, glaube ich, auch wie im MüKo (s. #279) vorgeschlagen verfahren und den Erbvertrag an die Auslandvertretung weiter leiten.

    Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

    (Mark Twain)

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