Es ist richtig, dass der Beschluss des RG vom 28.06.1916, V.B. 1/16 = RGZ 88, 345, 350, noch davon ausging, dass das Handeln des Bevollmächtigten keiner gerichtlichen Genehmigung bedarf, weil bereits die vom Erblasser erteilte Vollmacht wie mit einer gerichtlichen Genehmigung ausgestattet anzusehen sei, die hM heute hingegen das Gegenteil annimmt, nämlich dass das Vertreterhandeln auch in diesem Fall einer zusätzlichen gerichtlichen Genehmigung bedarf.
Im Urteil des RG vom 10.01.1923, V 385/22 = RGZ 106, 185 ff ist jedoch nicht mehr auf die Genehmigung der transmortalen Vollmacht, sondern auf die nicht erforderliche Genehmigung des Rechtsgeschäfts selbst abgestellt. Auch scheint mir Umkehrschluss aus diesem Urteil nicht zutreffend, weil sich das RG nicht nur mit Sonderfall der nach § 1822 Nr. 12 BGB genehmigten Prokura beschäftigt.
Dazu führt das RG aus: „Diese Vollmacht ermächtigt daher ebenso wie eine vom Vormund mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erteilte Prokura (§ 1822 Nr. 11 BGB) ohne weiteres auch zur Vornahme von solchen im Rahmen der Vollmacht liegenden Rechtsgeschäften, zu denen der Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedurft hätte“.
Es stellt darauf ab, dass der Bevollmächtigte aus eigenem Recht handelt und der Minderjährige nur mit dem Nachlass verpflichtet wird („Denn zunächst ist nicht zu übersehen, dass es sich immer um Rechtsgeschäfte handelt, die sich auf den Nachlass des Erblassers beziehen, und dass dieser auch durch Anordnung einer Testamentsvollstreckung den Nachlass der vormundschaftsgerichtlichen Verwaltung, und damit auch Rechtsgeschäfte über ihn der sonst erforderlichen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung entziehen könnte (JW 1913, S. 1000 Nr. 28)…..“
Dieser Gesichtspunkt wird aber für maßgebend dafür gehalten, dass es weder der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters noch der Genehmigung des Familiengerichts bedarf (s. Lange im BeckOK BGB, Stand 15.06.2017, § 2197 RN 42).
Und diese Ansicht entspricht noch immer der hM, die bei Böttcher, „Die Entwicklung des Grundbuch- und Grundstücksrechts bis Juni 2013“, NJW 2013, 2805 ff. in Fußnote 18 wiedergegeben ist.
Das DNotI führt dazu im Gutachten vom 10.10.2016, Abrufnummer: 141610,
https://www.google.de/url?sa=t&rct=j…PwA685wI4_O6k0A
aus (Hervorhebung durch mich):
„4. Familiengerichtliche Genehmigung
Für die Frage der Erforderlichkeit der familiengerichtlichen Genehmigung ist zwischen dem Kaufvertrag und dem Erbauseinandersetzungsvertrag zu differenzieren.
a) Kaufvertrag und Auflassung (hier: Grundstück G1)
Allgemein wird vertreten, dass der Bevollmächtigte alle Rechtsgeschäfte so vornehmen könne, wie dies dem Erblasser, von dem er seine Befugnis herleite, möglich gewesen sei. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise für Rechtsgeschäfte keine betreuungsgerichtliche bzw. familiengerichtliche Genehmigung erforderlich sei, selbst wenn der Erbe als Minderjähriger diese benötigen würde und dass der Bevollmächtigte auch nicht den Beschränkungen eines Erben durch Nacherbschaft oder Testamentsvollstreckung unterliege (RGZ 88, 345, 350; RGZ 106, 185, 186; OLG Karlsruhe FGPrax 2015, 158; Soergel/Leptien, § 168 BGB Rn. 31; Palandt/Weidlich, Einf. v. § 2197
Rn. 11; Schöner/Stöber, Rn. 3571). Daher sei der über den Tod des Vollmachtgebers hinaus Bevollmächtigte beispielsweise auch in der Lage, nach dem Tod des Erblassers über Nachlassgrundstücke zu verfügen, ohne hierzu eines Erbennachweises zu bedürfen
(Schöner/Stöber, Rn. 3571). Auch das Grundbuchamt habe eine solche Vollmacht zu respektieren, sofern die Form gem. § 29 GBO eingehalten sei (Soergel/Leptien, § 168 BGB Rn. 31).
Das RG (a. a. O.) hat seine Rechtsauffassung damit begründet, dass – bezogen auf das Problem genehmigungsbedürftiger Rechtsgeschäfte Minderjähriger – die §§ 1821, 1822 BGB unmittelbar nur Rechtsgeschäfte durch den Vormund oder einen sonstigen gesetzlichen
Vertreter beträfen, nicht aber solche, die von einem Bevollmächtigten eines Erblassers des Mündels aufgrund einer über den Tod des Erblassers hinaus wirkenden Vollmacht vorgenommen würden. Außerdem hat es angeführt, dass die Vollmacht über den Tod hinaus andernfalls auch einen wesentlichen Teil ihrer Bedeutung verlieren würde.
Die eben dargelegte Auffassung ist – soweit ersichtlich – nahezu unumstritten.
Bedenken gegen die Rechtsansicht werden in der Literatur nur vereinzelt vorgebracht (beispielsweise von Rehmann, BB 1987, 213 ff. in Bezug auf die Frage der Beschränkung der postmortalen Vollmacht durch eine Testamentsvollstreckung). Mit der herrschenden Meinung ist daher im Ergebnis eine gerichtliche Genehmigung des Kaufvertrages samt Auflassung nicht erforderlich; dies gilt jedenfalls dann, wenn
sich die Verpflichtungen des Minderjährigen allein auf seinen Anteil am Nachlass und nicht auf sein Eigenvermögen beziehen (s.o.)…“