Vor- und Nacherbfolge mit Testamentsvollstreckung

  • Hallo, ich stehe gerade etwas auf dem Schlauch und brauche eure Hilfe.

    Hans ist gestorben.

    Es gibt einen Erbvertrag mit seinem Bruder, der allerdings nur Vermächtnisse enthält.
    Zudem gibt es ein notarielles Testament mit einer Erbeneinsetzung. Für mich ist das Testament entscheidend.

    Im Testament sind die Söhne von Hans Oliver zu 2/3 und Daniel zu 1/3 bedacht.
    Daniel ist nicht befreiter Vorerbe, Nacherben sind seine leiblichen ehelichen Abkömmlinge. Ersatznacherbe ist sein Bruder Oliver. Wiederum ersatzweise Nacherben sind die Abkömmlinge von Oliver.
    Oliver ist hinsichtlich der "Beteiligung [von Daniel] am Nachlass" zum Dauertestamentsvollstrecker bestellt.

    Jetzt wird mir folgendes vorgelegt:
    Die Annahme des Amtes als TV von Oliver mit dem Antrag auf Grundbuchberichtigung, der Erbvertrag, das not. Testament und die Eröffnungsniederschrift.
    Ich habe die NA vorliegen - es liegen keine weiteren Testamente vor.

    Wie trag ich das denn ein?

    Abt. I:
    2.1 Oliver
    2.2 Daniel
    In Erbengemeinschaft

    Abt. II:
    Nur am Anteil Abt. I/2.2 (?)
    Testamentsvollstreckervermerk

    Nur am Anteil Abt. I/2.2 (?)
    Nacherbenvermerk

    Trage ich die Vermerke jeweils an dem Anteil in Abt. I ein?
    Und ist die Reihenfolge von TV-Vermerk und NE-Vermerk egal?
    Wie würdet ihr die mehrfache Ersatznacherbfolge eintragen?

    Danke schonmal!

  • II/1: "Für den Anteil des des Daniel (Abt. I lfd.Nr. 2.2) am Nachlass des Hans ist Testamentsvollstreckung angeordnet."
    II/2: "Daniel (Abt. I lfd.Nr. 2.2) ist Vorerbe. Nacherben sind seine leiblichen ehelichen Kinder, ersatzweise Oliver, weiter ersatzweise die Abkömmlinge des Oliver."

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Das ist in Ordnung.

    II/1
    Nur lastend auf Abt. I Nr. 2.2:
    Daniel ist Vorerbe nach Hans, die Nacherbfolge tritt ein beim Tod des Vorerben, Nacherben sind die leiblichen ehelichen Abkömmlinge. Ersatznacherbe ist Oliver, ersatzweise dessen Abkömmlinge; Testamentsvollstreckung ist angeordnet; gemäß Testament vom .... (Nachlassgericht ....); eingetragen am

    Ich trage alles in einen Nacherbenvermerk ein. Vermerke haben im Grundbuch keinen Rang aber mit obigem Beispiel brauchst du dir darüber keinen Kopf mehr zerbrechen.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Zutreffend. Nacherbfolge und TV sind in einem Vermerk zusammenzufassen, weil sie jeweils den gleichen Erbteil betreffen (so dass sie natürlich streng genommen nicht an diesem Erbteil "lasten"). Wie mein Vorredner zutreffend bemerkt, ist natürlich anzugeben, wann die Nacherbfolge eintritt und es sollte nicht "Kinder", sondern - wie im Testament - "Abkömmlinge" geschrieben werden.

    Zu einer Testamentsvollstreckung (auch) nach § 2222 BGB sagt das Testament nichts? Diese wäre nämlich ebenfalls zu vermerken, und zwar nicht als den Vorerben betreffende TV, sondern als eine die Nacherben betreffende TV.

  • A bevollmächtigt B über den Tod hinaus. A wird von B und C beerbt, Erbschein liegt vor. B ist Vollerbe, C ist nicht befreiter Vorerbe, Nacherben sind die Abkömmllinge von C. Ersatznacherbe ist B. TV ist angeordnet. Bezüglich des Erbteils von C ist Dauertestamentsvollstreckung angeordnet.


    TV-Zeugnis liegt vor. Inhalt: Über den gesamten Nachlass ist TV angeordnet. Bezüglich des Anteils von C ist Dauervollstreckung gemäß § 2209 S.1, 2 Halbsatz BGB angeordnet. Gemäß § 2210 BGB dauert die Verwaltung fort bs zum Tod des C.

    B. verkauft -handelnd als TV, als Bevollmächtigter von A und als Bevollmächtigter von C- den Grundbesitz.
    Im Hinblick auf die Erläuterungen im HRP GB-Recht, 3433 frage ich mich, ob die Nacherben von C dem Verkauf zustimmen müssen.
    Als TV für den Nacherben wurde er ja nicht eingesetzt. Würde B -ohne Vollmacht von A- nur als TV handeln, müssten die Nacherben zustimmen.
    B handelt jedoch ausdrücklich auch als Bevollmächtiger des A. Greift dann die Zustimmungserfordernis

  • siehe die hier
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1080704
    genannten Beiträge.

    Speziell noch zum Verhältnis von Testamentsvollstreckung und Vollmacht über den Tod hinaus siehe Weidlich in der Abhandlung „Das Verhältnis von Testamentsvollstreckung und Vollmacht über den Tod hinaus und seine Behandlung im Grundbuchverfahren“ MittBayNot 3/2013, 196 ff
    http://www.notare.bayern.de/fileadmin/file…yNot_2013_3.pdf

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    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (15. Dezember 2021 um 16:48)

  • Nach herrschender Ansicht unterliegt der Testamentsvollstrecker den Verfügungsbeschränkungen der (hier: nicht befreiten) Vorerbschaft, sodass es zutrifft, dass die Zustimmung der Nacherben erforderlich wäre, falls auf der Veräußererseits lediglich als Testamentsvollstrecker auftritt.

    Damit geht es im Ergebnis darum, ob der transmortal Bevollmächtigte, der gleichzeitig nicht nur für sich selbst, sondern auch für den Vorerben als Testamentsvollstrecker handelt, für den Nacherben die Zustimmung zu einer Verfügung des Vorerben (bzw. zu einer Verfügung des Testamentsvollstreckers des Vorerben) erklären kann.

    Dies ist nach meiner Ansicht mit dem OLG München (Rpfleger 2019, 577 = FamRZ 2019, 1746 = FGPrax 2019, 165 = ZEV 2019, 533 m. Anm. Kollmeyer) zu verneinen.

    Ausführlich zu dieser Nacherben-Problematik: Bestelmeyer Rpfleger 2019, 679, 694/695 mit weiteren umfangreichen Ausführungen in den betreffenden Fn. 201-212.

    Die von Prinz verlinkten (und insoweit nicht aktuellen) Nachweise treffen im Hinblick auf die Nacherbenproblematik somit nicht den Kern der Sache.

  • Nun, bei der ersten Verlinkung ging es um die Frage, ob die Erbenstellung des Bevollmächtigten zum Erlöschen der Vollmacht durch zur Konfusion führt. Dies hat die verlinkte Rechtsprechung und Literatur verneint (s. zuletzt KG Berlin, Beschluss vom 02.03.2021, 1 W 1503/20 und die Anm. von Meier in der DNotZ 2021, 703, 706 ff.). Und bei der zweiten Verlinkung ging es um die (zu bejahende) Frage, ob dem die transmortale Vollmacht gegenüber dem TV ebenfalls wirkt (s. Weidlich, MittBayNot 3/2013, 196/197 und ZEV 2016, 57, 62; MünchKommBGB/Schubert, 9. Auflage 2021, § 168 RNern. 39, 41).

    Vorliegend geht es auch nicht -wie im Fall des OLG München, Beschluss vom 14.6.2019, 34 Wx 237/18- um die Vornahme eines Rechtsgeschäfts zwischen Vor- und Nacherben, bei dem der Vorerbe nicht sich selbst gegenüber als Vertreter des Nacherben aufgrund der transmortalen Vollmacht handeln kann, wenn nicht der Nacherbe dem Vorerben gegenüber zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet ist (Zitat: KG KGJ 36, 166 (170)).

    Vielmehr geht es um ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten, demgegenüber jedenfalls die Zustimmung des durch den TV vertretenen Nacherben erklärt werden könnte.

    Aber auch die Vertretung des Nacherben durch den Bevollmächtigten selbst ist möglich. Jedenfalls geht das OLG Stuttgart im Beschluss vom 29.5.2019, 8 W 160/19, davon aus, dass der transmortal Bevollmächtigte an die für den Vorerben geltenden Verfügungsbeschränkungen der §§ 2113 ff. BGB selbst dann nicht gebunden ist, wenn er gleichzeitig Vorerbe ist (s. dazu die Abhandlung von Keim, ZEV 2020, 1/2 ff).

    Strobel führt zur Vertretung eines Vorerben durch den transmortal Bevollmächtigten in seiner Abhandlung in der NJW 2020, 502/505 aus: „Im Ergebnis ist damit eine postmortale Vertretung des Nacherben durch den Vorerben vor dem Nacherbfall zulässig; erforderlich ist freilich, dass der Wille des Vollmachtgebers darauf gerichtet ist. Ob es sich um ein Rechtsgeschäft zwischen dem Vor- und dem Nacherben handelt oder nicht (also etwa Verfügungen an Dritte, bei denen die Erklärungen von Vor- und Nacherben parallel gegenüber dem Dritten erfolgen), ist mit Blick auf die grundsätzliche Möglichkeit der Vertretung entgegen dem OLG München ohne Bedeutung“

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  • Ich verstehe dies so, dass wenn der Vorerbe Transmortalbevollmächtigter ist, eine Zustimmung des Nacherben entbehrlich ist. Hier ist jedoch der transmortal Bevollmächtige der weitere Mit(voll-)erbe, während der weitere Miterbe ein unbefreiter Vorerbe ist. Für diesen handelt der TV/transmortal Bevollmächtigte/Miterbe aufgrund einer Vollmacht des Vorerben. Und als TV. Oder verstehe da was falsch?

  • .... Hier ist jedoch der transmortal Bevollmächtige der weitere Mit(voll-)erbe, während der weitere Miterbe ein unbefreiter Vorerbe ist. Für diesen handelt der TV/transmortal Bevollmächtigte/Miterbe aufgrund einer Vollmacht des Vorerben. ..

    Eben. Deshalb bestehen ja nicht einmal mögliche Einschränkungen aufgrund der vom Erblasser angeordneten Vor- und Nacherbfolge.

    Mit der transmortalen Vollmacht werden sämtliche Erben, also auch die Nacherben vertreten. Die Ausübung der Vollmacht im Namen der Erben beinhaltet damit zugleich, soweit erforderlich, eine Zustimmung aller Nacherben und wirkt damit für und gegen die Nacherben. Auch soweit nach den §§ 2113 ff. BGB Verfügungsbeschränkungen bestehen, bleiben Grundstücksverfügungen, soweit nicht ein Missbrauch der Vertretungsmacht mit Auswirkungen auf das Außenverhältnis vorliegt, endgültig wirksam (s. Weidlich, „Grundstücksverfügungen mittels Vollmachten über den Tod hinaus“, ZEV 2016, 57/64 mwN in den Fußnoten 59, 60). Die Rechtsgeschäfte des vom Erblasser Bevollmächtigten sind auch für einen Testamentsvollstrecker oder einen Vorerben und Nacherben verbindlich (Böttcher, NJW 2013, 2805/2807).

    Amann führt dazu in der MittBayNot 5/2013, 367
    https://www.notare.bayern.de/fileadmin/_mig…yNot_2013_5.pdf
    aus: „Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte des Bevollmächtigten wirken für und gegen den/die Erben, wer immer dies ist. Die Rechtsmacht des Bevollmächtigten, die Erben zu binden, entspricht der Rechtsmacht eines prämortal Bevollmächtigten, den Vollmachtgeber zu binden. Berechtigt und verpflichtet daraus werden sämtliche Erben einschließlich etwaiger Nacherben,5 unabhängig davon, ob die Erbfolge durch Erbschein oder auf andere Weise bereits nachgewiesen oder dem Bevollmächtigten bekannt ist
    5 Dies wird selten ausdrücklich erwähnt, ist aber selbstverständlich (vgl. Staudinger/Reimann, 2012, Vorbem. zu §§ 2197-2228 Rdnr. 64), da auch der Nacherbe zu den Erben des Erblassers zählt“.

    B handelt aufgrund der vom Erblasser erteilten Vollmacht sowohl für C, als auch für die als Nacherben bestimmten Abkömmlinge des C. Auf eine vom Vorerben C erteilte Vollmacht kommt es nicht an.

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