Vorlagepraxis bei neuem Wohnungseigentum

  • Guten Morgen,

    ich habe mal eine Frage an die Theoretiker. Teilungserklärung wird eingereicht (Vorlage I), direkt dazu alle AVs (Vorlage II). Wie weit reicht die Wirkung des § 878 BGB zurück für die AVs? Wirklich bis zum Zeitpunkt des Eingangs beim GBA oder nur bis zum Zeitpunkt des Vollzugs der TE? (Kommentar sagt: Der Schutz des § 878 hängt von der vorherigen Stellung des Eintragungsantrags ab. Gestellt ist der Antrag mit Eingang beim Grundbuchamt (§ 13 Abs. 2 S. 2, 3 GBO), wenn und sobald er unter Beachtung aller sonstigen grundbuchrechtlichen Erfordernisse zur Eintragung des beantragten Rechts führen kann. MüKoBGB/Kohler BGB § 878 Rn. 16).

    (Hintergrund zu dieser Frage ist eine Diskussion mit unseren Notaren. Wir hätten gerne, dass wir erst die TE vollziehen dürfen und danach dann die AVs direkt zu den neuen Blattstellen eingereicht werden. Dies wird von den Notaren aber mit gerümpfter Nase im Zweifel abgelehnt mit der Begründung man müsse vorlagereife AVs vorlegen, weil wenn dazwischen eine ZHyp gegen den Bauträger eingeht oder gar er in Insolvenz dann wäre das ein Haftungsfall für den Notar. Ich bin aber der Meinung, dass 1. zwischen Kauf und Eintragung der AV teilweise Monate liegen, da kann es nicht wirklich auf die paar Tage ankommen, und 2. liegt mit Einreichung der TE noch immer keine Vorlagereife der AV vor, denn das Vertragsobjekt ist zu diesem Zeitpunk noch nicht existent.)

    Vielen Dank fürs Mitdenken.

  • Theoretisch: Der Antrag ist nur wirksam gestellt, wenn das Eintragungshindernis mit Rückwirkung behoben werden kann. Ist hinsichtlich der Entstehung des Wohnungseigentums als Belastungsgegenstand nicht der Fall.

  • Und wie sieht die aktuelle Vorlage und Vollzugspraxis konkret aus?
    Seh hier noch keinerlei Problem.

    Aktuell sieht es so aus: es kommen gleichzeitig Vorlage 1: TE (zu Blatt X), Vorlage 2: 100 Kaufverträge mit Antrag auf Eintragung der AV (zu Blatt X, natürlich, ein anderes existiert ja noch nicht).

    Sodann ergeben sich für uns folgende Probleme: Die Servicekraft erzeugt den Fall zur TE. Muss dann die 100 AVs sortieren auf die 100 neuen Aktendeckel (wobei sie zu diesem Zeitpunk noch gar nicht weiß in welcher Reihenfolge die Eitragung tatächlich erfolgen wird, ausserdem muss sie jetzt schon Whg- und TG-Stellplatz-Akte zusammenfassen). Die Fälle zu den AVs widerum - obwohl der Urkundseingang eigentlich umgehend im System erfasst werden muss - kann sie aber noch nicht erzeugen, weil die Blattstellen im System noch nicht exiertieren.

    Das große Argument der Notare ist hierzu stets das Haftungsrisiko nicht vorgelegter Urkunden im Insolvenzfall. Nur: ist das überhaupt eins?

  • zu Blatt X, natürlich, ein anderes existiert ja noch nicht

    Die fehlende Entstehung des Wohnungseigentums ist aber auch ein materiell-rechtliches Hindernis, das zur Nichtanwendbarkeit des § 878 BGB führt (vgl. Staudinger/Karl-Heinz Gursky BGB § 878 Rn 38 und 41 ff). Groß wird das Risiko, dass der Entzug der Verfügungsbefugnis dem Grundbuchamt zwischen Eintragung von Wohnungseigentum und der der Vormerkung bekannt wird, nicht sein.

  • Also wird ja trotzdem die AV nur an der zukünftigen Einheit beantragt.
    Der Notar wird die Urkunde kaum ändern wenn er dann die AV einen Tag später einreicht.


    Das Erzeugungsproblem und Aktenanlegungsproblem besteht so oder so.

    Da muss man sich überlegen wie man das macht.

    Wenn hier sowas passiert wird da gar nix rausgesucht sortiert oder gar Akten erstmal ohne Bezeichnung angelegt, das wird vorgelegt wie's eingereicht wird und wenn's halbwegs übersichtlich bleibt lass ich mir das alles in einem Fall erzeugen.

    Wenn man einen vollzugsfähigen Antrag serviert bekommt hat man den aucch durch Vollzug zu erledigen.

    Dass die AVs erst bearbeitet werden können wenn über die Teilungserklärung entschieden wurde ist ja soweit klar, ob die nun gleichzeitg beantragt werden oder leicht verzögert ändert hier nichts an der Bearbeitung und wenn der Notar glaubt sich mit dieser Vorlagepraxis sicherer zu fühlen kann man ihm den Glauben ja lassen.

    Was man machen kann ist, dass man beim Auftauchen von Eintragungshindernissen alle Anträge unverzüglich korrekt GBO-konform erledigt:teufel:

  • Ich lasse sämtliche Kaufverträge und Grundschulden in den Fall der WEG-Bildung aufnehmen. Es hat sich auch noch keine SE beschwert, denn sie haben den Vorteil alles in einen Fall machen zu können und müssen nicht noch 100 Fälle später erzeugen.
    Und klar ist auch, dass die SE zählen muss, wie viele neue Blätter angelegt werden müssen - egal, ob WE, TE oder beides gemischt und die Verträge sodann in die richtigen neuen Akten zu verfrachten, hat hier noch keine Probleme ausgelöst.

    :cup: Man sollte - wenigstens versuchen - stets bemüht zu sein. :schreiben

  • Hallo :)

    Ich hänge mich hier mal ganz blöd ran:

    Mir werden auch ständig die Teilungserklärungen und die Folgesachen (hier konkret der Antrag auf Eigentumsumschreibung zu Wohnungsblatt x) gleichzeitig vorgelegt. Damit soll wohl Druck auf den Rechtspfleger ausgeübt werden, was die Erledigungsdauer betrifft.

    Hier hat sich der Notar noch nicht einmal die Mühe gemacht, getrennte Anträge einzureichen (Teilung und Veräußerung in einer Urkunde, nur ein Anschreiben des Notars). Demgemäß sind die Anträge für mich gleichzeitig gestellt.

    Verstehe ich es richtig, dass jedweder Eintragungsmangel bei der Bildung des Wohnungseigentums in der Konsequenz (also "GBO-konform") zur Zurückweisung aller Folgesachen (hier: Zurückweisung des Antrages auf Eigentumsumschreibung) führen muss?

    Beste Grüße und vielen Dank.

  • Ich denke, das trifft wegen § 16 II GBO nur auf die nicht behebbaren Mängel zu (und verstünde sich dann ohnehin von selbst).

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Aus Notarsicht habe ich sogar Verständnis für die sofortige Einreichung der Folgeanträge. Das "Zuschmeißen" mit Folgeanträgen mag ärgerlich sein, aber es ist nicht verboten.

    Wenn Folgeanträge durch die Zurückweisung von vorgehenden Anträgen nicht mehr vollziehbar sind, wird man doch immer zu einer Zurückweisung auch der Folgeanträge kommen müssen. Warum sollte das bei Aufteilungen nach dem WEG anders sein?

    Ob ich nach Zurückweisung des Aufteilungsantrages tatsächlich sofort die Folgeanträge zurückweisen würde, ist eine andere Frage und kommt auf den konkreten Fall an. Unter dem Strich wird der aufteilende Eigentümer die Aufteilung nicht gänzlich lassen wollen, weil er sich das meistens kaum wird leisten können.

  • Bei unbehebbarem Mangel musst du trotzdem erst eine Aufklärungsverfügung machen und den Notar darauf hinweisen, dass sein Antrag zurückgewiesen wird wenn nicht binnen sehr kurzer Frist Rücknahme erfolgt. Sonst verstößt Du gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens. (Dass dem Antragsteller Fairness egal ist heißt nicht, dass sie uns auch egal sein darf.)

  • Bei unbehebbarem Mangel musst du trotzdem erst eine Aufklärungsverfügung machen und den Notar darauf hinweisen, dass sein Antrag zurückgewiesen wird wenn nicht binnen sehr kurzer Frist Rücknahme erfolgt. Sonst verstößt Du gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens. (Dass dem Antragsteller Fairness egal ist heißt nicht, dass sie uns auch egal sein darf.)

    Das sehe ich genau so. Ich halte insoweit §28 I S.2 FamFG für anwendbar.

    M.E. würde es hier ausreichen bei einer Beanstandung der Teilungserklärung darauf hinzuweisen, dass für den Fall der Zurückweisung oder Rücknahme des Antrages auch die Folgeanträge zurückzuweisen wären. Dann hat der Notar immer noch die ggf. Möglichkeit alle Anträge zurückzunehmen (was ja auch nicht kostenlos ist).

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