Kaufpreis weit über Verkehrswert

  • hallo,

    mir liegt ein Grundstücksaufvertrag zur Genehmigung vor. Kaufpreis : 260.000,-- EUR . Nach dem Verkehrswertgutachten von November 2016 liegt der Wert aber nur bei 180.000,-- EUR . Bedenken wegen Nichtigkeit des Vertrages oder einfach durchwinken ?

  • Warum sollte der Vertrag denn nichtig sein?
    Wenn dem Käufer das Grundstück subjektiv nunmal mehr wert ist als der objektive VKW...umso besser für den Betreuten.
    Ich hätte so aus dem Bauch raus keine Bedenken.

    Don't blink. Blink and you're dead. They are fast. Faster than you can believe. Don't turn your back. Don't look away. And don't blink. Good Luck. - The Doctor

  • Besser: Es wird nicht über dem Verkehrswert, sondern über dem - vielleicht nicht zutreffenden - Gutachterwert bezahlt. Das ist ein feiner Unterschied.

    Wenn der Betreute in Deinem Fall auf der Veräußererseite steht, würde mich das also keinesfalls stören, sondern im Gegenteil freuen.

    Etwaige Gedanken an eine Unwirksamkeit des Vertrags liegen neben der Sache. Grundbesitz hat eben den Preis, den ein Käufer bereit ist zu zahlen.

  • Besser: Es wird nicht über dem Verkehrswert, sondern über dem - vielleicht nicht zutreffenden - Gutachterwert bezahlt. Das ist ein feiner Unterschied.

    Wenn der Betreute in Deinem Fall auf der Veräußererseite steht, würde mich das also keinesfalls stören, sondern im Gegenteil freuen.

    Etwaige Gedanken an eine Unwirksamkeit des Vertrags liegen neben der Sache. Grundbesitz hat eben den Preis, den ein Käufer bereit ist zu zahlen.

    Ganz so ist es nicht, aber bis unter 180% des durch den Gutachter festgestellten Verkehrswerts ist es auch unter dem Gesichtspunkt des § 138 BGB unbedenklich.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Zur Klarstellung: Ein Gutachter kann den Wert eines Grundstückes nur schätzen. Zur Schätzung wird das Grundstück natürlich besichtigt usw. Danach versucht der Gutachter, den Wert des vorliegenden Grundstückes anhand der in letzter Zeit erzielten Kaufpreise für ähnliche Immobilien einzuschätzen.

    Zu beachten ist dabei, dass den Gutachtern Kaufpreise bekannt sind, die in der Vergangenheit erzielt wurden. Meist handelt es sich um die Preise des vergangenen Jahres. Falls die Preise in letzter Zeit stark gestiegen sind, kann er dies oft nicht mit einbeziehen. Dann steht im Gutachten ein Preis, der mit den tatsächlich zu erzielenden Preisen nicht mithalten kann.

    Umgekehrt war es in der Wirtschaftskrise so, dass die Preise unglaublich stark gefallen sind (die Blase ist geplatzt). Die Gutachten, die z.B. in den Versteigerungsabteilungen vorgelegt wurden, haben sich noch auf (alte) Preise bezogen/beziehen müssen, die am Markt längst nicht mehr zu erzielen waren. Es gab Immobilien, die quasi unverkäuflich waren, es wollte einfach niemand haben. Die Folge war, dass massenhaft Grundstücke weit unter dem vom Gutachter benannten Preis versteigert wurden.

    Ein Gutachten sehe ich insofern immer als Anhaltpunkt, es muss aber nicht der Weisheit letzter Schluss sein. :hetti:

    * Was schert´s die Eiche, wenn das Schwein sich an ihr reibt! *

  • Zur Klarstellung: Ein Gutachter kann den Wert eines Grundstückes nur schätzen. Zur Schätzung wird das Grundstück natürlich besichtigt usw. Danach versucht der Gutachter, den Wert des vorliegenden Grundstückes anhand der in letzter Zeit erzielten Kaufpreise für ähnliche Immobilien einzuschätzen.

    Zu beachten ist dabei, dass den Gutachtern Kaufpreise bekannt sind, die in der Vergangenheit erzielt wurden. Meist handelt es sich um die Preise des vergangenen Jahres. Falls die Preise in letzter Zeit stark gestiegen sind, kann er dies oft nicht mit einbeziehen. Dann steht im Gutachten ein Preis, der mit den tatsächlich zu erzielenden Preisen nicht mithalten kann.

    Umgekehrt war es in der Wirtschaftskrise so, dass die Preise unglaublich stark gefallen sind (die Blase ist geplatzt). Die Gutachten, die z.B. in den Versteigerungsabteilungen vorgelegt wurden, haben sich noch auf (alte) Preise bezogen/beziehen müssen, die am Markt längst nicht mehr zu erzielen waren. Es gab Immobilien, die quasi unverkäuflich waren, es wollte einfach niemand haben. Die Folge war, dass massenhaft Grundstücke weit unter dem vom Gutachter benannten Preis versteigert wurden.

    Ein Gutachten sehe ich insofern immer als Anhaltpunkt, es muss aber nicht der Weisheit letzter Schluss sein. :hetti:


    Das ist sachlich im Grundsatz richtig, aber unter Berücksichtigung der möglichen Abwicklung wohl gleichwohl zu knapp gesprungen (Unterschied zwischen materieller und prozessualer, d.h. gerichtlich belegbarer, Wahrheit).
    Wenn es nämlich um die Frage der sittenwidrigen Überhöhung eines Kaufpreises (oder einen anderen, später vor dem Prozessgericht geltend zu machenden Unwirksamkeitsgrund geht, der mit dem Kaufpreis zusammenhängt), dann entscheidet das Prozessgericht nach Einholung eines entsprechenden Gutachtens. Dann kann man mit Gegengutachten und ggf. Obergutachten um den "wahren" Wert feilschen, letztlich wird jedoch immer ein durch Gutachten ausgewiesener Wert die Grundlage der gerichtlichen Beurteilung sein. Also kommt es in der praktischen Abwicklung auf den Gutachterwert an. Und deswegen wäre ich vorsichtig, wenn der Verkaufspreis 180% oder mehr über dem Gutachterwert liegt (um den genauen Wert wird auf BGH-Ebene gestritten, siehe V ZR 51/11 (180%) zu XI ZR 508/12 zu V ZR 249/12; jedenfalls beginnt ab 180% der kritische Bereich).

    Dieser Bereich ist hier im konkreten Fall jedoch nicht erreicht, daher hätte ich hier keine Bedenken.


    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

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