Umdeutung zweier Einzeltestamente in ein gemeinschaftliches Testament

  • Ich habe ein Testament der Erblasserin eröffnet, in dem sie bestimmt:
    Im Falle meines Todes verfüge ich, dass.........mein Besitz an meinen Ehemann E fällt. .......nach dem Ableben meines Mannes und mir unser Sohn S ....erbt. Für mich wohl erstmal eine VE/NE Erbfolge.

    Während des Erbscheinsantragstermins erzählt der Ehemann, er habe ein gleichlautendes Testament errichtet. Beide Ehegatten wollten, dass zunächst der Überlebende Vollerbe werde, nach dem Tode des Überlebenden sollte der einzige Sohn S alles bekommen. Eine VE/NE wäre von beiden nicht gewollt gewesen.
    Ich habe ihn jetzt erst mal gebeten, sein Testament vorbeizubringen, um dann zu überlegen, was damit geschehen soll.

    Bei meiner Recherche bin ich bis jetzt nur auf Entscheidungen gestoßen, die die Auffassung vertreten, dass es für ein gemeinschaftliches Testament nicht ausreichend ist, dass die Ehegatten in getrennten Urkunden am selben Tag und Ort im wesentlichen inhaltsgleiche Verfügungen getroffen haben. Es müsse vielmehr nach der Andeutungstheorie zumindest irgendwie aus den Einzeltestamenten hervorgehen, dass sie in Absprache und Kenntnis des Testierwillens des jeweils anderen abgefasst wurden. (OLG München v. 23.07.2008; BayOL v. 23.07.1993) Als Beispiel für einen solchen Errichtungszusammenhang werden in diesen Entscheidungen spätere gemeinsam erfolgte Ergänzungen aufgeführt.
    Das scheint ( auch wenn ich das zweite Testament noch nicht vorliegen habe) in meinem Fall aber nicht zu passen.
    Kennt einer vielleicht auch eine anderslautende, gut nachvollziehbare Entscheidung?

  • Wenn ich die Entscheidung des OLG München richtig lese, stellen sie (nur) "zusätzlich" auf das Kriterium gemeinsamer Zusätze ab:

    Für ein gemeinschaftliches Testament sei die Errichtung zweier sich inhaltlich im Wesentlichen entsprechenden Testamente am gleichen Ort und zur gleichen Zeit nicht ausreichend. Hier seien jedoch die Einzeltestamente der beiden Ehegatten vom 29.1.1983 in ihrer Formulierung bis hin zu dem in Klammern gestellten Begriff „Universalerbe“ identisch. Zwar nehme keines der beiden Testamente ausdrücklich auf das jeweilige Testament des anderen Ehegatten Bezug, die exakt übereinstimmende Wahl der Gestaltung zeige jedoch, dass sie in Absprache und in Kenntnis des Testierwillens des jeweils anderen gehandelt hätten.

    Testamente, die sich "nur" im Wesentlichen entsprechen, reichen nicht, aber 2 absolut identische Einzeltestamente im Prinzip schon - wenn der tatsächliche Wille für ein gemeinschaftliches Testament mit entsprechender Bindungswirkung bestand - was der überlebende Ehegatte im Erbscheinsantrag dann entsprechend erklären und an Eides statt versichern kann/muss.

    Hab ich zumindest schon mal so beurkundet und den ES dann auch erteilt. Der überlebende Ehegatte hatte erklärt, dass sie der Meinung gewesen waren, dass jeder Ehegatte den Text eigenhändig schreiben müsse...

  • Ich habe einen ähnlichen Fall. Beide Ehegatten haben jeweils ein exakt wortgleiches Testament verfasst mit folgendem Inhalt:

    "Wir die Eheleute ... setzen uns hiermit zu alleinigen und ausschließlichen Erben ein.

    ... der Überlebende kann frei verfügen etc. ....

    Schlusserben sollen unsere gemeinsamen, leiblichen Abkömmlinge sein."

    Ehemann unterschreibt sein Exemplar 2011

    Ehefrau unterschreibt ihr Exemplar 2010 (ca. 10 Monate vorher)

    Kann man diese Testamente trotz der zeitlichen Differenz als gemeinschaftliches Testament sehen ?

  • Sie wussten nicht, dass es gereicht hätte, wenn beide ein gemeinsames verfasst hätten. Sie dachten sie müssen es jeder einzeln schreiben. Gewollt war aber wohl ein gemeinschaftliches Testament.

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