Ausschlagung des Vorerben - Wegfall der Nacherbfolge - Erbschein Vermerk?

  • Erblasser errichtet 1964 ein einseitiges notarielles Testament in dem er verfügt:

    "Zu meinem alleinigen nicht befreiten Vorerben setze ich meinen Sohn A ein. Der Nacherbfall tritt mit dem Tod des Vorerben ein.

    Nacherben sind die bei Eintritt des Nacherbfalles vorhandenen Abkömmlinge des Vererben aus der Ehe mit seiner jetzigen Ehefrau E, unter sich nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.

    Im Falle des Wegfalls des eingesetzten Vererben A sind die in diesem Zeitpunkt vorhandenen Abkömmlinge des Verben A aus der Ehe mit seiner jetzigen Ehefrau E Ersatzvorerben unter sich nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge. Nacherben in diesem Fall sind die sämtlichen aus der genannten Ehe hervorgehenden Abkömmlinge unter sich nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge. Der Nacherbfall tritt jeweils mit der Geburt eines Nacherben ein."

    Der Erblasser verstarb 1977.

    Aus der Ehe des A mit E sind zwei Kinder hervorgegangen:

    a) der Sohn B und
    b) die Tochter C.

    Der Erblasser war zum Zeitpunkt seines Todes in zweiter Ehe verheiratet.

    Aus der ersten Ehe des Erblassers sind zwei Kinder hervorgegangen

    a) der Sohn A und
    b) die am Tage Ihrer Geburt verstorbene Tochter T.

    Der Sohn des Erblassers A schlägt innerhalb der Ausschlagungsfrist 1977 die Erbschaft als alleiniger nicht befreiter Vorerbe aus.

    2018 beantragen B und C einen Erbschein auf den Tod des Erblassers, wonach

    "a) durch Testament der Sohn des Erblassers A als nicht befreiter Vorerbe (wobei die Nacherfolge mit seinem Tod eintritt und Nacherben die bei Eintritt des Nacherbfalls vorhandenen Abkömmlinge des Vererben aus der Ehe mit E sind und

    b) die bei Wegfall des Vererben in diesem Zeitpunkt vorhandenen Abkömmlinge des Vererben mit E als Ersatzvorberben sowie sämtliche aus dieser Ehe hervorgegangenen Abkömmlinge als Nacherben, wobei der Nacherbfall für jeden hinzukommenden Abkömmling mit seiner Geburt eintritt,

    eingesetzt wurden.

    Aufgrund der rechtzeitigen Ausschlagung des nicht befreiten Vorerben A ist die Ersatzvorerbenbestimmung eingetreten. Wir, B und C, sind die einzigen Abkömmlinge des Vererben und somit je zur Hälfte zu Ersatzvorerben eingesetzt.

    Nach den testamentarischen Bestimmungen wären wir zugleich Nacherben und gehen daher davon aus, dass die Anordnung der Nacherbfolge deshalb wegfällt.

    Wir beantragen aufgrund der Verfügung von Todes wegen aus 1964 die Erteilung eines Erbscheins, wonach der Erblasser durch uns, B und C, je zur Hälfte beerbte wurde."

    Wurden durch die Ausschlagung der Erbschaft durch A B und C tatsächlich (nur) Ersatzvorerben? Der Nacherbfall tritt ja (erst)mit dem Tode des Vererben ein. Löst die Ausschlagung der Erbschaft durch A den Nacherbfall aus? Ausschlagung ist ja nicht Tod.

    In der Folge wären B und C Vorerben des Erblassers.

    Mit dem Tode des A stand dann fest, wieviele Abkömmlinge des A aus der Ehe mit E entstanden sind: nämlich (nur) B und C.

    Ist dann mit dem Tode des A die durch den Erblasser angeordnete Nacherbfolge (tatsächlich) weggefallen -auflösend bedingt angeordnete Nacherbfolge-? Mit der Folge, dass nunmehr ein Erbschein auf B und C ohne Hinweis auf die durch den Erbfall eigentlich angeordnete Nacherbfolge erteilt werden kann?

    Je mehr ich nachdenke, umso mehr komme ich zum Ergebnis, dem Erbscheinsantrag stattzugeben bzw. stattgeben zu müssen.

    Liegen die Antragsteller (in der Folge des den Erbscheinsantrag beurkundenden Notar) und liege ich mit meiner -voraussichtlichen- Entscheidung (tatsächlich) richtig?

  • Wurden durch die Ausschlagung der Erbschaft durch A B und C tatsächlich (nur) Ersatzvorerben?


    Ich denke, ja. Genau für diesen Fall hat der Erblasser Ersatzvorerben vorgesehen.

    Der Nacherbfall tritt ja (erst)mit dem Tode des Vererben ein.


    In dem Fall, dass A wegfällt (und es deshalb Ersatzvorerben gibt), soll der Nacherbafall eben nicht erst mit Tod von A, sondern schon mit Geburt weiterer Nacherben eintreten.

    Löst die Ausschlagung der Erbschaft durch A den Nacherbfall aus?


    Nein, die Ausschlagung (=Wegfall) von A führte zur Berufung von Ersatzvorerben.

    Ausschlagung ist ja nicht Tod.


    In der Tat. Ein lebender A der ausgeschlagen hat, kann noch weitere Nacherben (Geschwister für B und C) zeugen. Ein verstorbener A kann das nicht (es sein denn, da ist noch irgendwas eingefroren...).

  • Ich denke, dass des Rätsels Lösung ist, dass alle Abkömmlinge aus der betreffenden Ehe letztlich zu gleichen Anteilen Erben werden sollten. Der Erblasser hat offenbar die Möglichkeit ins Kalkül gezogen, dass A die Erbschaft ausschlägt und insoweit war es auch konsequent, auch noch erst nach der Ausschlagung geborene weitere Abkömmlinge aus der betreffenden Ehe als Erben vorzusehen.

    Die Konstruktion hierfür ist allerdings missglückt, weil niemand gleichzeitig Vorerbe und Nacherbe sein kann und etwaige künftige Abkömmlinge aus der betreffenden Ehe nur quotal bedacht sein sollten. Die für den Fall des Eintritts des Ersatzvorerbenfalls angeordnete Nacherbfolge konnte sich daher von vorneherein jeweils nur auf einen Teil der Erbteile von B und C beziehen, weil B und C ihren durch die Geburt des weiteren Abkömmlings verringerten Erbteil ja als Vollerben behalten sollten (alle Abkömmlinge zu gleichen Anteilen).

    Das Testament ist daher nach meiner Ansicht in der Weise auszulegen, dass aufgrund der Erbausschlagung von A nunmehr B und C zu hälftigen Vollerben (nicht: Vorerben) berufen waren, wobei aufschiebend bedingte Nacherbfolge (und gleichzeitig auflösend bedingte Vollerbschaft bei B und C) für den Fall des Hinzukommens von weiteren Abkömmlingen aus der betreffenden Ehe angeordnet war, die in der Weise ausgestaltet ist, dass B und C jeweils soviel quotal von ihrem Hälfteerbteil "abgeben" müssen, dass alle Abkömmlinge aus der betreffenden Ehe insgesamt zu gleichen Anteilen erben. Mit anderen Worten: B und C müssen auf jeden Fall für einen Teil ihrer jeweiligen Hälftequote Vollerben gewesen sein und da keine weiteren Abkömmlinge aus der betreffenden Ehe nachgeboren wurden, stellte sich im Ergebnis heraus, dass sie insgesamt für ihren jeweiligen Hälfteanteil Vollerben geblieben (!) sind.

    Im Ergebnis sind also B und C hälftige Vollerben und da bislang offenbar noch kein Erbschein erteilt war, kann in dem beantragten (ersten) Erbschein auch nur das Endergebnis der erbrechtlichen Überlegungen wiedergegeben werden. Da die angeordnete bedingte Nacherbfolge nicht eingetreten ist, hat der Erbschein somit lediglich die hälftige Erbenstellung von B und C ohne irgendwelche Zusätze oder Besonderheiten zu enthalten. Dass die bedingte Nacherbfolge ausgefallen ist, hat im Erbschein nichts verloren. Es wäre nur - umgekehrt - zum Ausdruck zu bringen, (a) dass, (b) aufgrund welchen Ereignisses und (c) zu wessen Gunsten eine Nacherbfolge eingetreten ist.

  • Danke. Dann werde ich morgen den Erbschein wie beantragt erteilen. Und mich darüber freuen, einen Fall weniger im Rückstand zu haben.

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