Hat ein Beratungshilfeschein zwingend die Bedarfsgemeinschaft auszuweisen?

  • Antragsteller erscheint mit einem Leistungsbescheid. Hierausist ersichtlich, dass noch mehr Leute hier eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Dererteilte Beratungshilfeschein weist nur den Antragsteller aus. Die beauftragteRechtsanwältin vertritt ALLE aus der Gemeinschaft und macht eine prozentualeErhöhung der Geschäftsgebühr geltend. Nun kommt (nach Anhörung) die Revisorinund sacht, dass eine Voraussetzung für eine entsprechend erhöhten Vergütungsanspruchder Beratungsperson gegenüber der Landeskasse aus der Beratungshilfe einBeratungshilfeschein sei. Dieses folgert sie aus § 44 Satz 1, 1. Hs. RVG.
    Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass eineMehrvertretung auch mit EINEM Schein für ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaftausreicht. Für mich als Beratungshilfestelle würde eine Mehrfachausstellungnicht nur Mehrarbeit bedeuten, sondern schließlich auch die konkrete rechtlichePrüfung, in welchem Umfang die anwaltliche Sozialberatung denn erfolgen muss. Dassprengt übersteigt leider meine Rechtskenntnisse in diesem Bereich deutlich.
    Wie seht Ihr das? Reicht ein Schein für ein Mitglied derGemeinschaft und kann der Anwalt damit auch eine Mehrvertretung nachträglich abrechnen?Oder muss ggf. für mitberechtigte Personen auch ein Schein ausgestellt werden…Letzteres würde mich allerdings vor Probleme stellen.
    Vielen Dank für eine Antwort!

  • Das Problem kenne ich aus dem Mietrecht.... Zwei wenig zahlungskräftige Mieter werden gekündigt, einer steht dann vor mir und beantragt Beratungshilfe. Den Antrag arbeite ich ab und einige Monate später kommt der Vergütungsantrag mit der Gebühr Nr. 1008 VV-RVG. Das habe ich auch immer abgesetzt und mich auf den Standpunkt gestellt, dass ich den mir vorgelegten Antrag abgearbeitet habe. Wenn der Anwalt meint, dass er den anderen Mieter auch beraten oder vertreten muss, möge er ihn mir halt vorbeischicken (und das innerhalb der Frist des § 6 Abs. 2 BerHG). Aber eine automatische Erstreckung sehe ich nicht.

    In deinem Fall dürfte es (wenn ich mich nicht sehr irre) auch so sein, dass der Antragsteller mit Wirkung für alle anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Widerspruch einlegen kann. Von daher dürfte es nur aus vergütungsrechtlichen Gründen interessant sein für alle Mitglieder der Gemeinschaft einen Schein zu haben (vgl. LG Gera, Beschluss vom 18. Oktober 2012 – 5 T 400/11 ).

  • Corypheus hat Recht.
    Eine Erhöhungsgebühr ist nur dann möglich, wenn mehr als ein Antragsteller in der Akte/im Schein drinsteht und auch die weitere Extra-Unterschrift von dem weiteren Antragsteller vorliegt.

    Es zählen nur die Antragsteller, die mit ihrer Unterschrift Beratungshilfe beantragt haben.

  • Ich halte es für mutwillig im Sinne von § 1 III BerHG, wenn alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Bratungshilfe beantragen.
    Selbstzahler würden in einem vergleichbaren Fall auch nicht alle den Anwalt beauftragen.

  • Ich meine auch: ein Antragsteller im Schein = keine Erhöhungsgebühr.
    Wenn alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vertreten werden sollen, muss auch von allen eine Antrag vorliegen

    ...und auch Beratungshilfe für alle bewilligt worden sein. Hierbei stelle ich immer darauf ab, ob hinsichtlich der einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unterschiedliche Gründe vorliegen, ansonsten reicht die Bewilligung für ein Mitglied aus (BVerf.Gericht 08.02.2012, 1 BvG 1120/11) und dann gibt's auch keine Erhöhungsgebühr.

  • Das Problem kenne ich aus dem Mietrecht.... Zwei wenig zahlungskräftige Mieter werden gekündigt, einer steht dann vor mir und beantragt Beratungshilfe. Den Antrag arbeite ich ab und einige Monate später kommt der Vergütungsantrag mit der Gebühr Nr. 1008 VV-RVG. Das habe ich auch immer abgesetzt und mich auf den Standpunkt gestellt, dass ich den mir vorgelegten Antrag abgearbeitet habe. Wenn der Anwalt meint, dass er den anderen Mieter auch beraten oder vertreten muss, möge er ihn mir halt vorbeischicken (und das innerhalb der Frist des § 6 Abs. 2 BerHG). Aber eine automatische Erstreckung sehe ich nicht.

    In deinem Fall dürfte es (wenn ich mich nicht sehr irre) auch so sein, dass der Antragsteller mit Wirkung für alle anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Widerspruch einlegen kann. Von daher dürfte es nur aus vergütungsrechtlichen Gründen interessant sein für alle Mitglieder der Gemeinschaft einen Schein zu haben (vgl. LG Gera, Beschluss vom 18. Oktober 2012 – 5 T 400/11 ).

    Dem stimme ich vollumfänglich zu und möchte nur den § 38 SGB II noch ergänzen, nachdem ein erwerbsfähiges Mitglied der BG wirksam für die ganze BG handeln kann (Vollmachtsvermutung).
    Auch dies spricht m.E. dafür, nur einen Schein zu erteilen bzw. nur eine Person hierin aufzunehmen. Die Notwendigkeit einer Bewilligung für die weiteren Mitglieder der BG sehe ich nicht.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Das Problem kenne ich aus dem Mietrecht.... Zwei wenig zahlungskräftige Mieter werden gekündigt, einer steht dann vor mir und beantragt Beratungshilfe. Den Antrag arbeite ich ab und einige Monate später kommt der Vergütungsantrag mit der Gebühr Nr. 1008 VV-RVG. Das habe ich auch immer abgesetzt und mich auf den Standpunkt gestellt, dass ich den mir vorgelegten Antrag abgearbeitet habe. Wenn der Anwalt meint, dass er den anderen Mieter auch beraten oder vertreten muss, möge er ihn mir halt vorbeischicken (und das innerhalb der Frist des § 6 Abs. 2 BerHG). Aber eine automatische Erstreckung sehe ich nicht.

    In deinem Fall dürfte es (wenn ich mich nicht sehr irre) auch so sein, dass der Antragsteller mit Wirkung für alle anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Widerspruch einlegen kann. Von daher dürfte es nur aus vergütungsrechtlichen Gründen interessant sein für alle Mitglieder der Gemeinschaft einen Schein zu haben (vgl. LG Gera, Beschluss vom 18. Oktober 2012 – 5 T 400/11 ).

    Dem stimme ich vollumfänglich zu und möchte nur den § 38 SGB II noch ergänzen, nachdem ein erwerbsfähiges Mitglied der BG wirksam für die ganze BG handeln kann (Vollmachtsvermutung).
    Auch dies spricht m.E. dafür, nur einen Schein zu erteilen bzw. nur eine Person hierin aufzunehmen. Die Notwendigkeit einer Bewilligung für die weiteren Mitglieder der BG sehe ich nicht.


    Damit meinst du auch, dass ohne die (nicht notwendige) Bewilligung für weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft natürlich auch kein Mehrvertretungszuschlag anfallen kann, oder? :gruebel:


  • Damit meinst du auch, dass ohne die (nicht notwendige) Bewilligung für weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft natürlich auch kein Mehrvertretungszuschlag anfallen kann, oder? :gruebel:

    Genau das meine ich, hast du richtig verstanden und zutreffender klargestellt, als ich es gerade könnte :)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Hierbei stelle ich immer darauf ab, ob hinsichtlich der einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unterschiedliche Gründe vorliegen, ansonsten reicht die Bewilligung für ein Mitglied aus (BVerf.Gericht 08.02.2012, 1 BvG 1120/11) und dann gibt's auch keine Erhöhungsgebühr.

    Volle Zustimmung mit dem Caveat, dass nicht nur gleiche Gründe sondern auch die berechtigte Erwartung notwendig ist, dass die eine Beratung effektiv allen Mitgliedern zu Gute kommt. In der Regel sicher gegeben aber da das Jobcenter ja gerne auch mal Bedarfsgemeinschaften aus WG-Mitgliedern strickt und in Ballungszentren gelegentlich böse zerstrittene Paare weiter in der gleichen Wohnung leben sollte man es zumindest im Hinterkopf haben.

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