Einstweiliger Rechtsschutz für den Nacherben

  • Guten Abend,

    irgendwie habe ich mich gerad etwas verrannt. Ich grübele irgendwie den ganzenTag über folgender Konstellation:

    Erblasser macht vereinfacht folgendes Testament:

    Vorerbe seines Hauses 1 soll A werden.

    Nacherbe soll eine Stiftung werden.

    Vorerbe seines Hauses 2 soll B werden.

    Nacherbe soll C werden.

    C soll außerdem seine Wiesen erben.

    Streitig ist hier, wer Nacherbe desHauses 1 geworden ist. Ich vertrete die Auffassung, dass es C geworden ist. Afällt m.E. nach raus, da ausdrücklich geregelt ist, dass er nur Vorerbe werdensoll, die Stiftung gibt es nicht, also unwirksam, bleiben noch B und C. B wurdenur einmal als Vorerbe bedacht, C dagegen einmal als Vollerbe oder zumindest stehtihm ein Vermächtnis zu und einmal soll er Nacherbe werden. Das ist aber hier gar nicht meine Frage.

    Meine Frage ist, wie sichert C seinen Anspruch bis zu einer endgültigen Entscheidung ab? A und B bilden zwareine Erbengemeinschaft, d.h. eine Veräußerung des Hauses 1 durch A allein istnicht möglich, aber was passiert, wenn das Nachlassgericht im Erbscheinzunächst tatsächlich A als Nacherben ansieht? M.E. nach kann dann zwarBeschwerde eingelegt werden, bringt aber alles nichts wenn da auch wieder dasGleiche raus kommt. Denn Schluss ist dann ja noch lange nicht, da eine der materiellen Rechtskraftfähige Entscheidung über das Erbrecht mit der Erteilung eines Erbscheins – auchz.B. nach einem FamFG-Verfahren wegen unterschiedlicher Erbscheinsanträge -ohnehin nicht getroffen wird, zumal ein Erbschein nach Maßgabe von § 2361 BGBjederzeit eingezogen werden kann.

    Möglichist insoweit zwar eine Feststellungsklage durch die mit materiellerBindungswirkung Feststellungen zum Bestehen des Erbrechts getroffen werdenkönnen, BGH vom 14.04.2010, IV ZR 135/08, aber das dauert.

    Zwischenzeitlichwäre A schlimmstenfalls Vollerbe, verfügt über das Grundstück und wenn C dann obsiegt ist Grundstück und Geld weg. Wie sichere ich den Anspruch des C?

    So richtig werde ich gerade aus den Kommentaren nicht schlau, aber müsste ichnicht eigentlich nach §§ 935 oder 940 ZPO einen Anspruch auf Eintragung einerVormerkung nach §§ 883, 885 BGB bezüglich des Nacherbenvermerks haben? Dannwäre ein etwaiger Erwerber bösgläubig und es könnte in aller Ruhe gewartetwerden bis eine endgültige Entscheidung vorliegt.

  • Ich denke, du liegst mit der Auslegung total daneben. Erbrecht in ein Grundstück kennt das BGB nicht, also auch keine Nacherbfolge. Ob der Erblasser die Begriffe Nach- bzw. Ersatzerbe unterscheiden konnte, halte ich auch für fraglich. Erst heute habe ich in einer Besprechung (bei mir leben die Erblasser glücklicherweise noch) wieder festgestellt, dass Ersatzerbfolge gewollt war, im mitgebrachten Text stand aber "Nacherbe wird unser Enkel".

    Warum muss ein "Nacherbe" vorläufig geschützt werden? Bei einem privatschriftlichen Testament brauchts doch einen Erbschein, um über den Grundbesitz zu verfügen und da werden die "Nacherben" vom Nachlassgericht als Beteiligte gehört.

  • Hier gibt es ganz andere Fragen, als die der Sicherung von Ansprüchen. Welcher Anspruch besteht denn überhaupt? Das ist ja die erste Frage.

    Bitte erstmal die rechtlichen Basics klären und was die Begriffe „Erbe“, „Vermächtnis“ und z. B. „Teilungsanordnung“ rechtlich bedeuten.

    In Deutschland kann nicht in einem Erbfall A Erbe eines Hauses und B Erbe von Wiesen werden. Es ist Gesamtrechtsnachfolge und ggf. eine Gesamthandsgemeinschaft entstanden.

    Hilfreich wäre der genaue Text des Testaments. Ohne den kann man schlecht was besprechen.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Wie der vorliegende Fall zeigt, ist es äußerst gefährlich, den Inhalt des Testaments "vereinfacht" zusammenzufassen, wenn man sich nicht vor Augen hält, dass durch diese vereinfachte Wiedergabe auch etwas verfälscht und kompliziert werden könnte. Auch muss ich meinen Vorrednern recht geben, dass die Überlegungen des Fragestellers wohl völlig neben der Sache liegen.

    Aber nehmen wir einmal an, das Testament wäre mit dem beschriebenen Inhalt errichtet worden. Und nehmen wir weiter an (was im Erbscheinsverfahren zu klären ist), dass die Zuwendung an die Stiftung tatsächlich unwirksam ist (etwa, weil der Erblasser keinen Testamentsvollstrecker ernannt hat, der die Stiftung gründen soll und die dann als vor dem Erbfall entstanden gilt).

    In diesem Fall ist zunächst zu klären, ob A aufgrund des Wegfalls der Zuwendung an die Stiftung insoweit zum Vollerben werden soll oder ob dann C insgesamt Nacherbe werden soll. (Auch) Dies ist im Erbscheinsverfahren zu klären und daher sind zum jetzigen Zeitpunkt alle weiteren Überlegungen müßig. Sie sind es im Übrigen - wie schon gesagt wurde - auch deshalb, weil man im vorliegenden Fall ohnehin nur mit einem Erbschein ins Grundbuch kommt und wenn es diesen aufgrund eines bestandskräftigen Feststellungsbeschlusses erteilten Erbschein gibt, ist die eingetretene Erbfolge nicht mehr zweifelhaft und alle gestellten Fragen sind damit beantwortet.

    Aber spielen wir die Dinge einmal durch:

    Möglichkeit 1: C soll nur Haus 2 (und die Wiesen) erhalten:

    A und B sind Miterben (Quoten ggf. zu je 1/2 mit Auseinandersetzungsanordnung).
    Nacherbfolge ist angeordnet, wobei sich die Nacherbfolge infolge Anordnung von Vorausvermächtnissen an beide Vorerben (§ 2110 Abs. 2 BGB) nicht auf Haus 1 erstreckt, so dass Haus 1 den Miterben nacherbschaftsfrei zufällt (mit nachfolgender Auflassung des Hauses 1 im Wege der Erbauseinandersetzung an A und des Hauses 2 an B, wodurch sich der im Grundbuch einzutragende Nacherbenvermerk sodann weiterhin auf Haus 2 beschränkt). Nacherbe ist C. Außerdem ist C Vermächtnisnehmer bezüglich der Wiesen.

    Zur Vorausvermächtnislösung in diesem Fall: Schäuble ZEV 2016, 675, 676; Bestelmeyer Rpfleger 2017, 674,679.

    Alternative Lösung zu Möglichkeit 1: B ist Alleinerbe als Vorerbe, C ist Nacherbe und Vermächtnisnehmer bezüglich der Wiesen und A ist Vermächtnisnehmer bezüglich Haus 1, so dass sich die Nacherbfolge nach erfolgter Erfüllung der Vermächtnisse dann im Ergebnis wieder auf Haus 2 beschränkt. Von der Abwicklung her vielleicht sogar einfacher, man wird sich aber vielleicht schwertun, hier lediglich zu einer Vermächtnisnehmerstellung von A zu gelangen, zumal bei dieser Lösung der Restnachlass (ex Haus 1, Haus 2 und Wiesen) dem B alleine zufiele, es sei denn, man würde insoweit auch eine "hälftige" Vermächtnislösung zugunsten von A in Betracht ziehen.

    Möglichkeit 2: C soll auch Haus 1 erhalten:

    A und B sind Miterben (Quoten: s.o.).
    Nacherbfolge ist sowohl für den Erbteil A als auch für den Erbteil B angeordnet (zwei Nacherbfolgen, eine für jeden Erbteil!). Nacherbe ist jeweils C. Außerdem ist C Vermächtnisnehmer bezüglich der Wiesen.

    Fraglich ist in diesem Fall, ob der Überlebende von beiden Miterben zunächst weiterer Vorerbe ist (so dass insoweit Nachnacherbfolge angeordnet ist und der Nachlass erst nach dem Ableben beider Miterben auf den Nacherben C übergeht) oder ob Nacherbfolge in der Weise angeordnet ist, dass die Erbteile von A und B zeitlich versetzt mit dem Ableben eines jeden Vorerben auf den Nacherben C übergehen. Zutreffend dürfte wegen der vom Erblasser vorgenommenen gegenständlichen Verteilung Letzteres sein, weil die rechtsgeschäftliche Erbauseinandersetzung zwischen A und B zunächst dazu führt, dass A Haus 1 und B Haus 2 aufgelassen erhält, so dass sich die Nacherbenvermerke im Wege der Surrogation (Haus 1 anstelle Erbteil A und Haus 2 anstelle Erbteil B) dann entsprechend objektsbezogen "verteilen". Damit geht dann später Haus 1 beim Tod von A auf C über und Haus 2 geht später beim Tod von B auf C über, wobei es keine Rolle spielt, welcher der beiden Miterben A und B zuerst verstirbt.

    Fazit und langer Rede kurzer Sinn:

    Der vorliegende Fall lässt sich nur mit profundem erbrechtlichem Spezialwissen lösen, das erfahrungsgemäß (leider) auch Notaren, Anwälten und Nachlassgerichten nicht durchgängig zur Verfügung steht. Denn eine Auslegung ist erfahrungsgemäß "schwierig", wenn man sich nicht darüber im klaren ist, welche Auslegungsergebnisse im Einzelnen überhaupt rechtlich möglich sind. Wenn man dann eine Möglichkeit - was bei § 2110 Abs. 2 BGB oft der Fall ist - zu Unrecht verwirft, landet man nahezu zwangsläufig bei der - irrigerweise angenommenen einzig denkbaren - Lösung, die dann oft die falsche ist.

    Aber vielleicht ist der wahre Sachverhalt ja auch völlig anders gelagert als der "vereinfachte".

  • Cromwell...du beeindruckst mich immer wieder...

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