2077 BGB bei Wiederheirat? Erbschein erforderlich?

  • Ich hab folgendes Problem mit einem Grundbuchberichtigungsantrag.

    Ehegatten setzen sich in einem Erbvertrag vertragsmäßig gegenseitig zu Alleinerben ein. Im Jahr 1972 wird die Ehe rechtskräftig geschieden.
    Im Jahr 1986 setzt der Ehemann den gemeinsamen Sohn in einem notariellem Testament zum Alleinerben ein. Die geschiedene Ehefrau wird als Ersatzerbin eingesetzt und erhält vermächtnisweise ein Wohnungsrecht zugewandt. Hintergrund ist, dass die geschiedenen Ehegatten zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung wieder zusammengelebt haben.
    Im Jahr 2000 haben die Ehegatten wieder miteinander die Ehe geschlossen.

    Nun ist der Ehemann verstorben und der Sohn beantragt aufgrund des notariellen Testaments die Grundbuchberichtigung.

    Wenn die Ehegatten nicht wieder geheiratet hätten, hätte ich ohne weiteres berichtigt, da der Erbvertrag aufgrund §§ 2279, 2077 BGB unwirksam ist. Anhaltspunkte für einen Fall des § 2077 Abs. 3 BGB sind aus dem Erbvertrag nicht ersichtlich.

    Nachdem ich ein bisschen in Literatur und Rechtsprechung gestöbert habe, bin ich nicht ganz sicher, was ich machen soll.

    Wenn ich mir die Kommentierung bei Staudinger (Rz. 25 zu § 2077 BGB) oder im Münchener Kommentar (Rz. 28, 29 zu § 2077) so ansehe, wird da wohl vertreten, dass bei einer Wiederverheiratung § 2077 BGB gar nicht zur Anwendung kommt, da die Ehe bei Tod ja Bestand hat. Andererseits wird im Münchener Kommentar (Rz. 29) argumentiert, bei zwischenzeitlichen abweichenden testamentarischen Verfügungen sei bei wechselbezüglichen (hier vertragsmäßigen) Verfügungen nicht von einem Aufrechterhaltungswillen auszugehen.

    Das BayObLG (Beschluss vom 23.05.1995, 1Z BR 128/94 = NJW 1996, 133) hat die Meinung vertreten, dass bei einem gemeinschaftlichen Testament mit wechselbezüglichen Verfügungen die Bindungswirkung mit Auflösung der Ehe entfällt und mit Wiederverheiratung nicht wieder auflebt. Es werde nicht die alte Ehe wiederhergestellt, sondern eine neue geschlossen. Gleichwohl kam das BayObLG im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung zum Ergebnis, dass die Ehegatten das dortige gemeinschaftliche Testament aufrechterhalten wollten, wenn sie die Scheidung und die Wiederverheiratung bedacht hätten.

    Da ich die Rechtsauffassung des BayObLG (siehe fett markiert) für richtig halte, hätte ich grundsätzlich kein Problem mit der Grundbuchberichtigung. Ich frage mich aber, ob nicht doch ein Erbschein notwendig ist, da ich als Grundbuchamt nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung den § 2077 Abs. 3 BGB prüfen kann.

    Ich bin verwirrt und für eure Meinungen dankbar.

    P.S. Es liegt bereits eine notarielle Urkunde vor, in der das Vermächtnis (Wohnungsrecht) erfüllt wurde.

  • .. da ich als Grundbuchamt nicht im Wege einer ergänzenden Auslegung den § 2077 Abs. 3 BGB prüfen kann.

    Aus dem Grund verlange ich als Grundbuchamt immer einen Erbschein, wenn der Erbvertrag keine Bestimmungen für den Fall der Scheidung enthält (und die Ehe der Testatoren geschieden wurde). Würde ich daher auch hier machen.

  • ...Andererseits wird im Münchener Kommentar (Rz. 29) argumentiert, bei zwischenzeitlichen abweichenden testamentarischen Verfügungen sei bei wechselbezüglichen (hier vertragsmäßigen) Verfügungen nicht von einem Aufrechterhaltungswillen auszugehen.


    bei dem geschilderten Sachverhalt würde ich nicht von einem Aufrechterhaltungswillen ausgehen, zumal die Ehefrau auch im Testament bedacht ist und bereits ein Vermächtniserfüllungsvertrag beurkundet wurde, an dem sie wohl beteiligt war (?)

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