Unbestimmter Nacherbe - Mitwirkung bei Verkauf durch TV??

  • Guten Morgen,
    leider habe ich bzgl. meines Falles über die SuFu keine Lösung gefunden.

    Mir liegt ein Kaufvertrag vor, in welchem derTestamentsvollstrecker als Verkäufer auftritt (Entgeltlichkeit wurde geprüft –alles i. O.!). Der eingetragene (Vor-)Erbe steht unter Betreuung. Dies sollteallerdings kein Problem darstellen, da ja der TV auftritt und eine Mitwirkungnicht erforderlich erscheint.
    Es ist jedoch Nacherbfolge angeordnet. Zum Nacherbeneingesetzt wurde das Pflegeheim, in welchem der Vorerbe zur Zeit seines Todeslebt. Würdet ihr jetzt das Pflegeheim, in dem er zur Zeit lebt, zum Kaufvertraganhören (der Vorerbe ist befreit)??
    Danke schon jetzt für eure Hilfe!!!

  • Nach mittlerweile wohl herrschender Ansicht unterliegt auch der für den Vorerben ernannte Testamentsvollstrecker den Verfügungsbeschränkungen des § 2113 BGB (was ich für unzutreffend halte). Da es sich im vorliegenden Fall um eine befreite Vorerbschaft handelt, kommt die Verfügungsbeschränkung des § 2113 Abs. 1 BGB jedoch nicht zum Zuge, so dass sich alles auf die Frage der Entgeltlichkeit fokussiert (§ 2113 Abs. 2 BGB). Zur Frage der Entgeltlichkeit ist der Nacherbe - natürlich - anzuhören, weil es keinen Unterschied macht, ob sich die Frage der Entgeltlichkeit im Hinblick auf eine Verfügung des Vorerben, sondern im Hinblick auf eine Verfügung des Testamentsvollstreckers stellt (§ 2113 Abs. 2 BGB einerseits und § 2205 S. 3 BGB andererseits). Unter dieser Prämisse ist es im Ergebnis gleichgültig, ob der Testamentsvollstrecker der Verfügungsbeschränkung des § 2113 Abs. 2 BGB unterliegt, weil er auch selbst dem Verbot der unentgeltlichen Verfügung unterliegt (§ 2205 S. 3 BGB). Auch gilt die Verfügungsbeschränkung des § 2205 S. 3 BGB gleichermaßen für den Vorerben- und für den Nacherbenvollstrecker, so dass es im Ergebnis auch keinen Unterschied macht, ob der Nacherbe zu einer Verfügung des Vorerbenvollstreckers oder zu einer Verfügung des Nacherbenvollstreckers (in der Form der Zustimmung zur eigenen Vorerbenvollstreckerverfügung) anzuhören ist.

    Ob der Nacherbeneinsetzung des Heimes die Normen des HeimG entgegenstehen, wird nicht einheitlich beantwortet (verneint bei fehlender Kenntnis des Heimes vor dem Erbfall: BGH Rpfleger 2012, 148) und soll an dieser Stelle nicht problematisiert werden. Dies hätte bereits das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren zu überprüfen gehabt und ggf. hätte das Grundbuchamt wegen dieser Frage bei vorliegendem notariellen Testament auch einen Erbschein verlangen können, weil in Frage stand, ob überhaupt ein Nacherbenvermerk im Grundbuch einzutragen war.

    Da zum Nacherben das Heim eingesetzt ist, in welchem sich der Vorerbe zuletzt aufhält, ist der Nacherbe objektiv unbekannt. Es ist daher nicht das "derzeitige" Heim, sondern ein nach § 1913 BGB für den unbekannten Nacherben zu bestellender Pfleger zur Frage der Entgeltlichkeit anzuhören.

  • Schön zu lesen, dass nicht mehr bestritten wird, dass das Grundbuchamt die Frage der Entgeltlichkeit sowohl beim Testamentsvollstrecker,
    als auch beim befreiten Vorerben zu prüfen hat.

    Auch im vorliegenden Fall bleibe ich bei meiner schon früher vertretenen Auffassung:
    Bei NACHGEWIESENER Entgeltlichkeit (z.B. Wertgutachten eines Sachverständigen oder einer Bank)
    kann die Anhörung eines UNBEKANNTEN (Nach-) Erben unterbleiben.
    Die Bestellung eines "Anhörungspflegers" ist m.E. nicht zweckdienlich,
    sondern reine Förmelei, da von diesem keinerlei Erkenntnisse hinsichtlich der Werthaltigkeit zu erwarten sind.
    Der Aufwand, der hier angesichts des zu erwartenden Ergebnisses getrieben wird,
    erweist sich als unverhältnismäßig.

    Der entgeltlich veräußernde befreite Vorerbe oder TV ist vollständig verfügungsbefugt und muss niemand um Erlaubnis bitten.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

    2 Mal editiert, zuletzt von Spaltenmuckel (23. März 2018 um 11:30)

  • Es war noch nie zweifelhaft, dass die Frage der Entgeltlichkeit sowohl bei einer Verfügung des befreiten Vorerben (sofern der Nacherbenvermerk gelöscht werden soll) als auch bei einer Verfügung des Testamentsvollstreckers zu prüfen ist. Also braucht man auch nicht so zu tun, als wenn dies jemals streitig gewesen wäre.

    Das objektiv voll entgeltliche Verfügungen auch ohne Mitwirkung des befreiten Vorerben oder des durch eine Testamentsvollstreckung beschwerten Erben materiell wirksam sind, unterliegt ebenfalls keinem Zweifel. Das ändert aber nichts daran, dass dem Nacherben bzw. den Erben im Hinblick auf die Frage der Entgeltlichkeit in verfahrensrechtlicher Hinsicht rechtliches Gehör zu gewähren ist. Die von meinem Vorredner befürwortete Ansicht lässt sich somit nur unter Inkaufnahme eines massiven Grundrechtseingriffs vertreten (also lässt sie sich überhaupt nicht vertreten). Dementsprechend wird diese Ansicht auch unisono von der gesamten obergerichtlichen Rechtsprechung abgelehnt (vgl. nur OLG Düsseldorf FamRZ 2012, 1762, wonach die Anhörung auch dann erforderlich ist, wenn die Entgeltlichkeit nach Sachlage nicht vernünftig bestreitbar erscheint - so ist das eben mit Grundrechten: sie müssen immer gewahrt werden). Im Übrigen gibt es keinerlei Begründung dafür, bei der Anhörung zwischen bekannten und unbekannten Beteiligten unterscheiden zu wollen.

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