Ausschlagung vor Eröffnung eines die Erbfolge verändernden Testaments --> wirksam?

  • Hallo!

    Wir schlagen uns hier seit einigen Jahren mit einem Ehepaar rum...

    Zum Sachverhalt:

    Frau L. verstarb 2015 und hinterließ einen Ehemann, Tochter A (ist geistig behindert), Tochter B und Sohn C. Sohn C beantragte damals einen Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge. Bereits im Anhörungsverfahren querulierte der Ehemann fröhlich vor sich hin und schleppte ständig Kopien von angeblichen Testamenten seiner Ehefrau an oder seine eigenen Schriftstücke. Man habe gewollt, dass der überlebende Ehegatte mit Tochter A erstmal erbt, damit beide sich einen angenehmen Lebensabend leisten können. Da letztlich jedoch kein wirksames Testament vorgelegt werden konnte, wurde der Erbschein nach gesetzlicher Erbfolge erteilt.

    Kurz darauf brachte der Ehemann dem Gericht dann doch ein handschriftliche Testament der Ehegatten, wonach zwar keine explizite Erbeinsetzung erfolgt war, jedoch wurde im Wege der Auslegung ermittelt, dass der überlebende Ehegatte und Tochter A Erben sein sollten, da sie das Haus erhalten sollten (was den wesentlichen Teil des Erbes ausmachte) und es auch verkaufen dürften, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Darauf wurde der Erbschein eingezogen. Gegen den Einziehungsbeschluss legten Tochter B und Sohn C jeweils die Beschwerde ein, da Zweifel gehegt wurden, ob es tatsächlich Frau L.s Unterschrift sei. Meine Vorgängerin half dieser nicht ab und die Sache ging an das OLG. Dieses entschied, dass meine Vorgängerin funktionell unzuständig war für das Einziehungsverfahren und daher zunächst der Nachlassrichter am AG das Nichtabhilfeverfahren durchzuführen habe. In den persönlichen Anhörungen wurde dann ein Betreuungsverfahren für Herrn L. angeregt und später auch angeordnet, da festgestellt wurde, dass er nicht mehr ganz Herr seiner Sinne war.

    Anfang 2017 verstarb dann Herr L. Das Testament sowie jedes seiner handschriftlichen Schreiben zur Akte, in denen er über die Folgen seines Ablebens schrieb, wurde eröffnet. Die Betreuerin von Tochter A stellte dann einen Erbscheinsantrag für Tochter A als alleinige befreite Vorerbin. Dagegen widersprach Sohn C, es sei keine Befreiung ersichtlich. Wieder kam die Sache an den Richter. Es sollte dann der Abschluss des Verfahrens nach Frau L. abgewartet werden. Ende Mai 2017 schlug der Sohn C dann plötzlich die Nach-Erbschaft nach Herrn L. aus, wohl zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen.

    Ein paar Monate später tauchte ein Originaltestament beider Ehegatten auf, wonach sie sich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt hatten und nach dem Tode des Längerlebenden Tochter A zu 3/5, Tochter B zu1/5 und Sohn C. zu 1/5. Dieses wurde nach beiden Erblassern eröffnet. Der Richter erließ dann seine Nichtabhilfeentscheidung und stellte fest, dass die Erbfolge sich nach dem später aufgefundenen Testament richte. Das andere enthalte nur Auflagen, zu denen das Haus verkauft werden dürfe.

    Nun will die Betreuerin von Tochter A nach beiden Erblassern Erbscheinsanträge stellen. Sie ist der Ansicht, die Ausschlagung des Sohnes sei wirksam und dass er sie nach Auffinden des weiteren Testaments hätte anfechten müssen. Und ich bin gerade einfach nur ahnungslos... Wie seht ihr das?

    Einmal editiert, zuletzt von Pantuffel (5. April 2018 um 11:02)

  • Vielleicht findest du in der Kommentierung zu § 1951 BGB etwas zu der Frage? Im Münchener habe ich diesen Satz gefunden:

    "Mehrere Erbteile liegen auch dann vor, wenn der Bedachte bezüglich eines Erbteils zum Erben, bezüglich eines weiteren Erbteils zum Nacherben eingesetzt wurde. zur Fussnote 4 "

    In der Fußnote sind auch mehrere Fundstellen zitiert. Wenn ich den SV richtig gelesen habe, war die Ausschlagung auf die Nacherbeneinsetzung beschränkt?

  • Da sich der Sachverhalt darüber ausschweigt, in welcher Weise der Ausschlagende nach Ansicht des Nachlassgerichts überhaupt erbrechtlich berufen war, kann auch nicht festgestellt werden, worauf sich die erklärte Ausschlagung überhaupt bezog.

    Insoweit muss der Sachverhalt in wesentlichen Teilen nachgebessert werden.

  • Kommentierung hilft mir in meinem Fall leider auch nicht wirklich weiter :(

    Keine Ahnung, inwiefern sich der Sachverhalt "ausschweigen" soll. Nochmal:

    Der Sohn war nach dem zunächst einzig bekannten Testament lediglich Nacherbe nach dem Tode der Tochter A, welche befreite Vorerbin sein sollte. Er hat dann ein Schriftstück zur Akte gereicht, wonach er die Erbschaft nach seinem Vater ausschlägt (wohl zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen).

    Später tauchte dann ein weiteres Testament auf, wonach der Sohn Erbe zu 1/5 sein soll. Eine Anfechtung der Ausschlagung erfolgte nicht. Ersatzweise wurden die Abkömmlinge der Kinder eingesetzt, mangels solcher ersatzweise untereinander. Ich tendiere gerade dazu, die Ausschlagung mangels Anfechtung als wirksam anzusehen.

  • Kommentierung hilft mir in meinem Fall leider auch nicht wirklich weiter :(

    Keine Ahnung, inwiefern sich der Sachverhalt "ausschweigen" soll. Nochmal:

    Der Sohn war nach dem zunächst einzig bekannten Testament lediglich Nacherbe nach dem Tode der Tochter A, welche befreite Vorerbin sein sollte. Er hat dann ein Schriftstück zur Akte gereicht, wonach er die Erbschaft nach seinem Vater ausschlägt (wohl zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen).

    Später tauchte dann ein weiteres Testament auf, wonach der Sohn Erbe zu 1/5 sein soll. Eine Anfechtung der Ausschlagung erfolgte nicht. Ersatzweise wurden die Abkömmlinge der Kinder eingesetzt, mangels solcher ersatzweise untereinander. Ich tendiere gerade dazu, die Ausschlagung mangels Anfechtung als wirksam anzusehen.

    Was schlägt er aus? Die Erbschaft? Aus allen Berufungsgründen? Nur die Nacherbschaft?

  • Also die Ausschlagung lautete: [...] Mit Verfügung des Nachlassgerichts XY vom 20.03.2017 wurden mir die letztwilligen Verfügungen meines Vaters zur Kenntnisnahme übersandt. [...] Meine Schwester B und mich hat er als Nacherben eingesetzt. Hiermit schlage ich gemäß §2142 BGB diese Erbschaft für mich und meine Rechtsnachfolger aus."

    Die Erklärung ging am 30.05.2017 in öffentlich beglaubigter Form ein. Eventuell aber verfristet, wie es ja erstmal aussieht. Allerdings haben Sie sich ja vorab über die Auslegung des Testaments gestritten. Der Nacherbfall war ja auch noch nicht eingetreten.

  • Ich denke, ich verstehe dein Problem.

    Da er sich selbst nur als Nacherbe ansah, dürfte er auch nur die Nacherbschaft ausgeschlagen haben, was er auch so zum Ausdruck bringt ("diese Erbschaft").
    Der Zeitpunkt spielt für die Wirksamkeit weniger eine Rolle als die Formulierung, gerade in einem so streitigen Fall.

    So wie ich den Sachverhalt lese, befasst sich die vorliegende richterliche Entscheidung nur mit dem Testament, nicht mit der Erbausschlagung, sodass ich nicht davon ausgehen würde, dass allein die Entscheidung bereits eine Anfechtungsfrist in Gang gesetzt hätte. (Rückschluss: da sogar du dir unsicher bist, was die Rechtslage ist, kannst du nicht von einem Laien verlangen dass er hätte wissen müssen was zu tun ist.)

    Daher ist meiner Meinung nach noch alles offen.

    Wichtig ist jetzt nur, dass du ihm mitteilst, welcher Auffassung du bist.

    Es gibt mehrere Szenarien, was dann passieren kann:
    1. Er ist der selben Meinung wie du --> nichts passiert.
    2. Er meint er habe alles ausgeschlagen, du meinst er ist Miterbe --> Er hat einen Anfechtungsgrund und kann Annahme durch Fristablauf anfechten.
    3. Du meinst er habe alles ausgeschlagen, er meint er ist Miterbe--> Er hat einen Anfechtungsgrund und kann die Ausschlagung anfechten.

    Sprich: Egal wie du es auslegst, er hat es noch in der Hand.

    Informiere ihn darüber, was du für den derzeitigen Ist-Zustand hältst und guck, was passiert.

    Gibt es in der Folge Streit, entscheidest du dich für eine Rechtsauffassung, begründest diese und legst die Sache dem Richter vor.

  • Vielen Dank :)

  • Da gibt es nach meiner Ansicht nicht viel zu diskutieren.

    Der Sohn erklärte, er sei zum Nacherben berufen und er schlage daher "diese Erbschaft" aus. Darüber hinaus nimmt er sogar noch auf § 2142 BGB Bezug, der besagt, dass die Nacherbfolge bereits vor dem Eintritt des Nacherbfalls ausgeschlagen werden kann.

    Es wurde also lediglich die Nacherbschaft ausgeschlagen und da die Anordnung der Nacherbschaft überhaupt nicht zum Zuge kam, ging diese Ausschlagung materiell ins Leere.

    Der 1/5-Erbanteil als Vollerbe hätte somit erneut (= erstmals) ausgeschlagen werden müssen. Eine solche Ausschlagung liegt aber nicht vor. Im Übrigen kann man durch die Ausschlagung eines unbeschwerten Erbteils ohnehin keinen Pflichtteilsanspruch erlangen.

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