Testamentsauslegung

  • Es hat mir bisher viel Kopf zerbrechen bereitet, ich habe viel gelesen, wirklich sicher bin ich mir bei der Auslegung aber trotzdem nicht.
    Ich bin für jeden Hinweis dankbar, auch wenn ihr meine Auslegung als totalen Mist erachtet, äußert das bitte sehr gerne.

    Folgendes Testament:
    "Nach meinem Ableben sollen A und B mein Vermögen übernehmen und verteilen. Empfänger sollen sein:
    - A und B
    - C
    - D
    - E"

    A möchte nun einen Erbschein beantragen.

    Meine Überlegungen:
    - In dem Wortlaut "übernehmen und verteilen" würde ich die Anordnung einer Testamentsvollstreckung sehen.
    - Als Erben kommen alle im Testament genannten 5 Personen in Betracht, da sie als Empfänger bezeichnet sind
    - Man könnte an eine Unwirksamkeit des Testaments gemäß §2065 Abs.2 BGB denken, da nicht bestimmt ist wer was / wie viel erhält
    - Mittels Auslegung und unter Anwendung der Auslegungsregel des §2091 BGB kämen alle 5 genannten Personen als Erben zu je 1/5 in Betracht
    - Ich habe auch darüber nachgedacht, ob man lediglich A und B als Erben ansehen könnte und C,D und E jeweils nur ein Vermächtnis erhalten sollen. Gemäß §2156 BGB kann die Bestimmung eines Vermächtnisses einem Dritten überlassen werden, wann der Zweck des Vermächtnisses bezeichnet ist. Das scheidet hier jedoch aus, ein Zweck ist nicht genannt. Auch eine Erbeinsetzung von A und B mit der Auflage das Vermöe u verteilen kommt unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht.

    Wie seht ihr das? Habe ich bei meinen Überlegungen etwas falsch gedeutet, verstanden oder etwas übersehen?

  • Aussage von A: "B und ich werden das meiste bekommen. Mit C und D habe ich mich verständigt, dass sie jeweils 10.000,00 € erhalten. E soll 5.000,00 € erhalten. Da im Testament nicht steht wer wie viel erhält, darf ich das ja frei bestimmen."

  • Auch wenn ich von manchen hier vielleicht Haue bekomme, aber in solchen komplexen Fällen protokolliere ich den Erbscheinsantrag nicht, sondern schicke zum Notar. Nicht weil ich das nicht kann oder keine Lust habe, sondern weil von dort noch rechtliche Beratung kommen darf, die es bei mir nicht gibt.

    Wenn der Antragsteller unbedingt auf Protokollierung durch das AG besteht, dann würde ich es machen, aber würde mir vom Antragsteller genau diktieren lassen, wie er auslegt und was er beantragt, ohne meine Meinung und Beratung.


    Zu deinem Fall:

    Die Auslegung ist in der Tat sehr zweifelhaft und du kannst zu jedem Ergebnis kommen.
    Falsch machen kannst du nichts, weil es eben eine Auslegung ist, da verstößt du nicht gegen Gesetz.

    Ich frage mich, warum A und B in einem Zug genannt sind und die restlichen 3 Personen extra. Sind A, C, D und E vielleicht die Kinder und nur A verheiratet mit B. Dann kann man z.B. auch über 1/4 für A und B und je 1/4 für C, D und E nachdenken.

    Rein aus dem Bauch heraus, gefällt mir die Variante A, B, C, D und E zu je 1/5 und A, B als TV ziemlich gut.


    Edit: Nur mal ein Beispiel, welches ich jetzt auf dem Tisch hatte. Testamentswortlaut: Alles, was ich habe, soll mein Sohn A und dessen Familie, wohnhaft in xy bekommen.
    IM ES-Antrag des Notars wurde beantragt, dass A Alleinerbe ist (obwohl zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung noch dessen Ehefrau und deren 2 Kinder an der Adresse wohnhaft waren). ES wurde für A als Alleinerben erteilt. Wärst du je darauf gekommen? Ich nicht...

  • A ist der Bruder der Verstorbenen. B ist dessen Ehefrau. C und D sind die Kinder von A und B. E ist ein Verein für Behinderte.

    Gesetzlicher Alleinerbe wäre A.

    Mit dieser Auslegung würde ich mich aber schwertun. Bevor ich eine Unwirksamkeit nach §2065 BGB annehme, lege ich das Testament ja
    nach §2084 BGB so aus, dass es wirksam ist.

  • Hatten wir auch schon einmal und haben damals einen Erbschein für alle Mitglieder der Familie erteilt. Der "Kopf" der Familie war damals allerdings kein Abkömmling des Erblassers, so dass sich die Erbschaftsteuerfreibeträge in unserem Fall wünschenswerterweise vervielfachten. Ist aber natürlich alles Auslegungsfrage im Einzelfall, in einem Fall kann es so und in einem anderen wieder anders sein.

  • Nach § 2305 BGB erhält A im wirtschaftlichen Ergebnis die Hälfte des Nachlasses.

    Im Übrigen würde ich hier zu einer Erbeinsetzung zugunsten von A und B zu je 1/8 und zugunsten von C, D und E zu je 1/4 tendieren (mit A und B als gemeinschaftlichen TV). Wenn A seinen Zusatzpflichtteil geltend macht und dieser verhältnismäßig von den übrigen Erben bezahlt wird, erhält A im wirtschaftlichen Ergebnis 50 %, B erhält 7,1429 % sowie C, D und E erhalten je 14,2857 %.

    Gleichwohl sind natürlich zunächst einmal die Anhörungen aller Beteiligten abzuwarten. Vorher ist eine "Festlegung" auf eine bestimmte Testamentsauslegung in solchen Fällen kaum möglich.

    Und: Ich habe noch nie in meinen Rechtspflegerleben einen Beteiligten zwecks Erbscheinsantrag an den Notar verwiesen. Es gibt nichts, was so schwierig ist, als dass es ein Rechtspfleger nicht selbst lösen könnte. Zumindest sollte es so sein. Und dass die Darstellung der möglichen Auslegungsvarianten nichts mit Rechtsberatung zu tun hat, wurde auch schon oft erörtert.

  • Hoppla, dann nehme ich den betreffenden Passus natürlich mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück.

    Dann gibt es im Hinblick auf die Erbfolge (nebst TV) also nur noch die "Fünftel-Lösung" oder die "Viertel-Lösung" (wenn man A und B als Gruppe ansieht).

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