Teilerbschein, Teilauszahlung an bekannte Erben

  • Guten Morgen,

    ich betreue Nachlasspflegschaften bei einem Kreditinstitut und möchte gerne Ihre Meinung zu folgendem Fall wissen:

    Für einen Nachlass wurde ein Nachlasspfleger mit Wirkungskreis "Ermittlung der Erben, Verwaltung und Sicherung des Vermögens" bestallt. Mittlerweile sind 50% der Erben bekannt, es wurden Teilerbscheine ausgestellt. Von den acht bekannten Erben lebt eine im Ausland (Unbedenklichkeitsbescheinigung erforderlich). Mit dem Nachlasspfleger bin ich so verblieben, dass für eine Teilauszahlung ein entsprechender Auftrag zusammen mit den Erben erforderlich ist. Dies sollte im Rahmen eines Auseinandersetzungsvertrages mit den Erben erfolgen, der dann nachlassgerichtlich genehmigt wird. Außerdem sollten die Unbedenklichkeitsbescheinigung sowie bestätigte Ausweiskopien der Erben vorliegen. Zudem habe ich die Reduzierung der Bestallung für die noch nicht fertig ermittelten Erben vorgeschlagen.

    Nun behauptet die Rechtspflegerin, der Nachlasspfleger würde im eigenen Ermessen handeln, eine Reduzierung der Bestallung sei nicht erforderlich und die Handlung zusammen mit den Erben nicht nötig, weil die Nachlasspflegschaft noch im vollem Umfang bestehen würde und der Nachlasspfleger keine Erbauseinandersetzung vornehmen würde, sondern eine Vorabauszahlung an die Erben, die er im Rahmen der Nachlasspflegschaft allein unterschreiben könnte. Es würde sich auch nicht um einen Auseinandersetzungsvertrag handeln und deshalb sei keine nachlassgerichtliche Genehmigung erforderlich.

    Meines Erachtens trifft diese Aussage aus folgenden Punkten nicht zu:
    - Sobald Auszahlungen an Erben erfolgen, handelt es sich um eine Erbauseinandersetzung. Die normalen Tätigkeiten wie Legitimationsprüfung usw. müssen durch das KI erfolgen.
    - Bei den Erben handelt es sich um eine Gesamthandsgemeinschaft. Teilauszahlungen an Erben können nur erfolgen, wenn alle bekannten Erben zustimmen und der Nachlasspfleger für die noch unbekannten Erben unterzeichnet.
    - Zwar kann der Nachlasspfleger bereits bekannte Erben noch vertreten solange nicht die Nachlasspflegschaft durch Beschluss des Nachlassgerichts (teilweise) aufgehoben ist, aber die Durchführung der Erbauseinandersetzung gehört nicht zu den Aufgaben des Nachlasspflegers. Demnach wäre dies nur über den Weg möglich, den ich bereits mit dem Nachlasspfleger abgesprochen hatte.

    Wie ist Ihre Meinung? Über Ihre Rückmeldungen würde ich mich sehr freuen.

  • Sobald Teilerbscheine erteilt wurden ist die Nachlasspflegschaft bzgl. dieser Teile zwingend aufzuheben, da die Voraussetzung des §1960 BGB nicht mehr vorliegen. Die diesbezüglichen Erben sind weder unbekannt n och ist die Annahme der Erbschaft ungewiss.
    Sofern die Nachlasspflegschaft auch diesbezüglich aufrechterhalten wird, liegt m.E. eine erhebliche Verletzung der Rechte der entsprechenden Miterben vor.

  • Ich hatte aber schon mal einen Fall, da wurde die Nachlasspflegschaft nicht aufgehoben, weil die die Steuererklärung durch den den Nachlasspfleger noch erfolgen musste. In diesem Fall wurde eine Teilauszahlung vorgenommen, indem Erbe und Nlpf unterschrieben hatten.

    In dem Buch "die Nachlasspflegschaft" von Zimmermann habe ich folgenden Hinweis gefunden: "Werden im Laufe des Verfahrens einzelne Erben ermittelt, dann kann der Nachlasspfleger auch diese Erben noch vertreten(BGH ZEV 2001,32) (und will sie vertreten, soweit er nichts Gegenteiliges kundtut, vgl§ 164 I BGB), selbst wenn ihnen bereits ein Teilerbschein erteilt wurde, solange nicht die Nachlasspflegschaft durch Beschluss des Nachlassgerichts (teilweise) aufgehoben ist.(§ 1960, 1962, 1919 BGB)...
    Wann wird dieses angewandt? Und ist das für meinen Vorgang überhaupt relevant?

  • Bis zur (teilweisen) Aufhebung vertritt der Nachlasspfleger weiterhin die unbekannten Erben. Ich betone: die unbekannten Erben.

  • Kann der Nachlasspfleger bis zur teilweisen Aufhebung der Nachlasspflegschaft die bekannten Erben überhaupt noch vertreten, Er ist doch nur Pfleger der unbekannten und nicht der bekannten Erben?

  • Wenn das zutreffend wäre, müsste die ursprünglich für alle Erbquoten angeordnete Nachlasspflegschaft automatisch Schritt für Schritt von selbst enden, sobald und soweit Erben ermittelt werden und diese demzufolge nunmehr objektiv bekannt sind. Da es sich aber unstreitig nicht so verhält, kann der Nachlasspfleger auch nach Teilermittlung der Erben und natürlich auch noch nach Erteilung eines entsprechenden Teilerbscheins (oder mehrerer Teilerbscheine) über den gesamten Nachlass verfügen, so dass er insoweit nach wie vor auch die bereits durch Teilerbschein ausgewiesenen Miterben repräsentiert. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Nachlasspflegschaft nach erfolgter Erteilung eines Teilerbscheins erbquotal aufgehoben und auf die noch vakante Gesamtresterbquote beschränkt werden muss.

    Auch aus der nachgefragten Sicht der Bank ist diese Rechtslage von Bedeutung. Denn wenn der Nachlasspfleger noch für den gesamten Nachlass zitiert und bezüglich eines Nachlasskontos zum Zwecke der Leistung einer Abschlagszahlung Überweisungsaufträge erteilt, die nachlassgerichtlich genehmigt wurden, braucht die Bank das der Auszahlung zugrunde liegende (wirksame oder unwirksame) Rechtsverhältnis nicht zu interessieren. Wird von einem versperrten Girokonto überwiesen, bedarf es dazu nicht einmal einer nachlassgerichtlichen Genehmigung.

    Eine ganz andere Frage ist, ob das Nachlassgericht in dieser Weise verfahren sollte oder ob es die Nachlasspflegschaft nicht erbquotal aufhebt und dann im Hinblick auf die Abschlagszahlung eine (natürlich zwischen Pfleger und bekannten Erben vertraglich zu vereinbarende) Teilauseinandersetzung genehmigt.

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