Erbausschlagung nicht beim Nachlassgericht angekommen

  • Hallo,
    in meiner Nachlasssache haben zwei Erben die Erbschaft nicht ausgeschlagen.
    Eine Erbin teilt mir nun mit, dass sie die Erbschaft am 20.05.2017 form- und fristgerecht bei einem Notar ausgeschlagen und per Einwurf-Einschreiben an das hiesige Nachlassgericht versandt hat. Diese kam hier jedoch nicht an. Der Notar hat telefonisch bestätigt dass die Ausschlagung bei ihm erklärt wurde.

    Was nun?

  • Ich weiß leider nicht, welche Angaben aus der Sendungsverfolgung ersichtlich sind, aber wenn die Erbin Sendungsbelege vorlegen kann, die ihr den fristgerechten Eingang beim Nachlassgericht bestätigt bzw. vorgegaukelt haben, könnte doch eine Anfechtung in Betracht kommen, oder?

  • Das Versendungsrisiko trägt allein der Ausschlagende. :(

    Ggf. muss er -um sicher zu sein, dass die Ausschlagung beim Nachlassgericht eingeht- sie persönlich beim „Wohnsitz“-Nachlassgericht einwerfen bzw. abgeben oder im Falle der Postversendung innerhalb der Frist nachfragen. :eek:

    Er kann i.Ü. die Ausschlagung bei „seinem“ Nachlassgericht am „Wohnsitz“ fristwahrend protokollieren lassen. :teufel:

    Frage: was liegt eigentlich für ein Anfechtungsgrund vor? Unkenntnis von der Frist? Irrtum im Motiv? :confused:

  • Frage: was liegt eigentlich für ein Anfechtungsgrund vor? Unkenntnis von der Frist? Irrtum im Motiv? :confused:

    Der Anfechtungsgrund wäre für mich in dieser Situation, dass ich die notarielle Urkunde mit Nachweis des Kostenbeleges als Einwurf Einschreiben an das AG versandt habe und ich mich auf die Beamten der Deutschen Post als Zusteller verlassen darf. Genauso, wie ich mich auf die verbeamteteten Wachtmeister im AG verlassen darf, dass mein Anschreiben nicht ausversehen in der Rundablage verschwindet und das die verbeamtetete Geschäftsstelle dafür sorgt, dass das Anschreiben in der richtigen Akte landet und dem Rechtspfleger vorgelegt wird.

    Hier geht es in keinster Weise um Unkenntnis von Fristen oder Motiven.

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    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

  • Dann könnte man m.E. allenfalls von einer Hemmung der Frist nach §206 BGB ausgehen.

    Die Anfechtungsgründe sind meines Wissens nach abschließend im Gesetzt geregelt und davon dürfte keiner einschlägig sein.

    Ich wäre allerdings der Ansicht, dass es Aufgabe des Ausschlagenden ist sich zu vergewissern ob seine Erklärung beim NLG eingegangen ist. Anders dürfte es ggf. sein, wenn zumindest glaubhaft gemacht wird, dass die Urkunde beim AG eingegangen ist. Dann wäre die Frist m.E. gewahrt auch wenn diese nicht zur Akte gelangt ist.
    Aber diese Überlegungen bleiben ohnehin dem Erbscheinsverfahren vorbehalten.

    Und die Post ist meines Wissens nach ein Privatunternehmen auch wenn dort ggf. aus älteren Zeiten vereinzelt noch Beamte beschäftigt sein mögen.

  • Und die Post ist meines Wissens nach ein Privatunternehmen auch wenn dort ggf. aus älteren Zeiten vereinzelt noch Beamte beschäftigt sein mögen.

    :daumenrau;)

    Die Deutsche Post nimmt aber immer noch die hoheitsrechtlichen Aufgaben der Zustellungen war, welche ich Sinngemäß mit meinte...

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  • Frage: was liegt eigentlich für ein Anfechtungsgrund vor? Unkenntnis von der Frist? Irrtum im Motiv? :confused:

    Der Anfechtungsgrund wäre für mich in dieser Situation, dass ich die notarielle Urkunde mit Nachweis des Kostenbeleges als Einwurf Einschreiben an das AG versandt habe und ich mich auf die Beamten der Deutschen Post als Zusteller verlassen darf. Genauso, wie ich mich auf die verbeamteteten Wachtmeister im AG verlassen darf, dass mein Anschreiben nicht ausversehen in der Rundablage verschwindet und das die verbeamtetete Geschäftsstelle dafür sorgt, dass das Anschreiben in der richtigen Akte landet und dem Rechtspfleger vorgelegt wird.

    Hier geht es in keinster Weise um Unkenntnis von Fristen oder Motiven.


    Einen Anfechtungsgrund sehe ich nicht.

    Das Übermittlungsrisiko trägt der Absender für seine Erbausschlagung.

  • Ein Anfechtungsgrund liegt nicht vor. Welcher sollte es denn sein?

    Das Argument, der Ausschlagende habe auf dies und das vertraut, hilft nicht weiter. Dogmatisch ist das Vertrauen nicht in der Irrtumslehre anzusiedeln.

    Vor allem: Die Justiz, der gegenüber die Ausschlagung rechtzeitig hätte erklärt werden müssen, hat das Vertrauen, das hier enttäuscht wurde, gar nicht gesetzt. Auf einem anderen Blatt steht, ob sich der Notar schadensersatzpflichtig gemacht hat. Das beantwortet die hier diskutierte Frage nicht. Diese Frage ist eindeutig zu beantworten: es wurde irreversibel zu spät ausgeschlagen.

    DESIRE IS THE HURDLE TO SALVATION AND TIES ONE TO SAMSARA

  • Auf einem anderen Blatt steht, ob sich der Notar schadensersatzpflichtig gemacht hat.


    Weil der vom Kunden aufgegebene Brief bei der Post verloren gegangen ist, haftet der Notar? Echt jetzt?

    Klärst Du Deine Klienten bei Ausschlagungen darüber auf, dass sie das Versendungsrisiko tragen?
    Warum versendest Du als Notar die Ausschlagungserklärung nicht an das Nachlassgericht?
    Klärst Du sie darüber auf, dass sie bei Verlust der Ausschlagung ggf. eine neue Ausschlagung -und das auf eigene Kosten- erstellen lassen müssen?
    Oder beurkundest Du Ausschlagungserklärungen, damit Du ggf. (fast kostenneutral) weitere Ausfertigungen erstellen kannst?
    Teilst Du Deinen Klienten mit, dass sie die Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht an Ihrem Wohnort ggf. fristwahrend einwerfen können?

  • Auf einem anderen Blatt steht, ob sich der Notar schadensersatzpflichtig gemacht hat.


    Weil der vom Kunden aufgegebene Brief bei der Post verloren gegangen ist, haftet der Notar? Echt jetzt?

    Nein, es sei denn man hätte nicht auf das absolute Zugangserfordernis beim Nachlassgericht hingewiesen. Das ist aber nicht Sache des Nachlassgerichts, sondern spielt sich zwischen Notar und Ausschlagendem ab.

    Das Nachlassgericht stellt fest, dass kein Ausschlagungserklärung vorliegt. Den Rest muss der „Erbe“ für sich mit Anwalt/Notar klären.

  • Bei Beglaubigungen "ohne Entwurf" (geschrieben meist vom Anwalt) macht der Notar nichts außer der Unterschriftsbeglaubigung selbst. Wenn man die Weiterleitung durch den Notar will, muss man das mit EUR 20 zzgl Auslagen bezahlen, da endet es dann bei den meisten.

    Bei Beurkundungen (oder Beglaubigung "mit Entwurf") bestehen alle der von Manly genannten Belehrungspflichten und werden auch eingehalten (Weiterleitung durch den Notar kostet nichts außer Auslagen).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • ..., weil der Ausschlagende dachte, schon längst wirksam innerhalb der Frist ausgeschlagen zu haben (Palandt/Weidlich § 1956 Rn. 3).

    Denkt er aber nicht, weil er ja weiß, dass die Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht eingehen muss.

    Lt. tom wird er ja darauf hingewiesen. Also kein Irrtum, wenn die Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht nicht eingeht und er sich diesbezüglich -weil entsprechend belehrt- nicht vergewissert.

  • Er weiß, dass die Ausschlagung eingehen muss und er dachte ja auch, dass dies der Fall ist. Ich sehe es wie Cromwell. Irtumsanfechtung ist möglich.

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  • Wie Cromwell & TL: Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist nach § 1956 BGB.

    Hier dürfte es sich um die irrtümliche Annahme handeln, durch Erklärung vor dem Notar und Versand per Einwurf-Einschreiben bereits wirksam ausgeschlagen zu haben. Entscheidend dürfte es dann allenfalls noch auf die Frage ankommen, ob die Ausschlagende vom Notar "über die Notwendigkeit der fristwahrenden Übermittlung der notariell beglaubigten Erklärung an das Nachlassgericht belehrt worden ist" (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 23.02.2006 - 3 W 6/06, NJW-RR 2006, 1594, 1597 a.E.).

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • ... noch auf die Frage ankommen, ob die Ausschlagende vom Notar "über die Notwendigkeit der fristwahrenden Übermittlung der notariell beglaubigten Erklärung an das Nachlassgericht belehrt worden ist" (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 23.02.2006 - 3 W 6/06, NJW-RR 2006, 1594, 1597 a.E.).

    Genau. Ich habe in meinem früheren Leben so beleht und angeraten, ggf. die Ausschlagung beim Nachlassgericht selbst abzugeben bzw. einzuwerfen und bei Postübersendung ggf. nachzufragen oder sich sogar den Empfang bestätigen zu lassen.

  • Wie Cromwell & TL: Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist nach § 1956 BGB.

    Hier dürfte es sich um die irrtümliche Annahme handeln, durch Erklärung vor dem Notar und Versand per Einwurf-Einschreiben bereits wirksam ausgeschlagen zu haben. Entscheidend dürfte es dann allenfalls noch auf die Frage ankommen, ob die Ausschlagende vom Notar "über die Notwendigkeit der fristwahrenden Übermittlung der notariell beglaubigten Erklärung an das Nachlassgericht belehrt worden ist" (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 23.02.2006 - 3 W 6/06, NJW-RR 2006, 1594, 1597 a.E.).


    Die Notare belehren (hoffentlich) regelmäßig über das Erfordernis des (fristgerechten) Eingangs der Ausschlagung beim zuständigen NLG.

    Woraus der Ausschlagende seinen "Irrtum" bezieht, die Ausschlagung beim Notar und Versendung der Erklärung (ob nun mit Einschreiben oder nicht) sei für die Fristwahrung ausreichend, verstehe ich nicht.

    Von einem Irrtum dürfte regelmäßig nicht auszugehen sein.

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