Anfechtung § 134 InsO Lebensversicherungen Nachlassinsolvenz

  • Hallo Allerseits,

    momentan stehe ich vor folgendem Problem(chen):

    Ich habe diverse Nachlassinsolvenzverfahren. In diesen habe ich die bereits ausgezahlten Lebensversicherungen angefochten, da die Bezugsrechte widerruflich waren und meiner Meinung nach daher anfechtbar nach § 134 InsO.

    In einem Verfahren wird mir nun entgegen gehalten, dass es sich um eine sog. "Trauerfall-Vorsorge"-Versicherung gehandelt hat. D. h. keine Lebensversicherung und daher nicht anfechtbar.

    In einem anderen Verfahren, handelte es sich um eine sog. "Sterbegeldversicherung", d.h. wieder keine Lebensversicherung nach Meinung des Anfechtungsgegners.

    Für mich nicht ganz nachvollziehbar, da die Sterbegeldversicherung ja eigentlich nicht zweckgebunden ist und der Bezugsberechtigte das Geld ja auch anders weitig ausgeben könnte.

    Alle berufen sich des Weiteren darauf, dass sie mit dem Geld die Beerdigung etc. bezahlt haben und daher entreichert sind. Dies kann aber ja auch nur dann der Fall sein, wenn sie dementsprechende Zahlungsbelege vorlegen können und die Differenz zur Versicherungshöhe müsste dann ja trotzdem anfechtbar sein, sollte der Betrag höhe sein :gruebel:


    Wie seht ihr das? Ich habe hierzu leider nichts einschlägiges gefunden.

    Meiner Meinung nach sind Trauerfall/Sterbegeldversicherung nur eine andere Art Lebensversicherung, da der Versicherungsfall ebenfalls mit dem Tod eintritt und die Leistung sich auf die Zahlung eines Kapitalbetrages bezieht. Wie das ganze nun heißt, kann ja ersteinmal egal sein, oder?

    Für mich ist der einzige relevante Unterschied, dass eine Sterbegeldversicherung im Falle, dass derjenige Sozialleistungen beantragen muss nicht angetastet werden kann.

    Gibt es hierzu einschlägig Rechtsprechung, die ich einfach nur nicht gefunden habe?:confused:

    Ich hoffe, ich konnte mein Problem einigermaßen verständlich darlegen^^

    Vielen vielen Dank!

  • Vielen Dank :)

    Teilweise verschwinden die Fragezeichen :)

    Wie seht ihr es, wenn es sich um eine "normale" Lebensversicherung handelt die bspw. das Kind des Erblassers erhalten hat (unterstellt diese LV ist nach § 134 InsO anfechtbar) und das Kind nun angibt, es habe mit dem Geld, oder einem Teilbetrag hiervon, die Beerdigungskosten gezahlt? Darf der Anfechtungsgegner in dieser Art einfach so aufrechnen? Oder muss er die erhaltene Versicherungsleistung zurückzahlen und kann dann seine Kosten für die Beerdigung als Masseverbindlichkeiten geltend machen?

    Bei der Aufrechnung käme der Anfechtungsgegner besser davon, bei der zweiten Möglichkeit würde er ja vermutlich Geld einbüßen...

    Wie seht ihr das? Bzw. anhand welcher Grundlage kann ich hier argumentieren?:confused:

  • Es gab meiner Meinung nach eine Kommentierung zu genau diesem Problem. Soweit ich mich erinnere, ging es bei der Frage der Aufrechenbarkeit darum, ob die Person, die die Verbindlichkeiten, mit denen aufgerechnet werden soll, eingegangen ist, gutgläubig war. Eventuell ist § 1979 BGB hierfür ein Maßstab.

  • Vielen Dank an alle für eure zahlreichen Antworten :D

    Jetzt hab ich noch ne (vllt. doofe Frage):

    Steht der Aufrechnung nicht vllt. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegen? Also dass der Empfänder der Lebensversicherung doch nicht aufrechnen kann? Ich bin leider noch nicht so ganz 100 % schlau aus der Sache geworden.:gruebel: oder stehe total auf der Leitung...:oops:

    Habe dazu folgendes gefunden aus MüKo § 96 InsO:
    [h=3]d) Anfechtungsansprüche[/h]
    Randnummer 10 Nicht aufgerechnet werden kann gegen den anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch aus § 143. zur Fussnote 55 Dieser Anspruch entsteht – nach der Verwirklichung eines Anfechtungstatbestands, der grundsätzlich (von den Ausnahmefällen des § 147 abgesehen) an eine vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtswirksam vorgenommene Rechtshandlung anknüpft zur Fussnote 56 – erst mit der Verfahrenseröffnung. zur Fussnote 57 Auch soweit im Schrifttum die Ansicht vertreten wird, dass der Anspruch aus § 143 mit dem des Einzelgläubigers vor Verfahrenseröffnung (Art. 1 § 11 EGInsO) identisch ist und nur, sofern die Parallele fehlt, mit Eintritt der Rechtswirkung der anfechtbaren Handlung, aufschiebend bedingt durch die Insolvenzeröffnung entsteht, zur Fussnote 58 wird die Aufrechnung mit einer Insolvenzforderung gegen den Rückgewähranspruch ausgeschlossen; dieser Ausschluss folgt aus dem Zweck der Anfechtung. zur Fussnote 59 Nach einer älteren Entscheidung des BGH zu § 55 KO war der Anfechtungsgegner allerdings so zu stellen, als hätte er aufrechnen können, falls der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch nur deshalb bestand, weil ein Bereicherungsanspruch der Masse, gegen den hätte aufgerechnet werden können, wegen §§ 814, 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen war. zur Fussnote 60 Diese Entscheidung ist zwischenzeitlich überholt. Im Anwendungsbereich der InsO kann der Empfänger einer nicht geschuldeten, aber auch anfechtbar erlangten Leistung des Schuldners nicht einwenden, er könne gegen den neben § 143 bestehenden Bereicherungsanspruch nur wegen § 814 BGB nicht aufrechnen. Der Aufrechnung steht nunmehr auch § 96 Abs. 1 Nr. 3 entgegenhttps://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata….htm#FNID0EJGRU



    https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata….htm#FNID0EJGRU

  • Ich senfe mich hier mit einem Kurzstatement auch mal durch.

    Da die Beerdigungskosten gemäß § 324 InsO Masseverbindlichkeiten sind, können diese mit Erlösen aus der Insolvenzanfechtung aufgerechnet werden. Denn ansonsten käme es zu einem Hin-und-Her-Zahlen, welche außer bürokratischen Aufwand keine Vorteile für die Insolvenzmasse bringt.

    Ausnahme: Die Aufrechnung würde die Verteilungsreihenfolge des § 209 InsO verletzten. Dann ist der Anfechtungsanspruch zunächst voll zu bezahlen. Die Beerdigungskosten tragen das Schicksal aller Masseverbindlichkeiten bei Masseunzulänglichkeit.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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