vereinfachte Unterhaltsfestsetzung

  • Hallo!
    Da sich zum 01.07.17 das UVG geändert hat (Wegfall max. 72 Monate etc.) möchte ich mal in die Runde fragen, wie ihr folgenden Fall handhabt:
    Es liegt ein "alter" Unterhaltsfestsetzungsbeschluss vor. Tituliert sind Rückstände und lfd. Unterhalt der 1. und 2. Altersstufe max. 72 Monate.
    Nun wird ein Antrag auf Festsetzung des lfd. Unterhaltes begehrt. Dieser ist aber bereits teilweise mit dem alten Beschluss festgesetzt. Allerdings sind die 72 Monate des alten Titels "verbraucht" (verständlich?). Kann ich jetzt ganz normal einen neuen Titel für den lfd. Unterhalt schaffen, ja oder?
    Danke schonmal

  • Ich tendiere derzeit dazu, den Alttitel aufgrund einer Gesetzesänderung aufzuheben und den Unterhalt dann insgesamt neu in einem Titel zu fassen. Die frühere 72-Monatsgrenze würde einen Ergänzungsbeschluss wohl ziemlich unübersichtlich machen...

  • Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass die Gesetzesänderung zu einer Rechtslage führt, die es - noch dazu uns Rechtspflegern - ermöglicht, bereits rechtskräftige Titel wieder aufzuheben.

    Was passiert denn mit Vollstreckungsakten, wenn der Titel aufgehoben wird?

    Die Frage kann nur sein, ob man für den neuen, nicht titulierten Zeitraum einen Titel im vereinfachten Verfahren erlässt. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut geht es nicht. Alles andere ist eine Interpretation desselben, die ich nicht vorzunehmen gedenke. Mag das Oberlandesgericht klären, ob das Verfahren dann zulässig ist oder nicht, dann haben wir wenigstens Rechtsprechung dazu.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass die Gesetzesänderung zu einer Rechtslage führt, die es - noch dazu uns Rechtspflegern - ermöglicht, bereits rechtskräftige Titel wieder aufzuheben.

    Was passiert denn mit Vollstreckungsakten, wenn der Titel aufgehoben wird?

    Die Frage kann nur sein, ob man für den neuen, nicht titulierten Zeitraum einen Titel im vereinfachten Verfahren erlässt. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut geht es nicht. Alles andere ist eine Interpretation desselben, die ich nicht vorzunehmen gedenke. Mag das Oberlandesgericht klären, ob das Verfahren dann zulässig ist oder nicht, dann haben wir wenigstens Rechtsprechung dazu.


    :daumenrau

  • Naja, die grundsätzliche Änderungsmöglichkeit des in die Zukunft wirkenden Unterhaltstitels ist in § 238 FamFG normiert. Insoweit sind vollstreckungsrechtliche Überlegungen hinfällig. Ach Jugendamtsurkunden werden - dann natürlich unter Mitwirkung der Beteiligten - geändert.

    Bleibt die Bedingung des Vortitels aus § 249 FamG. Diese ist jedoch nicht so eindeutig formuliert, als dass nicht - ich glaube hier auch schon an anderer Stelle - darüber ausgiebig gestritten werden kann - denn schließlich gibt es noch keine gerichtliche Entscheidung über den Unterhalt der dritten Altersstufe...

  • Bleibt die Bedingung des Vortitels aus § 249 FamG. Diese ist jedoch nicht so eindeutig formuliert, als dass nicht - ich glaube hier auch schon an anderer Stelle - darüber ausgiebig gestritten werden kann - denn schließlich gibt es noch keine gerichtliche Entscheidung über den Unterhalt der dritten Altersstufe...


    Damit das vV unzulässig wird, ist nicht Voraussetzung, dass schon allumfassend über den Unterhaltsanspruch entschieden wurde. Es genügt nach dem Gesetzeswortlaut (und auch nach einigen - älteren - Entscheidungen), dass schon mal irgendwie über Unterhalt entschieden wurde, damit das vV nicht mehr zulässig ist.

    Daher sehe ich es wie Andreas.

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • Naja, die grundsätzliche Änderungsmöglichkeit des in die Zukunft wirkenden Unterhaltstitels ist in § 238 FamFG normiert. Insoweit sind vollstreckungsrechtliche Überlegungen hinfällig. Ach Jugendamtsurkunden werden - dann natürlich unter Mitwirkung der Beteiligten - geändert.


    Eine Änderung ist auch keine Aufhebung.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Die Jugendämter hier kamen kürzlich auf die Idee, die Änderung des rechtkräftigen Titels über § 240 FamFG herbeiführen zu wollen- mein Schreiben hierzu lautete:

    "Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 28.09.2017 wird Ihnen mitgeteilt, dass eine Abänderung des rechtskräftigen Beschlusses gemäß § 240 FamFG im hiesigen Verfahren auf vereinfachte Unterhaltsfestsetzung nicht in Betracht kommt.

    Ziel des § 240 FamFG ist es, eine pauschale Unterhaltsfestsetzung nachträglich den individuellen Gegebenheiten anzupassen (OLG Hamm FamRZ 2004, 1588 zum entsprechenden früheren Rech; Bumiller/Harders/Harders/Schwamb/Bumiller FamFG § 240 Rn. 3 - 4, beck-online).

    Funktionell zuständig ist der Richter, nicht der Rechtspfleger, weil das Korrekturverfahren ein reguläres Erkenntnisverfahren ist, dessen Einleitung und Gang sich nach den allgemeinen Verfahrensvorschriften, die für die erstinstanzliche Titulierung von Unterhaltsansprüchen Anwendung finden, richtet. Eine Entscheidung durch den Rechtspfleger ist unwirksam, Bömelburg in: Prütting/Helms, FamFG, 4. Aufl. 2018, § § 240 FAMFG , Rn. 7a.

    Bitte teilen Sie daher binnen 2 Wochen mit, ob der Antrag gemäß § 240 FamFG einem neuen Verfahren zugeleitet werden soll."

    "Man muss denken wie die wenigsten und reden wie die meisten."
    (Arthur Schopenhauer)

  • Bleibt die Bedingung des Vortitels aus § 249 FamG. Diese ist jedoch nicht so eindeutig formuliert, als dass nicht - ich glaube hier auch schon an anderer Stelle - darüber ausgiebig gestritten werden kann - denn schließlich gibt es noch keine gerichtliche Entscheidung über den Unterhalt der dritten Altersstufe...


    Damit das vV unzulässig wird, ist nicht Voraussetzung, dass schon allumfassend über den Unterhaltsanspruch entschieden wurde. Es genügt nach dem Gesetzeswortlaut (und auch nach einigen - älteren - Entscheidungen), dass schon mal irgendwie über Unterhalt entschieden wurde, damit das vV nicht mehr zulässig ist.

    Daher sehe ich es wie Andreas.

    Ich habe bislang auch diese Auffassung vertreten. Aber auf der anderen Seite war man damals auf Grund gesetzlicher Vorschriften gehindert, Unterhalt auch für den späteren Zeitraum einzubeziehen. Insoweit würde ich jetzt wohl von der rein förmlichen Ansicht zu der sinnvollen Ansicht wechseln, nun auch Unterhalt für die 3. Altersstufe in diesem Verfahren festzusetzen. Es wäre durchaus denkbar, dass manche Obergerichte das auch so sehen würden. Man muss ja bisschen unterscheiden, ob man damals überhaupt schon einen Unterhaltstitel für alle Altersstufen im VUV erlangen konnte oder nicht. Und wenn sich die Zeiträume nicht überschneiden, kann man die Vorschrift auch großzügig an dieser Stelle auslegen. Einen Antrag hatte ich bislang aber noch nicht.

  • Ich tendiere genauso zu einer großzügigeren Auslegung, da diese für alle Beteiligte eigentlich nur vorteilhaft ist. Allerdings erschließt sich mir die rechtliche Umsetzung noch nicht so ganz: Wenn es lediglich um die 3. Altersstufe ginge, würde man doch in einem neuen Verfahren einen Titel nur über die 3. Altersstufe erlassen. Problematisch erscheint mir die 72-Monatsbefristung des Vortitels zu sein. Hier bedarf es wohl zumindest noch des urkundlichen Nachweises darüber, bis zu welchem Zeitpunkt der Vortitel verbraucht ist...

  • Ich komme weiterhin nicht zur großzügigen Auslegung. Der Gesetzestext gibt keinerlei Einschränkung vor, nicht die kleinste. Insbesondere gibt es auch keine Einschränkung dahingehend, dass es etwa um Unterhaltsverfahren bzgl. gleicher oder sich überlappender Zeiträume gehen müsste, um einen weiteren Titel im vereinfachten Verfahren für unzulässig zu erklären. Der Gesetzgeber hätte da ja so regeln können und kann es auch heute noch. Er tat und tut an dieser Stelle aber nichts.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • So ist es. Und wenn man anfängt, sich die rechtlichen Rahmen aus Gründen der Zweckmäßigkeit zu verbiegen, stellt sich die Frage, wo man damit anfängt und wo man aufhört. Formvorschrift des § 29 GBO ist in manchen Fällen z.B. auch reine Förmelei. Warum soll der Eigentümer, der persönlich im GBA erscheint und eine Bewilligung abgibt und versichert, dass er sie unterschrieben habe, noch zum Notar?

    Ulf

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    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • .....Problematisch erscheint mir die 72-Monatsbefristung des Vortitels zu sein. Hier bedarf es wohl zumindest noch des urkundlichen Nachweises darüber, bis zu welchem Zeitpunkt der Vortitel verbraucht ist...

    Das verstehe ich nun wieder nicht. Bislang war doch gesetzlich geregelt, dass lediglich bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres oder längstens für 72 Monate der Unterhaltsvorschuss gezahlt wird. Den Fall, dass über das 12. Lebensjahr hinaus der UV gezahlt wird, gab es doch gar nicht, also kann es doch gar nicht zu Überschneidungen kommen, wenn nunmehr nur noch für die 3. Altersstufe beantragt würde, insoweit stellt sich die Frage gar nicht, was von dem alten Titel "verbraucht" ist.

  • Gibt es hier neue Erkenntnisse?
    Unser Jugendamt fragte an, ob Sie für die 3. Stufe neue Titel im vereinfachten Unterhaltsverfahren beantragen kann. Der alte Titel müsste doch dann vorgelegt werden, um zu prüfen, ab wann eine erneute Festsetzung erfolgen kann.

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