Erbauseinandersetzung befreiter Vorerben

  • Nach einem notariellen Testament sind die Kinder A und B befreite Vorerben, Nacherbe ist Enkel C, ersatzweise dessen Abkömmlinge, weiter ersatzweise Enkel D.
    Grundbuchberichtigung ist noch nicht erfolgt. Jetzt setzen sich A und B auseinander:
    A bekommt Grundstück 1 und zum Wertausgleich Summe X, B bekommt Grundstück 2 und sie erklären wechselseitige Auflassungen. Der Nacherbe C stimmt alldem ausdrücklich zu, er erklärt den Vorerben gegenüber die Freigabe der Grundstücke als Nachlassgegenstand aus der Nacherbenbindung und überlässt sie den Vorerben zur freien Verfügung und verzichtet auf die ihm zusehenden Nacherbenrechte. Jetzt wird zunächst die Grundbuchberichtigung ohne Nacherbenvermerk beantragt und danach der Vollzug der Auflassungen.
    Trotz intensiver Lektüre- Rdnr. 3520 Söber- bin ich mir nicht sicher, ob ich denn Nacherbenvermerk löschen zw. nicht gar nicht erst eintragen soll.
    Was meint ihr dazu?

  • Zutreffenderweise handelt es sich hier um zwei Nacherbfolgen, eine für den Erbteil des Vorerben A und eine zweite für den Erbteil des Vorerben B. Diese beiden Nacherbfolgen können zum Inhalt haben, dass der Nacherbe C entweder unmittelbar mit dem Tod des Erstversterbenden dessen Erbteil erwirbt, oder dass der Erbteil des zuerstversterbenden Vorerben zunächst auf den anderen Vorerben (als erster Nacherbe) und dann mit dem Ableben des zweitversterbenden Vorerben auf C (als Nachnacherbe) übergeht (und damit gleichzeitig auch der Erbteil des zweitversterbenden Nacherben (einfache Nacherbfolge).

    Welche der beiden genannten Alternativen vorliegt, kann hier allerdings im Ergebnis dahinstehen, weil sowohl beide Vorerben als auch der Nacherbe am Vertragsschluss beteiligt waren und der Nacherbe die Nacherbenbindung durch notariell beurkundete Vereinbarung mit dem jeweiligen Vorerben (also für beide Nacherbfolgen) ohne erforderliche Mitwirkung von Ersatznacherben beseitigen kann. Damit ist es auch unerheblich, ob zunächst die Grundbuchberichtigung und sodann die Auflassungen vollzogen werden sollen.

    Mit der umstrittenen isolierten Löschung des Nacherbenvermerks (bloße Löschung unter materieller Beibehaltung der Nacherbenbindung) hat der vorliegende Fall demnach nichts zu tun.

    Der Wortlaut der getroffenen Vereinbarungen deuten allerdings auf die von Teilen der Literatur befürwortete (einseitige) Freigabelösung hin. Diese Freigabelösung ist indes abzulehnen. Im Gegensatz zur Rechtslage bei der Testamentsvollstreckung geht es bei der Aufhebung der Nacherbenbindung für einen bestimmten Nachlassgegenstand nämlich nicht nur um die Suspendierung einer materiellen Verfügungsbeschränkung, sondern darüber hinaus auch um die Herbeiführung einer erbrechtsgestaltenden Folge, die den bisherigen Vorerben im Hinblick auf den betreffenden Nachlassgegenstand zum Vollerben macht. Die Herbeiführung einer solchen Rechtsfolge ist ohne eine Mitwirkung des Vorerben aber schlechterdings nicht möglich, weil sich dieser die betreffende erbrechtliche Wirkung ansonsten ohne sein Zutun aufdrängen lassen müsste und der fortan zu seinem Eigenvermögen gehörende Nachlassgegenstand nun auf einmal dem Zugriff seiner Eigengläubiger sowie seiner dereinstigen Pflichtteilsberechtigten und im Hinblick auf eine künftig eintretene Wertsteigerung auch einem etwaigen Zugewinnausgleich unterläge. Des weiteren lassen die Verfechter der Freigabelösung (und auch der Senat) unberücksichtigt, dass eine Suspendierung der Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB für sich alleine überhaupt nicht zum materiellen Wegfall der Nacherbenbindung führen könnte, weil diese Bindung für den betreffenden Nachlassgegenstand in Form einer verfügungsbeschränkungslosen Vorerbschaft weiterhin fortbestünde und demzufolge auch keine Löschung des Nacherbenvermerks in Betracht käme (zur identischen Rechtslage im Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 S. 2 EGZGB vgl. Bestelmeyer Rpfleger 2015, 177, 182 m. w. N.).

    [FONT=&amp] Damit krankt die Freigabelösung an der fehlenden Differenzierung zwischen dem Wegfall der Verfügungsbeschränkung und dem gesondert zu beurteilenden Wegfall der Nacherbenbindung, also an der gleichen Fehleinschätzung, die auch der vorgeblich zulässigen Bewilligungslösung bei der isolierten Löschung des Nacherbenvermerks zugrunde liegt. Für eine Analogie zu § 2217 BGB fehlt es mangels Vergleichbarkeit der Rechtslagen somit an jeder Grundlage, weil es bei der Nacherbfolge im Gegensatz zur Testamentsvollstreckung eben nicht alleine damit getan ist, lediglich die gesetzliche Verfügungsbeschränkung außer Kraft zu setzen (Bestelmeyer Rpfleger 2016, 633 f.).

    Man wird die abgegebenen Erklärungen der Vorerben und des Nacherben aber wohl dahin auslegen können, dass es sich insoweit um eine Vereinbarung zwischen den Vorerben und dem Nacherben handelt, weil die Form der notariellen Beurkundung gewahrt ist und der eindeutig erklärte Rechtsfolgewille der Beteiligten auf einem anderen Wege nicht rechtlich umsetzbar ist. Bedenklich ist allerdings, dass der Notar hier offenbar die - umstrittene - Freigabelösung gewählt hat, anstatt den in jedem Falle rechtssicheren Weg (ggf. auch alternativ) zu beschreiten.
    [/FONT]

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!