Bedingte Vor- und Nacherbschaft?

  • Hallo,

    ich habe hier ein handschriftliches Testament.
    Erbeinsetzung der Eheleute gegenseitig.
    Bei Wiederverheiratung soll gesetzliche Erbfolge eintreten.
    Sonst keine Bestimmung.

    Würdet ihr hier Anordnung einer bedingten Vor- und Nacherbschaft sehen?
    Wenn ja, wer sind denn die Nacherben? Ist das möglich, dass dann im Erbschein nur steht, Nacherben sind die gesetzlichen Erben. (Es gibt 4 Kinder).

    Vielen Dank für eure Hilfe.

  • § 2104 BGB

    ABER: Die Ehefrau ist ja AUCH gesetzliche Erbin (i. d. R. zu 1/2), so dass sie für DIESEN Teil bereits jetzt VOLLerbin ist. Die andere Hälfte unterliegt dann der von Dir genannten bedingten VE/NE.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Ich danke euch,

    wie würde denn dann der Erbschein im Wortlaut aussehen?
    Ich tue mich schwer, wen ich als Personenkreis der Nacherben zu dem 1/2 des Nachlasses ausweisen soll. Wenn ich gesetzliche Erben schreibe, dann passt es ja nicht, weil der Ehemann ja durch den 1/2 Vollerbeanteil ausgewiesen ist.
    Wenn ich Kinder schreibe, dann passt es ja nicht mit dem Wortlaut des Testaments.

  • Vorschlag:

    A ist beerbt worden von:

    1. Ehegatte B zu 1/2 Anteil
    2. Ehegatte B zu 1/2 Anteil


    Hinsichtlich des 1/2 Anteils zu 2. ist aufschiebend bedingte Nacherbfolge angeordnet. Die Nacherbfolge tritt ein mit Wiederheirat des Vorerben.

    Befreiung? (Ist nochzu klären)

    Nacherben sind diegesetzlichen Erben zum Zeitpunkt des Eintritts des Nacherbfalls.

    Ersatznacherben sind gem. § 2069 BGB die evtl. Abkömmlinge der Nacherben.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Diese Formulierung finde ich nicht glücklich, habe aber auch keine wirklich gute parat.
    Man weiß ja heute noch gar nicht, wer bei Eintritt des Nacherbfalles gesetzlicher Erbe sein wird. Könnten theoretisch ja auch die Geschwister sein (wenn alle Kinder kinderlos vorversterben), dann wäre der Ehemann Erbe zu 3/4 oder der Ehemann allein, wenn keine anderen Verwandten mehr da sind.
    Nacherbfolge also angeordnet zu maximal 1/2 Anteil.

  • Die Frage ist, ob die gesetzliche Erbfolge im Zeitpunkt des Vorerbfalls oder diejenige im Zeitpunkt des Nacherbfalls gemeint ist. Ist Letzteres der Fall, sind die Nacherben insgesamt i.S. des § 1913 BGB unbekannt und demzufolge kann es entgegen dem vorstehenden Eintragungsvorschlag schon begrifflich keine Ersatznacherbfolge geben, sondern es werden eben unmittelbar diejenigen Personen Nacherben (ggf. auch die Enkel), die im Zeitpunkt des Nacherbfalls zu den gesetzlichen Erben des Erblassers berufen wären.

    Allerdings liegt es nach meiner Ansicht näher, auf die gesetzliche Erbfolge im Zeitpunkt des Vorerbfalls abzustellen, weil ansonsten nicht einmal die Vollerbenquote der Ehefrau feststünde. Dann sind die Nacherben insgesamt bekannt und es lässt sich üblicherweise mit der Ersatznacherbenregelung i.S. des § 2069 BGB arbeiten. Bei bedingter Nacherbfolge ist außerdem im Regelfall davon auszugehen, dass der überlebende Ehegatte befreiter Vorerbe sein soll. Wenn man dem allem folgt, hätte der Erbschein etwa folgenden Wortlaut:

    ... (Erblasser)
    ist beerbt worden von ... (Ehefrau) als Alleinerbin.
    Für einen Hälfteerbteil ist Nacherbfolge angeordnet, die mit der Wiederverheiratung der Vorerbin eintritt. Die Vorerbin ist - soweit gesetzlich zulässig - von den gesetzlichen Beschränkungen der Vorerbschaft befreit. Nacherben sind ... (4 Kinder) zu gleichen Anteilen. Esatznacherben für jeden Nacherben sind jeweils dessen Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.

  • Natürlich ist das auch eine Möglichkeit. Entscheidend ist aber der durch Auslegung zu ermittelnde Erblasserwille und dieser geht natürlich vor. Nach meiner Ansicht ist bei Wiederverheiratungsklauseln -angesichts aller hiermit verbundenen Konsequenzen im Hinblick auf § 1913 BGB - auch nicht anzunehmen, dass der Erblasser "unbekannte Nacherben" gewollt hat. Derlei Anordnungen werden im Interesse der Kinder getroffen und demzufolge sollte anzunehmen sein, dass in erster Linie die beim Erbfall vorhandenen Kinder begünstigt sein sollen und die jeweiligen Enkel demzufolge lediglich als Ersatznacherben berufen sind. Die Anhörung der Beteiligten wird sich daher natürlich auch auf diese Fragestellung zu beziehen haben.

    Für Grundbuchzwecke braucht man so oder so einen Erbschein, weil es sich um ein privatschriftliches Testament handelt.

  • Ich hätte das Testament tatsächlich dahingehend ausgelegt, das auf den Zeitpunkt des Nacherbfalls abzustellen ist und die Vollerbenquote der Ehefrau damit gerade nicht feststünde.
    Und daher würde ich auch in den Erbschein die Formulierung aus dem Testament übernehmen und keine nähere Bezeichnung der Nacherben vornehmen als die Bezeichnung der "gesetzlichen Erben".

    Mit meiner Auslegung bin ich da wohl aber alleine :D

  • Mit meiner Auslegung bin ich da wohl aber alleine :D


    Ja, denn wessen gesetzliche Erben (und zu welchem Zeitpunkt diese bestimmt werden) wäre schon wichtig zu wissen.

    Im Erbschein hätte ich das natürlich genauer formuliert. Meiner Meinung nach handelt es sich um die gesetzlichen Erben des Erstversterbenden. Bezüglich des Zeitpunkts der Bestimmung würde ich wie gesagt auf den Nacherbfall abstellen.

  • Abgesehen davon, dass wir den genauen Wortlaut des Testaments nicht kennen: Wenn verfügt wird, dass im Fall der Wiederverheiratung die gesetzliche Erbfolge eintreten soll, dann ist das sehr wohl in dem Sinne auslegungsfähig, ob damit die gesetzliche Erbfolge im Zeitpunkt des Erbfalls oder im Zeitpunkt des Nacherbfalls gemeint sein soll. Das vieles für Ersteres spricht, hatte ich bereits dargelegt und bevor man sich diesbezüglich festlegt, sind natürlich erst einmal die Beteiligten anzuhören.

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