Eine Gemeinschaftsordnung für mehrere Wohnungseigentümergemeinschaften

  • Ich bräuchte mal Hilfe in folgendem Fall:

    Ich wurde von einem Verwalter beauftragt, zwei getrennte Wohnungseigentümergemeinschaften zusammenzuführen, da sich auf einem der beiden Grundstücke eine Tiefgarage befindet, die von beiden Wohnungseigentümergemeinschaften genutzt wird. Die beiden Grundstücke grenzen aneinander. Um saubere Verhältnisse zu schaffen, sollte idealerweise eine neue Nummerierung und Anpassung der Miteigentumsanteile aller Einheiten samt einer neuen Gemeinschaftsordnung erfolgen. Da dies aber Grunderwerbsteuer auslösen würde, soll stattdessen nur eine Gemeinschaftsordnung für beide Wohnungseigentümergemeinschaften erstellt werden, damit wenigstens eine einheitliche Verwaltung möglich ist.

    Hatte jemand schon einmal einen derartigen Fall gehabt bzw. irgend eine Fundstelle, wonach dies möglich ist? Ich selbst habe bisher leider nichts zu diesem Thema finden können und habe da meine Zweifel, ob das eintragungsfähig ist.

  • Wenn es bei mehreren rechtlich selbständigen Gemeinschaften verbleiben soll, kann es einen einzigen Verwalter für beide Gemeinschaften gemeinsam nicht geben (s. Hügel im BeckOK BGB, Stand 01.11.2017, § 26 WEG RN 2 unter Zitat OLG Hamm ZMR 2005, 721)

    Auch kann die Zulässigkeit einer gemeinsamen Versammlung mehrerer Wohnungseigentümergemeinschaften nicht vereinbart werden. Das gilt auch für einen Vertrag, durch den die Wohnungseigentümer zweier selbständiger Eigentümergemeinschaften ein gemeinsames Verwaltungs- und Wirtschaftswesen unter Verdrängung der gesetzlichen Verwaltungsbefugnisse der einzelnen Gemeinschaft vereinbaren (Übergemeinschaft, Dachgemeinschaft). Ein solcher Vertrag ist wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften des Wohnungseigentumsrechts und Umgehung des sachenrechtlichen Typenzwangs nichtig (Schultzky in Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 5. Auflage 2017, § 23 RN 35; Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 3. Auflage 2017, § 20 RN 5).

    Die Leitsätze aus dem Beschluss des OLG Hamm zur „Fusion” zweier Wohnungseigentümergemeinschaften vom 09.10.2003, 15 W 14/02 = ZMR 2005, 721, lauten:

    „Ein Vertrag, durch den die Miteigentümer zweier selbstständiger Wohnungseigentümergemeinschaften ein gemeinsames Verwaltungs- und Wirtschaftswesen unter Verdrängung der gesetzlichen Verwaltungsbefugnisse der einzelnen Gemeinschaft vereinbaren, ist wegen Verstoßes gegen zwingende Vorschriften des Wohnungseigentumsrechts und Umgehung des sachenrechtlichen Typenzwangs nichtig. Die auf der Grundlage eines solchen Vertrags gefassten Beschlüsse einer Versammlung von Miteigentümern beider Gemeinschaften sind als Gesamtakte zu Lasten Dritter nichtig.“

    Soll es hingegen künftig nur noch ein Grundstück geben, kann die Gemeinschaftsordnung so errichtet werden, dass eine Untergemeinschaft gebildet wird; siehe dazu das Urteil des BGH 5. Zivilsenat vom 10.11.2017, V ZR 184/16,
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…675&pos=0&anz=1
    und die Anmerkung von Rüscher in der ZfIR 2018, 353, 357 ff.
    https://www.juris.de/jportal/portal…true#focuspoint

    Ober- und Untergemeinschaft können allerdings nur einen Verwalter haben (LG Düsseldorf NZM 2010, 288; LG Nürnberg-Fürth ZMR 2010, 315; Göken, Die Mehrhausanlage im Wohnungseigentumsrecht, 1999, 101 f., alle zitiert bei BeckOK/Hügel, aaO)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Zur Problematik der Haftung bei Untergemeinschaften siehe auch die Ausführungen des LG Frankfurt/Main im Urteil vom 17.05.2018, 2-13 S 168/15, http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/defaul…l#docid:8079082
    ...“Aus dem Umkehrschluss kann gefolgert werden, dass Gebäude in ihrer Gesamtheit den Untergemeinschaften zugeordnet werden sollen. … Hiernach sollen Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung einer Gemeinschaftstelekommunikationsanlage von der jeweiligen Untergemeinschaft getragen werden. …. Die jeweiligen Untergemeinschaften bilden eigene Instandhaltungsrücklagen…. Jedoch ist der Kläger gleichwohl einer unmittelbaren Haftung im Außenverhältnis gem. § 10 Abs. 8 WEG ausgesetzt. Für die jeweiligen Verpflichtungen der Gemeinschaft - unabhängig von der intern wirkenden Gemeinschaftsordnung - haftet im Außenverhältnis der einzelne Eigentümer im Verhältnis seines Miteigentumsanteils als Teilschuldner für die Verbindlichkeiten der teilrechtsfähigen Gemeinschaft. Die Haftung der Untergemeinschaft im Innenverhältnis ändert nichts an der dargestellten Haftung des Klägers im Außenverhältnis. Trotz der Anerkennung der Rechtsfigur der Untergemeinschaft in Rechtsprechung und Literatur, wird deren Rechtsfähigkeit nicht anerkannt. Die Untergemeinschaft kann daher nicht am Rechtsverkehr teilnehmen. Sie kann nicht im Außenverhältnis Verbindlichkeiten eingehen und auch mangels eigenem Vermögen solche Verbindlichkeiten begleichen. Sie kann nicht verklagt werden. Daher kann es durchaus dazu kommen, dass der Kläger für Verbindlichkeiten der Untergemeinschaft nach § 10 Abs. 8 WEG im Außenverhältnis einzustehen hat. Die Kompetenzverlagerung in der Gemeinschaftsordnung führt demzufolge nicht zu einer Haftungsfreistellung im Außenverhältnis (LG Hamburg ZWE 2017, 458). Alleine diese Möglichkeit der Haftung des Klägers führt zum Rechtsschutzbedürfnis.“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!