... noch mal § 300 Abs. 1 Nr. 2 InsO

  • Ich würde nicht erteilen. Die Voraussetzungen liegen eindeutig nicht vor.
    Das Gericht ist nicht verpflichtet, Hinweise zu erteilen. Einen falschen Hinweis kann ich dem Sachverhalt auch nicht entnehmen.

    ich bleibe dabei, auch nach Berichtigung der Daten

    Da gebe ich Queen Recht; einen konkreten falschen Hinweis kann ich auch nicht erkennen. Ich nehme das vorhergesagte zurück. Ich würde auch nicht erteilen. falls Du es gerne möchtest, kannst du den Heidelberger-Kommentar heranziehen. Dort kommt es auf die Einhaltung der 3 Jahre nicht an;).

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Oki, die Daten sind nun konsistent.
    Der Fall ist "blöd" ! zumal zeitlich "auf Naht genäht".
    Nur wenn ich lese, der Treuhänder habe es dem Schuldner zur Aufgabe gamcht, die Verfahrenskossten zu berichtigen, kann dies nur schiefgehen. Das Gesetz sieht zwar die Berichtigung der Kosten durch den Schuldner voraus, dies sollte m.E. aber auch bedeuten, dass die Kosten aus der Masse gedeckt werden können.
    Bis wir eine Zahlungsanzeige erhalten (mit welchem Zahlungsdatum i.Ü.) können Wochen vergehen; dann ist der Eizahler auch nicht immer klar (Stichwort: Dritteinbringungsfall).
    Wenn wie vorliegend der Schuldner keine klare Aussage über die noch zu berichtigenden Verfahrenskosten erhält, halte ich dies für äußerst problematisch im Hinblick auf die strikte Frist, zumal ein Hinweis dazu fehlt, wie er die Frist einhalten kann.
    Das hohe plenum hat natürlich recht, die Frist ist versemmelt, der ist Antrag zurückzuweisen.
    Nun mag ich mal den "advocatus diaboli" übernehmen:

    wer hat welche Pflichten gegenüber dem Schuldner
    1) der Treuhänder hinsichltich des Massebstandes und "ob es reicht" für Gläubigerquote und Vergütung
    2) das Gericht hinsichtlich der noch offenen Verfahrenskosten sowie den sonstigen Antragsvoraussetzungen

    an wen nun die offenen Verfahrenskosten letztlich zur Deckung zu zahlen sind, ist m.E. - trotz Gesetzeswortlaut - egal.

    Aus sicht des advocatus diaboli hat das Gericht hier gegen seine Auskunfts- und Fürsogepflicht verstoßen.

    Aber mal auf "die Akte" gewendet:

    1. Möglichkeit

    Man geht in die Anhörung, wenn sich keiner rührt, ist die Nummer durch, RSB wird erteilt und gut ist

    2. Möglichkeit
    Man weist zurück, dann aber mit ordentlichem Tatbestand und die Sache geht zun LG und man wartet deren Spruch ab.

    ich stelle anheim.......

    PS: ich geh mal davo aus, dass sonst alle Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, also auch z.B. im Dritteinbringungsfall die Mittelherkunftserklärung mit Glaubhaftmachung vorliegt u.s.w.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ich würde den Antrag zurückweisen. Da die 35% plus Gerichtskosten nicht vor Ablauf der 3 Jahre da waren liegen die Voraussetzungen nicht vor.
    Und der Schuldner hat doch alles gewusst, was er wissen musste. Er hatte doch laut Sachverhalt eine richtige Gerichtskostenrechnung.

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Der Treuhänder wird dann ja wohl auch ein Problem bekommen, denn er hat im letzten Jahr eine "dicke" Verteilung vorgenommen, d. h. es kann der Schuldnerin gar nicht mehr alles was über 35 % liegt, zurückzahlen ...

    Oh, das wird wohl der erste Präzedenzfall für die Frage, ob jemand eine Hinweispflicht auf die Möglichkeit der vorzeitigen RSB hat.

    ich ziehe das noch einmal hoch, zumal wir ja jetzt alle im Thema stehen:

    Entscheidungen hierzu sind mir bislang noch nicht bekannt geworden, wahrscheinlich werden solche Probleme informell gelöst.

    Zu den Voraussetzungen der Verfahrenseinstellung nach § 213 InsO hat der BGH in seiner Entscheidung vom 24.03.2011, IX ZB 67/10, Rn. 7, ausgeführt, dass "Reicht die Masse hierzu (Deckung der Kosten nach §§53 ff InsO) nicht aus, kann und will der Schuldner sich die erforderlichen Mittel aber von dritter Seite beschaffen, sollte er in Erfahrung bringen können, wie hoch der fehlende Betrag ist, damit die Sicherheit geleistet und das Verfahren aufgehoben werden kann."

    Daraus könnte man einen Auskunftsanspruch des Schuldners in den Fällen der vorzeitigen Erteilung der RSB konstruieren. Setzt natürlich voraus, dass der Schuldner sich dafür interessiert. Man muss den Hund nicht zum Jagen tragen...

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • M.E. gibt es einen Auskunftsanspruch, der jedoch nur soweit gegeben ist, als die Aktenkenntnis des Schuldners nicht ausreicht. Rechtsgrundlage ist hilfweise § 242 BGB oder die Vorschriften über die Rechenschaftspflicht von Vermögensveraltern.

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  • Wie sieht es mit den pfändbaren Beträgen aus, die nach Vorliegen aller Voraussetzungen zur vorzeitigen Erteilung bis zur Erteilung der RSB abgeführt wurden, wenn das Verfahren schon RSB-Verfahren war?
    Handhabt Ihr (bzw. der TH) das dann auch wie den Neuerwerb in § 300a im noch laufenden Insoverfahren und sie wären an den Schuldner auszuzahlen oder wie bei § 299 InsO an die Gläubiger? Konnte in meiner Kommentierung hier dazu nichts finden.

  • Die Anwendung des § 300a InsO für Verfahren, die sich bereits in der RSB befinden, halte ich für gewagt, schon deshalb, weil es keine Insolvenzmasse und keinen Insolvenzbeschlag mehr gibt. Die Norm ist eindeutig nur für laufende Verfahren konzipiert, vergl. BT - Drucks 17/11268, Seite 31. Wie soll das dann auch mit § 300a III InsO funktionieren?

    Man kommt da auch ganz schnell in Teufels Küche: Das Insolvenzverfahren wird nach drei Monaten beendet, nach 36 Monaten sind die finanziellen Voraussetzungen für die Erteilung der RSB gegeben, nach 39 Monaten vollzieht der TH die jährliche Verteilung und im vierzigsten Monat kommt der Schuldner mit einem Antrag um die Ecke. Und dann?

    Die Beträge, die der TH erhält ergeben sich aus der Abtretungserklärung, nicht aus der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gem. §§ 35, 80 InsO.

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  • Man kommt da auch ganz schnell in Teufels Küche: Das Insolvenzverfahren wird nach drei Monaten beendet, nach 36 Monaten sind die finanziellen Voraussetzungen für die Erteilung der RSB gegeben, nach 39 Monaten vollzieht der TH die jährliche Verteilung und im vierzigsten Monat kommt der Schuldner mit einem Antrag um die Ecke. Und dann?

    Mit "Vorliegen aller Voraussetzungen" meinte ich allerdings auch das Vorliegen eines Schuldnerantrages.

    Ich dachte auch an die Gesetzesbegründung auf S. 31 zu § 300a:

    Zitat


    Hintergrund der Regelung ist, dass dem Schuldner in Bezug auf seine Restschuldbefreiung kein Nachteil dadurch entstehen soll, dass das Insolvenzverfahren über sein Vermögen noch nicht abgeschlossen werden konnte. Vielmehr soll durch die Regelung das Vertrauen des Schuldners in einen wirtschaftlichen Neustart gestärkt werden, sofern er die Voraussetzungen für eine Erteilung der Restschuldbefreiung erfüllt.

    Dauert bei uns (Gericht) ja womöglich auch mal länger bis zur Erteilung der RSB je mieser die Bestandspensen bei zunehmenden vorzeitigen RSBen zählen. Bin aber noch ergebnisoffen.

  • Man kommt da auch ganz schnell in Teufels Küche: Das Insolvenzverfahren wird nach drei Monaten beendet, nach 36 Monaten sind die finanziellen Voraussetzungen für die Erteilung der RSB gegeben, nach 39 Monaten vollzieht der TH die jährliche Verteilung und im vierzigsten Monat kommt der Schuldner mit einem Antrag um die Ecke. Und dann?

    Dann stehen die pfändbaren Beträge ab dem 41. Monat wieder dem Sch. zu. 300a: nach Eintritt der Voraussetzungen des 300 und zu diesen gehörte auch der Antrag

  • Man kommt da auch ganz schnell in Teufels Küche: Das Insolvenzverfahren wird nach drei Monaten beendet, nach 36 Monaten sind die finanziellen Voraussetzungen für die Erteilung der RSB gegeben, nach 39 Monaten vollzieht der TH die jährliche Verteilung und im vierzigsten Monat kommt der Schuldner mit einem Antrag um die Ecke. Und dann?


    Dann stehen die pfändbaren Beträge ab dem 41. Monat wieder dem Sch. zu. 300a: nach Eintritt der Voraussetzungen des 300 und zu diesen gehörte auch der Antrag

    Und mit welcher Begründung? § 300a II InsO spricht von Neuerwerb, ist also unmittelbar an § 35 I InsO gekoppelt. Ohne § 35 InsO kein Neuerwerb, also auch keine treuhändierische Verwahrung desselben. Und da die Abtretungsfrist nach § 287 InsO n.F. auch nicht geändert wurde, läuft sie bis zur Entscheidung weiter....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich grüble ja noch ein wenig über § 300 Abs. 4 S. 3 InsO nach:

    Zitat

    3 Wird Restschuldbefreiung nach Absatz 1 Satz 2 erteilt, gelten die §§ 299 und 300a entsprechend.

    Ja, wie jetzt :gruebel:

    Der Sinn ist dunkel, weil wenn die RSB erteilt wird, dann braucht man sich über die §§ 296ff InsO keine Gedanken mehr zu machen. BT-Drucks lässt sich da auch nicht aus.

    Man kann natürlich die Auffassung vertreten, dass wenn die RSB mitten in der WVP erteilt wird, man auch den TH und die Abtretungserklärung "wegbekommen" muss und hängt sich an diese Norm. Das halte ich aber für gewagt und das hätte man auch schöner hinbekommen. Zumal, dann gibt es aber auch wieder keine Anwendung des § 300a InsO für die WVP (weil ja keine Insolvenzmasse, kein Neuerwerb, siehe oben).

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Begründung für diese Ergänzung findet sich wohl auf S. 28 in http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/135/1713535.pdf

    Habe aber gerade massive Probleme mit dem Starten meines Acrobat-Readers.

    PS:
    nun funzt es wieder:

    Zitat


    Zu § 300 Absatz 4 Satz 3 InsO-E

    Die Änderung beruht auf dem Vorschlag des Bundesrates in Nummer 5 Buchstabe b seiner Stellungnahme, dem die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung teilweise zugestimmt hat. Während § 299 InsO für den Fall der Versagung der Restschuldbefreiung ein vorzeitiges Ende der Abtretungsfrist festlegt, fehlt im Fall der vorzeitigen Beendigung nach § 300 InsO-E eine entsprechende Regelung.

    Mit der Ergänzung des § 300 Absatz 4 InsO-E wird klargestellt, dass die Abtretung bei vorzeitiger Erteilung der Restschuldbefreiung entsprechend § 299 InsO mit der Rechtskraft der Entscheidung endet. Durch die Anordnung einer lediglich entsprechenden Anwendung von § 299 InsO wird sichergestellt, dass die Verweisung von vornherein keine Bedeutung für Fallkonstellationen hat, die von der Verweisungsnorm nicht abgedeckt sind.

    Die entsprechende Anwendung von § 300a InsO-E soll verhindern, dass die Abtretung im Fall einer vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung erst mit Rechtskraft der Entscheidung endet. Im Falle des § 300a InsO-E stehen nach Ablauf der Abtretungsfrist die pfändbaren Lohnanteile dem Schuldner zu. Auch im Fall einer vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung soll nichts anderes gelten.

  • ...

    Zitat

    ...
    Die entsprechende Anwendung von § 300a InsO-E soll verhindern, dass die Abtretung im Fall einer vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung erst mit Rechtskraft der Entscheidung endet. Im Falle des § 300a InsO-E stehen nach Ablauf der Abtretungsfrist die pfändbaren Lohnanteile dem Schuldner zu. Auch im Fall einer vorzeitigen Erteilung der Restschuldbefreiung soll nichts anderes gelten.

    Ich verstehe das so, dass an die Stelle des Ablaufs von sechs Jahren bei den vorzeitigen Erteilungen nach Ziff. 2 und 3 der Stichtag nach drei bzw. fünf Jahren tritt. Bei Ziff. 1 brauchen wir ja keinen Stichtag, weil entweder mangels Gläubiger nichts zu verteilen ist oder schon alles verteilt wurde und die Überschüsse sowieso an den Schuldner zurückgehen.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

    Einmal editiert, zuletzt von Ecosse (14. August 2019 um 09:04) aus folgendem Grund: Man sollte seine Sätze so beenden, dass es noch zum Anfang passt :-P

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